Wieso bin ich immer das Problem?
Hallo zusammen. Langsam weiß ich einfach nicht mehr weiter. Deshalb stelle ich hier meine Frage, bin aber durchaus offen für Kritik und würde mich über eure Antworten freuen.
Ich bin mittlerweile 29 Jahre alt und habe seit etwa 15 bis 20 Jahren immer wieder Streit mit meiner Mutter, beziehungsweise stärkere Diskussionen. Wieso das angefangen ist oder was der Auslöser war, weiß ich gar nicht so genau. Immer in unscheinbaren Momenten, wenn eigentlich alles gut ist, hat sie plötzlich ein Problem mit mir und sucht förmlich Streit.
Beispielsweise kann ich mich noch gut an eine Situation erinnern, da war ich wohl etwa 15/16 Jahre alt. Ich war mit meiner besten Freundin am See und wir hatten viel Spaß. Dann ist allerdings meine Hose total nass geworden und meine Freundin, die eben auch in der Nähe wohnte, hat mir einen Rock von sich geliehen.
Als ich dann nach Hause gekommen bin und meiner Mutter halt sagte, dass meine Hose nass ist und ich den Rock geliehen haben, war sie völlig außer sich. Nachdem ich gefragt habe, was denn los sei, hat meine Mutter gesagt, ich würde so tun, als hätte ich keine Anziehsachen und dass das im Vergleich zu ihr unverschämt wäre (kleine Info: Meine Mutter hat keine Hobbys und gönnt sich sonst auch nichts, was mir auch mega leid tut). Dabei war meine eigentliche Hose ja nur nass und ich hatte wenig Lust, 8 Kilometer mit dem Rad in Bikini nach Hause zu fahren.
Oder an einem anderen Mal bin ich leider recht spät aufgestanden und wollte erst Mittags duschen. Ich weiß das ist blöd, weil meine Mutter schon die Waschmaschine angemacht hat und so mein Handtuch nicht mit rein konnte, also war die Situation schon meine Schuld. Meine Mutter war dann so böse und hat mir nur Vorwürfe gemacht und mich letztendlich 2 Tage ignoriert.
Oder ein andererseits Mal, da war ich beim Friseur und meine Mutter war dabei. Sie hat dann lauter Dinge über mein Privatleben erzählt und interessierte Fragen über meine Haare gestellt und immer wieder versucht, die Friseurin dazu zu bringen, irgendwas zu kritisieren. Danach war sie sauer auf mich, weil ich ihre Fragen nicht gelobt haben und mich meine eigenen Haare ja scheinbar nicht interessieren, weil ich selbst nichts gefragt habe.
Im Endeffekt war immer ich die, die Schuld war und ich musste mich immer Entschuldigen. Irgendwann habe ich auch keine Freunde mehr eingeladen, weil eine Freundin mich mal gefragt hat, ob meine Eltern (mein Vater hat immer das gemacht, was meine Mutter wollte) immer so streng wären.
Dabei war ich ein aus meiner Perspektive ein wirklich liebes Kind und ich habe immer versucht, ihr alles recht zu machen, auch wenn ich natürlich auch Fehler gemacht habe.
Bis heute ist das Verhältnis zu meiner Mutter angespannt. Ich besuche sie nur noch selten, da wir eigentlich nur Streiten und ihr nichts passt, was ich mache oder habe. Sei es der Job, meine Wohnung oder mein Mann.
Das finde ich so schade, weshalb ich fragen wollte, was ich ändern kann, damit wir wieder besser klar kommen.
LG
Kathi
4 Antworten
Hallo Kathi,
du bist eigentlich wohl an nichts Schuld auch nicht "das Problem" - du musstest wahrscheinlich nur dafür herhalten, weil deine Mutter einen Prellbock gesucht hat und fand. Oft lassen Eltern ihren persönlcihen Frust an den Kindern aus, weil sie sich in der Regel nciht groß wehren und wählen dann auch noch das "brave" und ruhige Kind aus, weil das sich noch weniger zu Wehr setzen wird als ein aufgewecktes und vielleicht auch störrisches, aufmüpfiges Kind.
(kleine Info: Meine Mutter hat keine Hobbys und gönnt sich sonst auch nichts, was mir auch mega leid tut)
Das ist so typisch für das Umfeld, das ich meine und meist wird dann auch damit argumentiert, man sei frech und undankbar, ungezogen und solle sich was schämen, andere Kinder machen das auch nicht und andere Kinder wären noch dankbar; es wird sich permanent um "andere Kinder, andere Kinder" drehen und niemals wird man je gut genug sein, egal was man macht und was man probiert.
Immer in unscheinbaren Momenten, wenn eigentlich alles gut ist, hat sie plötzlich ein Problem mit mir und sucht förmlich Streit.
Das ist auch typisch und gibt genau das wieder, was ich teilweise von Freunden mitbekommen habe, wo z.B. auch das Fenster aufgerissen wurde, bevor es eine Ohrfeige gab oder das Kind ausgeschimpft und verdroschen wurde - "alle auf der Straße" sollten es ja sehen, dass das Kind "nicht brav" war, gern passierte so was auch, wenn grad Freunde des Kindes da waren. Mir ging es so bei einem Mitschüler, den ich daraufhin nicht mehr zuhause besuchen wollte, weil mich das so peinlich berührt hat, wie der Vater den vor Angst schreienden und dafür noch von Mutter und Vater hämisch mit dem Spruch "hör auf zu quietschen wie ein Schweinchen!!" und "dein Freund ist da, was soll der nur denken von dir?!" beschimpften und belächelten Jungen "abwatschte" und beschimpfte wegen irgendeines Fehlers, der nicht der Rede wert war.
ich würde so tun, als hätte ich keine Anziehsachen und dass das im Vergleich zu ihr unverschämt wäre
Auch das ist typisch, das ist so kleinbürgerliches Denken - man hat Angst, als arm oder schlecht oder frech oder unverschämt, unsauber, unchristlich usw. (was auch immer) verrufen zu sein und da sind manche einfach sehr gehemmt; es kann für manche Leute echt schon ein Problem sein, wenn man sich was ausleiht oder wenn was nicht perfekt läuft oder ein anderer was mitbekommt, von dem man annimmt, dass er's einem zum NAchteil auslegt.
Das hat meist mit Probleme in Sachen Selbstwertgefühl, Zufriedenheit und eigenem Anspruch zu tun, oft ist es auch milieubedingt und ich vermute bei dir/bei euch mal eine typische Kleinstadt oder gar ein Dorf, wo jeder jeden kennt, wo man weiß, wer wo wohnt und so weiter - solche Umfelder züchten gespaltene Persönlichkeiten; ich (32) stamme aus einem solchen "Raum" und bin nichts als froh, dass ich da vor Jahren weg bin, weil ich es menschlich nicht mehr ausgehalten habe.
Wenn da das Kind nicht "reinpasst" oder die Eltern meinen dass dem so sei, ist man als Kind verloren selbst im Erwachsenenalter - und man wird ein Leben lang als frech, undankbar und böse beschimpft werden, wenn man was sagt oder sich wehrt und zu hören bekommen, "andere Kinder" seien "nicht so" zu ihren Eltern. Das wird nie aufhören, am besten wird es daher sein, man schränkt den Kontakt ein.
Nochmal -----> DU bist sicher nicht das Problem, denn das Problem hat bzw. ist deine Mutter mit all ihrer Unzufriedenheit und Aggression, die sie an dir auslässt. Eigentlich ist so was ein extremes Zeichen von Schwäche und innerer Zerrissenheit und eigentlich ist sie dahingehend zu bedauern. Ich wünsche dir alles Gute- such dir angenehme & gute Gesellschaft, Hobbys, lass' die Mutter nicht so nah an dich ran und baue Selbstbewusstsein auf, denn genau das nimmt sie dir mir solchen Übergriffen bzw. versucht es dir zu nehmen, um dich unter Kontrolle zu haben.
Aber gern! Ich beantworte hier zwar nur wenige Fragen, dafür aber die, bei denen ich nach bestem Wissen und Gewissen sowie aus eigener Erfahrung helfen kann und ein gutes Gefühl dabei habe. Freue mich umso mehr, wenn du mit der Antwort was hast anfangen können - alles Gute für dich!
Du kannst nichts ändern. Du bist okay so wie du bist.
Deine Mutter ist das Problem. Sie liebt sich selbst nicht und projiziert das auf andere. Sie lässt ihren Unmut an dir aus.
Du kannst versuchen mit ihr zu reden. Aber erwarte dir nicht zu viel davon.
Nichts. Lies dir mal durch, was du für Beispiele geschrieben hast. Findest du das normal?
Du kannst gar nichts machen, außer klare Kante zeigen und aufhören dich dafür zu entschuldigen, dass du dich wie ein normaler Mensch benimmst.
Jedes Mal, wenn du dich entschuldigst, obwohl sie sich falsch verhält, bestärkst du sie in deinem Verhalten.
Einziger Tip: falls du selber Kinder hast oder haben willst: Lies mal Thomas Gordon „Familienkonferenz“. Grund: wir übernehmen leider unbewusst mehr Denk- und Verhaltensmuster unserer Eltern als uns lieb ist. Gordon hat- gerade wenn ich mir deine Beispiele durchlese- ganz gute Ansätze, wie man in der Familie miteinander umgehen kann.
Das werde ich glaube ich wirklich mal lesen! Wenn ich nämlich nachdenke, fällt mir auf, dass meine Oma (leider schon lange verstorben) ziemlich ähnlich war.
Ich fand’s für mich ganz hilfreich. Gerade wenn es darum geht, wer eigentlich was entscheidet. Also nimm mal dein Friseurbeispiel: deine Haare, deine Angelegenheit. Meine Mutter ist zwar bei sowas anders als deine, aber diese Tendenz alles was man macht als Affront gegen sich selbst zu interpretieren, kommt mir bekannt vor. Da hilft es, für sich selbst nicht nur zu denken „so will ich nie sein“, sondern auch Alternativen zu kennen und zu praktizieren.
Kontakt auf ein Minimum beschränken, bei Streitigkeiten die Wohnung verlassen. Sie wird sich für dich nicht ändern!
Gerne. Kenne mich aus mit einer dominanten Mutter. Eine, die noch fragte, als ich 40 war "Hast du dich auch bedankt?" Daheim lachten der Gatte und ich herzlich darüber.
Sowas kenne ich auch zu gut. Es tut wirklich gut zu hören, nicht alleine mit der Situation zu sein. Ich habe inzwischen nämlich auch ziemliche selbst Zweifel entwickelt, weil bei allen immer alles so perfekt schien.
Bloß nicht! Heute noch, wenn ich mit ihr und ihrer Schwester in der Öffentlichkeit bin, wird mir über den Mund gefahren vor anderen und ich bin bald sechzig 😁 Wir haben wenig Kontakt. Zum Arzt und dergleichen fahre ich sie gern, bin schließlich lieb.
Wow, Danke für deine lange und ausführlich Antwort! Du hast mir sehr geholfen.