Wieso bekommen Soldaten in Deutschland keinen Respekt? - Wieso sind viele gegen die Bundeswehr?

12 Antworten

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Dies hat mehrere unterschiedliche Ursachen:

Zum einen sind die Meisten sehr schlecht informiert über sicherheitspolitische Zusammenhänge. Sie haben keine Ahnung von den Auslandseinsätzen der Bw, was der jeweilige Auftrag der Soldaten ist, woher die Bundeswehr ihre Legitimation bezieht usw.

Dann hat natürlich Deutschland eine sehr dunkle militaristische Vergangenheit. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern (Türkei, Russland und noch so viele andere) haben wir uns gesellschaftlich mit unseren Verbrechen der Vergangenheit auseinander gesetzt und so fällt es nun vielen Deutschen schwer, Militarismus oder Nationalismus gut zu heißen. Das bekommen dann die Soldaten teilweise ab, weil viele Menschen keine Ahnung von den Werten und der Führungskultur der Bundeswehr haben und auch nicht haben wollen. Als Jugendoffizier blicke ich bei Schulvorträgen immer wieder in erstaunte Augen, wenn ich erkläre, dass ich einen Master Abschluss habe und wenn die Schüler (und zum Teil auch die Lehrer) merken, dass ich nicht nur blöd in der Gegend herum brüllen kann, sondern in der Lage bin, einen vernünftig aufbereiteten Vortrag zu halten.

Zuletzt leben wir in Europa in einer in der Menschheitsgeschichte ziemlich einmaligen Phase langanhaltenden Friedens. Niemand in Deutschland kennt Krieg aus persönlicher Erfahrung und setzt sich dementsprechend auch nicht damit auseinander. Viele wissen gar nicht, wie viele Konflikte es derzeit auf der Welt gibt, wie schlimm viele Menschen immer noch leiden müssen oder was zu solchen Konflikten führt. Sie kennen den Spritpreis, den Hartz IV Satz, die Steuern. Und sie sehen, dass viele Mrd € jedes Jahr in eine Armee fließt, deren Sinn sie nicht sehen, weil Krieg nunmal für sie kein Thema ist.

Und ja: Ich wurde schon mehrfach das Ziel von verschiedenen Respektlosigkeiten. Angespuckt hat mich allerdings noch niemand, dann wäre was los.


PaoloALIVE 
Beitragsersteller
 28.05.2015, 13:18

Sehr ausführlich, Stern bekommen Sie bald , sobald die 24 stunden abgelaufen sind.

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navynavy  28.05.2015, 13:45

Ausgezeichnete Antwort, DH!

Ich möchte nur noch kurz ergänzen: Wie man als Soldat in der Öffentlichkeit behandelt wird, hat massiv mit der Region zu tun, in der man stationiert ist. Ich kenne z.B. Soldaten, die in Berlin stationiert waren und grundsätzlich in Zivil vom und zum Dienst gingen, weil sie sonst regelmäßig beschimpft/bespuckt/beworfen wurden. Umgekehrt ist man als Soldat in Uniform z.B. in weiten Teilen Süddeutschlands (ich persönlich kenne es aus Bayern) sehr angesehen - dort freuen sich Gemeinden, wenn sie Patenschaften für Kompanien übernehmen können, und wenn dann mal ein Gelöbnis o.ä. in ihrem Ort stattfindet, ist das ein echter Grund zum Feiern, wo der ganze Ort spürbar stolz und unterstützend dabei ist.

"In Deutschland" ist also eine sehr pauschale und zu allgemeine Behauptung - es kommt schon immer sehr darauf an, WO in Deutschland.

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" und für die Gerechtigkeit und Freiheit kämpfen."

Du wirst für viele Dinge kämpfen, aber sicherlich nicht nur für Gerechtigkeit oder Freiheit. Keine Frage, durch Soldaten wurden bereits viele Menschenleben gerettet, aber noch viel mehr ausgelöscht, das ist eine Tatsache.


Gerechtigkeit ist im Endeffekt nur das, was du persönlich als gerecht definierst. Man sollte allen Menschen ein gewisses Maß an Respekt zollen, da sind Soldaten keine Ausnahme (da man in dieser Hinsicht nicht generalisieren kann), aber deshalb haben Soldaten nicht gleich eine Sonderstellung. Wenn du dich aus persönlichen Gründen für diesen Weg entscheidest, dann mach das, aber erwarte deshalb keine Sonderbehandlung. 


Man sollte dich deshalb nicht in irgendeine Richtung be/verurteilen. Ein guter Soldat zeichnet sich meiner Meinung nach durch seine Taten aus.




voodootime  27.05.2015, 14:12

Dass Soldaten letztlich die sind, die den Abzug an der Waffe drücken, das ist wohl wahr. Andererseits sind Soldaten letztlich nur Werkzeug ihres Staates - die Regierung im Staat ist dafür verantwortlich, ob geschossen werden soll oder nicht. 

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EspadaSancho  27.05.2015, 14:14
@voodootime

Sie entscheiden aber, ob sie dieses Werkzeug sein möchten oder nicht. Versteh mich nicht falsch, aber für mich ist ein Soldat ein Mensch, der versucht möglichst viele Menschenleben zu retten. Das dabei andere getötet werden ist traurige Realität, das lässt sich kaum vermeiden, wenn man sich erstmal für diesen Weg entschieden hat - deshalb lehne ich persönlich diesen Weg beispielsweise ab. Andererseits gibt/gab es auch Soldaten, die schreckliche Dinge getan haben. Mord, Vergewaltigungen u.s.w, das ist die andere Seite der Medaille.

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PaoloALIVE 
Beitragsersteller
 27.05.2015, 14:17
@EspadaSancho

Es werden nur leute getötet die "Böse" sind, es werden keine Unschuldige Menschen umgebracht, ich weiß nicht worauf du da gerade hinaus willst.

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EspadaSancho  27.05.2015, 14:22
@PaoloALIVE

Bist du wirklich so naiv? Wenn du wirklich so ein Schwarz-Weiss Denker bist, dann solltest du nicht zum Militär. Du kannst Menschen nicht einfach in "gut" und "böse" einstufen und sie dann umschießen, die Realität sieht anders aus. 

Woher weißt du mit welcher Intention diese Leute handeln? Beispielsweise bilden viele terroristische Gruppierungen kleine Kinder zu Soldaten aus, diese machen das sicherlich nicht aus freiem Willen, möchtest du sie dann auch einfach wegpusten, weil sie "böse" sind? 

Selbstverständlich kommen auch unschuldige Menschen ums Leben. Alleine durch Luftangriffe ist die Zahl unschuldiger Opfer unglaublich hoch, das kannst du alles in diversen Statistiken nachlesen. Es kommen IMMER Unschuldige ums Leben, bei jedem großen Einsatz - und das war schon immer so, das ist kein "Phänomen", das sich auf das 21. Jhrdt. beschränkt.

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Apfelkind1986  28.05.2015, 11:23
@PaoloALIVE

"Böse" ist automatisch der, den man halt getötet hat. So eine Argumentation ist Quatsch und mehr als Naiv. Auch der Feind ist ein Mensch, er hat vielleicht Familie und er kämpft für seine Ansichten. Und es steht niemandem zu, zu entscheiden, wer nun gut oder böse ist.

Wer aber versucht, andere Menschen oder mich umzubringen, den halte ich auf und wenn er dabei stirbt, kann ich das mit meinem Gewissen gut vereinbaren.

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PaoloALIVE 
Beitragsersteller
 27.05.2015, 14:13

Ich möchte ja nicht Respektiert werden nur weil ich in der Bundeswehr bin, ich will nur Respektiert werden weil ich ein Mensch und keine "Tötungsmaschine" bin.

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Die bekommen den gleichen Respekt wie alle anderen auch. Ich abe noch nie gehört oder erlebt, dass Soldaten angespuckt oder beleidigt werden. Ich war selber Wehrdienstleistender und oftmals in Uniform unterwegs. Ich habe nie irgendwelche Respektlosigkeiten erlebt.

Auf der anderen Seite sehen viele militärische Optionen der Konflktbewältigung und -lösung sehr kritisch - und zwar durchaus sehr gut argumentativ begründet.

Aber wenn ich jeder Uniformträger gleich abgefeiert wird, ist das ja noch lange keine "Beleidigung".

Deutschland kann man übrigens nicht dienen. Das ist lediglich eine Sprechblasenleerformel, ein abstrakter Begriff ohne gegenständliche Bedeutung. Als Soldat dienst du im Zweifel den politischen Interessen der jeweiligen Regierung. Weiter braucht hier momentan auch niemand konkret militärischen Schutz. Viele denken auch, sie können gerne darauf verzichten. Auch wird unsere Freiheit konkret von niemandem bedroht. Insofern erscheint vielen der Beruf des Soldaten überflüssig und weit nutzloser als z.B. der der Altenpflegerin.

es geht gegen Militär und die damit verbundene Herstellung / den Vertrieb von Tötungsmaschinen &&&& hier ist die Todesstrafe zum Glück auch abgeschafft , wie in der ges. EU :))

Pazifismus ist hier eine Haltung, zu der man sich offen bekennt :) deswegen ja auch die Aussetzung der Wehrpflicht..

 die Mehrheit der hier lebenden Menschen finden es abstoßend.. das Menschen sich zum töten von Menschen ausbilden lassen..



Apfelkind1986  28.05.2015, 09:22

Pazifismus ist hier eine Haltung, zu der man sich offen bekennt :) deswegen ja auch die Aussetzung der Wehrpflicht..

Das hat aber mal nicht das Geringste miteinander zu tun... xD

Schließlich wurde die Bundeswehr nicht um einen einzigen Soldaten verkleinert. Und auch während der Wehrpflicht haben nur noch freiwillige ihren Dienst an der Waffe geleistet. Schließlich ging jeder KDV Antrag auch durch.

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himako333  28.05.2015, 12:10
@Apfelkind1986

„Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.“ So lautet Artikel 4 Absatz 3..



 dies ist inzwischen voll erfüllt ... jetzt sind alle Beschäftigten beim Militär rein freiwillig..

Kriegsdienstverweigerer werden nicht mehr gezwungen , in versch. Bereichen ...indirekten Kriegsdienst abzuleisten!

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Apfelkind1986  28.05.2015, 12:20
@himako333

Welcher Kriegsdienstverweigerer hat denn bitte indirekten Kriegsdienst geleistet? Die Zivis wurden fast ausnahmslos im sozialen Bereich als billige Arbeitskräfte eingesetzt. Inwiefern das jetzt ein indirekter Kriegsdienst ist, erschließt sich mir nicht. xD

Und im Verteidigungsfall kann sehr wohl nach wie vor jeder (!) zu indirektem Kriegsdienst gezwungen werden. An der Gesetzeslage hat sich nichts geändert, die Wehrpflicht ist ja auch nicht abgeschafft, sondern lediglich ausgesetzt.

Und wie ich schon geschrieben habe, waren auch vorher schon alle freiwillig dort, sonst hätten sie ja einen KDV Antrag stellen können.

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himako333  28.05.2015, 12:46
@Apfelkind1986

Wehrersatzdienst in den verschiedensten Bereichen: wie Sanitäter; Betreuungshelfer; Helfer in Technik & Sicherheit; Verpflegungshelfer, Bundesgrenzschutz, Krankenpfleger  und .&&& ..aus dem Grund gab es ja auch die Total-Verweigerer..

Die Notstandsgesetzgebung greift weiterhin das stimmt, ist aber aktuell nicht Bestandteil der Fragestellung...

wie Du richtig auch  aus meinem Ersttext kopiert hast , habe ich von der Aussetzung der Wehrpflicht gesprochen!, insofern verstehe ich nicht Deinen Hinweis darauf.. habe ich doch korrekt benannt 

:) m. freundlichem Gruß himako

 

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Aufgrund der deutschen Vergangenheit steht die deutsche Bevölkerung dem Thema Krieg und in Verbindung damit dem Thema Bundeswehr sehr negativ gegenüber. Es liegt am Misstrauen gegenüber Soldaten und Regierung. Im zweiten Weltkrieg wurden viele Menschen getötet (z.B. der Genozid an den Juden und Sinti und Roma) aber auch sowohl im ersten als auch im zweiten Weltkrieg sind deutsche Soldaten zahlreich gestorben und umgekommen. 

Es ist daher nicht verwunderlich, dass die deutsche Bevölkerung noch immer nicht nachvollziehen können weswegen man sich dem Militär anschließen sollte. Außerdem ist für viele nicht verständlich, was überhaupt die Aufgabe der deutschen Bundeswehr ist.

viele setzten Bundeswehr gleich mit Kriegseinsätzen und Tod. Viele Menschen wissen nicht, dass die Bundeswehr auch Aufgaben zur Sicherheit oder auch Weiterbildung übernimmt, wie z.B. die Ausbildung von ausländischen Soldaten (z.B. Afghanistan). 

Fehlenden Respekt jedoch kann ich in unserer Gesellschaft nicht erkennen. Natürlich werden die Soldaten hier in Deutschland nicht mit absoluter Ehrerbietung wie zum Beispiel in Israel behandelt, aber dennoch respektloses Verhalten ist nicht erkennbar.

Ich persönlich finde es gut dass du dich für eine Karoieree bei der Bundeswehr interessierst. Das ist mal was anderes. Damit allerdings die Bevölkerung mehr Vertrauen zu der Bundeswehr fassen könnte, wäre es von Vorteil mehr Aufklärungsarbeit zu leisten. Das nur ein Lösungsansatz von mir!

Ich hoffe meine Antwort hilft dir mit deinen inneren Konflikten ;)