Wie oft kann man die exakte Ortszeit auf See ermitteln mit Mitteln des frühen 19 Jhd.

8 Antworten

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Die Ephemeridentabellen im Nautical Almanach enthalten den Sonnenstand in stündlichen Intervallen. Somit konnte zu jeder vollen Stunde eine Navigationsberechnung vorgenommen werden. Siehe:

http://de.wikipedia.org/wiki/Nautical_Almanac


Christian1900  09.07.2012, 20:45

Völlig richtig, das ging aber erst, als man eine entsprechend genaue Uhr hatte.

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Rotmilan1805 
Fragesteller
 11.07.2012, 11:39

Geht aber nur bei klarem Himmel?

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clemensw  11.07.2012, 13:15
@Rotmilan1805

Ja genau. Beide Methoden (s. mein Beitrag weiter unten) benötigen zumindest kurzfristig freie Sicht auf einen der im Almanach verzeichneten Himmleskörper.

Bei bedecktem Himmel blieb nur die Koppelnavigation, also die Messung des Kurses mittels Kompass und der Geschwindigkeit mittels Logscheit - dabei wird ein kleines Holzbrett an einer Leine ins Wasser geworfen und nach einer bestimmten Zeit wieder eingeholt. In der Leine waren in regelmäßigen Abständen Knoten angebracht und diese wurden gezählt, um die zurückgelegte Strecke zu ermitteln.

(Und so nebenbei, jetzt weißt Du auch , wieso man beim Schiff die Geschwindigkeit in "Knoten" misst ;-)

Zusätzlich zu Kurs und Geschwindigkeit musste der Kapitän oder Navigator den Versatz durch Strömungen/Winde abschätzen und konnte so eine ungefähre Position festlegen.

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397kg  11.07.2012, 14:19

Klasse ausgearbeitet, auch die Entgegenungen auf den anderen Antworten! Respekt!

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Die genaue Ortszeit konnte man auf See gar nicht ermitteln!

Das war ja gerade das Problem der "alten" Seefahrer, die noch keinen Chronometer hatten und deren berechnete Länge damit häufig nur sehr ungenau war.

Aus der genauen Uhrzeit allein kann man allerdings auch keinen Längengrad ermitteln, sondern dazu braucht man auch noch die genaue Beobachtung eines Gestirns, am einfachsten etwa der Sonne beim Auf- oder Untergang.


Rotmilan1805 
Fragesteller
 11.07.2012, 11:35

ähm ja, das Chronometer kann doch nur einem zur Längengradberechnung dienen wenn man die Greenwicher Zeit und die echte Sonnenzeit des Ortes kannte, und zwar beides möglichst auf die Sekunde genau!

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wie demosthenes bereits berichtete, sollte auch Ihnen das den Seefahrern bekannte Problem der Bestimmung des Längengrades nahegebracht werden. Es war damals nicht möglich. Es gab einige Aussenseiter, die mit Hilfe von Uhren (es ist klar, dass Uhren auf See viele Probleme haben, genau zu gehen) versuchten, dies Problem zu lösen. Soweit ich weiss, stand sogar ein hoher Preis aus der britischen Gesellschaft (für was?) darauf. Nochmal ganz deutlich zum Mitdenken: Man hätte an Bord des Schiffes damals die exakte Uhrzeit kennen müssen. Funk gab es nicht, präzise Uhren gab es auch nicht. Wenn man nicht ungefähr weiss, wo man ist, nutzen auch die astronomischen Tabellen nichts.

Daher die Antwort auf die Frage: Wie oft kann man die exakte Ortszeit auf See ermitteln mit Mitteln des frühen 19 Jhd. Genau Null mal. Nämlich überhaupt nicht.


clemensw  10.07.2012, 08:13

Nah dran, aber letzten Endes nicht korrekt.

Von vorne: Die Bestimmung des Längengrades ging unter dem Namen "das ->Längenproblem" in die Geschichte ein. 1714 wurde vom Englischen Parlament ein Preisgeld von 20.000 Pfund (grob über den Daumen gepeilt: heute eine hohe zweistellige Millionensumme) ausgeschrieben. Die Verwaltung des Preisgeldes übernahm die neu gegründete Längenkommision, das ->"Board of Longitude".

Die eingereichten Vorschläge gingen prinzipiell in 2 Richtungen:

  • Errechnung des Längengrades nur durch astronomische Beobachtung
  • Bestimmung der aktuellen Zeit mittels Uhr.

Womit wir bei ->John Harrison wären. Eigentlich gelernter Tischler, entwickelte er die ersten Schiffsuhren. Allerdings verhinderten sowohl sein eigener Perfektionismus als auch Mißgunst von Seiten des Board of Longitude (einige Mitglieder favorierten die astronomische Methode) mehrere Jahrzehnte seinen Sieg. Erst nach der Weltumsegelung von James Cook im Jahre 1775 wurde seine Arbeit allgemein anerkannt. Cook bezeichnete die Kopie der Harrison-Uhr, die er mitführte, als seinen "nie versagenden Führer".

Weitere Verbesserungen gab es durch die Uhrmacher ->John Arnold und ->Thomas Earnshaw, die die Produktion vereinfachten und damit die Kosten drastisch senkten.

1790 war ein Schiffschronometer schließlich für etwa 70 Pfund erhältlich (immer noch kein Schnäppchen), aber das Längenproblem war im frühen 19. Jhd bereits gelöst.

P.S: Wer noch mehr wissen will, zu allem mit -> vorndran weiß Wikipedia weiter....

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"sonst navigiert man ja gleich mal ein paar Kilometer daneben"

Oder ein paar Seemeilen.

Was übrigens auch das Normalste und Alltäglichste in der Seefahrt jener Zeit war. Dafür wurden täglich Kurskorrekturen vorgenommen. So wansinnig gravierend sind Verschätzungen um einige dutzend Meilen aber auch nicht. Man kommt im Grossen und Ganzen an die Küste, die man ansteuerte und braucht sie, um den Zielhafen zu finden, ja nur in die eine oder die andere Richtung abfahren, sobald man sie in Sicht hat.

Bis Mitte des 19. Jahrhunderts war auf "offener See" (dort, wo kein Sichtkontakt zum Land bestand) eine Winkelsekundengenaue Positionsbestimmung nicht möglich und auch nicht erforderlich. Man konnte mit Hilfe des Sextenten und Tabellen mehrmals täglich die -ungefähre- Position bestimmen. Wenn man in Landnähe kam - erst dort wirde es i.d.R. wegen der Untiefen gefährlich- orientierte man sich zunehmend an "Landmarken": Anpeilen von Leuchttürmen und -feuern, herausragenden topographischen Objekten, Fahrwasserbetonnung usw.