Wie lebt es sich im Emsland?

5 Antworten

Also erstmal: Ich bin im Emsland in einem kleinen Dorf aufgewachsen, lebe aber jetzt weit weg hinter den Bergen bei den sieben Zwergen im Süden Österreichs (wegen der Arbeit) in einem noch kleineren Dorf.

Die Menschen im Emsland (in den Dörfern, nicht in den Städten, was bei uns bei ca. 5000-10000 Einwohnern anfängt) sind sicherlich sehr bodenständig und ich finde i. a. auch ziemlich entspannt. Der Gemeinsinn ist stark ausgeprägt, finde ich. In den Dörfern gibt's mehrere jährliche Ereignisse, am wichtigsten dürften die Schützenfeste und Hochzeiten sein, bei denen man sich trifft und bei denen auch Zugereiste Kontakt finden können. Es gibt schon auch Vorbehalte gegenüber "Städtkern" - aber eigentlich ist's den meisten egal, woher man kommt, so lange man freundlich ist und sich nicht über Kleinigkeiten aufregt (Güllegestank, Glockengeläut, ...). Wirklich dazu gehört man ohnehin erst nach sehr langer Zeit - aber das ist in anderen ländlichen Gegenden wohl auch so. Am besten kommt man beim Bier zusammen (Schützenfest z. B.). Ich muß immer daran denken, wie die afghanischen Flüchtlinge einen Betrunkenen aus dem Dorf nach Hause getragen haben, nachdem alle gemeinsam auf dem Schützenfest Party gemacht hatten (obwohl sie sich vorher nicht kannten!).

Auch der Humor ist glaube ich schon anders - meine Kollegen im Süden verstehen meinen trockenen Humor teilweise erst nach einiger Zeit ;)

Was man übrigens nicht vergessen sollte: zumindest meine Eltern-Generation (70 aufwärts) und zu einem großen Teil meine Generation (50 aufwärts) redet plattdeutsch, für einen Zugezogenen schwer zu verstehen. Man redet mit Zugezogenen aber natürlich aus Höflichkeit hochdeutsch - welcher Bazi redet schon mit Gästen dialektfrei? ;)

Insgesamt kann ich aber aus den letzten Jahren in verschiedenen ländlichen Regionen und Städten sagen, daß der Unterschied zwischen Land- und Stadtbevölkerung größer ist als der Nord-Süd-Unterschied zwischen ländlichen Regionen.

Das Emsland ist sehr katholisch, Protestanten gibt's fast gar keine (an unserer Schule damals deutlich unter 10% - und das waren Zugezogene) - ich würde sagen, katholischer als Bayern, auch wenn's inzwischen deutlich weniger geworden ist. Bis vor nicht langer Zeit war es undenkbar, am Wochenende nicht in die Kirche zu gehen (meine Mutter hat das ihr Leben lang gemacht und wird damit auch nie aufhören). Die AfD hat kaum eine Chance, Vorurteile gibt's natürlich auch.

Die Leute sind ziemlich konservativ (wenn die CDU weniger als 60% bekommt, ist das schon eine Wahlniederlage...) und bleiben gerne ihr Leben lang im Emsland, am besten im gleichen Dorf (mein Vater hat sein ganzes Leben auf dem gleichen Grundstück gelebt). Ein Haus zu bauen ist relativ preiswert, auch Grundstücke (in den Dörfern!) sind billig - allerdings werden Baugebiete ausgewiesen und Einheimische kommen zuerst zum Zuge. Alte Häuser können teilweise extrem billig und schön sein - aber eben alt. Viele stehen sogar leer, weil die jungen Leute lieber neubauen.

Wirtschaftlich geht's dem Emsland meines Wissens richtig gut, es war einige Zeit eine der stärksten wachsenden Regionen in Deutschland. Ich kenne in meinem Dorf keinen Arbeitslosen seit vielen Jahren.

Es gibt fast nur noch industrielle Landwirtschaft, das ist schon richtig - davon merkt man aber nicht viel, die Ställe liegen abseits der Dörfer (im Dorf darf man solche Ställe gar nicht bauen). Man merkt's hauptsächlich an den großen Höfen und Treckern ;).

Landschaftlich ist das Emsland herrlich - viel Landschaft, nicht ganz so platt wie in Ostfriesland, viele Eichen, Buchen, Alleen, ... Es gibt eine Vielzahl an Radwegen, Wäldern etc. Und zur Nordsee ist's natürlich auch nicht weit... Berge und Seen gibt's allerdings weniger.

Dafür gibt's aber auch keine großen Städte, kaum ÖPNV (in den Dörfern) - von der Mitte des Emslands (Meppen) sind's über 100km nach Bremen, 200km ins Ruhrgebiet, ca. 100km nach Osnabrück, es gibt eigentlich nur die Zugstrecken vom Ruhrgebiet an die Nordsee - über Münster/Emden oder über Osnabrück/Wilhelmshaven, West-Ost-Verbindung gibt's keine.

Also echt ländlich, mit allen Vor- und Nachteilen. Wenn man das ländliche wirklich genießen will, sollte man versuchen, sich ein schönes alleinstehendes Häuschen zu besorgen - sind meistens dann allerdings auch älter.

Für 'nen Emsländer habe ich jetzt aber echt viel geschrieben ;)

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
Wie lebt es sich im Emsland?

Eine landschaftlich schöne Region, wo man schon morgens sieht, wer mittags zu Besuch kommt.

Die meist ebene Landschaft i.V.m. der spärlichen Besiedelung ist besonders für Radwander-Touren interessant.

Es gibt eigentlich nur eine Region in Deutschland wo ich nicht einmal meinen Hund begraben lassen würde.

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 - (Politik, Menschen, Leben)

Bergwanderer 
Beitragsersteller
 13.11.2021, 20:26

Hört sich nach viel, unaufgeregter Natur an. Das ist etwas, was mir zusagt. Andererseits überlege ich wie die medizinische Versorgung ist. Ich komme ja langsam ins Geriatrie-Alter 😅😂🤭

Ich war beruflich öfter im Emsland und fand es immer sehr angenehm dort. Ländlich, dünn besiedelt und ähnlich wie Holland flaches Land. Z. Bs. für Radfahrer gut geeignet.

Die Menschen waren bodenständig, zuverlässig und haben nicht viel mehr geredet als nötig. Wenn ich das nötige Kleingeld hätte, würde ich mir gerne im Emsland ein Häuschen kaufen und dort meinen Ruhestand verbringen.


Bergwanderer 
Beitragsersteller
 13.11.2021, 00:56

Das überlege ich zur Zeit. Ein Haus im Emsland. Bezahlbar ist dort einiges. Es darf nur nicht zu knapp über dem Meeresspiegel liegen ☺️

Emsland ist jut. Münsterland sogar noch besser (Uber dem Meeresspiegel) aber auch teurer.


Bergwanderer 
Beitragsersteller
 13.11.2021, 01:17

Ich schaue von Ostfriesland über das Emsland bis an knapp oberhalb Münster ☺️

So ein bißchen Schleswig-Holstein mit weniger Landschaft und noch trockenerem Humor.


Bergwanderer 
Beitragsersteller
 13.11.2021, 01:03

Schleswig Holstein gefällt mir sehr gut. Im Emsland war ich noch nie. Die Menschen, so habe ich gehört, sollen dort Recht freundlich sein.

Kleidchen2  13.11.2021, 01:05
@Bergwanderer

Das kann man ja nicht generalisieren. In Ostfriesland sind die Leute oft sehr tiefgründig.

Bergwanderer 
Beitragsersteller
 13.11.2021, 01:08
@Kleidchen2

Ich weiß. Es gibt überall freundliche und auch weniger freundliche Menschen. Ich denke die Ballungsgebiete sind in dieser Hinsicht problematisch. Dafür hat man in den ländlichen Gebieten sicher andere Sorgen z.B. längere Anfahrten zum Einkaufen zum Arzt usw .

Kleidchen2  13.11.2021, 01:10
@Bergwanderer

Das Leben ist existenzieller auf dem Land. In voller Dosierung im Winter auch deprimierend einsam und das Wetter dringt tief in die Seele.

Aber ab Frühjahr ist jeder Tag Urlaub.

Und die Massentierhaltung muss man halt bekämpfen.

Bergwanderer 
Beitragsersteller
 13.11.2021, 01:15
@Kleidchen2

Meine Sorge ist, daß ich dort Recht einsam werden könnte. Schließlich gehe ich alleine weg, sofern ich es denn tue. Nun es gibt Vereine, ehrenamtliche Tätigkeiten um in Kontakt mit anderen Menschen zu kommen. Das heißt aber noch nicht, daß man tiefergehende Bekanntschaften schließt. No risk No Fun ist da etwas leichtfertig gesagt.

Gegen die Massentierhaltung gehe ich auf meine Weise vor. Ich esse seit langer Zeit kein Fleisch und keine Wurst mehr. Mir tun die lieben Viecher leid...