Wie kann man Äthiopien als eines der ärmsten Länder Charakterisieren?

So zu fragen hieße, schon eine fertige Behauptung in der Tasche zu haben und nachträglich noch Gründe dafür zu suchen. Das wäre, wenn man mich fragt, keine wissenschaftlich seriöse Arbeitsmethode.

Eine methodisch saubere Art, sich der Sache zu nähern, ist die, erst einmal nur eine Vermutung aufzustellen. (Staatsanwälte nennen das, glaube ich, einen Anfangsverdacht, und in der Wissenschaft sagt man Hypothese dazu.) Auf Dein Thema bezogen, hieße das z.B.: "Vielleicht ist Äthiopien eines der ärmsten Länder." Und die Fragestellung wäre dann: "Ist das so?"

Dann listet man die Gründe auf, wieso man das vermutet, also: "Wie komme ich darauf?" Das ist ein wichtiger Teil der Untersuchung. Man lernt dabei nicht nur einiges über das Thema, sondern auch über sich selbst.

Dann sammelt man Informationen, stellt weitere Fragen und versucht, sich genauer auszudrücken, z.B.:

• Was ist ein armes Land?
• Wer sagt, was ein armes Land ist?
• Ist Äthiopien ein armes Land?
• Wer sagt, daß Äthiopien ein armes Land ist?
• Sind in einem armen Land alle gleich arm?
• Wie arm ist Äthiopien im Vergleich mit anderen Ländern?
• ...

Es kann allerdings sein, daß die Behauptung bzw. die Vermutung gar nicht von Dir stammt, sondern von jemand anderem, der nun anstatt sie zu begründen, Dich damit beauftragt hat. Oder Du willst untersuchen, ob die Behauptung, die jemand irgendwo aufgestellt hat, einem "Faktencheck" standhält. Das ist auch o.k. solange Du ergebnisoffen arbeitest, d.h., daß zuerst die Untersuchung kommt und dann ein Ergebnis, das die Hypothese vielleicht bestätigt, vielleicht nur ein bißchen, oder vielleicht gar nicht.

Du mußt damit rechnen, daß bei der Untersuchung vielleicht kein eindeutiges Ergebnis herauskommt. Es kann sein, daß die Informationen, die man findet, einander widersprechen. Es kann auch sein, daß Begriffe wie "armes Land" unterschiedlich verstanden werden. Es kann auch sein, daß man zu manchen Fragen gar keine Information findet. Das alles gehört dann mit zum Ergebnis und kommt in den Bericht.