Wie hätte man die Kreuzzüge der Tempelritter verhindern können?

15 Antworten

Die Empörung über die Kreuzzüge kommt vorrangig von moslemischer Seite - die Christen hätte deren Land erobert - bla bla bla...

Dabei wird nämlich unterschlagen, daß das größte Massaker der Kreuzfahrer sich garnicht gegen Moslems, sondern gegen Christen richteten, nämlich in Konstantinopel. Und daß der Nahe Osten garnicht deren Land war, sondern daß die Moslems es selber erobert hatten.

Der gesamte Nahe Osten, einschl. der kpl. nordafrikanischen Küste war seit etwa 1000 Jahren Bestandteil des Römischen Imperiums, das auch nach dem Untergang Westroms in Form des östlichen Zentrums, Konstantinopel weiter existierte.

Tatsächlich hat Konstantinopel sogar um militärische Unterstützung gebeten - sie wollten allerdings keine Kreuzfahrer, sondern Söldner.

1099 wurde Jerusalem von den Kreuzfahrern eingenommen, da gab es die Tempelritter noch nicht. Es gab zu dieser Zeit keine sicheren Reisewege zwischen dem Orient und Okzident, immer wieder wurden Reisende durch Muslime überfallen. Um die eroberten Gebiete durch Pilger besiedeln zu können, mussten diese Wege Sicher sein. Mönche bewaffneten sich und übernahmen diese Aufgabe, das war der Anfang zur Entstehung der Tempelritter. Sie sahen sich als Mönchsritter, welche das Christentum zu schützen hatten, wurden vom Papst und anderen hohen Würdenträgern protegiert und somit hatte Niemand ein Interesse daran, die weiteren Kreuzzüge zu verhindern.


Kamihe  07.09.2019, 08:32

Lese im Moment das Buch: Die TEMPELRITTER/ MYTHOS UND WAHRHEIT. Meine Antwort ist also Autentisch.

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Die Tempelritter führten keine Kreuzzüge durch, sie waren der Orden, der im 12. bis 14. Jahrhundert nach Abzug der Kreuzritterheere die christlichen Reisenden auf den Straßen des Heiligen Landes schützten und beteiligten sich als solcher an Angriffen vor Ort.

Nachlesen kannst das auf https://de.m.wikipedia.org/wiki/Templerorden.

Erst mal, die Tempelritter wurden erst in Jerusalem nach der Eroberung gegründet. Wenn man also den ersten Kreuzzug verhindert hätte, hätte es die Tempelritter nie gegeben und dann natürlich auch keine Kreuzzüge der Tempelritter.

Grundsätzlich waren Kreuzzüge eine Form von religiösem Krieg, den der römische Papst veranstalten konnte. Die meisten Kreuzzüge fanden im Baltikum statt, es gab aber auch Kreuzzüge in Spanien, Frankreich, Italien, am Balkan, in Nordafrika und im Nahen Osten - ingesamt deutlich über hundert. Der erste wirkliche Kreuzzug soll allerdings die Eroberung von Jerusalem 1099 gewesen sein.

Der Anlass für diesen ersten Kreuzzug war das Auftauchen der Seldschuken - das waren die Truppen der Herrscher-Familie des Oghusen-Khans Seldschuk (Saljuq), die von Mittelasien aus den Nahen Osten eroberten - angeführt von Seldschuks Söhnen Michael, Israel, Moses und Jonas, und später dem Erb-Enkel David (genannt der "Falkenprinz" oder "Čaḡrī Beg") und danach dessen Neffen Salomon und Mohammed.

Diese Scheldschuken wurden als grosse und neuartige Bedrohung gesehen, denn sie waren Nomaden, also Reiterkrieger, und konnten so blitzartig und über grosse Entfernungen zuschlagen. Heute würde man sie Terroristen nennen. Die normalen örtlich-sesshaften Verteidigungsmassnahmen dieser Zeit waren den Nomadenkriegern nicht gewachsen, darum hat man dann diesen Kreuzzug erfunden, das war sozusagen die westlichen Antwort auf die asiatischen Reiter-Orden:

Ritter hatte es im Westen natürlich vorher auch schon gegeben, aber die waren alle auf ihren Burgen festgesessen und mussten beständig ihr eigenes Land bewachen und verteidigen, konnten also nie in die Ferne ziehen. Die Neuerung war nun, dass die römische Kirche eine Besitzgarantie übernahm für den Landbesitz eines Ritters, solange dieser auf Kreuzzug war - dadurch konnten nun die Krieger der katholischen Staaten auch wie Nomaden losziehen und Kriege in der Ferne führen. Nach dem Erfolg im ersten Kreuzzug wurden dann die Ritterorden gegründet, also dauerhafte Reiter(h)orden ohne Familienanhang nach dem asiatischen Muster.

Wer hätte die denn verhindern wollen ?

Ich seh das so:

Im Mittelalter gab es das römische Imperium zwar noch auf dem Papier, aber faktisch wurde die Macht von lokalen "Warlords" ausgeübt, die sich im besten Fall als Stellvertreter des Imperators ausgaben und benahmen, aber oft die römischen Bürger- und Menschenrechte einfach ignorierten. Es gab keine Legionen mehr, die Strassen verfielen langsam, das Geld war entwertet oder ganz verschwunden, der Fernhandel funktionierte ohne Geld nicht mehr, die Theater waren verödet und meistens überbaut worden. Und auch die Religion war zerfallen in konkurrierende Sekten, die zwar alle den gleichen Gott anbeteten, aber sich gegenseitig Ketzerei und Häresie vorwarfen und nach Kräften bekämpften (Trinitarier, Monophysiten, Arianer, Juden, Muslime, Gnostiker, Manichäer etc.).

Die Leute träumten von der "guten alten Zeit" der "Pax Romana", als man sicher reisen und Handel treiben konnte vom Atlantik bis ans rote Meer, von Trier bis nach Theben (Luxor), von der Themse bis zum Euphrat. Und von dort weiter nach Indien und China, Persien und Ostafrika. (Ohne dass alle paar Tagesreisen ein anderer Warlord Zoll verlangt oder gleich die Waren für sich beschlagnahmt.)

Es gab eine Vorhersage oder Prophetie von einem gewissen Ezechiel (auch Hesekiel geschrieben): der sagte vorher, dass die einzige Möglichkeit, die erträumte Einheit des römischen Imperiums wiederzugewinnen, ein gemeinsamer äusserer Feind ist: eines Tages würde aus den Gebieten im äussersten Norden, wo es gar keine Städte gibt, ein gottlosen Fürst namens Gog aus Magog kommen, mit einem riesigen Heer von mogolischen Reitern, und der würde ins Gebiet des Imperiums einfallen und alle Städte verwüsten. Dann, erst dann würden sich alle Einwohner wieder besinnen, dass sie doch an denselben Gott glauben und nach demselben Recht leben wollen, und sich zusammenschliessen und die Fremden wieder vertreiben und die Zwietracht beenden und es gäbe wieder eine Pax Romana rund um das ganze MIttelmeer.

OK, und dann tauchten (zuerst in Persien, und dann in der Levante) die Seldschuken auf, das war genau so ein mogolisches Reiterheer wie es vorhergesagt war.

Der Imperator in Byzanz und der sein Papst in Rom meinten, lass uns diese Vorhersage jetzt umsetzen, alle werden sich jetzt gegen die Seldschuken zusammenschliessen, wir erklären alle lokalen Konflikte für beendet und schicken nun alle kriegsfähigen Männer nach Osten gegen die Seldschuken und gewinnen so wieder Einheit und Frieden rund ums ganze Mittelmeer.

Hat allerdings nicht direkt geklappt, weil die Organisation und Anreise zu lange gedauert hat: bis die westlichen Truppen in der Levante ankamen, hatten sich die lokalen Herrscher bereits weit genug organisieren können um mit lokalen (fatimidisch-ägyptischen) Truppen die Seldschuken z.B. aus Jerusalem wieder zu vertreiben. Aber als die Kreuzfahrer nun ankamen aber eigentlich nicht mehr gebraucht wurden, da wollten sie sich nicht so einfach ohne die versprochene Beute abspeisen lassen und es kam sofort wieder zu vielen kleineren Konflikten, genau wieder wie vor dem Einfall der Seldschuken. Aber sie übernahmen zunächst wie geplant die Sicherung und Befriedung der Levante vor möglichen neuen mogolischen Angriffen, vor allem durch den Bau von modernen Burgen.

Kaum war der äussere Feind zurückgedrängt, war es schon wieder vorbei mit der Einheit der Gläubigen. Auch hatten die Seldschuken geschickterweise inzwischen einen muslimischen Glauben angenommen und sich in einigen Städten dauerhaft niedergelassen and assimilierten sich.

Speziell die Tempelritter und die anderen Ritterorden entstanden danach dadurch, dass man nun die militärische Innovation der Seldschuken kopierte: man gründete Horden von gut-bewaffneten und gut-trainierten Reitern ohne Familienanhang, weil diese einfach gegenüber Fusstruppen und leichtbewaffneten Bauern und Stadtbewohnern militärisch so klar überlegen waren.

Für die folgenden Jahrhunderte waren professionelle kasernierte Reiter(h)orden das militärische Non-plus-ultra. Diese Übermacht der Reiter(h)orden endete erst etwa zur Zeit von Napoleon, als man endlich so viele einfach zu bedienende Feuerwaffen hatte, dass man bei den Fusstruppen allen ein Gewehr in die Hand drücken konnte. Da hat es dann mit den Pferden nicht mehr so gut funktionert.

Erst viel später haben sich dann Kreuzzüge so fortentwickelt, dass es nun meistens Kämpfe von Christen gegen Heiden waren (am Baltikum), oder gegen Ketzer (Albigenser, Orthodoxe, Katharer, Bogomilen), oder von Trinitariern gegen Muslime und Monophysiten. Diese Sichten aus viel späterer Zeit dominieren heute die Darstellung der Kreuzzüge, ich versuche hier, das ursprüngliche Verständnis in der Zeit des ersten Kreuzzugs wiederzugeben.

Woher ich das weiß:Hobby