wie gehts weiter nachdem man ne anzeige gemacht hat?

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Ich möchte jetzt erstmal Klugscheißen: Du wurdest vernommen, nicht verhört. :-P

Zunächst wird der Sachverhalt durch Polizeibeamte aufgenommen, nachdem diese im polizeiinternen System einen Vorgang angefertigt haben (Schreibarbeit), wird diese an einen Sachbearbeiter weitergeleitet, der sich in dem Fachkommissariat befindet, welches sich mit diesen Delikten beschäftigt.

  1. FK = Kapitaldelikte (Mord/Totschlag; Sexualdelikte, Branddelikte)
  2. FK = Betäubungsmitteldelikte / Raubdelikte u.ä.
  3. FK = Wirtschaftskriminalität / Internetkriminalität
  4. FK = Staatsschutz
  5. FK = Kriminaltechnik (Spurensicherung u.s.w.)
  6. FK = Jugendsachen

7. FK = Verkehrs- und Unfalldienst (falls dieser nicht separat angeordnet ist)

Der ermittelnde Beamte (im Volksmund: "Kriminalpolizist") wird dann anfangen den Sachverhalt zu lösen. Er wird den oder die Täter befragen, Zeugen befragen, ggf. vor Ort ermitteln, im Grunde also alle wesentlichen Informationen zusammentragen, die dienlich sind den Sachverhalt aufzuklären und sowohl belastende als auch entlastende Momente für eine Tatbeteiligung der oder des Täters zu finden.
Im Anschluss wird der Sachbearbeiter den Vorgang dann an die zuständige Staatsanwaltschaft weiterleiten. Diese ist dann auch wieder in verschiedene Untergruppen aufgeteilt. Diese Abteilungen befassen sich dann jeweils mit Sachen wie: "Verfahren gegen Richter, Rechtsanwälte pp.", "Häusliche Gewalt", "Jugendsachen", "Betäubungsmittel" usw.

Der Staatsanwalt wird den Sachverhalt dann prüfen und sich dann entschließen, ob die Sache fallen gelassen (entweder mit Auflagen oder ohne Auflagen) wird oder ob es zur Anklage kommt.
Wenn die Sache fallen gelassen wird ohne irgendwelche Auflagen (weil z.B. die Beweiskraft nicht ausreicht oder es tatsächlich zu geringwertig war um ein gesamtes Verfahren zu rechtfertigen) ist "die Sache gegessen".
Wenn das Verfahren gegen Auflagen eingestellt wird (z.B. bei Ersttätern, Jugendlichen, geringen Sachen) entscheidet der Staatsanwalt über "eine angemessene Strafe" (das sind dann in der Regel Sozialstunden, geringere Geldstrafen u.ä.).
Kommt der Staatsanwalt zu dem Schluss, dass die Sache vor Gericht verhandelt werden muss, wird dich Sache ans zuständige Amtsgericht (Verwaltungsgericht o.ä. je nach Sachverhalt) weitergeleitet.
Dort wird das ganze dann nochmal geprüft und entweder abgewiesen (wovon ich aber noch nie gehört habe) oder es kommt zur Verhandlung.

Bei der Verhandlung werden dann alle Fakten aufgerollt, diese lassen sich in:

  • Zeugen
  • richterlicher Augenschein
  • Urkunden
  • Sachverständige
  • Angeklagter

unterteilen. Den Prozess erspare ich hier mal in seinen Einzelheiten (falls da Bedarf besteht kann ich den noch im Nachhinein zufügen).
Nachdem alle Beweise für oder gegen die Schuld des Angeklagten vorgetragen, Zeugen befragt wurde usw., wird dem Angeklagten noch ein letztes Mal die Möglichkeit gegeben sich zu äußern, anschließend zieht sich der Richter zurück und entscheidet über a.) die Schuld und b.) falls schuldig über das Strafmaß (ist natürlich ein wenig ausführlicher als diese beiden Punkte, aber im Groben und Ganzen trifft es das).
Sobald der Richter diese Entscheidung getroffen hat, wird er das Urteil "Im Name des Volkes" sprechen. Bei Freispruch ist wieder wie gehabt, "alles gegessen". Bei Schuldspruch wird das Strafmaß erläutert und ggf. ein "erzieherisches Gespräch" also eine Art "Gardinenpredigt" durch den Richter geführt. Nachdem das Urteil verhängt wurde werden die Beteiligten dann entlassen und der Abgeurteilte dann entweder in Haft genommen oder er/sie darf ebenfalls gehen (kommt natürlich auf das Delikt und die Strafe an).

Nach dem Urteil hat der Verurteilte dann die Möglichkeit (innerhalb der üblichen Fristen) gegen das Urteil anzugehen (Berufung einlegen). Falls die Frist unangefochten verstreicht ist das Urteil rechtskräftig und wird vollstreckt. (Bei schweren Delikten auch schon vor Ende der Frist, das wird dann an das Strafmaß angerechnet).

Sollten Rechtsmittel eingelegt werden, geht der Fall dann zur nächst höheren Instanz: nach dem Amtsgericht kommen

  1. das Landgericht (als Berufungsinstanz)
  2. das Oberlandesgericht (als Revisionsinstanz)
  3. der Bundesgerichtshof

Das Bundesverfassungsgericht entscheidet nicht über das Strafmaß sondern nur über die verfassungsrechtliche Rechtmäßigkeit der Verfahren.

Sollte, bei bei bestimmten Verfahren, als erste Instanz das Landgericht angesprochen werden, so geht das Ganze dann von dem Punkt ab weiter.

Am Ende wird dann entweder ein Urteil tatsächlich vollstreckt oder es erfolgt ein Freispruch.

Ich hoffe, dass ich dir das Ganze verfahren ein wenig näher bringen konnte ;-)


cavallina09 
Beitragsersteller
 02.07.2013, 18:31

ja konntest du vielen dank ;) aber heißt das das straftaten die an minderjährigen verübt wurden (oder wie das heißt) immer irgendwie bestraft werden? und was ist wenn aussage gegen aussage steht? wird das verfahren dann eingestellt?

memphys91  02.07.2013, 18:51
@cavallina09

Meinst du jetzt Delikte die von Minderjährigen oder gegen Minderjährige begangen wurden?

Bei Delikten die von jugendlichen Ersttätern (oder teilweise auch Zweit- oder Dritttaten) begangen werden, wird im Rahmen der Diversion versucht mit Sozialstunden, Täter-Opfer-Ausgleich, Gruppentherapien, Gespräche u.v.m. von einem Verfahren abzustreben, damit dem Delinquenten nicht durch seine "Jugendsünden" die komplette Zukunft verbaut wird.
Diese Entscheidung trifft dann der Staatsanwalt, ob und wie der Täter bestraft wird.

Bei Delikten die gegen Jugendliche begangen werden kommt es ganz auf die Straftat und den Täter an (ist dieser Minderjährig? Ist dieser Ersttäter? Gibt es Schuldausschließungsgründe wie geistige Behinderungen, nicht Strafmündige Täter?).

Bei kleineren Delikten kann das (Straf-)Verfahren auch wegen Geringwertigkeit eingestellt werden. Das bedeutet aber nicht, dass z.B. bei einem Diebstahl einer Kaugummipackung keine Strafe erzielt werden muss. Wenn der Staatsanwalt denkt, dass der Täter "eine Lehre" braucht und der Schrecken nun vor Gericht zu stehen ausreicht ihn von weiteren Taten abzubringen wird auch für sowas ein Verfahren in die Wege geleitet. Denn das ist ja das Ziel der Justiz, von strafbaren Verhalten abzuleiten.
Wenn das Verfahren nun vorzeitig wegen der genannten Geringwertigkeit eingstellt wird oder zugunsten des Täterst entschieden wird, kann "das Opfer" immernoch zivilrechtliche Ansprüche stellen, sprich: Schadensersatz fordern.

Wenn Aussage gegen Aussage steht und wirklich keine anderen Beweise existieren kommt der Grundsatz: "In dubio pro reo", also "im Zweifel für den Angeklagten" zum Zuge und es erfolgt ein Freispruch. Wenn aber tatsächlich nur zwei gegensätzliche Aussagen vorliegen (sprich: einmal eine die für den Täter spricht und eine die gegen den Täter spricht) wird der Sachverhalt nicht an ein Gericht weitergegeben. Es wird immer solange ermittelt bis genügend Beweise vorliegen die ein strafbares Handeln begründen können. (Ob diese dann auch vor Gericht ausreichen ist ein anderes Blatt Papier)

cavallina09 
Beitragsersteller
 02.07.2013, 19:01
@memphys91

also ein 20 jähriger missbraucht ne 14 jährige sexuell. sie sagt aus, er leugnet natürlich. und mit beweisen siehts bei solchen sachen ja auch immer schlecht aus weils ja keine zeugen gibt...

memphys91  02.07.2013, 19:21
@cavallina09

Ich habe mir mal deine bisherigen Fragen durchgelesen. Ist das jener Typ, den du schonmal erwähnt hast?

Beweisen lassen sich gerade solche Sachen recht gut. Die Kriminaltechnik kennt mittlerweile Methoden, die fast schon Hollywoodreif sind.

Täter hinterlassen immer spuren, mögen die noch so klein sein, aber vorhanden sind sie immer. Fraglich ist dann meist ob sie auch auswertbar sind. Bei Sexualdelikt wird stets versucht Sekrete (Sperma u.ä.) zu sichern um die DNA zu analysieren und zuordnen zu können (falls Bedarf besteht kann ich auch das näher erläutern). Die Möglichkeiten aus noch so winzigen DNA-Resten ein DNA-Profil zu erstellen sind gigantisch. Zusätzlich werden auch Faserspuren (Klamotten) Epithelzellen (Hautabriebe) usw. gesichert damit eine Vielfalt von Beweisen bestehen. Problematisch ist bei Vergewaltigungen dann aber häufig, dass "die Opfer" sich aus Scham schnellsmöglich unter die Dusche stellen oder in die Badewanne setzen um "sich den Schmutz" abzuwaschen oder verbrennen ihre Klamotten und vernichten somit Spuren die womöglich zur Verurteilung des Täters führen würden. Wichtig ist dabei aber stets die zeitliche Nähe zum Delikt. Je früher die Anzeige / Ermittlung erfolgt, desto höher stehen die Chancen auf verwertbare Spuren. Das heißt aber nicht, dass nach Wochen keine Spuren vorhanden sind. Auch nach Jahren ist es noch möglich DNA zu finden oder zuzuordnen.

Was deinen Sachverhalt angeht stellt sich die Frage: hast du irgendwelche Klamotten, Textstellen (Facebook, Skype, SMS) in denen er gesteht, womöglich ein Kondom mit Spermaresten und diese der Polizei übergeben und wie lange ist das Ganze her?


Was das Verfahren angeht, da das ja Thema dieser Frage ist, wird bei Sexualdelikten solange ermittelt bis zweifelsfrei die Tatbeteiligung feststeht oder ausgeschlossen werden kann oder die Beweise erschöpft sind. Einen vorzeitigen Abbruch des Verfahrens, weil Ersttäter oder ähnlichem gibt es hier nicht.

Hier wird auch kein "Gnadenurteil" oder "geringe Strafe" durch den Staatsanwalt erlassen, sondern bis zum bitteren Ende durchgezogen.

cavallina09 
Beitragsersteller
 02.07.2013, 19:26
@memphys91

ja das ist der den ich schon erwähnt hab. du kennst dich ja recht gut aus..kann man hier privat auch schreiben vielleicht?

memphys91  02.07.2013, 19:31
@cavallina09

Ja, aber soweit ich weiß müsstest du hier bei GF.net zuerst eine Freundschaftsanfrage stellen und dann eine Privatnachricht schreiben.

Entweder wird die Sache vor Gericht gehen und du bekommst irgendwan einen Brief, wo drin steht wann und wo du ins Gericht kommen musst für eine Aussage. Oder du bekommst einen Brief, wo drin steht, dass es nicht vor Gericht geht, also das Verfahren eingestellt wurde, weil die Polizei nichts rausgefunden hat.

entweder schreitet bei jugendlichen die jugendgerichtshilfe ein oder der täter (gegen die die anzeige gerichtet ist) bekommt geldstrafe, sozialstunden, haft etc