Wie erkenne ich einen Sinnabschnitt oder einen Absatz?
Hallo, ich schreibe am Dienstag eine Deutscharbeit. Es geht um eine Inhaltsangabe von einer Kurzgeschichte. Ich kann alles, ausser wie man Sinnabschnitte oder das ende eines Absatzes erkennt (ich glaube Sinnabschnitt und das ende eines Absatzes sind das selbe). Wie erkenne ich die Sinnabschnitte?
Danke im voraus!
2 Antworten
Es gibt keine zwingende Regel, wo ein Absatz stehen muss und wo nicht.
Aber es gibt kleinere und größere Abschnitte in einem Text. Und wenn man bei den kleineren Abätze einfügt, muss man es unbedingt bei den größeren.
Wo genau die Abschnittsgrenzen liegen, kann man leicht sagen, nämlich bei größeren Sinnabschnitten, aber nur mit Übung erkennen.
Ich setze jetzt einen Text ohne Absätze hierhin, der viele sinnvolle Absätze hat, aber weit mehr als nötig.
Versuch mal, die nötigen Absätze herauszufinden. Ich stelle dann bald den Text mit Absätzen in den Kommentar. Übrigens: Welche Absätze, die ich eingefügt habe, waren nötig und welche nicht?
Hier der Text: Anfang und Ende des Lebens, heißt es, sind dem Lebenden selbst in Dunkel gehüllt. Niemand kann sein geistiges Dasein vom Tage seiner Geburt datieren. So bin ich erst am Beginn meines zweiten Lebensjahres zum Bewußtsein erweckt worden und bewahre davon bis heute die Erinnerung. Ich konnte weder sitzen noch liegen, weil mein Rücken und mein Gesäß, wie man mir später erklärt hat, zerprügelt und zerschunden war. Mein eigener Gedanke und deutlicher Lichtblitz aber war: Was soll aus mir werden, wenn ich beim Sitzen und Liegen maßlose Schmerzen habe? Es ist meine Amme gewesen, die mich so mißhandelt hat. An die Prügelprozedur selbst habe ich jedoch keine Erinnerung. Schmerz also hat meinen Geist erweckt, Leiden mich zum Bewußtsein gebracht. Ich saß auf dem Arm der Kinderfrau und schrie, durch irgend etwas aufs schwerste beleidigt. Die Brave trug mich durch einen dunklen Korridor, der auf den Hof unsres Anwesens führte. Dort brüllte mich eine Stimme an, die mich stumm machte. Das war meine erste Begegnung mit dem preußischen Unteroffizier und die zweite Phase meines Bewußtwerdens. Der ganze Hof lag voll Militär. Eines Tages saß ich, von meinem Kindermädchen gehalten, auf dem Fensterbrett eines offenen Fensters und guckte auf den Vorplatz hinab. Dort wurden beim Toben der Regimentsmusik Remontepferde zugeritten. Sie stiegen kerzengrade in die Luft, sie bockten und keilten hinten aus, besonders die wütend geführten Schläge der Pauker machten sie unsinnig. Es war, wie ich später erfahren habe, kurz vor der Schlacht bei Königgrätz. Berührungen zwischen den Sinnen und Objekten, heißt es, veranlassen die Bewegung im Geiste des Neugeborenen, die ihn nach allen Dingen greifen läßt. Dies geschieht etwa bis zum dritten Lebensjahr. Mit dem vierten Jahr ist es in mir bereits überraschend hell geworden. Eines Tages erschienen fremde Soldaten, Österreicher, auf der Dorfstraße. Es waren Gefangene und Verwundete, hatte ich aufgefaßt. Der eine trug ein weißes, blutiges Tuch um den Hals. Ich nahm an, ihm sei der Kopf vom Rumpfe geschnitten und werde daran durch das Tuch festgehalten. Ein Gefangener hieß Boaba. Er war Tscheche und sprach nicht Deutsch. Um jene Zeit hatten sich bereits die Gestalten zweier Knaben, meiner Brüder, in meine Seele eingeprägt. Die verwundeten Feinde in den Lazaretten empfingen von ihnen alle möglichen Wohltaten. Georg, der ältere, schrieb von früh bis abends Briefe für sie. Von ihm und dem jüngeren Bruder Carl wurde täglich die Speisekammer der Mutter ausgeplündert und der Raub den kranken Soldaten zugesteckt. Ich teilte mit Bruder Carl ein Schlafzimmer. Er war, was in diesem Alter viel bedeutet, vier und ein halbes Jahr älter als ich. Er hatte damals schon, ohne es zu ahnen, in mir seinen stillen Beobachter. Ich wunderte mich, ich freute mich, ich machte mich lustig über ihn. Heute ein seltsamer Umstand für mich, ein solches Verhalten in frühester Jugend. Carl war ein großer Enthusiast. Ich war geneigt, das für Schwäche zu halten. Von Zeit zu Zeit wurde, ebenfalls im Jahre 66, der Durchmarsch der Truppen für eine gewisse Nachtstunde angesagt. In solchen Fällen stellte sich Carl einen großen Korb, gefüllt mit Blumen, unter das Bett, um sie aus dem Fenster über die Marschkolonne auszuschütten. Ich erinnere mich, wie er einmal völlig traumbefangen nach dem Korbe griff, als von der Straße der dumpfe Marschtritt zu uns heraufschallte, wie er schlafend, geschlossenen Auges, damit zum Fenster lief, den Korb entleerte und, ohne ganz erwacht zu sein, ins Bett zurück taumelte. Ich nahm dies nicht erschreckt, sondern kichernd als etwas überaus Komisches auf. Natürlicherweise waren mir um diese Zeit bereits Vater und Mutter und mein Verhältnis zu ihnen bewußt geworden, ebenso mein Elternhaus, dessen Namen ich kannte wie den des Ortes, in dem es stand. Wie war die Kenntnis unzähliger kleiner Beziehungen, in denen ich zu alledem stand, in mich gekommen? Ich hätte es damals nicht sagen können und kann es auch heute nicht. Diese Mutter, dieser Vater, dieses Haus, seine Räume und seine Umgebung, dieser ganze kleine Ort, Ober-Salzbrunn genannt, waren da wie von Ewigkeit. Und eben der Vater, die Mutter, das Haus, der Ort waren alles in allem für mich: es gab nur das, es gab nichts anderes. Waisenkinder leben ohne Mütter, sie leben und entwickeln sich. Die Seeleneinheit, die mich mit meiner Mutter verband, machte mir das unbegreiflich.
Ein Kommentar zu der anderen Antwort: Jeder Satz ist eine Sinneinheit und insofern ein Sinnabschnitt. Es gibt aber tiefere und weniger tiefe. Und nur bei wesentlichen Einschnitten ist ein Absatz nötig.
Das Beispiel von drea67 ist sehr gelungen. Damit sollte es dir gelingen, die nötigen Absätze in meinem Übungstext herauszufinden.
Jetzt folgt das Link zu dem Text mit den Absätzen:
http://gutenberg.spiegel.de/buch/das-abenteuer-meiner-jugend-9201/1
Wenn du willst, kannst du an dem Text weiter üben:
1. Alle Absätze entfernen.
2. Die deiner Meinung nach sinnvollen Absätze einfügen.
3. Überlegen, weshalb du manche Absätze anders gesetzt hast als Gerhart Hauptmann.
Das sieht man an der Form: einem Sinnabschnitt folgt eine Leerzeile, während der Absatz nur eingerückt ist.
Danke aber kannst du mir villeicht ein Beispiel geben?
Absatz: Ich soll jetzt hier einen Text schreiben. Gerade habe ich keine Idee.
Da klingelt das Telefon, und ich bin erst einmal abgelenkt.
(Du musst dir hier die leere Zeile wegdenken; mein Word ist so formatiert. Also nur ab "da klingelt.." eingerückt.
Sinnabschnitt: Ich soll jetzt hier einen Text schreiben. Gerade habe ich keine Idee.
Gestern war ich beim Sport, als ....
(Hier habe ich jetzt 2 Leerzeilen gemacht, um den Abstand deutlicher zu machen, eine reicht aber. Es beginnt ein neues Thema)
Ich verrate dir hier schon das Link zum Text. Sieh ihn dir aber noch nicht an, sondern erst, wenn du Absätze eingefügt hat.