Wie empfindet ihr die Reaktion eines Gymnasiumns auf folgenden Vorfall?
Zwei 16-jährige Schüler haben während des Unterrichts in die gemeinsame Bank einen Davidsstern eingeritzt, "Scheiß Juden" dazugeschrieben und wurden dabei vom Lehrer erwischt. Die zuständige Studiendirektorin hat die Polizei verständigt und Anzeige erstattet. Der Schulleiter hat Anweisung gegeben den Disziplinarausschuß einzuberufen mit dem Antrag die Schüler fristlos zu entlassen.
Dies ist die härtest mögliche Reaktion der Schule. Normalerweise soll der Entlassung die Androhung der Entlassung vorausgehen. Nur wenn der Schulfrieden gestört ist oder Schüler geschützt werden müssen, darf auch die fristlose Entlassung ausgesprochen werden. Welche Meinung habt ihr?
Das Ergebnis basiert auf 15 Abstimmungen
4 Antworten
Entfernt Ähnliches haben wir zur Schulzeit auch gemacht. Eine Zeit war es bei uns in, den rechten Arm zum Gross hochzuheben. Weil wir in Latein gelernt hatten, dass die alten Römer das auch gemacht hatten. Im Latein-Unterricht grüssten wir also so und sagten "Ave" dazu. Natürlich nur, weil das irgendwie abenteuerlich war, so ähnlich zu grüssen wie unter Hitler.
Die Erwachsenen waren damals aber pädagogischer und gelassener als heute. Sie hatten kein Bedürfnis, ihre politischen Lagerstreitereien mit Kindern auszutragen.
Ich glaube nicht, dass diese Massnahme schulrechtlich Bestand hat. Ausser ggf. bei Wiederholungstätern. Der Rauswurf aus der Schule ist doch die letzte mögliche Strafe. Das ist ja, wie wenn über einen erstmaligen Ladendieb die lebenslange Haft verhängt wird.
Lehrer neigen aber dazu, die schulrechtlichen Massnahmen nicht richtig einordnen zu können, weil sie eben keine juristischen Kenntnisse haben. Und so wird mit dem Schulrecht nach Lust und Laune irgendwie intuitiv verfahren wie im Absolutismus.
Ein Freund, der in der DDR aufgewachsen ist, erzählte zu etwas Vergleichbarem mal, dass in so einem Fall der Hausmeister disziplinierte. Da hätte man in seiner Werkstatt Schmiergelpapier bekommen und hätte diese Sachbeschädigung an öffentlichem Eigentum ausbessern dürfen.
Das würde mir als angemessen zusagen.
In Bezug auf die Sachbeschädigung schon. Die durch die "Gravur" dargestellte Haltung lässt sich so aber nicht beeinflussen. Und natürlich machen Strafen diesbezüglich erst recht keinen Sinn. Man muß sich bloß vorstellen, dass bei den Schülern zu Hause solche Gedanken an der Tagesordnung sind. Da ist eine entsprechende sinnvolle Einflußnahme sehr schwierig. Die Reaktion der Schule, die von mir aus den Medien übernommen wurde, ist eigentlich nur ein Alibi und deshalb ist diese Reaktion auch so hart.
Ja sicher beeinflusst diese Strafe nicht die Haltung. Aber welche Strafe tut das denn? Glaubst du wirklich, dass Strafen böse Menschen gut machen?
Im Übrigen ist ja noch zweifelhaft, ob da wirklich eine Haltung vorliegt.
Dass ich Strafen für sinnlos halte hatte ich doch schon dargestellt. Wenn die Bedeutung des Inhalts der Darstellung von den Schülern aber nicht verstanden wurde, dann könnte eine Strafe sogar Sinn machen. Als Hinweis auf die Regel, dass man nicht etwas sagen soll, was man nicht verstanden hat. Weil man dafür zur Verantwortung gezogen werden kann.
Tja. Verantwortung und Verantwortlichkeit ist generell etwas, womit es heute im Argen liegt. Wir sehen diese überzogene Strafe im Einzelfall. Im Allgemeinen sehe ich heutzutage aber, dass zunehmend gar nicht mehr bestraft wird. Und auch sonst keine Tat-Folgen-Relationen mehr existieren. Die Jugendlichen lernen überhaupt nicht mehr, dass sie für sich verantwortlich sind, Helikopter-Elterei allüberall.
Strafen und Konsequenzen sind zwei paar Stiefel. Die natürliche "Strafe" für Bigamie ist die Existenz von zwei Schwiegermüttern.
Das Problem scheint mir aber ganz anders zu sein. Man traut den Kindern nichts mehr zu und in diesem Zusammenhang dann auch nicht, dass sie die Folgen dessen, was sie getan oder unterlassen haben selbst ausbaden müssen. Welche Elteren würden heutzutage drei 14-jährigen Schülern erlauben eine einwöchige Radeltour selbständig planen und durchführen zu lassen. Dieses habe ich als 14-jähriger gemacht. Handy gab es noch nicht und auch Telefone gab es nicht überall.
Ich kenne den Unterschied und könnte ihn nicht nur intuitiv durch Beispiele erläutern, sondern sogar definieren.
Du bist noch in einer privilegierten Lage. Hier in Schweden ist die Helikopterelterei schon ein Jahrzehnt weiter als bei Euch. Von zehn Schülern, die ich nachmittags unterrichte, werden 8 von Mama oder Papa gebracht und abgeholt. Und das bis einschliesslich 6. Klasse. Die können den Weg in ihrem Heimatort nicht gehen oder mit dem Fahrrad fahren.
Als 14-Jährige ist es für sie eine Leistung an Selbständigkeit, 3 Kilometer Fahrrad zu fahren.
Die von uns als 14-jährige durchgeführte einwöchige Radeltour hatee eine Länge von etwa 300 km. Die jeweilige Unterkunft in Jugendherbergen hatten wir selbst geplant. Knapp 2 km war mein Schulweg als 6-jähriger Grundschüler zu Fuß.
Ja. Ich bin auch in der 1. Klasse selbst zur Schule gegangen. Deswegen finde ich das ja auch so bemerkenswert. Die Eltern aber auch; die sind ja meine Generation. Dennoch machen sie es mit den Kindern anders.
Und sie üben Druck auf die Schulen aus, dass die Kinder in keiner Weise fordern dürfen. Die Zeugnisse werden hier quasi verschenkt.
Ein Lehrer meiner Schule hat das einmal auf die Spitze getrieben. Auf eine Schularbeit erhielten alle Schüler die Bestnote 1. Der Lehrer hatte nicht mit der Intelligenz der Schüler gerechnet. die Schüler haben sich beschwert. Die Arbeiten waren nämlich nicht korrigiert. Von den Noten für einen nicht existierenden Schüler ganz zu schweigen. Ja, das hat es auch gegeben. Wenn man 35 Jahre lang Lehrer kontrollieren muß, dann merkt man so etwas.
Klar sind sie nicht korrigiert. Sonst hätten ja die Einsen nicht das Ergebnis sein können. Was störte die Schüler daran?
In Schweden ist das als "Noteninflation" bekannt und es gibt spezifische Ursahcen. Wie kommt es bei Euch zu dieser Inflation?
Es sind zwei Teile!. 1.Das Abitur trennt die Gesellschaftsschichten. 2. Für Personen ohne entsprechende Kenntnisse gibt es keine gesellschaftlich akzeptierte Arbeit in Deutschland. Deshalb ist die Müllabfuhr fest in türkischer Hand.
Die Leistungsanfoderungen wurden bewußt so weit herabgesetzt, dass eine größer Menge eines Jahrgangs ein Abitur schaffen kann. Zu meiner Zeit haben etwa 10 % der Personen eines Jahrgangs ein Abitur gemacht. Inzwischen sind es fast 50% .Der durchschnittliche IQ eines Abiturienten ist dabei von etwa 120 auf etwa 107 gefallen.
Hast du eine Quelle zu dieser Noten-IQ-Korrelation?
Als Schüler gehörte ich zur Normierungsgruppe des IQ der BRD für meinen Jahrgang. Diese Information stammmt also aus 1. Hand.
Für die heutige Zeit kann als Quelle https://www.gymnasium-rahden.de/schule/begabungsfoerderung.html dienen.
Da ist leider auch keine Quelle angegeben. Ich wusste gar nicht, dass solche Studien überhaupt angestellt werden.
Im Prinzip muß der IQ-Test jedes Jahr neu kallibriert werden. Der IQ des Physiknobelpreisträgers R. Feynman lag nach seiner eigenen Angabe nur bei 126 was es ihm ermöglichte die Einladung zum Beitritt in den Hochbegabtenclub Mensa abzulehnen. (Vorraussetzung zum Beitritt IQ > 130)
Ich weiss. Ein bisschen lernt man in einem Psychologie-Studium sogar über Intelligenz und deren Tests.
Der IQ würde ständig steigen, wenn er nicht neu definiert würde. Jedenfalls bis vor einigen Jahren. Seitdem soll sich die Tendenz umgekehrt haben.
Ja, das nennt man den Flynn-Effekt. Problem: Die Personen sind zwar nicht gescheiter als früher, aber sie haben besser gelernt wie man sich testen lässt.
Andere führen die Entwicklung auf steigende Bildung zurück. Dass der Effekt sich jetzt aber umkehrt, würde zur Wahrnehmung mancher Lehrer im derzeitigen Bildungssystem passen, oder?
Da ich nicht mehr im Dienst bin, möchte ich die Beantwortung dieser Frage den noch Betroffenen überlassen.
Danke. Ob ich als im Ausland tätiger da mitreden darf, weiss ich auch nicht so recht.
Schön zu hören, dass mal richtig reagiert wurde.
Iwelche Memes sind voll okay, aber das ist zu viel.
Antisemitische Äußerungen (ebenso wie rassistische o.ä.) sind kein Kinderstreich. Nebenbei kommt dazu, dass ja auch Sachbeschädigung vorliegt. Mit Einberufung des Diszi ist die Entlassung ja nicht ausgesprochen, aber sie steht im Raum, und das ist gut so. Hier muss klare Kante gezeigt werden.
Ist mir sehr egal.
Von 16 jährigen Gymnasiasten würde ich schon erwarten das sie die Tragweite ihrer Handlung grob einschätzen können.
Wäre dies ihr allererstes Vergehen würde ich die Strafe es für überzogen halten.
Beantragen (Entlassung) kann man vieles, was hinterher dabei rauskommt, wird man sehen.
Ich war an meiner Schule Mitglied des Disziplinarausschusses. Wir hätten uns geweigert wegen so einem "Blösdsinn" überhaupt zusammenzukommen.