Wie alt ist das Foto?

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Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Hallo

also ich schätze das auf 1860 bis 1930 mit dem Schwerpunkt nach 1870 vor 1914

Nach 1870 wurden Einzelportraits für das Bürgertum "bezahlbar" davor gibt es fast nur Familien Gruppenfotos bzw in Deutschland gab es die Jahrgangs Schul- und Regimentsfotografie. Die wurden vom Bismark als Wirtschaftsförderung für die Fotografie eingeführt jede Garnissionsstadt hatte einen Fotografen

Die Schriftype kam zum Ende des Biedermeier und ist dann durch die Jugendstilzeit bis durch den 1sten Welt Krieg verwendet worden. Einige Fotografen machten sich mehrere Schrifttypenmasken bzw gingen mit der "Mode". In der Stadt mit Konkurrenz war das üblicher auf dem Land ohne Konkurrenz gab es dafür keinen Grund

1925 gab es nur noch einen Fotografen Richard Hillebrand in der Wallstrasse 3. Viele Gebrüder Handwerke sind nach 1900 zu GbR umfimiert worden. Die GBR kam zwar schon ab 1888 wurde aber erst nach 1918 zum Standard. Handwerksfotografen wurden GbR mit Ladengeschäft aber oft zur OHG

https://martin-opitz-bibliothek.de/de/elektronischer-lesesaal?action=book&bookId=0462309-1925#lg=1&slide=108

www.orf-oberschlesien.de/neustadt

Bis 1900 wurden Fotografien auf Glasplatten erzeugt und diese dann als Kontaktkopie auf Fotopapier bzw kaschierten Kartoon umgesetzt erst mit dem Rollfilm kamen die Vergrösserungen auf Fotopapier aber das war Anfangs recht teuer. Erst nach 1890 kam der pancromatische Planfilm ohne Glasträger in Europa an, und zuerst in Frankreich da sind viele Fotografen von Daguerreplatten auf Trockenfilm umgestiegen und haben Nassplatten überspringen. Die meisten Handwerksfotografen haben aber bis in die 1940er die Glasplatten selber frisch gegossen. Frischer (feuchter) Guss hat unter Mittags Sonnenlicht mit "schneller" f8 Optik um 4 Sekunden Verschlusszeit. Wenn der Guss getrocknet war ging die Verschlusszeit in die Minuten. Deswegen wurde bis1914 Reisefotografie mit Trockenplatten gemacht und Studiofotografie mit Nassplatten aber es gab auch nach 1880 Reisefotografen die Nass arbeiteten. Im Studio hat man meist nach dem Giessen die Eieruhr gestellt bzw man hat zu Virtelstunden Zeit gegossen weil als Fotograf musste an die Belichtungszeit gleitent zur Trockenzeit anpassen in der ersten Minute reichten noch 2 bis 4 Sekunden nach 5 Minuten brauchte man schon 30 Sekunden und nach 10 Minuten war die Platte im Minutenbereich. Mein Ururgrossvater hat einen Duftstoff in denn Guss gemischt der konnte dann die benötigte Belichtungszeit riechen bzw solange man leichten Tränenfluss in denn Augen hatte war die Platte noch nass (oder "scharf")

Also für eine Glasplattendirektkopie halt ich es für zu "schlampig" das ist eher ein Repro vom Original oder eine "schnelle" Kopie nach Jahren Archivlagerung der Glasplatte. Ein Fotograf/Laborant hätte aber die Rissstrukturen retuschiert und das Haar enfernt (ausser ist im Guss).

Wenn man das Bild aus dem Glasrahmen holt findet man evtl. auf der Rückseite eine Archivnummer und Datum, manchmal auch Namen. Aber es ist riskant, meist klebt die Emulsionschicht punktuell innen am Glas und beim zerlegen ergeben sich dann die weissen "Pigmentflecken" bzw oft gibt es grossflächige Anhaftungen in der Mitte.


angeBerge2001 
Fragesteller
 06.03.2024, 10:46

Danke sehr interessant

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Nach der Kleidung und der Frisur scheint das Foto etwa 100 Jahre alt zu sein.

Ist so die Bilderart rund um 1910, gibt es von meiner Oma (geboren 1902) auch. Wesentliches Merkmal, die standen immer neben einem kleinen Tisch.


SirKermit  05.03.2024, 14:18
Wesentliches Merkmal, die standen immer neben einem kleinen Tisch.

Ich kann nur vermuten, dass das den langen Belichtungszeiten geschuldet war. Man steht stabiler. ;-)

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ghost40  05.03.2024, 14:35
@SirKermit

Also ich erinnere mich Bilder gesehen zu haben (damals nannte man es noch nicht making-of :-) wo hinter den Personen Stangen mit einem kleinen Polster aufgestellt waren um sich abzustützen.

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SirKermit  05.03.2024, 15:23
@ghost40

An diese Halterungen habe ich auch zuerst gedacht, aber aufgrund des technischen Fortschritts vermutet, dass der Tisch diese Aufgabe unauffälliger erledigen konnte, weil die Zeiten kürzer wurde.

Aber vielleicht ist es ja wirklich nur einfach der damalige Stil. ;-)

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