Werde ich vielleicht verrückt?
Hallo
Ich studiere seit paar Jahren etwas Naturwissenschaftliches. Vor einigen Monaten hat es mir komplett den Ärmel reingezogen und ich kann an nichts anderes mehr denken. Ich liebe mein Studium und nichts macht mir mehr Spass, als Aufgaben zu lösen und rumzuknobeln. Jeden Tag habe ich neue faszinierendste Erkenntnisse.
Innert kürzester Zeit bin ich vom unteren Durchschnitt ganz an die Spitze gekommen, was Leistungen angeht, jede Vorlesung fasziniert mich und auch in meiner Freizeit liebe ich es, mich mit dem Stoff zu beschäftigen, ich sehe den theoretischen Zusammenhang in allem, was ich in meinem Leben mache und sei es Nudeln kochen.
Aufgaben sind für mich wahre Abenteuer, ich fühle sämtliche Reaktionen innerlich mit und sehe ganze Geschichten in Synthesen, fühle die Bewegung von Teilchen und versinke teilweise stundenlang komplett in dieser Welt. Teilchen bekommen einen Charakter und Mechanismen entfalten sich von alleine, ihr Verlauf abhängig nur vom Hauch einer Änderung der Parameter. In meinem Kopf setze ich Moleküle zusammen und die Teilreaktionen verlaufen blitzschnell, es ist wie ein riesiges Kunstwerk an dem an allen Seiten gearbeitet und korrigiert wird, bis es schlussendlich perfekt ist.
Gleichzeitig merke ich manchmal, dass ich kaum noch ein „Leben“ habe. Meine Freunde langweilen mich zunehmend, weil niemand verstehen kann, was mich bewegt, selbst Kommilitonen nicht. Niemand ist so fasziniert vom Stoff wie ich und alle wollen einfach die Prüfungen schaffen. Ich kann mit kaum jemandem darüber sprechen und merke, dass ich mich völlig von der normalen Welt entkopple und immer mehr das Klischee des „irren Wissenschaftlers“ erfülle. Treffe ich fremde Leute, fällt es mir immer schwerer, mich mit ihnen zu unterhalten, weil sie mich meistens langweilen und ich ihnen nichts zu sagen habe.
Bin ich jedoch in meinem Element, bin ich extrem gesprächig und liebe es über alles, mich mit anderen Menschen auszutauschen und zu diskutieren. Bloss eben, ausserhalb der Uni fühle ich mich zunehmend etwas verloren und auch bisschen einsam. Andererseits bin ich lieber alleine als mit langweiligen Leuten zusammen…
Ich frage mich, ob mir das Sorgen machen sollte. Ich merke, dass wenn ich das länger so mache, ich vermutlich eines Tages recht einsam sein werde. Andererseits macht es mich glücklich und ich habe mich mental noch nie so herausgefordert gefühlt, auf eine positive Art. Sollte ich versuchen, wieder mehr in den Alltag zurückzukehren und „normal“ zu werden, oder sollte ich der Faszination nachgeben mit dem Risiko, eines Tages wirklich ein einsamer, verrückter Wissenschaftler zu sein?
Ich bin gespannt auf die Meinungen und Ratschläge von Aussenstehenden (:
4 Antworten
Also du könntest ja der nächste Einstein werden ;). Aber du bist bei deinem Thema offensichtlich sehr begabt und interessiert. Dagegen spricht überhaupt nichts. Das ist sogar toll, dass es noch Menschen gibt die wirklich Spaß beim lernen haben. Solange du nicht Familie, Freunde für deine Experimente und Forschungen vernachlässigt ist das eigentlich super
Einerseits finde ich es bewundernswert, dass jemand so viel Motivation für sein Studium hat, andererseits musst du auch etwas als Ausgleich finden, dass dich ablenkt und auf andere Gedanken bringt. Nur ans Studium zu denken und dich allgemein nur auf eine Sache zu konzentrieren, wird dich auf Dauer einfach unglücklich machen.
Du bist hochbegabt. Und trägst das Schicksal dieser elitären Spitze. Niemand außer Betroffenen hat Verständnis dafür.
Kenne ich im abgemilderten Rahmen leider nur zu gut. Letztendlich hat man seinen Freundeskreis der ähnlich tickt und man kann vernünftig miteinander reden
Erfolgreich sein ist sexy. Du hast ein Rezept dafür. Wenn es Dir langweilig wird, kannst Du Dich auf Hobbys besinnen. Auf diesem Wege findest Du Zugang zu anderen.
Aber man ist einsam. Manchmal bin ich froh darum und glücklich, aber dann wieder wünschte ich, ich könnte einfach ganz normal mit Kommilitonen in den Club gehen und Spass haben. Bloss dass ich da dann keinen Spass habe und mir komplett deplaziert vorkomme. Es ist ein Kreislauf.