Welcher Überzeugung seid ihr: Hitler, der Raffinierte oder Hitler, der Emporgetragene?
Die komplette Geschichte des Nationalsozialismus kann aus zwei Blickwinkeln betrachtet werden, jeh nachdem wie man Hitler sieht.
Aus dem einen Blickwinkel ist Hitler ein 'Genius des Bösen' (Zitat Joachim Fest), der seine eigene Karriere gestaltet, vorangetrieben und durch Raffinesse, Redekunst, geschicktes 'Fädenziehen' und durch die Entschlossenheit des eigenen Willens (laut Hitlers 'mein Kampf'), sich zum Führer der deutschen Nation emporgeschwungen hat.
Aus dem anderen Blickwinkel ist Hitler ein Emporkömmling: der von seinem Vorgesetzten Hauptmann Mayr zur DAP geschickt wurde, dessen Temperament dem dortigen Parteivorsitzenden Drexler auffiel ("Der hod a Goschn!"), von Drexler in die Partei gedrängt wurde, die Partei durch Hauptmann Mayr weiter verstärkt wurde, bis es mehr eine Soldaten- als eine Arbeiter-Partei war, darunter so fähige Leute wie Ernst Röhm. Hitler durch eine Eigeninitiative Drexlers, wie die Jungfrau zum Kind, zum Vorsitz der NSDAP kam, wo sich Hitler bisher lediglich als 'Propagandist' gesehen hatte - als Vorsitzender war er plötzlich das Aushängeschild der Partei und als solches nicht mehr abzusetzen, zumal ihn seine Kameraden als 'den Führer' der Bewegung ausgerufen hatten. Hitler hatte immer fähige Leute an seiner Seite die an dessen Karriere sehr interessiert waren, um selbst vom Erfolg der Partei zu profitieren. So gab es Leute wie zum Beispiel sein Mentor Dietrich Eckardt, der ihm zum Beispiel beibrachte, dass Hitler nicht ständig seinem Publikum zuprosten soll. Beim Putsch, dem Marsch auf die Feldherrenhalle, ging niemand auf die theatralen Selbstmorddrohungen Hitlers ein, stattdessen beschloss Ludendorff "Wir marschieren!" Nach dem Putsch fiel die NSDAP in die Bedeutungslosigkeit, siehe Wahlstimmen die sie bekam. Die NSDAP fiel mehr durch Krawal, Mord und Gerichtsprozesse auf. Bis zur Weltwirtschaftskrise und der Spar- oder sogenannten Hunger-Politik der Weimarer Regierung, die die Vermögenden schonte und auf den Rücken bzw Tellern der Bevölkerung ausgetragen wurde (es sind wirklich Menschen an dieser Politik verhungert!), plötzlich bekam die NSDAP Aufwind, von 2,6% (1928) auf 18,3% (1930) Wahlerfolg. Röhm kehrte aus Südamerika zurück und organisierte für die NSDAP bis Sommer 1932 militärisch organisierte 450 000 SA-Männer (Reichswehr 115 000). Dem größten Wahlsieg der NSDAP, die JuliWahl 1932 (NSDAP 37,3%) kann die bisherige Weimarer Regierung sich einer Regierung der NSDAP entziehen, bei der Novemberwahl 1932 (Wahlerfolg der NSDAP 33,1%) muss sie den Wahlerfolg der NSDAP anerkennen und Hitler zum Reichskanzler ernennen. Mit Amtsantritt beginnt Göring sofort alle wichtigen Posten der inneren Sicherheit mit SA- und SS-Leuten zu besetzen. Im Zuge des Reichstagsbrands ergreifen Göring, Himmler und Röhm mit ihren Getreuen die Macht. Die Wahl vom März 1933 ist eine Farce und völlig undemokratisch und trotzdem erreicht die NSDAP ihr Ziel nicht von über 50%. Hitler ist nun Staatsoberhaupt. Hitler wird von Göring und Himmler derart manipuliert, dass er seinen Busenfreund Ernst Röhm ermorden lässt ('Röhmputsch'). Hitler liebt es Reden zu halten, Staatsempfänge, lange ausschlafen, Spaziergänge mit Blondi, er ist froh wenn ihm lästige Arbeit abgenommen wird, er ist froh, dass seine Staatssekretäre und Minister eigenständig arbeiten und ihm das meiste abnehmen. Außer Krieg zu führen, Krieg zu führen ist ihm als ehemaligen Gefreiten eine Herzensangelegenheit, das er so leidenschaftlich betreibt, dass die Engländer nach einer Bilanz von Hitlers Entscheidungen beschließen, ihn nicht (!) umzubringen.
Wie siehst du Hitler? Hitler, der Raffinierte ? Oder Hitler, der Emporgetragene?
21 Stimmen
3 Antworten
Man kann Manipulation und Machtmissbrauch natürlich als „raffiniert“ betrachten, man kann es aber auch als ausgesprochen dumm betrachten, es auszuüben und drauf reinzufallen. Welchen Nutzen soll die Ermordung der eigenen Spezies inklusive sich selbst haben, was Hitlers Aktionen ja Zweifelslos waren. Und was daran soll raffiniert gewesen sein? Das Regime unter Hitler war evolutionäre Massenverblödung.
Von allem etwas. Hitler war ein gewiefter Demagoge, der seinem Publikum das erzählte, was es hören wollte.
Aber auch Leute wie Hindenburg und Papen oder die Industriekapitäne haben ihren Anteil daran.
Man darf eines nicht vergessen: nach der Machtübergabe an Hitler war Deutschland weitgehend eine Zustimmungsdiktatur, wie die Historikerin Görtemaker richtig feststellt.
Nein, damit ist nicht ein Diktatur wie Nordkorea gemeint, wo die öffentlichen Jubelparaden sehr inszeniert wirken.
Die Nazidiktatur wurde von einer breiten Öffentlichkeit mit ehrlicher Begeisterung getragen, wie Görtemaker richtig feststellt.
Natürlich, die Aufrüstung und Arbeitsbeschaffungsmassnahmen erweckten den Eindruck, dass es wieder aufwärts geht mit Deutschland. Das hat die Zustimmung natürlich befeuert. Dass das alles schuldenfinanziert war und auf Kriege hinauslaufen würde, haben die wenigsten durchschaut. Auch die anfänglichen militärischen Erfolge haben die Zustimmung noch gestärkt. Deutschland war wieder wer.
Zustimmung - verstehe ich dich richtig, du gehst von einer großen und breiten Zustimmung für Hitler von Anfang an aus - 33,1 % mag für einen Wahlerfolg groß sein, aber das ist bei weitem keine breite Zustimmung der Gesamtbevölkerung Deutschlands, da stehen 66,9% dagegen.
Wir reden von der Zeit ab 1933-1939 und die Zeit, bis zu den ersten militärischen Niederlagen und den Bombardierungen Deutschlands. Denn dass die Bomben nicht auf andere Städte fielen, sondern auf die eigenen, war so nicht vorgesehen.
Und wie schon gesagt, ohne die Unterstützung durch das politische Establishment wäre Hitler wohl nicht an die Macht gekommen.
Und Hindenburg nicht zu vergessen. Er wollte noch nicht aufs Altenteil und noch mitmischen in der Politik.
So ist es, auch weil man der irrigen Annahme war, dass man Hitler kontrollieren könne. Das ging dann nach hinten los.
Der Mann war sicher nicht dumm und unfähig. Aber vor allem war er "zur richtigen Zeit am richtigen Ort". Oder eigentlich genau im falschen Moment hier in Deutschland.
Seinen Mitsoldaten im 1WK zufolge, war er zwar nicht dumm, durchaus aber unfähig und feige.
So habe ich das auch gehört. Wobei es ja auch eine andere Form von Mut erfordert, "große" Reden zu führen.
Sind nicht die meisten Diktaturen 'Zustimmungsdiktaturen', weil derjenige der nicht zustimmt eins aufs Maul bekommt?