Welche Hypothesen erklären den Hodenabstieg der Säugetiere?

2 Antworten

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Eindeutig lässt sich bis heute nicht sagen, warum so viele Säugetiere einen Hodensack besitzen. Man weiß, dass innerhalb der Beuteltiere und innerhalb der Plazentatiere unabhängig voneinander ein Hodensack entwickelt wurde, der bei Beuteltieren vor, bei Plazentatieren hinter dem Penis hängt. Nebengelenktiere und Afrotheria (zu denen Elefanten, aber auch kleinere Tiere gehören) haben ihre Hoden weiterhin im Körperinneren, und einige Säugetiere, deren Vorfahren einen Hodensack hatten, haben ihre Hoden wieder ins Körperinnere verlagert, darunter Wale, Nashörner und Igel.

Zu 1: Dass die Spermienproduktion bei Temperaturen etwas unter der Körpertemperatur besser abläuft, bedeutet nicht zwingend, dass die Hoden aus diesem Grund nach außen verlagert wurden. Der Hodensack könnte sich auch aus einem anderen Grund entwickelt haben, wodurch dann die Anpassung der Spermienproduktion an niedrigere Temperaturen nötig wurde.

Zudem widerspricht dieser These, dass Vögel oft eine höhere Körpertemperatur als Plazentatiere, aber niemals einen Hodensack besitzen, während viele Beuteltiere eine geringere Körpertemperatur als Plazentatiere, aber trotzdem auch einen Hodensack haben.

Zu 2: Diese These erscheint erstmal recht glaubwürdig. Die meisten Säugetiere mit einem Hodensack bewegen sich durch Sprünge oder Gallopp fort, was einen großen Druck auf die inneren Organe ausübt, wogegen die ausgelagerten Hoden aber geschützt sind. Für Tiere ohne Hodensack, wie Nebengelenktiere und Elefanten, ist so eine Fortbewegung eher unüblich, ebenso für Nashörner oder Igel, deren Hoden sekundär wieder ins Körperinnere gewandert sind.

Im Wasser lebende Säugetiere haben ebenfalls ihre Hoden zurück ins Körperinnere verlagert, mit der Ausnahme von Robben, die zur Paarung an Land kommen und sich dort häufig heftige Kämpfe um die Weibchen liefern.

Zu 3: Das ist eher unwahrscheinlich, weil die Hoden der meisten Säugetiere schlecht sichtbar sind. Es gibt zwar einige Arten, die ihre Hoden in der Balz zur Schau stellen, aber das ist wohl nicht der Ursprungszustand aller Säugetiere.

Neben diesen drei Hypothesen, von denen ich die mit der Fortbewegung favorisiere, gab es auch Erklärungsversuche, die von einer Phase in der Frühzeit der Säugetierevolution ausgehen, in der es eine starke Spermienkonkurrenz gab, weshalb unverhältnismäßig große Hoden entwickelt wurden, die in einem kleinen Körper dann keinen Platz mehr hatten und nach außen gelegt wurden. Einer anderen These zufolge dient der Temperaturunterschied zwischen Hoden und weiblicher Vagina als Aktivierungssignal für die Spermien.


Tatitutut 
Beitragsersteller
 17.09.2017, 15:16

Herzlichen Dank für die Diskussion und Ergänzung! 

Das war mit Abstand die hilfreichste Antwort, die ich hier jemals auf meine Fragen bekommen habe. 

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Nummer eins ist richtig. Im Körperinneren ist es zu warm, deshalb wandern sie noch im Mutterleib aus dem Körper, eben dahin, wo sie hingehören. Der Hodensack hat ein tolles System der Temperaturregelung. Wenn sich die Temperatur krass ändert, zieht er sich zusammen oder wird richtig prall.

Nummer zwei sit definitiv falsch, da die jetzige Position diese Gefahr um einiges höher macht ;)

Nummer drei bezweifle ich, da die reine Vorhandenheit von Hoden oder dem Hodensack keinerlei Aussage über die Fruchtbarkeit macht.

Welche weiteren es gibt, weiß ich nicht. Ich weiß, dass diese erste stimmt. Es gibt sicher mehr Hypothesen, aber die meisten davon sind bestimmt falsch.


Tatitutut 
Beitragsersteller
 17.09.2017, 09:33

Es gehr nicht darum wie die Hypothesen individuell bewertet werden. 

Die zweite Hypothese kann damit begründet werden, dass beide Hoden in unterschiedlicher Höhenlage aufgehängt sind (Anatomie). Desweiteren ist die Bewegungsorientierungs eines Landgängers vielseitiger als eines Fisches, z.B. Lauf eines Löwens, der sich so stark kontrahiert, dass die inneren Organe stets in Bewegung und Kontakt sind. 

Die dritte Hypothese ist die einzige, die erklären könnte, warum die Hoden bei Fledermausarten bis zur doppelten der Körpergröße betragen (Behinderung bei äuserem Tragen) und bei Affenarten zusätzlich zur überproportionalen Größe  auffällige Färbungen haben wie Blau. Diese Merkmale können nur durch sexuelle Selektion entstanden sein. 

Ich frage also nach existierenden Hypothesen, nicht nach der Meinung. Die ist auch bei Wissenschaftlern unterschiedlich verteilt. 

Dennoch Danke. 

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Tatitutut 
Beitragsersteller
 17.09.2017, 09:38
@Tatitutut

*Gerade beim Lauf von solchen Jägern, werden die inneren Organe erhöhtem Druck ausgesetzt. 

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