Die KPÖ und die meisten anderen kommunistischen Parteien haben nach dem Zerfall der Sowjetunion einen Prozess der Sozialdemokratisierung durchgemacht, in dem sie ihr politisches Erbe und ihre Prinzipien größtenteils über Bord geworfen haben. Innerhalb der KPÖ oder Teilen davon wird Lenin sicher noch gelesen und positiv rezipiert, aber seine Ideen und Ansichten sind nicht die Grundlage der praktischen Politik.

Eigentlich ist ja der Marxismus undemokratisch, nicht? Weil der wünscht sich eine Revolution, dann die Diktatur des Proletariats und dann den Kommunismus.

Der Marxismus kritisiert die bürgerliche Demokratie, aber warum? Nicht weil er Mitbestimmung ablehnen würde, sondern weil die bürgerliche Demokratie bloß formal besteht. Einmal alle paar Jahre einer anderen Politikerclique die Erlaubnis geben, die Herrschaft ohne weitere demokratische Kontrolle auszuüben, ist eine Farce, zumal über die meisten Dinge gar nicht abgestimmt werden kann - z.B. im Bereich der Wirtschaft.

Die Diktatur des Proletariats ist heute ein missverständlicher Begriff, aber soll eben nicht Unterdrückung der Menschen bedeuten, sondern die Herrschaft einer bestimmten Klasse. Im Kapitalismus übt die Minderheit des Bürgertums seine Diktatur aus, und im Sozialismus tut das die Mehrheit der Arbeiterklasse, um den Übergang zu einer klassenlosen Gesellschaft vorzubereiten.

Die Diktatur des Proletariats bedeutet also eine Ermächtigung der unterdrückten Teile der Bevölkerung und die demokratische Verwaltung der Produktionsmittel, ihre planmäßige Verwendung zur gesellschaftlichen Bedürfnisbefriedigung. Die favorisierte Form, wie das konkret umgesetzt werden kann, ist die Rätedemokratie, die während zahlreichen Revolutionen seit der Pariser Kommune 1871 aufkam.

Wie kommt es dann, dass die Kommunisten ins Parlament gewählt werden wollen und nicht revoltieren.

Hier liegt der Unterschied zwischen reformistischen Sozialdemokraten und revolutionären Marxisten. Sozialdemokraten hängen der Illusion an, im Parlament tatsächliche Verbesserungen erwirken zu können und gegebenenfalls sogar den Kapitalismus wegreformieren zu können. Marxisten wissen hingegen, dass das Parlament ein Werkzeug der bürgerlichen Herrschaft bleibt, jede errungene Reform wieder rückgängig gemacht werden kann und es darum einen revolutionären Bruch mit dem Kapitalismus geben muss. Das Parlament kann aber eine Funktion als Bühne der Agitation besitzen. Wenn Kommunisten in einem Parlament sitzen, reden sie also nicht zu den bürgerlichen Abgeordneten, sondern über sie hinweg zu den Menschen, die das parlamentarische Schauspiel verfolgen.

Einen revolutionären Bruch mit dem Kapitalismus anzustreben, heißt aber auch nicht, ständig Aufstände vom Zaun zu brechen. Eine Revolution gelingt dann, wenn das System in eine Krise gerät und ein genügend großer Teil der Bevölkerung einem revolutionären Programm folgt und handlungsfähig ist. Ersteres kann man nicht beeinflussen, da der Kapitalismus von selbst in zyklische Krisen gerät (gerade ist es wieder soweit), zweiteres sehr wohl durch langfristig angelegte Agitation und Organisierung.

Am Rande interessiert es mich noch gegen was sie revoltieren sollten? Die Arbeiter gegen das Bürgertum? Wer ist den heute noch Arbeitet und wer Bürgertum - das mit den Klassen ist doch völlig verschwunden. Das mit den Klassen stammt aus der Zeit der Industrialisierung.

Im Gegenteil - die Klassengegensätze sind noch viel größer als zu Zeiten von Marx. Damals war das Proletariat noch eine relativ kleine Schicht, und die meisten kapitalistischen Betriebe klein bis mittelgroß. Heute ist hingegen der überwältigende Teil der Menschheit lohnabhängig, und das Kapital ist derart konzentriert, dass einzelne Konzerne nicht nur innerhalb eines Landes, sondern weltweit Monopolstellungen haben. Auch die Vermögensungleichheit hat seitdem nicht etwa ab-, sondern massiv zugenommen.

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Für die absolute Mehrheit der Menschheit, die im Kapitalismus ausgebeutet und unterdrückt wird, wäre der Kommunismus natürlich eine bessere Alternative als das derzeitige kapitalistische System. Eine Bedrohung stellt der Kommunismus nur für die kleine Minderheit dar, die vom Kapitalismus profitiert.

Gerade weil diese Klasse der Kapitalisten aber die wirtschaftliche und gesellschaftliche Macht auf sich konzentriert und der Staat in ihrem Interesse handelt, hat sie auch die Möglichkeiten, unter der breiten Bevölkerung Rechtfertigungen für ihre privilegierte und herrschende Stellung zu streuen, ihre Widersacher zu verteufeln und ihre eigenen Verbrechen zu vertuschen, mit anderen Worten Ideologie und Propaganda zu verbreiten. Mit kapitalistischer Ideologie ist man z.B. in der Schule oder in den Massenmedien ständig konfrontiert und auch viele der übrigen Antworten hier geben solche Vorstellungen wieder, wie z.B. folgende:

  • dass der Kapitalismus Leistung belohnen würde und jeder reich werden könnte, wenn er sich nur genügend anstrengt. Tatsächlich basiert immenser Reichtum nicht auf der eigenen Arbeit, sondern auf der Ausbeutung der Arbeit anderer Menschen. Die Chance, tatsächlich aus bescheidenen Verhältnissen in den Club der Reichen aufzusteigen, ist verschwindend gering, trotzdem bringt diese Aussicht viele Leute dazu, sich selbst mit ihren Ausbeutern zu identifizieren und aus diesem Grund z.B. Vermögenssteuern abzulehnen, obwohl sie selbst davon profitieren würden.
  • dass der Kapitalismus schon immer existiert hätte und der menschlichen Natur entsprechen würde - hat er nicht und tut er nicht. Kapitalismus und mit ihm profitorientiertes Wirtschaften und Lohnarbeit sind in Europa erst seit wenigen Jahrhunderten vorherrschend und wurden in anderen Erdteilen noch später eingeführt. Die menschliche Natur ist eben nicht festgelegt, sondern wird von den gesellschaftlichen Bedingungen geformt. Im Kapitalismus werden Eigenschaften wie Gier und Egoismus stärker an die Oberfläche gekehrt und gefördert als Solidarität und Kooperation, zu denen der Mensch ebenfalls fähig ist. 
  • dass Kommunismus mit stalinistischer Diktatur gleichzusetzen ist - ist er nicht. Tatsache ist, dass überall dort, wo ein kommunistisches Programm umgesetzt wurde, dies eine Verringerung der Ungleichheit, eine Hebung des Lebensstandards der breiten Bevölkerung und massive Verbesserungen der Gesundheitsversorgung, des Zugangs zu Bildung und der Stellung der Frauen bewirkt hat. Tatsache ist auch, dass kommunistische Revolutionen bisher nur in armen und unterentwickelten Teilen der Erde erfolgreich waren - dem russischen Zarenreich, dem halbfeudalen China und diversen ehemaligen Kolonien in Asien, Afrika und Lateinamerika, und dass diese Revolutionen stets durch wirtschaftliche Blockaden und militärische Gewalt vonseiten der kapitalistischen Großmächte bedroht und in vielen Fällen durch Interventionen niedergeschlagen wurden. Es ist nicht das kommunistische Programm selbst, sondern es sind diese spezifischen Bedingungen, die in der Sowjetunion und anderswo dafür gesorgt haben, dass revolutionäre Regierungen Mangel verwalten mussten statt Überfluss, dass demokratische Strukturen nicht lebensfähig waren und dass Funktionäre von der Art eines Stalin ihre eigene Stellung über die Entwicklung des Sozialismus gestellt haben.
  • dass der Kapitalismus sich bändigen lassen würde, z.B. in Form einer "sozialen Marktwirtschaft". An den grundlegenden Spielregeln und Widersprüchen ändert auch ein Grundmaß von sozialer Absicherung nichts, dadurch kann die Zunahme der Ungleichheit nur verlangsamt werden, aber nicht aufgehalten oder umgekehrt, und auch Krisen und imperialistische Kriege bleiben unvermeidlich. Zudem sollte man sich vor Augen führen, dass alle sozialen Regelungen durch harte Kämpfe dem Kapitalismus abgerungen wurden und in Momenten der Schwäche der Arbeiterbewegung deshalb auch wieder verloren gehen können, wie es in Deutschland im Zuge des Neoliberalismus seit den 80er Jahren der Fall ist.
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Weil es zwischen der Gründung Israels und dem Holocaust zwar eine zeitliche Nähe, aber keinen kausalen Zusammenhang gab.

Den Zionismus, also die jüdische Nationalbewegung, gab es bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts, also einige Jahrzehnte vor dem Aufstieg des Faschismus in Europa. Wo dieser jüdische Staat entstehen sollte, war zwar nicht von Anfang an festgeschrieben.

Theodor Herzl, der so etwas wie der Gründervater des Zionismus war, erwog auch Konzepte, einen jüdischen Staat in Argentinien oder im heutigen Uganda bzw. Kenia (damals britische Kolonien) zu gründen, diese wurden aber bereits 1903 endgültig verworfen, da man die religiösen und kulturellen Verbindungen zu Palästina als zu wichtig und identitätsstiftend erachtete (die Minderheit der Territorialisten, die dieser Argumentation nicht folgte, sonderte sich daraufhin ab).

Zionisten stellten bis zum Zweiten Weltkrieg nur eine Minderheit unter den europäischen Juden (viele waren sogar dezidiert antizionistisch), etablierten sich aber in Palästina zur britischen Mandatszeit als politischer Faktor, sie organisierten jüdische Einwanderung und Landkauf und gründeten politische Institutionen und paramilitärische Verbände, die sich auf die Verwaltung eines eigenständigen Staats vorbereiteten.

Die meisten politischen und militärischen Führungsfiguren zur Zeit der israelischen Staatsgründung lebten schon seit Jahren und Jahrzehnten in Palästina, z.b. David Ben-Gurion (erster Ministerpräsident), Moshe Sharett (erster Außenminister und zweiter Ministerpräsident), Chaim Weizmann (erster Staatpräsident), Golda Meir (vierte Ministerpräsidentin), Yithzhak Ben-Zvi (zweiter Staatspräsident), Elizier Kaplan (erster Finanzminister) uvm. Holocaustüberlebende, die während oder kurz nach dem Zweiten Weltkrieg nach Palästina und später Israel kamen, hatten hingegen eine vergleichsweise unbedeutende Rolle.

Großbritannien war die wichtigste Schutzmacht des Zionismus und hatte sich mit der Balfour-Deklaration 1917 bereits über 30 Jahre vor dem Holocaust der Errichtung eines jüdischen Staats in Palästina verpflichtet. Die Motivation Großbritanniens war auf gar keinen Fall das Verständnis für die Lage der Juden als diskriminierte Minderheit - ganz im Gegenteil. Lord Balfour, nach dem die Deklaration benannt ist, war selbst Antisemit und wies beispielsweise jüdische Flüchtlinge aus dem russischen Zarenreich an den britischen Grenzen ab. Den Zionismus sah er als Möglichkeit, die jüdische Auswanderung aus Großbritannien und Europa zu fördern.

Palästina hatte für die britische Kolonialmacht außerdem strategische Bedeutung, da es erstens einen Brückenkopf im nahen Osten darstellt, der bedeutsam war für die Kontrolle über die umliegenden, teilweise aufständischen und auf Unabhängigkeit sinnenden arabischen Nationen, und zweitens in Nachbarschaft zum Suezkanal liegt, der die Lebensader des britischen Kolonialismus darstellte, u.a. als kürzester Seeweg nach Indien.

Eine aus Europa stammende, den Briten zugeneigte Bevölkerung wurde deshalb als Sicherheitsgarant für britische Interessen in der Region angesehen, selbst wenn sie aus von der britischen Oberschicht verschmähten Juden bestand. Diese Erwartungen erfüllte Israel 1956, als es sich am britisch-französischen Suezkrieg gegen das kurz zuvor unabhängig gewordene Ägypten beteiligte, das zuvor den Suezkanal verstaatlicht und damit britische Interessen gefährdet hatte.

Dass Deutschland Teile seines Territoriums an die Juden oder irgendeine andere Opfergruppe abtreten sollte, wurde niemals ernsthaft in Erwägung gezogen. Nach dem zweiten Weltkrieg war den Westmächten die Bekämpfung des Kommunismus wichtiger als die Aufarbeitung der Naziverbrechen. Nazioffiziere wurden reihenweise in die neugegründete NATO einbezogen, und Westdeutschland wurde als Bollwerk gegen den Ostblock wirtschaftlich und militärisch aufgerüstet. Westdeutschland weiter aufzuteilen, hätte dessen Kapazitäten geschwächt und auch seine Beziehungen zu den Westalliierten belastet.

Dass die jüdischen Holocaustüberlebenden ohnehin größtenteils nicht mehr unter rehabilitierten Nazis und Nazikollaborateuren leben wollten und Europa in Richtung Palästina/Israel oder USA verließen, kommt noch obendrauf.

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Der Nahostkonflikt hat eine mehr als hundertjährige Geschichte, die eng mit dem europäischen Kolonialismus und beiden Weltkriegen verbunden ist, auch wenn im deutschen Diskurs gerne so getan wird, als hätte alles mit den Anschlägen des 7. Oktober angefangen.

Die Region Palästina liegt an der Grenze von drei Kontinenten und hat in Antike und Mittelalter ein paar Dutzend mal die Besitzer gewechselt, vom 16. bis zum frühen 20. Jahrhundert war sie Teil des Osmanischen Reichs und mehrheitlich von muslimischen Arabern besiedelt, auch wenn es bedeutende christliche und jüdische Minderheiten gab.

Das 19. Jahrhundert war in Europa eine Hochzeit des Antisemitismus und zahlreiche Juden flohen vor den Pogromen und Verfolgung nach Palästina. In den 1880er und 1890er Jahren kam dann die politische Ideologie des Zionismus auf, der einen jüdischen Nationalstaat in Palästina nach Vorbild der europäischen Nationalstaaten schaffen wollte.

Der Zionismus blieb Jahrzehnte lang eine Minderheitenposition unter den Juden und hatte mit grundsätzlichen Problemen zu kämpfen. Eine einheitliche jüdische Nation gab es nicht, und die Hauptgruppen der Juden (Aschkenasim, Sephardim und Orientalische Juden) unterschieden sich in ihren kulturellen und religiösen Traditionen und ihrer Sprache. Orthodoxe Juden lehnten den Zionismus aus religiösen Gründen ab, liberale Juden in Westeuropa sahen sich selbst vor allem als Deutsche, Franzosen usw. an und glaubten, den Antisemitismus durch ihre Integration überwinden zu können. Die osteuropäischen Juden waren extremer Armut und Gewalt vonseiten des Zarenreichs ausgesetzt und liefen sozialistischen Parteien zu, die den Zionismus verwarfen und den Antisemitismus durch eine sozialistische Revolution die Grundlage entziehen wollten.

Trotzdem fand der Zionismus auch Anhänger und zionistische Verbände organisierten die Migration von Juden nach Palästina, gründeten Plansiedlungen und kauften Ackerland auf, was zunächst ohne größere Reibereien mit der einheimischen Bevölkerung führte. Dabei waren die Zionisten untereinander zerstritten und uneinig, wie ein jüdischer Staat aussehen sollte und welchen Platz die Araber darin haben sollten. Die Ideen reichten von Koexistenz in einer sozialistischen klassenlosen Gesellschaft bis hin zur jüdischen Dominanz und Vertreibung der Araber.

Im ersten Weltkrieg standen Großbritannien und das Osmanische Reich auf verfeindeten Seiten. Die Briten sicherten aus eigennützigen, strategischen Gründen sowohl den Arabern als auch den Zionisten jeweils einen eigenen Staat zu. Nach dem Sieg über die Osmanen wurden alle diese Versprechungen gebrochen und Großbritannien und Frankreich teilten den Nahen Osten unter sich auf, auch Palästina kam als Mandatsgebiet unter britische Herrschaft.

Hier kann man erstmals von einem Nahostkonflikt sprechen. Das Verhalten der Briten führte zur Radikalisierung sowohl bei arabischen Palästinensern als auch bei jüdischen Zionisten. Es gab in den 20er und 30er Jahren zahlreiche Proteste, Streiks, Lynchmorde und bewaffnete Paramilitärs verübten Anschläge gegen die jeweils andere Seite und die britische Verwaltung, die mit Einreisebeschränkungen für Juden und Entwaffnung der Araber reagierte.

Im Zweiten Weltkrieg entwurzelte der Holocaust hunderttausende europäische Juden, von denen sich viele nun dem Zionismus zuwandten. Die Briten waren vom Krieg so geschwächt, dass sie die Konflikte in Palästina nicht mehr einhegen konnten und sich zurückzogen. Die UN legte 1947 einen Teilungsplan in einen jüdischen und einen arabischen Staat vor, konnte aber keine Einigung erzielen und es kam zum Bürgerkrieg zwischen arabischen und jüdischen Milizen, wobei sich letztere durchsetzten.

Die Zionisten vergrößerten ihr Territorium gegenüber dem Teilungsplan, vertrieben von dort hunderttausende Palästinenser und riefen 1948 Israel als jüdischen Staat aus. Das Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge und ihrer Nachkommen ist bis heute ein Streitpunkt. Eine unkoordinierte Intervention von sechs arabischen Nachbarstaaten, die größtenteils selbst erst wenige Jahre alt waren, wurde zurückgeschlagen und führte zu Spannungen zwischen diesen Staaten und ihrer jüdischen Bevölkerung, die in massenhafter Auswanderung nach Israel endeten.

Die USA und die NATO wurden zu Israels engstem Verbündeten, weil es als Bollwerk gegen die benachbarten, meist an der Sowjetunion orientierten Staaten gesehen wurde. Zwischen Israel und den Nachbarstaaten gab es seitdem mehrere Kriege, von denen der Sechstagekrieg 1967 für die heutige Situation am relevantesten ist. Da startete Israel nämlich einen Überraschungsangriff und besetzte die syrischen Golanhöhen, das Westjordanland und den Gazastreifen (und bis 1979 auch den ägyptischen Sinai). In den besetzten Gebieten wurden israelische Siedlungen etabliert, was nach internationalen Recht illegal ist.

In den 60er und 70er Jahren etablierte sich die Palästinensische Unabhängigkeitsorganisation (PLO) dann als politische Kraft, die einen Guerillakrieg mit Anschlägen und Entführungen gegen Israel führte, mit dem Ziel, einen palästinensischen Nationalstaat zu errichten. Die PLO ist säkulär und ihre Teilorganisationen sind sozialdemokratisch bis kommunistisch geprägt, während die Hamas als islamistische Kraft außerhalb der PLO steht und erst in den 90er Jahren relevant wurde.

Die israelische Besatzung mit ihrem Kriegsrecht, Hauszerstörungen, willkürlichen Verhaftungen, Ausgangssperren und Kollektivstrafen trieb zahlreiche Palästinenser in den Widerstand. 1987-1993 gab es dann mit der Ersten Intifada einen großen Aufstand, der von der PLO genutzt wurde, den Staat Palästina auszurufen. Dieser Schritt war erstmal symbolisch, weil die PLO-Führung aus dem Ausland agierte und es kein Palästina gab, dass nicht unter israelischer Besatzung gestanden hätte. Nichtsdestotrotz wurde Palästina von 135 Ländern anerkannt, wohlgemerkt nicht von ehemaligen Kolonialmächten und NATO-Verbündeten.

In den 90er Jahren gab es erstmals Friedensverhandlungen, die zur Gründung der Palästinensischen Autonomiebehörde als quasi-staatlicher Institution führten, die den größeren Teil des Gazastreifens und kleine Teile des Westjordanlands verwalten konnte. 1994 wurden die Verhandlungsführer beider Seiten mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet, aber 1995 wurde der israelische Ministerpräsident Jitzchak Rabin von einem israelischen Rechtsextremen ermordet. Die neue rechte Regierung unter Benjamin Netanjahu verschleppte weitere Abkommen, und der Friedensprozess war damit gescheitert.

2000-2005 kam es zur Zweiten Intifada, die diesmal vor allem als militärischer Konflikt und mit brutaleren Methoden ausgetragen wurde und in dem erstmals die Hamas führend auftrat. In Reaktion räumte Israel seine Siedlungen im Gazastreifen.

2006 gab es das letzte Mal Wahlen für die Autonomiebehörde. Die Hamas trat dabei nicht als islamistische Kraft, sondern vor allem als Antikorruptionspartei auf, die die Kooperation der PLO mit dem Besatzer Israel anprangerte, und errang damit 44% der Stimmen und die Mehrheit der Sitze. Das führte zur Spaltung der Palästinergebiete; im Gazastreifen übernahm die Hamas die Macht, im Westjordanland die Fatah, die größte Fraktion der PLO.

Israel verfährt seitdem mit beiden Gebieten unterschiedlich. Das Westjordanland ist weiterhin direkt von Israel besetzt, die Autonomiebehörde ist weitgehend machtlos. Israelische Siedler vertreiben regelmäßig Palästinenser von ihrem Land und errichten eigene Siedlungen, wobei sie vom israelischen Militär geschützt werden, obwohl all dies illegal ist.

Der Gazastreifen unterliegt hingegen seit 2007 einer vollständigen Blockade zu Land, zum Wasser und zur Luft, die auch von Ägypten gestützt wird, das inzwischen der engste Verbündete Israels in der Region ist. Die Hamas unternahm gelegentlich Anschläge oder Raketenangriffe aus Israel, die jedes mal mit israelischen Vergeltungsschlägen mit vielen zivilen Opfern beantwortet wurden. 2018 wurden auch größtenteils friedliche Demonstrationen am Grenzzaun mit scharfer Munition beschossen, wobei über 200 Palästinenser starben.

Am 7. Oktober 2023 gelang der Hamas dann erstmalig die Überwindung der Grenzanlagen und der Vorstoß in israelisches Territorium, wo sie Massaker mit hunderten Opfern anrichteten und über 200 Geiseln nahmen, die sie gegen palästinensische Gefangene austauschen wollte. Seitdem führt Israel eine Rachekampagne von ungeahntem Ausmaß, die bereits nahezu die gesamte Infrastruktur des Gazastreifens zerstört hat, über 40.000 Todesopfer gefordert hat und fast die gesamte Bevölkerung zu Binnenflüchtlingen gemacht hat. Auf die israelischen Geiseln, die sich noch im Gazastreifen befinden, wird dabei ebenfalls keine Rücksicht genommen.

Und was ist eure Meinung zu dem Krieg und seid ihr für Israel oder Palästina?

Ein Verbrechen der Hamas rechtfertigt keine Verbrechen Israels, genauso wenig wie vorherige Verbrechen Israels die Massaker der Hamas rechtfertigen. Im Gazastreifen findet derzeit ein Massenmord und eine ethnische Vertreibung statt, die wie keine zweite live auf den sozialen Medien übertragen wird. Vor dem Internationalen Gerichtshof steht sogar der Vorwurf des Genozids im Raum, wobei sich Deutschland als Waffenlieferant mitschuldig macht.

Der Repressionshammer, der in Deutschland und anderswo gegen palästinasolidarische Stimmen geschwungen wird, zeigt, dass es mit dem ganzen liberalen Gerede von Menschenrechten nicht weit her ist, wenn es um die Interessen der imperialistischen Großmächte geht.

Netanjahu hat gezeigt, dass er weder Interesse an der Rettung von Geiseln noch an einem Ende des Krieges hat. Für ihn geht es auch darum, innerisraelische Konflikte durch ein äußeres Feindbild zu kitten. Das Korruptionsverfahren, das gegen ihn läuft, wird beispielsweise für die Dauer des Krieges pausiert und viele Israelis lassen sich durch nationalistische und militärische Propaganda von der sozialen Ungerechtigkeit im eigenen Land ablenken. Mit Netanjahu, Ben-Gvir, Galant und Konsorten wird es keinen Frieden geben.

Die einzige Perspektive, die für die Region in Frage kommt, ist Gleichberechtigung und Bewegungsfreiheit für *alle* Menschen zwischen dem Mittelmeer und dem Jordan, egal ob jüdisch oder muslimisch, ob hebräisch, arabisch oder aramäisch. Dafür ist nicht nur ein sofortiger Waffenstillstand, humanitäre Hilfe für den Gazastreifen und die Rückkehr der Geiseln notwendig, sondern auch ein Ende der israelischen Besatzung, die Freilassung der palästinensischen politischen Gefangenen, die Rückkehr der palästinensischen Flüchtlinge, ein Ende der Diskriminierung der arabischen Israelis und die Anerkennung der Palästinenser als Verhandlungspartner.

Die rein militärische Strategie der Hamas bringt uns ebenso wie ihr reaktionäres Gesellschaftsbild diesem Ziel nicht näher, sondern provoziert Gegengewalt und verleitet die Israelis zu blinder Rache. Und selbst wenn die Hamas militärischen Erfolg hätte, würde das nur das Vorzeichen der Unterdrückung umkehren.

Sowohl in Israel als auch in Palästina gibt es kleine linke Gruppen und Friedensaktivisten, die eine grenzübergreifende Zusammenarbeit und Basisarbeit verfolgen, um die verhärteten Fronten aufzubrechen. Das ist der einzige Weg zu echtem Frieden, aber er wird lang und kompliziert sein und die Anerkennung, Aufarbeitung und Vergebung von Leid auf allen Seiten erfordern.

Die israelischen Bomben schaffen keinen Frieden, sondern bereiten den Boden, auf dem die nächste Generation von Hamas-Kämpfern heranwächst.

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Veteranentag einführen?

Heute wird der Deutsche Bundestag über die Einführung eines »Veteranentages« diskutieren. Die Parteien der Ampel und die Union haben den Antrag gemeinsam eingebracht, und wenn ihm zugestimmt wird, könnte der 15. Juni künftig ein solcher Tag sein. Kein Feiertag, aber ein Tag der Anerkennung für die Veteranen der Bundeswehr.

Buch des Gedenkens der Bundeswehr. Foto: Berlinschneid CC BY-SA 4.0

Es mag nach nicht viel aussehen. Doch es ist ein großer Schritt. Weg von der alten Bundesrepublik, hin zu einem neuen Realismus.

Selbstverständlich hat diese Entscheidung mit der viel beschworenen »Zeitenwende« zu tun. Mit einer Bedrohungslage, die in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten ignoriert und verdrängt wurde und zu dem Glauben führte, umgeben von Freunden sei die Bundesrepublik in ein Zeitalter des ewigen Friedens eingetreten. Damit ist es vorbei. Die Bundeswehr müsse »kriegstüchtig« werden, sagt Verteidigungsminister Boris Pistorius.

Aber so richtig dieser Satz ist – er zeigt auch, wie schwierig das Umdenken ist, das damit einhergeht. Will die Bundesrepublik wirklich »kriegstüchtig« sein? Es ist ja nicht so, dass die Bundeswehr in den vergangenen Jahren keine kriegerischen Einsätze gehabt hätte. Seit 1992 beteiligt sich die Bundeswehr an Auslandseinsätzen. 20 Jahre lang waren deutsche Soldaten in Afghanistan, 59 von ihnen wurden getötet. Zehn Jahre lang waren sie Teil des Uno-Einsatzes in Mali, drei Soldaten wurden dort getötet. In Bosnien-Herzegowina und im Kosovo starben insgesamt 49 Bundeswehrangehörige.

An der tiefen Fremdheit, mit der sich in Deutschland Soldatinnen und Soldaten auf der einen und Politik und Gesellschaft auf der anderen Seite gegenüberstehen, änderte das aber nur wenig

Quelle: https://www.spiegel.de/kultur/abstimmung-ueber-deutschen-veteranentag-ein-grosser-schritt-weg-von-alten-lebensluegen-der-veteranentag-wird-diskutiert-a-485c54d5-1735-4b98-8d43-74030aacb993?sara_ref=re-so-app-sh

  • Was haltet Ihr von dieser Idee? Braucht Deutschland einen Veteranentag?
  • Wird ein solcher Tag das Ansehen der Bundeswehr in der Gesellschaft verändern?
  • Oder hält damit wieder der Militarismus Einzug in die Köpfe?
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Einführung eines Veteranentages finde ich schlecht.

Das ist ein weiterer Schritt, den Krieg und Militarismus wieder zu normalisieren. Seit einigen Jahren stellt sich die Bundeswehr in eigenen Youtube-Serien als spannendes Abenteuer dar, seit 2020 dürfen Soldaten kostenlos mit der Bahn fahren und wurden dadurch noch präsenter im Alltag, Politiker und Medien rüsten ständig verbal auf, ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro wurde für die Bundeswehr lockergemacht, während soziale Einrichtungen wegen Unterfinanzierung reihenweise geschlossen werden. Vor wenigen Monaten traten in der Kindersendung "logo" verniedlichte Marschflugkörper auf und aktuell will die bayrische Regierung Schulen gesetzlich dazu verpflichten, Jugendoffiziere für die Bundeswehrwerbung zu empfangen.

Wir leben in einer Zeit, in der die Konflikte zwischen den imperialistischen Großmächten wieder an Schärfe gewinnen. Hintergrund ist die stagnierende Weltwirtschaft und der relative Abstieg der USA, der es China und Russland ermöglicht, aufzuholen, und Europa, sich unabhängiger zu machen und als eigenständige Weltmacht zu etablieren - mit Deutschland an der Spitze. Statt einem wachsenden Kuchen wird sich jetzt um einen schrumpfenden gestritten, und die Konflikte werden entsprechend heftiger und immer öfter in Form von Kriegen ausgetragen.

Krieg ist also eine Folge des kapitalistischen Konkurrenzkampfes zwischen Staaten. Auch im Frieden konkurrieren die Staaten, und versuchen sich gegenseitig durch wirtschaftliche und politische Maßnahmen auszubooten, um sich Ressourcen, Handelswege und Absatzmärkte zu sichern. Die Hauptlast der Zölle, Embargos und Spardiktate tragen dabei die einfachen Leute. Der Krieg ist dazu kein Gegensatz, sondern die Fortsetzung der wirtschaftlichen Gewalt durch physische Gewalt. Deutschland ist dabei als drittgrößte Volkswirtschaft der Welt bisher gut mit wirtschaftlicher Gewalt gefahren, aber bereitet sich jetzt auch wieder auf Krieg vor.

Die wehrfähige Bevölkerung eines Staates wird im Krieg für ihn zum Verschleißmaterial, das er hin- und herschieben und gegen das Verschleißmaterial des verfeindeten Staates werfen kann, um seine Ziele durchzudrücken. In einem Krieg verteidigen die Soldaten darum nicht ihr eigenes Haus und ihre Familie oder irgendwelche abstrakten Ideale und Werte, sondern den eigenen Staat und seine Interessen.

Jetzt ist es ein weitverbreiteter Irrglaube, dass der Staat alle Mitglieder einer Gesellschaft gleichermaßen repräsentieren würde, und dass man deshalb ruhig sein eigenes Leben für diesen Staat auf Spiel setzen kann, weil man am Ende selbst davon profitiert.

Die Gesellschaft ist nämlich entlang von wirtschaftlichen Grenzen gespalten und der Staat ist in erster Linie der Staat der Reichen. Wenn von "der Wirtschaft" oder "den Sicherheitsinteressen" eines Staates geredet wird, dann sind damit die Interessen seiner größten Konzerne gemeint, und der Gewinn dieser Konzerne landet am Ende in den Taschen einer kleinen Minderheit.

Es sind aber nicht die Unternehmer, sondern die einfachen Leute, die sich für die Profite der wenigen gegenseitig abschlachten und abschlachten lassen. Die militärische Ausbildung dient gerade dazu, den Soldaten ihre Menschlichkeit auszutreiben, damit sie auf Befehl ohne zu zögern töten und sterben. Lügen vom nationalen Zusammenhalt, moralische Rechtfertigungen und Dämonisierung der Gegenseite halten die Soldaten und die Zivilgesellschaft bei der Stange.

Im Zusammenhang mit den Kriegen in der Ukraine und in Gaza werden wir ständig vonseiten der Medien und der Politik mit Kriegspropaganda beworfen, die das Töten und Zerstören als gerechte und notwendige Sache verkaufen. Der Veteranentag ist ein weiterer Baustein dieser Propaganda. Solange es auf allen Seiten genügend nützliche Idioten gibt, die diese Propaganda schlucken, ist der nächste Krieg unvermeidlich.

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Das Problem ist, dass du hier kapitalistische Logik auf ein anderes Wirtschaftssystem mit ganz anderen Eigentumsverhältnissen anwenden willst. Zwar erklären auch die meisten anderen Antworten hier das kapitalistische Konkurrenzdenken und Profitstreben zur menschlichen Natur, aber nichts könnte weiter weg von der Wirklichkeit sein. Immerhin existiert die Menschheit seit einigen hunderttausend Jahren und Privateigentum seit einigen zehntausend Jahre, aber der Kapitalismus ist doch nicht älter als ein paar Jahrhunderte und konnte sich erst im letzten Jahrhundert global durchsetzen.

Ebenso könnte man sich einen dressierten Tiger in einem Zirkus anschauen und schlussfolgern, dass es die Natur von Tigern ist, durch brennende Reifen zu springen.

Die Produktionsweise einer Gesellschaft bestimmt das menschliche Denken und Verhalten, nicht umgekehrt. In der kapitalistischen Wirtschaft muss die Mehrheit für das Wachstum des Reichtums einer Minderheit arbeiten, um von dem erhaltenen Lohn den eigenen Lebensunterhalt und die eine oder andere Annehmlichkeit bezahlen zu können. Geld ist also der hauptsächliche Grund, warum man sich eine eintönige, ungesunde und entfremdete Arbeit antut, die am Ende nur dem Chef nützt.

Selbst in diesem kapitalistischen System leisten Menschen aber ständig unbezahlte Arbeit (etwa im Haushalt, in Erziehung und Pflege, im Ehrenamt), weil sie darin einen Sinn, Notwendigkeit und Nutzen sehen. In vielen Unternehmen versucht man sogar inzwischen die Produktivität durch intrinsische Motivation zu steigern, indem man den Angestellten vorgaukelt, sie würden eine "Vision" verfolgen und ihnen in Grenzen Kreativität und Eigeninitiative erlaubt.

Im Kommunismus besitzen alle den gleichen Zugang zu den Produktionsmitteln und die Arbeit wird gesellschaftlich geplant und am Bedarf ausgerichtet statt an privater Profitsteigerung. Es handelt sich also nicht wie im Kapitalismus um entfremdete Arbeit, die nur dem Chef nützt, sondern der gesellschaftliche Nutzen der Arbeit ist offensichtlich und damit kommt auch die nötige Motivation. Zudem sind Menschen nicht mehr an einen Job oder eine Arbeitsstelle gebunden und wirklich unangenehme Aufgaben können daher auch fair verteilt oder rotiert werden.

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Kommunismus und Sozialismus bedeuten die gesellschaftliche Planung der Produktion mit dem Ziel der Bedürfnisbefriedigung aller Menschen, während Kapitalismus privates, auf kurzfristigen Profit ausgerichtetes Produzieren durch konkurrierende Produzenten ist.

In der Sowjetunion entwickelte sich schon einige Jahre nach der Oktoberrevolution ein Zerrbild des Sozialismus (Stalinismus), in dem die Wirtschaft nur durch eine kleine Schicht von Bürokraten geplant wurde statt durch die gesamte arbeitende Bevölkerung, und dieses System wurde nach den Revolutionen in anderen Ländern, etwa China und Vietnam, übernommen, beziehungsweise den osteuropäischen Ländern nach dem zweiten Weltkrieg aufgezwungen.

Dieses System der undemokratischen Wirtschaftsplanung führte zu inneren Widersprüchen, an denen die Sowjetunion und die übrigen realsozialistischen letztendlich scheiterten. Dass Sozialismus nicht der menschlichen Natur entsprechen würde, ist hingegen nur eine faule Scheinerklärung - über Kapitalismus lässt sich das genauso sagen.

Die Sowjetunion und andere sozialistische Staaten zeigten gerade das Potenzial einer geplanten Wirtschaft. Die Wirtschaftsplanung bewirkte drastische Erhöhungen des Lebensstandards und rasante Industrialisierung, sie umging die zyklischen Überproduktionskrisen, die die kapitalistische Welt plagten, und sie hob Russland von einem rückständigen Agrarland zu einer Raumfahrernation (Innovationen waren also durchaus möglich).

Je weiter sich aber die Wirtschaft differenzierte, desto deutlicher wurde, dass die Arbeit von hunderten Millionen Menschen nicht effektiv von einer Handvoll Bürokraten geplant werden konnte. Die Fehleinschätzungen der Bürokratie fielen immer schwerer ins Gewicht, und auf der anderen Seite hatten die Arbeiter in den Betrieben wenig Interesse daran, Planvorgaben zu erfüllen, von denen sie wussten, dass sie in erster Linie den Interessen der fernen Bürokraten dienten und nicht ihren eigenen.

Beides führte zu schlechter Qualität von Produkten und Mangel vor allem an Konsumgütern, was die Sowjetunion in eine wirtschaftliche Sackgasse führten und letztendlich ihren Zusammenbruch brachte.

Die ursprünglich vorgesehene demokratische Kontrolle über die Planwirtschaft hätte diese Probleme gelöst, denn sie hätte den tatsächlichen Bedarf der Bevölkerung berücksichtigt, von den Erfahrungen vor Ort profitiert und eine hohe intrinsische Motivation bewirkt, da die Arbeit unter diesen Umständen nicht mehr entfremdet gewesen wäre.

Dass es zum Stalinismus kam, war übrigens keine unvermeidliche Folge des kommunistischen Programms, sondern der schlechten Ausgangsbedingungen der jungen Sowjetunion, des allgemeinen Mangels nach Welt- und Bürgerkrieg, und ihrer internationalen Isolation nach den gescheiterten Revolution in Mittel- und Osteuropa.

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Die Wirkung von Karl Marx kann man kaum überschätzen.

Die marxistische Wirtschaftstheorie und die materialistische Geschichtsauffassung sind schlüssiger und umfassender als ihre bürgerlichen Entsprechungen und zeigen heute immer noch wie vor 150 Jahren deutlich deren blinde Flecken und Widersprüche auf.

Die enorme politische Sprengkraft von Marx' Wirken ist offensichtlich, wenn man bedenkt, dass Abermillionen von Menschen auf der ganzen Welt im Kampf gegen Unterdrückung, Ausbeutung und Imperialismus durch ihn inspiriert wurden und werden.

Natürlich sind viele seiner Werke unvollendet geblieben und einige seiner frühen Ideen in seinen späteren Schriften verworfen worden, aber das sollte angesichts seines ehrgeizigen Anspruchs und seiner Pionierstellung nicht verwundern.

Heute wird die kapitalistische Krise zum Dauerzustand, aber der Widerstand von unten bleibt weitgehend aus. Ein Teil der Erklärung dafür ist sicherlich, dass der Marxismus durch das Wirken von Faschismus und Neoliberalismus weitgehend aus dem öffentlich Bewusstsein verdrängt bzw. er durch Sozialdemokratie und Stalinismus verzerrt und verfälscht wurde.

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Bei dem Vorgehen der israelischen Armee, die unterschiedslos Zivilisten und Hamas-Kämpfer zum Ziel macht, sind solche Vorfälle unvermeidlich.

Nach der Mitteilung der israelischen Armee waren die Geiseln dutzende Meter von den Soldaten entfernt, unbewaffnet, oberkörperfrei und trugen eine improvisierte weiße Fahne. Eine der drei Personen wurde nicht sofort tödlich getroffen, versteckte sich in einem Haus, rief auf Hebräisch nach Hilfe und wurde erst erschossen, als sie es wieder verließ.

In jedem Fall ist es schwer vorstellbar, dass die Geiseln für eine Bedrohung gehalten wurden, viel naheliegender ist, dass sie mit palästinensischen Zivilisten verwechselt wurden. Die Reaktion der Soldaten spricht daher Bände darüber, wie sie mit der Zivilbevölkerung im Gazastreifen umspringen.

Der Vorfall fügt sich zudem in das Bild ein, dass der israelischen Regierung die Vernichtung der Gegenseite wichtiger ist als die Sicherheit der eigenen Bevölkerung. Es gab bereits im Oktober und November Berichte über dutzende Geiseln, die bei israelischen Luftangriffen getötet wurden, und mutmaßlich wurden auch beim Überfall der Hamas am 7. Oktober israelische Zivilisten durch Feuer der Armee getötet.

Die Angehörigen der Geiseln waren von Beginn an führend bei der Forderung an die israelische Regierung, Verhandlungen über einen Waffenstillstand und einen Gefangenenaustausch zu führen, was von ihr nicht weiter beachtet wurde.

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Klassen und Schichten sind zwei sehr unterschiedliche Dinge.

Die Einteilung der Gesellschaft in Schichten richtet sich nach dem Einkommen. In Deutschland wird in der Regeln ein Singlehaushalt mit weniger als 70% des Medianeinkommens (etwa 1.200€ netto) zur Unterschicht gerechnet und ein Singlehaushalt mit mehr als 150% des Medianeinkommens (etwa 2.700€ netto) zur Oberschicht. Die Einteilung in Schichten ist damit sehr oberflächlich, denn die gesellschaftlichen Zusammenhänge, die Einkommensunterschiede bedingen, werden nicht beachtet bzw. sogar absichtlich vernebelt.

Die Einteilung in Klassen richtet sich hingegen nach dem Besitz oder Nichtbesitz von Kapital bzw. Produktionsmitteln. Wer kein Kapital besitzt und seine Arbeitskraft verkaufen muss, gehört zur Arbeiterklasse, und wer genügend Kapital besitzt und andere für sich arbeiten lassen kann, gehört zur Kapitalistenklasse oder Bürgertum. Dazwischen steht das Kleinbürgertum, das etwas Kapital besitzt, aber nicht genug, um sich von der eigenen Arbeit befreien zu können, dazu gehören etwa Selbständige, Kleinunternehmer oder leitende Angestellte in größeren Unternehmen.

Innerhalb einer Klasse gibt es dann Schichtungen, die in der Arbeiterklasse z.B. durch unterschiedliche Ausbildung oder Art der Tätigkeit erzeugt werden.

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Im weitesten Sinne ist eine Partei eine Organisation, die politische Ziele verfolgt. Die PKK hat sich nie an Wahlen in der Türkei beteiligt, sondern versuchte ihre Ziele einer sozialistischen Revolution und kurdischer Selbstbestimmung durch militante Aktionen gegen den türkischen Staat und kurdische Patriarchen zu erreichen.

Unter der türkischen Militärregierung wurde die PKK 1983 verboten, ebenso wie die kurdische Sprache. 1984 gründete die PKK ihren bewaffneten Arm und führt seitdem einen Bürgerkrieg mit dem türkischen Staat, der in den kurdischen Regionen zahlreiche Massaker, Vertreibungen, Hauszerstörungen, willkürliche Verhaftungen und politische Morde verübte.

Anfang der 90er Jahre war die PKK auch in Deutschland aktiv und verübte Anschläge auf türkische Einrichtungen und Selbstverbrennungen, 1993 kam das Verbot. 1996 verpflichtete sich die PKK selbst, keine Anschläge in Deutschland und der EU zu begehen, und hat sich daran bis heute gehalten.

Das PKK-Verbot in Deutschland hat deshalb seit Jahrzehnten keine reale Sicherheitsgefahr als Grundlage mehr, vielmehr dient das Verbot der Kriminalisierung von politischer Organisierung von Kurden als strategisches Zugeständnis an den Bündnispartner Türkei.

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Nationalsozialismus ist die deutsche Unterart des Faschismus.

Ursprünglich bezeichnete das Wort "Faschismus" nur die rechtsextreme Bewegung unter Benito Mussolini in Italien, wurde dann aber zum Überbegriff für ähnliche Bewegungen in anderen Ländern, von denen sich manche nach den italienischen Faschisten benannten (z.B. die britische Union of Fascists) und manche eigene Namen bildeten (z.B. die rumänische Legion des Erzengels Michael, die kroatische Ustascha, die spanischen Falangisten oder eben die deutschen Nationalsozialisten).

Die unterschiedlichen Faschismen haben jeweils einzigartige Merkmale, da sie durch ihre jeweiligen nationalen Traditionen und Mythen sowie einzelne Führungspersönlichkeiten geprägt waren. Der deutsche Nationalsozialismus zeichnete sich zum Beispiel durch seinen unübertroffenen vernichtenden Antisemitismus und die ausformulierte Rassenlehre aus.

Die Gemeinsamkeiten aller Formen des Faschismus sind hingegen die antikommunistische, antidemokratische und nationalistische Einstellung; eine militante und autoritäre Massenbewegung unter einer charismatischen Führungspersönlichkeit; ein Kult der Männlichkeit, des Heldentums und der Gewalt; und der positive Bezug auf den produktiven Kapitalismus, der lediglich durch "parasitäre Elemente" wie Arbeitslose oder (jüdische) Wucherer und Spekulanten sowie klassenkämpferische Linke behindert wird.

Es gab und gibt außerdem zahlreiche autoritäre Staaten, die manche dieser Merkmale aufwiesen, andere aber nicht (z.B. konservative Diktaturen und Polizeistaaten ohne Massenbewegung) und bei denen deshalb umstritten ist, ob man sie als faschistisch bezeichnen kann oder nicht, wie etwa Ungarn unter Horthy oder Portugal unter Salazar.

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Die Widersprüche und katastrophalen Folgen des Kapitalismus sind heute so aktuell wie vor hundert Jahren. Kapitalismus bedeutet Armut, Ausbeutung, Diskriminierung, Imperialismus, Krieg und Umweltzerstörung, er führt durch seine eigenen Dynamiken zwangsläufig zu Wirtschaftskrisen und er dringt in jeden Bereich unseres Lebens ein, um ihn zur Ware zu machen - alles für grenzenloses Wachstum zugunsten einer kleinen Minderheit.

Die Alternative ist eine bedürfnisorientierte Wirtschaft, die auf demokratischer Planung und Gemeinbesitz beruht. Nicht anderes ist Kommunismus. Für die absolute Mehrheit der Menschheit, die im Kapitalismus ausgebeutet und unterdrückt wird, wäre der Kommunismus natürlich eine bessere Alternative als das derzeitige kapitalistische System. Ein objektives Interesse an der Erhaltung des Kapitalismus hat hingegen nur die kleine Minderheit von kapitalistischen Unternehmern, die vom derzeitigen System profitiert.

Gerade weil diese Klasse der Kapitalisten aber die wirtschaftliche und gesellschaftliche Macht auf sich konzentriert, hat sie auch die Möglichkeiten, unter der breiten Bevölkerung Rechtfertigungen für ihre privilegierte und herrschende Stellung zu streuen, mit anderen Worten Ideologie und Propaganda zu verbreiten. Mit kapitalistischer Ideologie ist man z.B. in der Schule oder in den Massenmedien ständig konfrontiert und auch viele deiner Ansichten deuten darauf hin, dass du falschen Vorstellungen über den Kommunismus aufgesessen bist.

Es ist schließlich komisch, jeden bei der Arbeit gleich zu zahlen, da es eben Jobs geben wird, die dann niemand mehr ausüben möchte.

Du vergisst, dass es außer Geld noch andere, wichtigere Quellen der Motivation gibt. Selbst im Kapitalismus leisten Menschen ständig unbezahlte Arbeit (etwa im Haushalt, in Erziehung und Pflege, im Ehrenamt), weil sie den Sinn und die Notwendigkeit dieser Arbeit sehen. Selbst in kapitalistischen Unternehmen versucht man inzwischen die Produktivität durch intrinsische Motivation zu steigern, indem man den Angestellten vorgaukelt, sie würden eine "Vision" verfolgen und ihnen in Grenzen Kreativität und Eigeninitiative erlaubt.

Im Kommunismus besitzen alle den gleichen Zugang zu den Produktionsmitteln und die Arbeit wird gesellschaftlich geplant. Es handelt sich also nicht wie im Kapitalismus um entfremdete Arbeit, die nur dem Chef nützt, sondern der gesellschaftliche Nutzen der Arbeit ist offensichtlich und damit kommt auch die nötige Motivation. Zudem sind Menschen nicht mehr an einen Job oder eine Arbeitsstelle gebunden und wirklich unangenehme Aufgaben können daher auch fair rotiert werden.

Der allergrößte Teil der sozialen Ungleichheit im Kapitalismus kommt außerdem nicht durch ungleiche Bezahlung zustande, sondern durch Ausbeutung, d.h. durch die Aneignung fremder Arbeitskraft. Ein Unternehmer mit 10.000 Angestellten kann durch deren Ausbeutung mehr Reichtum scheffeln als er jemals durch eigene Arbeitskraft erwirtschaften könnte.

Ebenfalls fühlt es sich an, als würde man dem Menschen noch mehr die Freiheit wegnehmen, da alles gezielt geplant werden muss.

Im Kapitalismus existiert die Freiheit gerade nur für einen winzigen Bruchteil der Bevölkerung, eben die Reichen und Vermögenden. Der Rest besitzt gerade mal die Freiheit zu entscheiden, von welchem Arbeitgeber man ausgebeutet werden will, bei den meisten Dingen hat man hingegen überhaupt kein Entscheidungsrecht und ist entweder den stummen Zwängen des Marktes ausgesetzt oder dem offenen Zwang des Staates.

Gleichheit bedeutet ja schließlich nicht Gerechtigkeit.

Eine rechtliche Gleichheit auf dem Papier besteht jetzt schon zwischen dem Milliardär und dem Obdachlosen. Doch welchen Wert hat diese rechtliche Gleichheit, wenn der Zugang zu Ressourcen so unterschiedlich ist und dadurch die Handlungsmöglichkeiten bestimmt? Wenn die gesellschaftlichen Ressourcen hingegen allen gleichermaßen offenstehen, kann sich auch jeder gemäß seinen Interessen und Neigungen verwirklichen.

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Die Außenpolitik Deutschlands (und der übrigen Staaten) wird nicht von menschenrechtlichen oder moralischen Überlegungen geleitet, sondern vom Streben nach wirtschaftlicher und politischer Macht (Stichwort Imperialismus). Menschenrechte oder irgendwelche Werte spielen nur dann eine Rolle, wenn sie als Rechtfertigung für das eigene Handeln ausgenutzt werden können.

Deutschland, die USA und die übrigen westlichen Staaten sind enge Verbündete Israels, das für sie einen Brückenkopf für Machtbestrebungen im nahen Osten darstellt. Deshalb ist hier auch eine klare Parteinahme und Unterstützung einer Seite möglich. Verbrechen der Hamas oder anderer Palästinenserorganisationen werden hier skandalisiert, Verbrechen und Rechtsbrüche Israels verschwiegen oder kleingeredet, sowohl aktuell als auch in der Vergangenheit.

In Ländern, die keine direkten Ambitionen in Nahost verfolgen, beispielsweise in Südamerika, sind auch die politischen Diskurse über Israel und Palästina viel ausgeglichener als in Deutschland, und dort sind sogar die Staatschefs in der Lage, die Gewalt beider Seiten zu sehen und zu kritisieren.

Auch im Ukrainekrieg verfolgen Deutschland und die westlichen Staaten klare Interessen, es geht um die indirekte wirtschaftliche Kontrolle über das Land und die weitere strategische Einkreisung Russlands. Die Verteidigung von Freiheit oder Menschenrechten ist der moralische Vorwand für das Eingreifen in diesem Krieg, das hat aber nichts mit den realen Verhältnissen in der Ukraine oder Russland zu tun.

Aktuell herrschen auch weitere Kriege, über die in Deutschland kaum berichtet wird. Aserbaidschan führt Krieg gegen Bergkarabach und führt dort eine ethnische Säuberung von Armeniern durch, und die Türkei bombardiert die kurdisch kontrollierten Gebiete in Nordsyrien (Rojava) und zerstört dabei auch gezielt zivile Infrastruktur - in beiden Fällen also Kriegsverbrechen.

Das Punkt dabei ist aber, dass sowohl Aserbaidschan als auch die Türkei enge Handelspartner und Verbündete Deutschlands sind, deshalb gibt es auch kein echtes Interesse, ihrem Treiben Einhalt zu gebieten, Menschenrechte hin oder her. Wenn man nur ein paar Jahre in die Vergangenheit geht, findet man unzählige Beispiele dafür, dass sich Deutschland nicht an Diktaturen, Kriegsverbrechen oder Völkerrechtsbrüchen stört, wenn sie von der "richtigen" Seite begangen werden.

Die Außenpolitik Deutschlands oder jedes anderen Staats ist also prinzipienlos und verlogen, aber nicht unlogisch. Die Logik folgt dem Erhalt und der Ausweitung des eigenen Einflussbereichs.

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Kommunismus ist eine Gesellschaft ohne Klassen und Staat. Das bedeutet, dass die Menschen sich nicht mehr durch ihre Besitzverhältnisse voneinander unterscheiden, dass also kein Reicher mehr die Armen für sich arbeiten lassen und sie ausbeuten kann. Stattdessen besitzen alle den gleichen Zugang zu den Produktionsmitteln (Fabriken, Werkzeuge usw.) und auch zu den damit hergestellten Produkten. Die Arbeit dient nicht mehr dazu, den Reichtum des Chefs zu vermehren und Waren auf den Markt zu werfen, sondern dazu, die menschlichen Bedürfnisse gezielt zu befriedigen.

Kommunismus und Demokratie sind zudem keine Gegensätze. Ganz im Gegenteil ist die Demokratisierung der Wirtschaft gerade eine Kernforderung der Kommunisten, die von selbsternannten Demokraten aus dem liberalen und konservativen Spektrum vehement abgelehnt werden würde.

Der Kommunismus richtet sich aber sehr wohl gegen bürgerliche Formen der Demokratie wie ein Parlament oder ein Präsidialsystem und stellt diesen ein Rätesystem entgegen, dass die künstliche Trennung von politischer und wirtschaftlicher Sphäre aufhebt und in dem die Deligierten sich vor ihrer Basis verantworten müssen, jederzeit abwählbar sind und keine Privilegien genießen.

Für die absolute Mehrheit der Menschheit, die unter Ausbeutung, Armut, Unterdrückung, Imperialismus, Krieg, Krise und Umweltzerstörung leidet, wäre der Kommunismus natürlich eine bessere Alternative. Ein objektives Interesse an der Erhaltung des Kapitalismus hat hingegen nur die kleine Minderheit von kapitalistischen Unternehmern, die vom derzeitigen System profitiert.

Gerade weil diese Klasse der Kapitalisten aber die wirtschaftliche und gesellschaftliche Macht auf sich konzentriert, hat sie auch die Möglichkeiten, unter der breiten Bevölkerung Rechtfertigungen für ihre privilegierte und herrschende Stellung zu streuen, mit anderen Worten Ideologie und Propaganda zu verbreiten. Mit kapitalistischer Ideologie ist man z.B. in der Schule oder in den Massenmedien ständig konfrontiert und auch die übrigen Antworten hier geben solche Vorstellungen wieder, wie z.B. folgende:

  • dass der Kapitalismus Leistung belohnen würde und jeder reich werden könnte, wenn er sich nur genügend anstrengt. Tatsächlich basiert immenser Reichtum nicht auf der eigenen Arbeit, sondern auf der Ausbeutung der Arbeit anderer Menschen. Die Chance, tatsächlich aus bescheidenen Verhältnissen in den Club der Reichen aufzusteigen, ist verschwindend gering, trotzdem bringt diese Aussicht viele Leute dazu, sich selbst mit ihren Ausbeutern zu identifizieren und aus diesem Grund z.B. Vermögenssteuern abzulehnen, obwohl sie selbst davon profitieren würden.
  • dass der Kapitalismus schon immer existiert hätte und der menschlichen Natur entsprechen würde - hat er nicht und tut er nicht. Kapitalismus und mit ihm profitorientiertes Wirtschaften und Lohnarbeit sind in Europa erst seit wenigen Jahrhunderten vorherrschend und wurden in anderen Erdteilen noch später eingeführt. Die menschliche Natur ist eben nicht festgelegt, sondern wird von den gesellschaftlichen Bedingungen geformt. Im Kapitalismus werden Eigenschaften wie Gier und Egoismus stärker an die Oberfläche gekehrt und gefördert als Solidarität und Kooperation, zu denen der Mensch ebenfalls fähig ist. 
  • dass Kommunismus mit stalinistischer Diktatur gleichzusetzen ist - ist er nicht. Die Oktoberrevolution in Russland erzeugte eine bisher noch nie dagewesene Form der Rätedemokratie und Rechte für Frauen und nationale Minderheiten. Dass diese Errungenschaften nicht von Dauer waren und die Rätedemokratie durch die stalinistische Diktatur abgelöst wurde, war nicht eine unvermeidbare Folge des kommunistischen Programms, sondern der spezifischen damaligen Bedingungen, d.h. der Armut Russlands, der Zerstörung und Entvölkerung des Landes nach Welt- und Bürgerkrieg und der globalen Isolation nach dem Scheitern der Revolutionen in den stärker industrialisierten Ländern wie Deutschland. Die kapitalistischen Großmächte haben durch den Versuch, die junge Sowjetunion militärisch zu zerschlagen, selbst ihren Teil dazu beigetragen, sie zu einem autoritären Staat umzuformen.
  • dass der Kapitalismus sich bändigen lassen würde, z.B. in Form einer "sozialen Marktwirtschaft". An den grundlegenden Spielregeln und Widersprüchen ändert auch ein Grundmaß von sozialer Absicherung nichts, dadurch kann die Zunahme der Ungleichheit nur verlangsamt werden, aber nicht aufgehalten oder umgekehrt, und auch Krisen und imperialistische Kriege bleiben unvermeidlich. Zudem sollte man sich vor Augen führen, dass alle sozialen Regelungen in harten Kämpfen vom Kapitalismus errungen wurden und in Momenten der Schwäche der Arbeiterbewegung deshalb auch wieder verloren gehen können, wie es in Deutschland im Zuge des Neoliberalismus seit den 80er Jahren der Fall ist.
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Kommunismus

Die Widersprüche und katastrophalen Folgen des Kapitalismus sind heute so aktuell wie vor hundert Jahren. Kapitalismus bedeutet Armut, Ausbeutung, Diskriminierung, Imperialismus, Krieg und Umweltzerstörung, er führt durch seine eigenen Dynamiken zwangsläufig zu Wirtschaftskrisen und er dringt in jeden Bereich unseres Lebens ein, um ihn zur Ware zu machen - alles für grenzenloses Wachstum zugunsten einer kleinen Minderheit.

Die Alternative ist eine bedürfnisorientierte Wirtschaft, die auf demokratischer Planung und Gemeinbesitz beruht. Nicht anderes ist Kommunismus. Für die absolute Mehrheit der Menschheit, die im Kapitalismus ausgebeutet und unterdrückt wird, wäre der Kommunismus natürlich eine bessere Alternative als das derzeitige kapitalistische System. Ein objektives Interesse an der Erhaltung des Kapitalismus hat hingegen nur die kleine Minderheit von kapitalistischen Unternehmern, die vom derzeitigen System profitiert.

Gerade weil diese Klasse der Kapitalisten aber die wirtschaftliche und gesellschaftliche Macht auf sich konzentriert, hat sie auch die Möglichkeiten, unter der breiten Bevölkerung Rechtfertigungen für ihre privilegierte und herrschende Stellung zu streuen, mit anderen Worten Ideologie und Propaganda zu verbreiten. Mit kapitalistischer Ideologie ist man z.B. in der Schule oder in den Massenmedien ständig konfrontiert und auch viele der übrigen Antworten hier geben solche Vorstellungen wieder, wie z.B. folgende:

  • dass der Kapitalismus Leistung belohnen würde und jeder reich werden könnte, wenn er sich nur genügend anstrengt. Tatsächlich basiert immenser Reichtum nicht auf der eigenen Arbeit, sondern auf der Ausbeutung der Arbeit anderer Menschen. Die Chance, tatsächlich aus bescheidenen Verhältnissen in den Club der Reichen aufzusteigen, ist verschwindend gering, trotzdem bringt diese Aussicht viele Leute dazu, sich selbst mit ihren Ausbeutern zu identifizieren und aus diesem Grund z.B. Vermögenssteuern abzulehnen, obwohl sie selbst davon profitieren würden.
  • dass der Kapitalismus schon immer existiert hätte und der menschlichen Natur entsprechen würde - hat er nicht und tut er nicht. Kapitalismus und mit ihm profitorientiertes Wirtschaften und Lohnarbeit sind in Europa erst seit wenigen Jahrhunderten vorherrschend und wurden in anderen Erdteilen noch später eingeführt. Die menschliche Natur ist eben nicht festgelegt, sondern wird von den gesellschaftlichen Bedingungen geformt. Im Kapitalismus werden Eigenschaften wie Gier und Egoismus stärker an die Oberfläche gekehrt und gefördert als Solidarität und Kooperation, zu denen der Mensch ebenfalls fähig ist. 
  • dass Kommunismus mit stalinistischer Diktatur gleichzusetzen ist - ist er nicht. Die Oktoberrevolution in Russland erzeugte eine bisher noch nie dagewesene Form der Rätedemokratie, Umverteilung des Reichtums und Rechte für Frauen und nationale Minderheiten. Dass diese Errungenschaften nicht von Dauer waren und die Rätedemokratie durch die stalinistische Diktatur abgelöst wurde, war nicht eine unvermeidbare Folge des kommunistischen Programms, sondern der spezifischen damaligen Bedingungen, d.h. der Armut Russlands, der Zerstörung und Entvölkerung des Landes nach Welt- und Bürgerkrieg und der globalen Isolation nach dem Scheitern der Revolutionen in den stärker industrialisierten Ländern wie Deutschland. Die kapitalistischen Großmächte haben durch den Versuch, die junge Sowjetunion militärisch zu zerschlagen, selbst ihren Teil dazu beigetragen, sie zu einem autoritären Staat umzuformen.
  • dass der Kapitalismus sich bändigen lassen würde, z.B. in Form einer "sozialen Marktwirtschaft". An den grundlegenden Spielregeln und Widersprüchen ändert auch ein Grundmaß von sozialer Absicherung nichts, dadurch kann die Zunahme der Ungleichheit nur verlangsamt werden, aber nicht aufgehalten oder umgekehrt, und auch Krisen und imperialistische Kriege bleiben unvermeidlich. Zudem sollte man sich vor Augen führen, dass alle sozialen Regelungen durch harte Kämpfe dem Kapitalismus abgerungen wurden und in Momenten der Schwäche der Arbeiterbewegung deshalb auch wieder verloren gehen können, wie es in Deutschland im Zuge des Neoliberalismus seit den 80er Jahren der Fall ist.
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Einen allgemeinen Extremismus gibt es nicht und der Begriff ist deshalb auch stark umstritten. Grundsätzlich wird unter Extremismus alles verstanden, was weit abseits des "gewöhnlichen" Meinungsspektrums liegt und damit ist schon klar, dass es höchst subjektiv und orts- und zeitabhängig ist, welche Meinung als extremistisch eingestuft wird.

Der Extremismusbegriff nutzt vor allem den Mächtigen, die Minderheitenpositionen kriminalisieren und gesellschaftliche Umwälzungen verhindern wollen. In einem autoritär regierten Land wie Russland werden z.B. auch liberaldemokratische Oppositionelle als extremistisch bezeichnet, und historisch ist das auch mit Bewegungen geschehen, die z.B. gegen Kolonialherrschaft oder Rassentrennung gekämpft haben.

In Deutschland wird unter dem Begriff alles gefasst, was sich in irgendeiner Weise gegen das Grundgesetz richtet. Dabei werden effektiv linke Ideologien, die fehlende Gleichheit und Mitbestimmung im Parlamentarismus und im Kapitalismus anprangern, gleichgesetzt mit rechten Ideologien, die bestimmten Menschengruppen ihre Grundrechte absprechen wollen.

Letztendlich werden dadurch linke Ideen delegitimiert und die zahlreichen Verbindungspunkte zwischen der extremen Rechten und der herrschenden liberalen "Mitte" verschleiert.

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Die Bedeutungen der beiden Begriffe haben sich in den letzten 200 Jahren gewandelt und deshalb kommt es auch auf den Kontext an, wie man die Frage beantworten kann.

Marx und Engels haben die Begriffe noch weitgehend austauschbar verwendet. Ihnen ging es vor allem um die Abgrenzung ihres wissenschaftlichen Sozialismus (des Marxismus), der sich auf Wirtschaftstheorie, Dialektik und eine materialistische Geschichtsauffassung stützte, gegenüber dem Frühsozialismus, der hauptsächlich religiös oder moralisch motiviert war.

Wenn es um Sozialismus und Kommunismus als Bewegungen geht, ist Sozialismus meistens als Überbegriff für alle Ideologien, die den Kapitalismus durch eine gerechte und freie Gesellschaftsordnung ersetzen wollen. Grob zerfällt die sozialistische Bewegung im 19. und frühen 20. Jahrhundert in drei Lager: Anarchismus, Sozialdemokratie und Kommunismus. Trennend sind dabei Fragen der Strategie (Reformismus oder Revolution) und nach der Rolle des Staates (Abschaffung sofort oder erst nach einer Übergangsperiode).

Dazu muss man anmerken, dass die alten sozialdemokratischen Parteien wie die SPD heute nicht mehr sozialistisch sind, sondern bürgerlich und prokapitalistisch. Einige von ihnen haben den Bezug zum Sozialismus aber in ihrem Namen behalten, etwa in die PS in Frankreich. Und einige ehemals kommunistische Parteien sind zu einer klassisch sozialdemokratischen, reformistischen Politik übergegangen.

Wenn es um den Sozialismus und Kommunismus als Gesellschaftsformen geht, hat Lenin die Übergangsperiode nach dem Kapitalismus, in der die Kapitalisten bereits enteignet wurden und die Arbeiterklasse die Staatsmacht übernommen hat, als Sozialismus bezeichnet, die sich dann zum Kommunismus entwickelt, in dem Klassenunterschiede und der Staat aufgelöst sind. Bei Marx, Engels und anderen älteren Theoretikern wird Lenins Sozialismus nicht als eigene Gesellschaft gesehen, und eben als Übergangsperiode oder als Diktatur des Proletariats bezeichnet.

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Kapitalismus muss überwunden und ersetzt werden durch...

Die Widersprüche und katastrophalen Folgen des Kapitalismus sind heute so aktuell wie vor hundert Jahren. Kapitalismus bedeutet Armut, Ausbeutung, Diskriminierung, Imperialismus, Krieg und Umweltzerstörung, er führt durch seine eigenen Dynamiken zwangsläufig zu Wirtschaftskrisen und er dringt in jeden Bereich unseres Lebens ein, um ihn zur Ware zu machen - alles für grenzenloses Wachstum zugunsten einer kleinen Minderheit.

Die Alternative ist eine bedürfnisorientierte Wirtschaft, die auf demokratischer Planung und Gemeinbesitz beruht. Nicht anderes ist Sozialismus. Die allermeisten Leute würden diese Ideale gutheißen, reagieren aber ablehnend auf Begriffe wie Sozialismus, Kommunismus oder Marxismus. Der Hauptgrund dafür ist, dass sie fälschlicherweise die angestrebte sozialistische Gesellschaft mit ihrem stalinistischen Zerrbild gleichsetzen.

Die soziale Marktwirtschaft, auf die sich gerne so positiv berufen wird, ist kein dritter Weg, sondern nur eine konkrete Ausprägung des Kapitalismus, die nichts an seinen grundlegenden Regeln ändert, auch wenn sie die Zunahme der Ungleichheit und des Elends verlangsamt (aber nicht aufhält oder gar umdreht). Ein gewisses Maß an sozialer Absicherung und staatlichen Eingriffen in den Markt ist zudem keine Erfindung der Nachkriegszeit, sondern war schon lange vorher üblich.

Der Faschismus und seine deutsche Ausprägung, der Nationalsozialismus, waren eine andere Ausprägung des Kapitalismus, die den Markt abschirmte gegen demokratische Intervention und Umverteilung zugunsten der unteren Klassen - eine Forderung, die den Faschismus übrigens mit dem klassischen Liberalismus verbindet.

Das tatsächliche Ausmaß der faschistischen Verbrechen war dann aber so groß, dass es sogar Teile der Christdemokraten genug erschütterte, um mit "christlichem Sozialismus" zu liebäugeln und so etwas wie das Ahlener Programm zu schreiben. Die abgeschwächte Umsetzung in Form der sozialen Marktwirtschaft lässt sich zudem nur verstehen vor dem Hintergrund des wirtschaftlichen Aufschwungs in den Nachkriegsjahrzehnten und einer starken Sozialdemokratie, die diesen Namen auch verdient.

Seit den 80er und 90er Jahren erleben wir eine Phase des Neoliberalismus, in dem die sozialen Institutionen der "sozialen Markwirtschaft" geschleift und beschnitten und öffentliches Eigentum privatisiert wurde. In der Folge beschleunigte sich die Zunahme der Armut rasant. Die sozialdemokratischen Parteien haben in dieser Zeit auch eine Wandlung zu offen prokapitalistischen Positionen durchlaufen und fungieren heute als Komplizen der Liberalen.

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Der Kommunismus erhebt an sich selbst den Anspruch, die Befreiung aller Menschen zu erringen und das schließt Homosexuelle und alle anderen Gruppen aus dem LGBT-Spektrum ein. Trotzdem kann es natürlich sein, dass einzelne Kommunisten Vorurteile über Homosexuelle noch nicht abgelegt haben und auch historisch war die Akzeptanz von Homosexuellen in der sozialistischen und kommunistischen Bewegung ein längerer Prozess.

Die Sowjetunion war nicht nur der erste sozialistische Staat der Welt, sondern 1921 auch der erste Staat, der Homo- und Transsexualität entkriminalisierte. Trotzdem bestanden in der Bevölkerung und sogar in Teilen der kommunistischen Partei weiterhin Vorurteile gegen Homosexuelle. Mit dem Stalinismus wurden viele Errungenschaften der Oktoberrevolution zurückgenommen, darunter die Rätedemokratie, die Frauenemanzipation, die Rechte von nationalen Minderheiten und 1934 wurde auch Homosexualität wieder illegalisiert.

Von den stalinistischen Satellitenstaaten, die nach dem zweiten Weltkrieg in der sowjetischen Einflusssphäre entstanden, wurden diese Regelungen übernommen, auch wenn es hier große Unterschiede gab; Ungarn und die Tschechoslowakei legalisierten Homosexualität bereits 1961, also vor den meisten westlichen Staaten, während sie in Rumänien über die kapitalistische Restauration bis 1999 illegal blieb.

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war Homosexualität kein beherrschendes Thema in den sozialistischen und kommunistischen Bewegungen, auch wenn sie vielerorts ein Ende der Verfolgung forderten. Homosexuelle bildeten keine eigenen Organisationen, sondern höchstens Vereine, die an den Rand der Gesellschaft gedrängt wurden - anders als z.B. die sozialistischen Frauenbewegungen, die ihren Mutterorganisationen ihren Stempel aufdrückten, gesellschaftliche Kämpfe organisiert führten und oft auch gewannen.

Das änderte sich erst in den späten 60er Jahren. Als Meilenstein gelten die Stonewall Riots 1969 in New York, bei denen Homo- und Transsexuelle sich gegen die Schikane, Kriminalisierung und Gewalt durch die Polizei wehrten. In der Folge bildeten sich erste homosexuelle Massenbewegungen, die oft ein sozialistisches Selbstverständnis hatten, in den USA etwa die Gay Liberation Front.

Diese Gruppen verstanden die Unterdrückung von Homosexuellen als eine Facette des kapitalistischen Systems und suchten den Anschluss an revolutionäre sozialistische, kommunistische und antirassistische Organisationen. Gleichzeitig nahmen linke Bewegungen die Forderungen der Homosexuellen in ihr Programm auf. Diese Kämpfe in den 60er und 70er Jahren, und nicht etwa das Wohlwollen der Herrschenden oder ein veränderter Zeitgeist, bewirkten dann auch Zugeständnisse von Regierungsseite, etwa die Entkriminalisierung der Homosexualität in Westdeutschland 1968.

Die revolutionären Bewegungen der 60er und 70er Jahre ebbten schließlich ab, spalteten sich auf oder wurden teilweise in die akademische Welt und die kapitalistische Gesellschaft integriert. Heute ist ein sozialistisches Verständnis bei homosexuellen Gruppen oder Individuen keine Selbstverständlichkeit mehr.

Die vorherrschende Strategie des Kapitalismus heute ist die des Pink- oder Rainbowashings - es wird mit hohlen Floskeln für Toleranz geworben, um Produkte an die LGBT-Szene vermarkten zu können und um die unterdrückerische Natur des Kapitalismus zu verschleiern. Diese Strategie wird auch in anderen Bereichen von linksliberalen Parteien wie der SPD und den Grünen gefahren, so geben sie sich z.B. in Worten antirassistisch, ohne etwas an den realen Missständen zu ändern - stattdessen wirken sie sogar an deren Verschärfung mit, wie etwa mit der neuesten Asylrechtsreform in der EU. In anderen Punkten werden unterdrückte Gruppen gegeneinander ausgespielt, etwa Homosexuelle gegen Transsexuelle, um ihr gemeinsames Vorgehen und ihre Radikalisierung zu verhindern.

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