Auf die ach so faulen Ausländer und Bürgergeldempfänger zu schimpfen, ist einfach nur ein ideologisches Ablenkungsmanöver, um die Wut über soziale Ungleichheit und Massenverelendung von den reichen Profiteuren auf diejenigen umzuleiten, die am stärksten darunter leiden.
Erstens ist Bürgergeld keine uneigennützige humanitäre Hilfe, sondern dient wie alle staatlichen Maßnahmen letztendlich dem Zweck, die weitere Akkumulation des heimischen Kapitals sicherzustellen. Wenn jede kurzzeitige Arbeitslosigkeit direkt in den Hungertod führen würde, würde durch jede Konjunkturschwankung unnötig Arbeitskraft vernichtet. Eine Arbeitslosenunterstützung sorgt einfach dafür, dass eine Arbeitskraftreserve zur Verfügung steht, die bei Bedarf schnell in Dienst genommen und ausgebeutet werden kann. Das Bürgergeld ist dabei zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel. Die ständigen Sanktionen gegen Bürgergeldempfänger sind dann ein Zwangsinstrument, um sie noch in den dreckigsten und miesesten Job mit den längsten Pendelwegen hineinzupressen, den niemand freiwillig machen würde.
Zweitens geht aus der Nationalität eines Bürgergeldempfängers nicht hervor, aus welchem Grund er auf Bürgergeld angewiesen ist. Von den 5,5 Millionen Empfängern in Deutschland (Deutsche wie Ausländer) können fast 3 Millionen Menschen gar nicht arbeiten, etwa weil sie minderjährig oder krank sind oder weil sie Angehörige pflegen müssen - unbezahlt natürlich. Eine weitere Million arbeitet bereits, aber kann von ihrem Hungerlohn nicht über die Runden kommen - Bürgergeld ist also auch staatliche Subvention für den Niedriglohnsektor. Nur die übrigen 1,5 Millionen Menschen können potenziell arbeiten und sind in der Regel auch auf Arbeitssuche, aber zwei Dritteln von ihnen fehlen die nötigen Qualifikationen. Für Ausländer, deren Bildungsabschlüsse oft nicht anerkannt werden und denen oft Sprachkenntnisse und Netzwerke fehlen, ist es natürlich umso schwerer, eine Arbeit zu finden.
Drittens sind die Posten für Bürgergeld im Staatshaushalt im Vergleich winzig. Allein durch Steuerhinterziehung großer Unternehmen geht dem Staat die doppelte Summe - 100 Milliarden Euro jährlich - verloren. Das verlorene Steuergeld durch Aussetzung der Vermögenssteuer bewegt sich in ähnlichen Dimensionen wie das Bürgergeld, nämlich bei 30 Milliarden Euro jährlich.
Und alleine dieses Jahr wurden durch die Änderung des Grundgesetzes ein Sondervermögen von 900 Milliarden Euro (ausgeschrieben 900.000.000.000€) für Rüstung und Krieg lockergemacht. Die Zinsen dieses Pakets werden aus dem laufenden Haushalt getilgt, faktisch kommt es also zu Kürzungen bei Bildung, Gesundheit, Forschung und eben auch bei der Fortbildung von Arbeitslosen, die dadurch noch schlechtere Chancen haben, eine sichere Existenz aufzubauen. Regst du dich darüber auch so auf wie über die 48 Milliarden fürs Bürgergeld?
Wem würden weitere Kürzungen, schärfere Schikanen vom Amt denn helfen? Nicht den Arbeitslosen, die noch leichter in miese Jobs gepresst werden können. Nicht dem Staatshaushalt, der an ganz anderen Stellen Geld verpulvert. Und auch nicht den festangestellten Arbeitern, deren Lohnniveau durch Quasi-Zwangsarbeit und Niedriglöhner gedrückt wird. Profitieren wird nur das Kapital, dem noch mehr billige Arbeitskräfte ohne Möglichkeit der Gegenwehr zur Verfügung stehen.
Wer als Arbeiter in diese dumme Hetze gegen Arbeitslose und Ausländer einsteigt, schadet am Ende nur sich selbst. Nicht nur, weil er ganz schnell selbst arbeitslos sein kann und dann die Schikanen des Amtes aus erster Hand erfährt, sondern weil er mit der Spaltung seiner Klasse nur die eigene Verhandlungsposition schwächt und damit den Reichen in die Hände spielt.