Welche Airline in Deutschland für Pilotenausbildung?

4 Antworten

Hallo, 

ich glaube, Du machst einen Denkfehler (oder auch mehrere): 

1) Keine Airline darf eine fliegerische Grundausbildung machen! Das ist laut EU-Gesetzgebung verboten. Airlines dürfen als sog. TRTOs Umschulungen machen, aber sie sind nicht als ATOs, als Flugschulen, zugelassen. Im täglichen Sprachgebrauch sagt man natürlich etwas anderes (ich auch, obwohl ich es vom Job her besser weiß), z. B., dass die Ausbildung bei AB oder LH stattfindet, aber korrekt ist das nicht. 

2) Die Flugschulen müssen als eigenständige, technisch, wirtschaftlich und managementmäßig unabhängige Organisationen geführt werden. Schulbetrieb und Operation müssen also strikt getrennt sein. 

3) Daraus ergibt sich ein vielleicht für die Zukunft interessanter Aspekt, nämlich, dass die Flugschule einer Airline, wie die LFT für LH oder TFC Käufer für Air Berlin, u. U. auch Piloten für den freien Markt ausbilden, so wie es die FCA und die Intercockpit schon lange machen. 

4) Außerdem gibt es jede Menge freie Flugschulen (ATOs), welche Bewerber hin zu einer CPL/IR mit ATPL-Theorie führen. Infos dazu gibt es beim LBA. 

5) Der Pilotenmarkt ist allerdings total überlaufen. So kommen alleine bei Condor auf einen Copilotensitz etwa 70 Bewerber - und das wird bei anderen Airlines nicht anders sein. 

6) Daraus wiederum folgt, dass Du Dich nicht auf Deutschland beschränken darfst. Machst Du dazu schon jetzt eine Einschränkung, wird es noch viel schwieriger. British Airways mit ihrem "Future Pilot Programme", Edelweiss Air in der Schweiz, Emirates, die auch nach EASA-Richtlinien ausbilden (u. a. in Portugal), aeronautx in Österreich, die für fly NIKI ausbilden: Möglichkeiten gibt es reichlich und da der Luftverkehr schon seit seinen Anfängen immer grenzüberschreitend war und auch noch ist, sind Bewerber, die an einem Ort hängen, nicht unbedingt für diesen Job geeignet, zumal ja der Arbeitgeber auch die Homebase festlegt. 

ALTERNATIVEN: 

7) Alternative 1: Besuch einer "freien" Flugschule mit anschließender Bewerbung bei einem Air-Taxi-Unternehmen, im Werksflugverkehr oder in der Businessfliegerei, z. B. bei DCA (Daimler Chrysler Aviation). Problem: Nachweis der verlangten Flugstunden. 

8) Alternative 2: Pilotin bei der Bundeswehr. Hier findet allerdings die Ausbildung bis zur Einsatzreife wechselseitig in DE und den USA bzw. im NATO-Ausland statt. Dafür musst Du aber nicht Kampfjets fliegen; auch Hubschrauberpilotinnen oder Cockpitbesatzungen für die Transportflieger (A400M, P-3 Orion und die Flugzeuge der Flugbereitschaft) werden gesucht. Aber auch hier werden im Rahmen der Umstrukturierung, z. B. durch das Konzept "Luftwaffe 2020" und die dadurch bedingte Auflösung von Geschwadern, weniger Piloten benötigt. Nur wird der Pool, aus dem die Bw schöpfen kann, größer. 

9) Alternative 3: Hubschrauberpilotin bei der Polizei. Hier musst Du allerdings erst Polizistin sein und kannst Dich dann für den fliegerischen Dienst bewerben. 

Pilotin (Hubschrauber oder Fläche) bei Rettungsdienstes kommt nicht in Frage, da diese auch "nur" TRTOs sind und schon mindestens 1.000 bis 1.500 Flugstunden auf Großgerät voraussetzen. 

Möglichkeiten gibt es also, aber wenn Du "standortgebunden" bist, wird es sehr sehr schwierig, wenn nicht unmöglich mit der Ausbildung - und das auch noch in einem überlaufenen Markt. 


unnamedgirl0 
Beitragsersteller
 16.08.2015, 15:08

Vielen Dank für die ausführliche Antwort, allerdings schließen sich glaube ich viele Alternativen automatisch aus weil ich ein sogenanntes Schüler bzw Studentenvisum habe, also keine deutsche Staatsbürgerschaft. Somit kann ich mich ja zB bei der Polizei oder bei der Bundeswehr nicht bewerben.

Ich hätte allerdings noch eine Frage. Muss man bei aeronautx in Österreich das Geld vor der Ausbildung zahlen? oder ist das wie bei Lufthansa und man muss es nach einem Vertrag bezahlen?

Und muss man eigentlich bei jeder Airline die Unterhaltskosten selbst übernehmen bzw für Wohnen usw. ?

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rudim1950  16.08.2015, 19:32
@unnamedgirl0

Hi, wie das mit den Kosten bei aeronautx ist, weiß ich nicht. Ich könnte jetzt nachschauen, aber für Dich ist es eine gute Übung, selbst nachzuschauen.

Unterhaltskosten gehen immer noch extra und immer zu Lasten des Bewerbers. Dass ein Arbeitgeber die Lebenshaltungskosten für seine Mitarbeiter (außer bei Dienstreisen) übernimmt, ist doch ein wenig blauäugig, denn was soll bei einer Airline anders sein als beim Dorfklempner um die Ecke oder bei der BASF? Die zahlen ja auch nicht die Miete!

Der einzige Vorteil bei LH ist, dass die Rookies während des US-Aufenthalts auf dem Campus der Fliegerschule kostenfrei wohnen; aber das sind nur vier Monate der zweijährigen Ausbildung.

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unnamedgirl0 
Beitragsersteller
 16.08.2015, 20:44
@rudim1950

Hat man während der Pilotenausbildung eigentlich Anspruch auf Bafög?

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rudim1950  16.08.2015, 21:17
@unnamedgirl0

Ob es da eine standardisierte Förderung gibt, weiß ich nicht, deshalb hilft auch hier natürlich eine Eigenrecherche. Ich bin schließlich bweder Verwaltungsfuzzi noch Ausbildungsberater, sondern war bei LH Teamleiter "Flight Crew Licencing". 

Bei mindestens einer Flugschule geht es aber. So schreibt die Flight Crew Academy (FCA) zum Thema BAföG: 

"Kann ich wahrend meiner Ausbildung BAföG beantragen? Ja, FlightCrew Academy ist vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst als private Ergänzungsschule anerkannt. Daher kann nach dem BAföG Gesetz § 2 Abs. 2 BAföG für die Ausbildung beantragt werden." 

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Momentan ist es in der Tat schwer, in Deutschland nen Ausbildungsplatz zu bekommen. Das musst du dir wohl erstmal aus dem Kopf schlagen :/ übrigens, ne Pilotenausbildung ist immer schweineteuer. Egal, bei welcher Airline.


unnamedgirl0 
Beitragsersteller
 16.08.2015, 13:27

Danke, aber bei ein Paar Airlines werden die Kosten zumindest erstmal übernommen. Nachdem man einen Vertrag hat ist es sowieso kein Problem das zurück zu zahlen. Aber vor der Ausbildung so viel Geld zu verlangen finde ich unmöglich.

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Warum möchtest Du Pilot werden? 

Sag jetzt bloß nicht, weil das DER Traumjob mit dem riesigen Einkommen, den super Arbeitsbedingungen, viel Fun und dem rosigen Jobaussichten ist.  

Sollte das aber Deine Antwort sein, hast Du Dich vermutlich nicht ausgiebig genug mit den Anforderungen der Ausbildung und der Realität des Pilotendarseins beschäftigt. 

Der Markt ist völlig überschwemmt! Tausende Lizenzinhaber mit zum Teil vielen Tausend Stunden im Flugbuch sitzen auf der Straße und warten auf einen Job im Cockpit. Die würden überall einsteigen, nur um Geld zu kriegen! 

Was ist also der Grund, weshalb Du Pilot werden möchtest?

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Beruf und Erfahrung

unnamedgirl0 
Beitragsersteller
 16.08.2015, 22:59

Vielen Dank für deine Motivation.

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unnamedgirl0 
Beitragsersteller
 17.08.2015, 02:27
@unnamedgirl0

Also soweit ich ein paar deiner Antworten gelesen habe, bist oder warst du doch selbst Pilotin. Warum bist du dann eher negativ eingestellt, dass sich Leute für so eine Ausbildung bewerben wollen? Es mag sein, dass du enttäuscht vom Beruf gewesen bist oder das nicht alles so war wie du dir das vorgestellt hast aber vielleicht hat dir damals auch jemand geraten dich nicht zu bewerben und du hast es ignoriert, weil du unbedingt deine eignen Erfahrungen machen wolltest. Genau das ist der Punkt. Jeder will doch selbst Erfahrungen sammeln und gucken, ob es überhaupt funktionieren kann. Wenn ich mich nicht bewerbe und es nicht versuche, durchlebe, werde ich bestimmt mein Leben lang darüber nachdenken : ,, Vielleicht hätte ich eine Chance gehabt, warum habe ich mich nicht beworben? Was ist, wenn doch irgendwo Platz war? Wie ist wohl der Beruf? ,, Somit werde ich nie dieses Kapitel abschließen können und noch mehr in Träume versinken : ,,Was wäre wenn...,,, Da du das alles hinter dich hast, kannst du mich vielleicht nicht verstehen. Ich will es wenigstens versuchen, und nein, nicht weil es angeblich gut bezahlt ist, sondern weil ich mir keinen anderen Beruf vorstellen kann, ich will einfach nur ,,in der Luft ,, sein und ich bin auch sehr gespannt auf die Technik, wie es funktioniert usw. Ich möchte lernen , wie man ein Flugzeug bedient und es dann auch beruflich machen können. Aber danke, ich weiss du hast Recht aber ich werde es trotzdem versuchen. 

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Akka2323  17.08.2015, 07:44
@unnamedgirl0

Viel Spaß in der Arbeitslosigkeit. Das ist im Moment der schlechteste Beruf, den man sich aussuchen kann. Außer der Lufthansa und ihren Töchtern bildet niemand in Deutschland aus. Du kannst höchstens den Pilotenschein privat erwerben und kleine Fliugzeuge fliegen.

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Pilotflying  18.08.2015, 16:20
@unnamedgirl0

Niemand möchte Dich daran hindern, es zu versuchen. ich möchte Dir lediglich die Augen öffnen, wie die Realität derzeit aussieht. Alles andere wäre schönreden und würde Dir nicht wirklich helfen. Ich schreibe hier nicht das, was Du gerne hören möchtest, sondern was Fakt ist!

Deine Antworten geben mir den Eindruck, dass Du einfach die Realität nicht wahrhaben willst. So geht es vielen jungen Menschen, die sich irgendetwas in den Kopf gesetzt haben und daher die negativen Dinge nicht hören wollen. Bei einem Traum sieht man halt einfach nur die positiven Dinge. Aber irgendwann kommt dann die große Enttäuschung.

Die meisten jungen Menschen haben beim Berufsbild des Piloten einen relaxten Job für viel Geld vor Augen. Reisen durch die ganze Welt, tolle Menschen kennenlernen, bei Sonnenschein durch die Gegend zu fliegen, eine tolle Uniform tragen. Ein tolles Flugzeug fliegen. Die Wahrheit sieht leider ganz anders aus - zumindest seit einigen Jahren und für viele Piloten.

Ich sitze selbst seit vielen Jahren als Kapitän im Cockpit und bin zu einer ganz anderen Zeit und zu ganz anderen Konditionen als heute in die Fliegerei eingestiegen, als sie heute vorherrschen. Daher kenne ich den Wandel der Zeit und sehe, wie sich das Berufsbild und auch die Arbeitsbedingungen über die Jahre geändert haben. Auch wenn ich selbst verhältnismäßig gute Arbeitsbedingungen, einen alten, unbefristeten Arbeitsvertrag und gutes Einkommen habe, so trifft das in dieseer Branche bei weitem nicht für jeden zu. Ganz im Gegenteil.

Leider habe ich auch im Freundes-, Bekannten- und Kollegenkreis viele Menschen, bei denen es nicht so rosig läuft.

Einige sind sind den letzten Jahren aufgrund gesundheitlicher Probleme untauglich geworden, haben ihren Job verloren. Andere sitzen auf der Straße und sind nach dem Aus ihres früheren Arbeitgebers auf Jobsuche in ganz Europa unterwegs. Vielleicht mag es für einen Aussenstehenden ganz interessent klingen, seine fliegerische Homebase mal in Ankara oder Dubai zu haben. Das ist aber nichts vorübergehendes, sondern vielmehr eine Entscheidung für viele Jahre. Und Du würdest das auch anders sehen, wenn Deine Familie nebst drei schulpflichtigen Kinder hier weiterhin in Deutschland lebt und Du Deine Familie alle paar Wochen mal siehst.

Das ist auch im Zeitalter von E-Mail und Telefon eine nicht zu unterschätzende Belastung für Ehe und Familie. Wiederum andere zahlen einen Batzen Geld, um überhaupt fliegen zu dürfen. Ich kenne leider einige Leute, die um ihren Arbeitsplatz im Cockpit bangen und wiederum andere, die händeringend einen suchen würden. Hoch verschuldet durch eine selbst finanzierte Ausbildung bei irgendeiner Flugschule würden sie jede noch so kleine Gelegenheit beim Schopf packen. Egal wo und egal was.

Ich bin selbst Mutter eines Kindes, vollzeit berufstätig und arbeite mit meinem (vollzeit berufstätigen) Ehemann in gegenläufigen Dienstzeiten, um all dies möglich zu machen. Ich bin im ständigen Spagat zwischen Beruf, Familie und Kind und versuche allem gerecht zu werden. Nach vielen Jahren Berufstätigkeit merke auch ich, daß das alles nicht spurlos an einem vorbeigeht. Die Freizeit, die ich gemeinsam mit meiner Familie verbringen kann, ist verschwindend gering.

Der Körper und die Belastbarkeit verändern sich mit den Jahren. Man steht halt mit 19 nach einer Party mit durchzechter Nacht am nächsten Morgen noch anders auf als mit 45 oder 50 nach ständigen Nachtdiensten, Mittel- oder Langstreckenflügen, Orten unterschiedlicher Zeit und unterschiedlichen klimatischen Bedingungen.

Außerdem mußt Du Dich als Frau in einem solchen Beruf noch ganz anders behaupten, wie Deine männlichen Kollegen. Du mußt manchmal mehr leisten, um gleichermaßen anerkannt zu werden. Du mußt damit umgehen können, daß nicht alle Kollegen Dich gleichermaßen akzeptieren und brauchst ein breites Kreuz, bis Du dort angekommen bist, wo Du hinwillst. Bei manchen bleibst du einfach immer "die Frau". Als Memme gehst Du in diesem Beruf unter.

Wenn Du die von mir geschriebene Kritik nicht ertragen kannst, bist Du in diesem Job am falschen Platz. Da werden Dir im Laufe der Jahre ganz unterschiedliche Charaktere begegnen.

Ich habe als Ausbilder und Fluglehrer viele junge Menschen kennen gelernt, die mit völlig falschen Vorstellungen an die Sache herangegangen sind. Viele davon haben es geschafft - aber einige haben auch Federn gelassen und die Realität erkannt. Einiges haben sich eingestehen müssen, daß die Fliegerei nichts für sie ist und auch nicht allen waren den Anforderungen gewachsen.

Ich spreche hier also aus viel Erfahrung und kenne das Berufsbild auch aus sehr unterschiedlichen Blickrichtungen. Und dann kommt ein junges Mädchen von der Schulbank und erzählt mir, daß das alles nicht stimmt und dass es der beste Job wäre, den es gibt.

Natürlich ist nicht alles schlecht. Aber die bekannten positiven Dinge weiß die Jugend von heute ja eh viel besser. Nur mit der Realität hapert es manchmal etwas.

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Hast du vielleicht mal an die Bundeswehr gedacht?