Was sind Bildungsbürger und bildungsspießer?

4 Antworten

Der Begriff Bildungsbürger stammt aus der zeit des Frühkapitalismus. Es handelt sich dabei um Bürger, die sich Allgemeinbildung angeeignet haben, welche sich meistens mit den Idealen des Frühkapitalismus (Arbeit, Ehrlichkeit, Sparsamkeit...) deckt. In diesem Sinne gehen sie auch mit dieser Bildung um (zB aus Repräsentationsgründen). Jedoch gibt es auch solche, die in der Lage sind, Kritik am Umgang mit diesen Werten zu üben.

Bildungsbürger ist also ursprünglich nicht negativ gemeint, wurde aber dann immer kritischer betrachtet.

Daraus ergibt sich der "Bildungsspießer". Der Begriff kommt klar von Nietzsche, der vom Bildungsphilister spricht: "Der Bildungsphilister hält das, was die Kultur verneint, für Kultur" (Unzeitgemäße Betrachtungen).

Der Philister ist ja die literarische Form für Spießer. Der Begriff wurde zunächst von Studenten gebraucht, um die Nicht-Studenten zu bezeichnen. In der Romantik wird der Begriff synonym für den Kunstfeind, der alles Geistige zum nur Nützlichen degradiert.

"Bildungsspießer: [...] Die Humorlosigkeit, mit der er – jeder einzelne ein Fachmann, Gottseidank! – dasitzt, wenn sein Kram dran ist, die Überheblichkeit, die aus jedem Fachwort spricht, die Wichtigkeit, die alles der Vereinsidee einordnen möchte [...] –: alle diese Steinchen zusammen ergeben das Mosaik des ›gebildeten‹ Kaffern, der [...] die Seele eines Schulmeisters in sich trägt. Unfähig, etwas zu sehn, ohne Zensuren zu geben, teilt er sie auch dann aus, wenn ihn keiner darum gebeten hat, ein lästiger Besserwisser, kein Gutwisser; kein Mann, ein Fachmann; einer, der mit seiner Zeit geht." Christian Bry, Verkappte Religionen, zitiert nach Ignaz Wrobel (d. i. Kurt Tucholsky): Die genialen Syphilitiker. In: Die Weltbühne, 08. 02. 1927, Nr. 6, S. 210. http://www.zeno.org/Literatur/M/Tucholsky,+Kurt/Werke/1927/Die+genialen+Syphilitiker

Woher ich das weiß:Recherche

Munc131  09.09.2021, 21:45

Den Begriff "Bildungsspießer" habe ich bei Bry, "Verkappte Religionen" nicht gefunden. Im diesem Zusamenhang hat ihn also wohl Tucholsky eingebracht.

Hei haki321, Bildungsbürger sind solche (Mit)Bürger, die etwas (mehr) Bildung abbekommen haben in der Schule, stolz darauf sind und es heraushängen lassen, z. b. indem sie dir pausenlos erzählen, dass sie im Theater waren, in der Oper und dass sie das neueste Buch gelesen haben. Bildungsspießer ist eine Bezeichnung für dieselben Leute, nur von Neidern oder von Leuten mit so viel Bildung, dass sie sich den Bildungsspießern überlegen fühlen. o.k.? Grüße!

Mit Bildungsbürger ist der durchschnittlich gebildete Staatsbürger gemeint, also im Grunde das Ideal eines Politikers. Deswegen fällt der Begriff auch so oft in politischen Debatten und Texten. Das Wort Bildungsspießer habe ich allerdings noch nicht gehört... :D