Was mache ich gegen diese Eröffnung?

5 Antworten

Moin,

in der Eröffnungsphase geht es im Grunde um drei Dinge:

  1. Zentrumskontrolle
  2. Figurenentwicklung
  3. Königssicherheit

Mit Zentrumskontrolle ist gemeint, dass man möglichst viele Steine (Bauern und Figuren) so aufstellt, dass man die Felder e4, d4, e5 und d5 besetzt oder bedroht.

Mit Figurenentwicklung ist das Herausbringen der eigenen Figuren gemeint. Oft ist es sinnvoll, die Springer vor den Läufern zu entwickeln, weil man die besten Felder für die Springer leichter erkennt.

Und mit der Königssicherheit ist fast immer gemeint, dass du rochieren sollst.

Die Eröffnung deines Freundes beherzigt schon einmal zwei dieser drei allgemeinen Ziele, nämlich die Zentrumskontrolle und die Figurenentwicklung. Er hält sich sogar daran, seine Springer vor seinen Läufern zu entwickeln. Mit anderen Worten, sein Aufmarsch kann so schlecht nicht sein.

Aber er hat auch Nachteile. Vor allem verstellt der Springer c3 (oder c6, wenn er mit Schwarz spielt) seinen c-Bauern. Dieser Bauer ist aber manchmal wichtig, wenn es um den Kampf um das Zentrumsfeld d5 (d4) geht, da ein Vorstoß c2-c4 (c7-c5) gerade gegen dieses Feld von der Seite Druck ausüben kann. Das gilt vor allem für Eröffnungen, wo ein weißer Bauer auf d4 und ein schwarzer Bauer auf d5 landen. Das bedeutet, dass sich dein Freund selbst einer eventuellen Ressource beraubt, was nicht so optimal ist.

Beachte, dass das bei dem Springer f3 (f6) in der Regel nicht so gravierend ist, weil damit zwar der f-Bauer verstellt wird, aber dieser wird viel seltener zum Anrempeln der Zentrumsfelder e4 (e5) benutzt, da sein Ziehen häufig die Königsstellung schwächt (siehe Eröffnungsziel 3).

Anfängern wird mitunter geraten, den sogenannten "Ochsenkopf" aufzubauen, wenn es der Gegner erlaubt. Damit ist eine Aufstellung folgender Art gemeint:

Bauern auf d4 & e4, Springer auf c3 & f3, Läufer nach c4 & f4, Dame nach e2 (oder d2), kurze Rochade und dann Türme nach d1 & e1. Diese Konstellation erinnert ein bisschen an den Kopf eines Stieres, wobei die Läufer die Hörner sind, die Springer die Ohren, die Türme die Schnauze und die Bauern der obere Kopfabschnitt.
Diese Aufstellung ist gewiss nicht schlecht. Damit wirst du jedenfalls eher nicht gleich überrannt. Aber trotzdem halte ich nicht allzu viel von solchen Ratschlägen, weil man beim Schachspielen einen gewissen Plan verfolgen sollte. Der Plan, sich einfach nur aufzustellen, hat das Problem, dass man meist nicht weiß, wie es danach weitergehen soll?! Hinzu kommt, dass dich dein Gegner an der Durchführung dieses Aufmarsches in der Regel stören wird. Und dann?

Ich plädiere eher dafür, dass du dich erst einmal ganz allgemein damit beschäftigst, worum es in der Eröffnung geht. Versuche zu verstehen...

Dazu nenne ich dir noch zehn "goldene" Eröffnungstipps für Anfänger:

  1. Besetze mit mindestens einem Bauern das Zentrum (spiele e2-e4 und - wenn es geht - d2-d4 bzw. e7-e5 und d7-d5 oder beginne mit d2-d4 und versuche e2-e4 folgen zu lassen).
  2. Vermeide zu viele Bauernzüge (zwei bis vier Bauernzüge in der Eröffnungsphase, das sollte reichen). Ziehe vor allem nicht deine Randbauern oder den f-Bauern. Der f-Bauer ist für Anfänger erst einmal tabu!
  3. Entwickle deine Figuren auf wirkungsvolle Felder (bringe deine Figuren heraus und stelle sie so auf, dass sie ein gemeinsames Ziel verfolgen). Vermeide dabei Entwicklungszüge, mit denen du die Entwicklung von anderen deiner Steine behinderst.
  4. Entwickle deine Springer vor deinen Läufern.
  5. Vermeide das (unnötige) Herumziehen von bereits entwickelten Figuren, so lange noch nicht alle Steine mitspielen.
  6. Vermeide übereilte Angriffe, die sich nur auf wenige Figuren stützen und die vom Gegner leicht abgewehrt werden können.
  7. Gehe in der Eröffnungsphase nicht auf Bauernjagd.
  8. Bringe deine Dame nicht zu früh ins Spiel.
  9. Sorge für die Sicherheit deines Königs (das heißt, strebe eine Rochade an; die kurze Rochade ist meist etwas sicherer und schneller zu erreichen).
  10. Stelle deine Türme auf zentrale (offene oder halboffene) Linien, also nach d1 und e1 oder nach c1 und d1 oder nach e1 und f1, je nach Lage der Dinge...

Damit du einen Eindruck darüber erhältst, was ich meine, wenn ich schreibe, dass du versuchen sollst zu verstehen, sei jetzt noch einmal ein Punkt hervorgehoben, um seinen Hintergrund zu beleuchten, so dass du ihn verstehen kannst:

  1. Besetze mit (mindestens) einem Bauern das Zentrum.

Warum sollst du das tun?

Wenn du ein komplett leeres Brett vor dir hast und einen Läufer auf ein Eckfeld stellst (sagen wir nach h1), dann hat dieser Läufer sieben Felder unter Kontrolle (nämlich g2, f3, e4, d5, c6, b7 und a8). Beachte zunächst, dass der Läufer das Feld, das er besetzt, nicht kontrolliert.
Wenn du den Läufer nun ein kleines Stück näher zum Zentrum verrückst (also nach g2 stellst), hat er neun Felder unter Kontrolle (h1, f3, e4, d5, c6, b7, a8 plus f1 und h3). Rückst du ihn noch näher in Richtung Zentrum (nach f3), kontrolliert er bereits elf Felder (h1, g2, e4, d5, c6, b7, a8 plus d1, e2, g4 und h5). Und wenn der Läufer schließlich im Zentrum steht (auf e4), bedroht er sogar dreizehn Felder (h1, g2, f3, d5, c6, b7, a8 plus b1, c2, d3, f5, g6, h7). Das bedeutet, dass ein Läufer (bei sonst leerem Brett) immer stärker wird, je näher er dem Zentrum ist.
Wenn du das gleiche mit einer Dame wiederholst, wirst du feststellen, dass für sie die gleiche Aussage zutrifft (sie kontrolliert von der Ecke aus 21 Felder, dann 23, 25 und im Zentrum dann 27 Felder).
Ähnlich ist es auch beim Springer. Stell ihn nacheinander auf die Felder h1, g1, g2, f2, f3 sowie e4 und zähle jeweils die Felderanzahl, die er dabei kontrolliert. Dabei wirst du feststellen, dass der Springer auf f3 und e4 zwar die gleiche Felderanzahl bewacht, aber sechs der acht Felder liegen beim Standort f3 auf dem Königsflügel (e5, g5, h4, h2, g1 und e1), während nur zwei Felder auf dem Damenflügel liegen (d4 und d2). Ein Springer auf e4 erreicht dagegen jeweils vier Felder auf beiden Flügeln, was seine Mobilität steigert, so dass er dadurch stärker wird.
Du kannst also festhalten, dass Dame, Läufer und Springer immer stärker werden, je näher sie dem Zentrum sind.

Für den König gilt das nur eingeschränkt, weil er ab dem Feld g2 stets die gleiche Anzahl von Feldern kontrolliert. Immerhin wird auch seine Mobilität größer, wenn er auf einem Zentrumsfeld steht, aber der König hat in der Eröffnung oder im Mittelspiel, wenn also noch viele gegnerische Figuren da sind, die sich auf ihn stürzen wollen, rein gar nichts im Zentrum zu suchen! - Aber im Endspiel ist ein König im Zentrum mitunter eine Macht.

Die einzige Figur, die überhaupt nicht stärker wird, wenn sie dem Zentrum näher kommt, ist der Turm. Er kontrolliert bei sonst leerem Brett von jedem Standort aus stets vierzehn Felder. Aber auch für den Turm gilt, was bereits für den König gesagt wurde: er hat in der Eröffnung nichts auf den Zentruumsfeldern zu suchen.

Soweit, so gut. Aber was soll diese Erkenntnis nun bringen? Was hat das mit dem Ratschlag zu tun, dass man mit (mindestens) einem Bauern ein Zentrumsfeld besetzen soll?

Nun, wenn Dame, Läufer und Springer im Zentrum häufig besonders mächtig stehen, dann ist es doch logisch, dass man am Anfang versuchen sollte, diesen Figuren den Zugang zu diesen Feldern zu verwehren. Und der Bauer ist dazu besonders geeignet, weil sein Tauschwert im Vergleich mit den genannten Figuren sehr gering ist. Mit dem Eröffnungszug e2-e4 nimmst du das Feld d5 unter Kontrolle, so dass Schwarz besser nicht einen Springer dorthin stellt, so lange er von dem Bauern e4 dort geschlagen werden könnte.

Außerdem macht der Bauernzug die Wege für die Dame und den Läufer f1 frei, so dass diese anschließend entwickelt werden könn(t)en.

Tja, nun verstehst du vielleicht besser, warum ein Zug wie 1. e4 ein guter Eröffnungszug ist und warum man also mit (mindestens) einem Bauern das Zentrum besetzen soll.

Nun könnte man noch Fragen, warum der Bauer nach e4 gehen soll. Erreicht man mit dem Zug 1. e2-e3 nicht das gleiche? Auch dann werden die Zugstraßen für die Dame und den Läufer f1 frei und auch damit kontrolliert man ein Zentrumsfeld (d4)!? Stimmt, aber der Zug 1. e3 hat den Nachteil, dass er später den Läufer c1 sehr einschränkt, wenn es zu dem Vorstoß d2-d4 kommt. Denn dieser Läufer könnte dann nur auf das Feld d2 entwickelt werden oder man müsste b2-b3 spielen, um ihn zu fianchettieren (nach b2 zu spielen). Das bedeutet, dass man die (reibungslose) Entwicklung seiner eigenen Steine etwas behindern würde, wenn man den e-Bauern nur ein Feld (statt zwei) nach vorne zöge (beachte Ratschlag 3).

Wenn du bald etwas stärker geworden sein wirst, wirst du sicherlich erkennen, dass die genannten Ratschläge keine Gesetzmäßigkeiten darstellen. Wenn man verinnerlicht hat, worum es in der Eröffnung geht, kann man sich erlauben, diese Ratschläge teilweise zu ignorieren. Aber so lange man noch nicht so stark spielt, ist es nicht verkehrt, sich an die Ratschläge zu halten, weil du dann meist gut in die Partie kommen wirst. Wie gesagt, versuche die Zusammenhänge zu verstehen.

Doch nun zu deiner eigentlichen Frage.

Ich rate dir: Wenn du Weiß hast, spiele 1. e4. Wenn er dann mit seinen Springern kommt, kannst du sie jagen oder ein sogenanntes Idealzentrum errichten. Zum Beispiel:

1. e4 Sf6 2. e5 Sd5 3. c4 Sb6 4. d4 und eventuell (ausnahmsweise!) f2-f4 mit mächtigem Zentrum. Das kann Schwarz zwar angreifen, aber wenn er sich nicht auskennt (und davon gehe ich mal aus), kann er auch leicht erdrückt werden.

Oder 1. e4 Sc6 2. d4 Sf6 3. c4 nebst Sb1-c3, Sg1-f3. Auch hier hast du das Zentrum sehr gut im Griff. Sollte er e7-e5 durchsetzen, kannst du ihn auf d4 tauschen lassen (e5xd4), weil dann nach Sf3xd4 entweder dein Springer oder - nach Sc6xd4 Dd1xd4 - deine Dame mächtig im Zentrum erscheinen.

Schwieriger wird es, wenn er Weiß hat und mit 1. Sf3 beginnt. Immerhin kannst du auch jetzt 1. ... d5 antworten und wenn er nun wie üblich 2. Sc3 spielt, könntest du 2. d4 folgen lassen und ihn mal befragen, wohin er mit seinem Springer c3 gehen möchte.

Auch auf 1. Sc3 könntest du 1. ... d5 spielen, wobei hier jedoch auch 1. ... e5 möglich wäre, zum Beispiel 2. Sf3 Sc6 usw.

Eine forcierte Variante, mit der du sicher in Vorteil kommen könntest, gibt es jedenfalls nicht.

Entschuldige den langen Text, aber Schach ist eben ein komplexes Spiel, bei dem es selten (bis gar nicht) einfache Lösungen gibt...

LG von der Waterkant


cupcake599  18.06.2019, 22:39

Klasse Beitrag! Super!

Er spielt um das mittlere 4-Felder-Feld. Von dort aus greifen die Figuren direkt und indirekt die meisten Felder an.

Du solltet also auch um das mittlere 4-Felder-Feld spielen und es nicht ihn überlassen.

Mit den Pferden könne auch nicht mehr alle Bauern um 2 ziehen. Was den Gegenspieler dran hindert könnte seine Figuren auszubauen.

Nach dem ersten Zug warst Du dran. Er hat 2x gezogen. Oder Du hast nach dem 1. Zug dein Pferd raus + nach seinem 2. Zug Dein Pferd wieder eingestellt.


NikoKnecht 
Beitragsersteller
 19.03.2019, 22:43

sollte nur symbolisch gewesen sein, war in einem Editor..

wollte nur wissen wie ich da gut drauf antworten kann

suedhoern  19.03.2019, 22:47
@NikoKnecht

Musst Du nicht. Es ist nichts los + keine Gefahr. Wer immer nur reagiert, wird verlieren, Angreifen ist wichtiger, Jetzt ist alle Zeit dafür, sich einen Plan zu machen + auf ihn zuzugehen, statt sich zu verteidigen, wenn's gar nicht nötig ist.

Viele Eröffnungen lassen sich durch Zugumstellung erreichen. Ich würde mit 1.- e6 in Französisch übergehen, 1. -c5 mit etwas Sizilianischem sollte auch gehen, 1. - d5 ist auf jeden Fall spielbar, oder auch deine Springer zum Vierspringerspiel.

Auf 1.Sf3 antworte ich sehr gerne Bauer f5 … :-)

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung