Was ist nötig damit sich Naturgesetze ändern?

7 Antworten

Nach dem Standardmodell ist das Proton stabil, zerfällt also auch nach vielen Trilliarden Jahren nicht. Erweiterungen des Standardmodells sagen den Protonzerfall voraus, da er aber experimentell bisher nicht nachgewiesen werden konnte, sind schon einige von ihnen ausgeschlossen worden. Im Zweifel entscheidet immer das Experiment, die Theorie muss sich fügen, wie schön sie auch sein mag. Und bisher sieht es danach aus, als wäre das Proton stabil.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Masterabschluss Theoretische Physik

Hallo apparmor,

Für die Frage, was nötig ist, damit sich Naturgesetze ändern, muss man erst mal drüber sprechen, was man denn mit dem Wort "Naturgesetz" überhaupt meint.

Denn ein Naturgesetz, wie die Physik es versteht, ist eben nicht, dass in der Natur bestimmte Abläufe leichter zu beobachten sind als andere. Eine Beobachtung eines Protonenzerfalls wäre also keine Änderung der Naturgesetze. Auch das Erlöschen der Schwarzen Löcher wäre keine Änderung der Naturgesetze. Auch wenn wir eine bestätugte physikalische Theorie durch eine andere ersetzen müssen, wäre das keine Änderung der Naturgesetze - es wäre lediglich eine Verbesserung unserer Beschreibung der Naturgesetze.

Tatsächlich ist die Definition des Begriffes "Naturgesetz" gar nicht sooo einfach. Für Deine Frage denke ich aber, wenn wir etwas lax darunter die Gesetzmäßigkeiten verstehen wollen, nach denen in der Natur Prozesse ablaufen. Im Wesentlichen die fundamentalen Wechselwirkungen in der Natur, ihre Kopplungsparameter und die Naturkonstanten.

Wenn wir uns so weit einigen können, müssen wir uns als nächstes die Frage stellen, OB sich diese Gesetzmäßigkeiten denn nicht ohnehin über sehr lange Zeiträume ändern.

Das ist nämlich so a priori keineswegs klar - und sogar eine wichtige Frage der Grundlagenforschung. Im Moment ergeben die heute genauest möglichen Messungen aber, dass sich die Naturkonstanten - und damit die Gesetzmäßigkeiten selbst - nicht ändern. Diese Messungen erfolgen mit sogenannten Frequenzkämmen. Mit deren Hilfe sind extremst genaue Vermessungen von Wellenlängen möglich. Theodor Hänsch konnte damit am Max-Planck-Institut für Quantenoptik nachweisen, dass die sogenannte Feinstrukturkonstante sich über einen Zeitraum von mehreren Jahren mit einer Genauigkeit von 15 Nachkommastellen nicht geändert hat. Das ergibt hochgerechnet auf das Alter des Universums - Größenordnung 10 hoch 10 Jahre - eine Konstanz der Feinstrukturkonstante immer noch auf mehrere Nachkommastellen.

Aufgrund solcher und ähnlicher Messungen gehen wir also heute davon aus, dass sich die Spielregeln, denen die Natur unterworfen ist, zeitlich im beobachtbaren Universum nicht ändern.

Stellt sich nun also (endlich, sorry) die Frage: Was könnte die ändern?

Neuer Urknall?

Yupp, gute Idee.

Eine hypothetische Zukunft des Universums ist der sogenannte "Big Crunch" - eine Umkehrung der Expansion und letztlich ein Zusammensturz des beobachtbaren Universums zurück in den dichten heißen Zustand, in dem es begonnen hat. Eine erneute Expansion könnte dann nach allem, was man heute weiß, mit anderen physikalischen Paramtern erfolgen.

Doof daran ist nur, dass der Big Crunch im Moment wegen der Beobachtung einer gewissen Beschleunigung der Expansion des Universums als unwahrswcheinlichstes Zukunftszenario gilt. Es schaut im Moment danach aus, dass wir in einem Universum leben, das nicht mehr in sich zusammen stürzen wird.

Es gibt aber noch eine andere Möglichkeit.

http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/higgs-boson-physiker-halten-universum-fuer-instabil-a-884216.html

Was hier beschrieben ist, ist etwas, das Physiker einen "Phasenübergang" nennen - der Urknall ist in der Physik übrigens auch ein solcher Phasenübergang. Ein alltägliches Beispiel dafür wäre eine unterkühlte Flüssigkeit, die schlagartig beim Schütteln durchfriert.

Obiges Modell beschreibt nun die Hypothese, dass ein weiterer solcher Phasenübergang möglich wäre, weil das beobachtbare Universum in einem instabilen Zustand ist. Von irgendeinem Raumpunkt aus könnte sich dann die gesamte Physik im Universum schlagartig ändern, das Universum also in einen anderen Zustand "ausfrieren". Das Ganze würde sich von dort mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten, so dass man bis zuletzt völlig ahnungslos wäre, weil es unmöglich ist, das Ende kommen zu sehen.

Damit dieses Szenario überhaupt möglich ist, muss das Higgs-Boson eine Masse in einem bestimmten, sehr engen Energiebereich haben... dummerweise hat es eine Masse, die am Rand dieses Bereiches liegt.

Das bedeutet aber weder, dass dieses Szenario korrekt ist, noch dass der Übergang eintritt, selbst wenn er möglich sein sollte. Panik ist also - bitte! - nicht angebracht. Zumal wir vom Ende eh nie etwas mitkriegen würden, da es uns wie gesagt mit Lichtgeschwindigkeit überrennt.

Grüße

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Diplom in Physik, Schwerpunkt Geo-/Astrophysik, FAU

Schau dir Quantenphysik an - dort gelten die "normalen" Gesetze nicht. Sind noch am Forschen...

Zwei Aspirin und eine Nacht richtig ausschlafen, dann sieht die Welt schon ganz anders aus.

Die ehrliche Antwort ist. Das weiß niemand.

Wir wissen ja auch nicht exakt "wo" die Naturgesetze herkommen und warum sie genau so sind wie sie sind.