Was ist mit den Wikingern die nicht im Kampf gefallen sind?

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Nach der Vorstellung der germanischen Religion und Mythologie der Wikingerzeit kommen nach Walhall nur im Kampf Gefallene außer sehr wenige Ausnahmen, bei denen es sich um außerordentliche Helden handelt. Die nach Walhall gekommenen Krieger werden als Einherier/Einherjer (einheriar/einherjar) bezeichnet.

Hel (das Reich der Hel)

Niflheim ist nach der Vorstellung ein Ort, zu dem ein nicht im Kampf gefallener Wikinger kommt, allerdings ist Hel kein Strafort. Niflheim/Niflheimr (»dunkle Welt«) ist ein eisiges Gebiet. Eine Gleichsetzung von Niflheim/Niflheimr und Hel (Reich der Hel) gibt es bei Snorri Sturlusson, Gylfaginning Kapitel 34 (Óðinn/Odin wirft Hel nach Niflheim/Niflheimr hinab und gibt ihr Gewalt über neun Welten) und Kapitel 42 (Thor/Þórr tötet den den Riesenbaumeister, der die Mauern von Asgard/Ásgarðr errichtet hat, mit einem Schlag seines Hammers Mjöllnir/Mjǫllnir, was als Schicken nach Niflheim/Niflheimr ausgedrückt wird).

Konkretisierende Gedanken des germanischen Jenseitsglaubens waren:

  • unterirdisches Todesreich
  • Aufenthalt im Himmel oder am Wohnort der Götter
  • Weiterleben im Grabhügel oder in einem bestimmten Familienberg
  • Wiedergeburt in einer Person späterer Generationen

Totenreiche sind in germanischer Religion und Mythologie:

  • Grabhügel als Haus der Toten
  • Reich der Hel (einige sprachlichen Zusammenhänge lassen auf eine Bedeutung »Totenstätte, Totenhalle« schließen; eine verborgene Unterwelt, feucht und dunkel): Nach Snorri Sturlusson, Gylfaginning Kapitel 34, kommen nur an Altersschwäche oder Krankheit Gestorbene nach Hel.
  • Reich der Ran (unterseeisches Reich der Meeresgöttin Rán): Dort enden die Ertrunkenen.
  • Walhall

Die Hel (das Reich der Hel) war in der germanischen Religion und Mythologie kein Strafort für die Seelen von Sündern/Übeltätern, auch wenn das Wort Hölle sprachlich verwandt ist. Der Gott Balder/Baldr, der eine Lichtgestalt ist, kommt nach seinem Tod in die Hel (Prosa-Edda).

Die Göttin Freya wohnt in Fólkvangr (»Gefilde der Kriegerscharen«), erhält nach einer mythologischen Version (nach einer häufigeren anderen bekommt Odin alle Gefallenenen) die Hälfte der Gefallenen (valr) und weist ihnen Sitze in ihrer Halle zu (Grímnismál, Strophe 14). Die Egils saga Skalla-Grímsonar, Kapitel 78, deutet einen Glauben an, Freya nehme auch Frauen zu sich.

Vǫluspá/Völuspa (Strophe 39; 64) schildert zwei auf das Schicksal der Menschen im Jenseits bezogene mythische Stätten:

a) Auf der Nástrǫnd (»Ufer der Toten«) steht eine Halle (salr), deren Türen nach Norden gerichtet sind. Giftige Eitertropfen fallen durch die Lichtöffnungen und die Halle ist mit Schlangenrücken geflochten. Meineidige, Mörder und Ehebrüchige waten dort durch schwere Ströme, der Drache Nidhöggr (Níðhǫggr) saugt die Körper der Verstorbenen aus, der Wolf zerreißt sie (auf die Schilderung haben anscheinend Höllenvorstellungen abgefärbt).

b) In Gímle steht eine helle und goldene Halle (salr), wo treue Menschen wohnen und allzeit Freude genießen werden.

Nidavellir (Niðavellir; »dunkle Gefilde«) ist ein Ort im Norden, wo der goldene Saal der Zwerge (das Sindris) steht.

Ein Jenseitsort Víngolf (Gylfanning Kapitel 3, 14 und 20) wird bald mit Gímle, bald mit Walhall gleichgesetzt.

Valhǫll/Walhall (»Halle der Gefallenen«) heißt der Raum in Ásgarðr/Asgard, wo Óðinn/Odin auserlesene Krieger um sich schart. Óðinn/Odin selbst oder die von ihm beauftragten Walküren (valkyrjar/valkyriar) wählen sie aus, im Kampf gefallene Helden und als Ausnahme einige wenige andere Helden (wie Vanlandi, Sagenkönig Schwedens, von einer Zauberin in Gestalt einer Mahr [mara; weiblicher nächtlicher Druckgeist, quälendes Nachtgespenst] im Schlaf getötet; Sinfjǫtli/Sinfjötli, von seiner Stiefmutter Borghild durch einen Trank vergiftet; Halfdan der Freigebige, an einer Krankheit gestorbener Sagenkönig Norwegens; Ragnarr Loðbrók/Ragnar Lodbrok [Lodenhose], von Ælla, König von Northumbria in eine Schlangengrube geworfen, hat die Hoffnung/Erwartung, in Valhǫll/Walhall aufgenommen zu werden und freut sich auf das Herannahen der Walküren).

einige Literatur:

Heinrich Beck, Einherier. In: Reallexikon der germanischen Altertumskunde. Von Johannes Hoops. Band 7: Einfache Formen - Eugippius. 2., völlig neu bearbeitete und stark erweiterte Auflage. Herausgegeben von Heinrich Beck, Dieter Geuenich, Heiko Steuer. Berlin ; New York : de Gruyter, 1989, S. 22 - 23

François-Xavier Dillmann, Valhǫll. In: Reallexikon der germanischen Altertumskunde. Von Johannes Hoops. Band 35: Speckstein - Zwiebel. (Nachträge und Ergänzungen). 2., völlig neu bearbeitete und stark erweiterte Auflage. Herausgegeben von Heinrich Beck, Dieter Geuenich, Heiko Steuer. Berlin ; New York : de Gruyter, 2007, S. 341 - 366

Anders Hultgård, Mythische Stätten, Tod und Jenseits. In: Reallexikon der germanischen Altertumskunde. Von Johannes Hoops. Band 20: Metuonis - naturwssenschaftliche Methoden in der Archäologie. 2., völlig neu bearbeitete und stark erweiterte Auflage. Herausgegeben von Heinrich Beck, Dieter Geuenich, Heiko Steuer. Berlin ; New York : de Gruyter, 2002, S. 472 - 477

Rudolf Simek, Religion und Mythologie der Germanen. Darmstadt : Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2003, S. 190 - 212

Rudolf Simek, Lexikon der germanischen Mythologie. 3., völlig überarbeitete Auflage. Stuttgart : Kröner, 2006 (Kröners Taschenausgabe ; Band 368), S. 136 (Gímle), S. 178 - 179 (Hel), S. 227 - 228 (Jenseits), S, 295 (Naströnd), S. 299 - 300 (Niðavellir), S. 309 (Ódainsakr), S. 342 (Rán), S. 438 - 440 (Tod und Weiterleben), S. 481 - 483 (Walhall)

Rudolf Simek, Totenreiche. In: Reallexikon der germanischen Altertumskunde. Von Johannes Hoops. Band 31: Tiszalök - Vadomarius. 2., völlig neu bearbeitete und stark erweiterte Auflage. Herausgegeben von Heinrich Beck, Dieter Geuenich, Heiko Steuer. Berlin ; New York : de Gruyter, 2006, S. 88 - 92


Bodhgaya  04.12.2021, 10:44

Ich hoffe du hast das wirklich selbst geschrieben & nicht von irgendwo kopiert. Wenn ja, dann sehr beeindruckend!

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Albrecht  04.12.2021, 11:41
@Bodhgaya

Ich habe dies selbst geschrieben, wobei ich auch einen früher von mir selbst geschriebenen Text herangezogen habe. Von mir verwendete Informationsquellen habe ich genannt.

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Wird man dann direkt mit Niffelheim bzw Hel bestraft ?

Es stimmt schon einmal, dass man dann nach nordischem Glauben nach Hel kommt, was in Niflheim liegt. Laut der Edda (wichtigste Quelle für die nordischen Mythen) ist Hel ein unheimlicher, kalter & Trostloser Ort. Allerdings musst du wissen, dass zumindest ein Großteil der Edda, wenn nicht sogar alles davon, von christlicher Hand geschrieben wurde. Es ist wahrscheinlich, dass Hel ursprünglich ein neutraler Ort war, der sich später mit den Fantasien christlicher Autoren & ihrer Höllenvorstellung mischte.

Es wird aber auch von jenseitigen Orten berichtet, die tatsächlich Orte der Qualen waren. Nur besonders böse Menschen kommen dort hin. Spontan fällt mir nur die Halle Nastrand ein, deren Dach aus Giftschlangen bestand. Von dort tropfte die ätzende Flüssigkeit auf die Leute der Hallenbewohner. Eidbrecher & Mörder kamen dort hin. Wenn ich mich recht erinnere mussten auch manche Verstorbenen zur Quelle des Drachen Nidhöggr, von dem sie bis Ragnarök (Apokalyptische Endzeit) gequellt werden.

Genaueres erfährst du in diesem Video: https://www.youtube.com/watch?v=WXKNDCnkqBg

jup^^.. ist leider so.. deshalb waren die ja immer so darauf versessen im Kampf zu sterben.. alt zu werden und an Altersschwäche zu sterben war eine Schande

gez: Ein Norweger ;D