Was ist Codewechsel (Neuro)?
Hey,
ich(19) mache mein Abitur momentan und lerne nun für Biologie.Kann mir jemand erklären was ein Codewechsel ist und an welchen Stellen dieser an einem Neuron stattfindet? Stehe irgendwie immer noch auf dem Schlau bei diesem Thema
2 Antworten
Hi,
schau mal diese Abb. an, die das was du suchst zusammenfasst:
Bild: Schulbuch Biologie.
Oben rechts steht "Codierung". Ich möchte jetzt nicht alles wiederholen, was Dede geschrieben hat, sondern nur ergänzen.
In den Leitungsbahnen der Nervenzellen, den Axonen, findet man "Frequenz-Code" oder wie es auch genannt wird (Abb.) "digital-Code". Das sind die Aktionspotentiale. Bei denen die Information in der Anzahl der Impulse pro Zeit (der Frequenz) steckt. Wann immer du solche Zacken siehst (rot), ist es Frequenz-Code (oder digital).
Die Übergabe der Information an die nächste Nervenzelle erfolgt an den Synapsen mittels chemischer Botenstoffe (Transmitter). Was also von der Transmitterkonzentration abhängt und auch als "analoge Codierung" bezeichnet wird. Dieser Teil der Codierung wird als solche aber meist gar nicht erwähnt im Unterricht. Daher kann man es getrost wieder vergessen. Man hat mal davon gehört. Weil vielleicht taucht es ja doch irgendwo auf.
Interessanter ist die Informationsverarbeitung der Nervenzellen ab der postsynaptischen Seite, am Zellleib, dem Soma (die Region rings um den Zellkern herum, Abb. Mitte). Dort gibt es keine Aktionspotentiale in schneller Folge, sondern eine zeitweilige Depolarisation der Nervenzellmembran, die mehr oder weniger stark sein kann (rot links, rechts) und konsequent eine Zeit anhält. Sie ist über ihren variablen Ausschlag nach oben (y-Achse) charakterisiert, der Amplitude. Daher nennt man diese Form der Codierung "Amplitude-Code" oder auch "analoge Codierung". Das sind die EPSP's und IPSP's bei Dede (erregende postsynaptische Potentiale oder hemmende postsynaptische Potentiale), die nach der Synapse am Zellkörper entstehen und verrechnet werden (Summation), bevor die Nervenzelle eventuell selbst Aktionspotentiale bildet.
Sie tauchen aber auch bei Sinneszellen auf (Dedes dritter Absatz). Wenn dich also einer anschreit, dann werden Sinneszellen, die mit der Schallwahrnehmung beschäftigt sind, so einen ähnlichen Ausschlag nach oben zeigen. Ähnlich wenn du etwas salziges oder saures schmeckst. Jeder Rezeptor (Sinneszelle) übersetzt den für ihn erkennbaren (adäquaten) Reiz, z.B. Schall oder Geschmack in eine Amplitude-Codierung der Sinneszelle (i. d. Regel eine Depolarisation, außer beim Sehen). Diese Amplitude-Codierung bei Sinneszellen ist also wie ein elektrischer Fußabdruck des Reizes. So werden Umweltreize in die Sprache der Nervenzellen übersetzt.

Moin,
Codewechsel finden im Nervensystem an verschiedenen Stellen statt.
Zunächst wird ein physikalischer Reiz in ein Rezeptorpotenzial (elektrisches Signal) umcodiert.
Der Reiz trifft auf den Rezeptor und wird von diesem registriert und in ein elektrisches Signal umgewandelt. Das ist eine Form des Wechsels, weil ein physikalischer Reiz in ein elektrisches Signal (eine Depolarisation) umgeformt wird. Das Rezeptorpotenzial ist amplitudengesteuert, dass heißt, dass ein stärkerer Reiz in eine größere Depolarisation umgewandelt wird.
Das so entstandene elektrische Signal verteilt sich nun über den Nervenzellkörper und erreicht so auch die Generatorregion (den Axonhügel) der Zelle. Wenn das Signal am Axonhügel noch stark genug ist, um den Schwellenwert zu erreichen, wird ein Aktionspotenzial ausgelöst. Aktionspotenziale sehen immer gleich aus (Alles-oder-nichts-Gesetz). Darum kann nun die zuvor durch die Amplitude bestimmte Signalstärke nur noch durch die Frequenz der entstehenden Aktionspotenziale verschlüsselt werden. Das heißt, dass auch hier wieder ein Codewechsel stattfindet (von amplitudenmoduliert in frequenzgesteuert).
Dieser Frequenz-Code in Form von verschieden vielen Aktionspotenzialen wird nun das Axon entlang geschickt und kommt am Ende an einem Endknöpfchen einer Synapse an. Hier erfolgt nun die Umwandlung des elektrischen Signals in ein chemisches Signal (was einen erneuten Codewechsel darstellt). Das passiert, weil das elektrische Aktionspotenzialsignal am Ende zu einer Ausschüttung von Neurotransmittern (chemischer Botenstoff in einem Neuron) führt.
Der Neurotransmitter (also der chemische Botenstoff) löst jetzt in der postsynaptischen Membran wieder ein elektrisches Signal aus (in Form eines EPSPs oder eines IPSPs). Die EPSPs oder IPSPs sind amplitudenmoduliert. Wie auch immer, das ist abermals ein Codewechsel. Diesmal von einem chemischen erneut in ein elektrisches Signal.
Das EPSP (oder IPSP) wandert nun wiederum über den Zellkörper der Folgezelle. Wenn das eine weitere Nervenzelle ist, kommt das Signal auch wieder am Axonhügel dieser Zelle an. Wird auch hier noch der Schwellenwert erreicht, kommt es zur Ausbildung eines Aktionspotenzials. Das ist dann wieder frequenzgesteuert und noch einmal ein Codewechsel...
Die vielen Codewechsel haben zwei Ziele: einerseits die Möglichkeit einer Verrechnung von Signalen im Nervensystem, aber andererseits auch die sichere Weiterleitung und Übertragung von Signalen, um am Ende eine adäquate Reiz-Reaktions-Antwort zu gewährleisten.
Der oben vorgestellte Weg ist nicht der einzig mögliche in einem Nervensystem. Es gibt noch Sonderfälle wie Reflexe, weitere Verrechnungen (wie beispielsweise die laterale Inhibition), Verstärkungen (wie es die amakrinen Zellen oder die Horizontalzellen durchführen) oder elektrische Synapsen, die noch einmal anders funktionieren als die beschriebene chemische Synapse...
Alles klar?
LG von der Waterkant