Was genau sind Abwehrmechanismen (Freud)?

3 Antworten

Hallo!

Das Problem ist, dass hier viele Dinge durcheinandergehen. Die Psychoanalyse ist eine gewachsene und wachsende Wissenschaft mit vielen Teilgebieten und zahlreichen, unterschiedlichen, sich vielfach entwickelnden  Ansätzen, die sich z.T. widersprechen (ähnlich wie in einigen Bereichen der Physik).

Insofern gibt es keine Abwehrmechanismen, sondern verschiedene Konzepte von unbewussten Vorgängen, die als solche bezeichnet werden. Hier muss man also zunächst über wissenschaftstheoretische Kenntnisse wie auch über ein Verständnis der psychoanalytischen Thoriebildung verfügen (die sich z.B, von der der Psychologie unterscheidet).

Auch bei Freud sind dies gewachsene Konzepte die immerhin drei psychoanalytischen Theorien zugeordnet werden müssen. Insbes. der Begriff der Verdrängung unterlag bei Freud zahlreichen Revisionen. Wer sich da im Freudschen Werk nicht auskennt und orientieren kann, versteht die (dann notgedrungen widersprüchlichen) Dinge falsch. Die Verdrängung, die Freud in den frühen Jahren beschrieben hat, ist dann doch etwas anderes, als die der Strukturtheorie.

Eine wirkliche Ausgestaltung des Konzeptes der Abwehrmechanismen mit unterschiedlichen Differenzierungen erfolgte dann durch Anna Freud. Eine deutliche Erweiterung im Rahmen der Schöpfung eines neuen theoretischen Rahmens (für die verschiedenen Objektbeziehungstheorien) wurde von Anna Freuds "wissenschaftlicher Gegnerin" Melanie Klein entwickelt. Beide waren dann Grundlage für weitere Konzeptualisierungen.  

Deine Beispiele passen z.B. nicht, da es sich nicht um Prozesse des Unbewussten handelt. Hier geht es nicht um Abwehrmechanismen, sondern um bewusstseinsnahe Bewältigungsstrategien. Zudem stellt urinieren müssen, wenn die Blase voll ist keinen Trieb dar. Das Freudsche Triebkonzept ist ebenfalls zu komplex, um es hier zu erläutern und nur in seiner Entwucklung zu verstehen.

Wenn man es wirklich ganz simpel (und ungenau) belässt, werden meistens bei Freud unbewusste Prozesse beschrieben, mit denen etwas vom Bewusstsein ferngehalten wird (Pförtnermetapher). Und ja, in der Mehrheit würde man sagen, dass es sich um Schutzmechanismen handelt, nämlich solche, die der Angst-Abwehr dienen (zu beachten: der psychoanalytische Angstbegriff ist gemeint). Im Strukturmodell wird diese Abwehr den unbewussten Anteilen des Ich zugeschrieben.

Erster Schritt ist immer, sich zunächst mit dem Begriff des dynamischen Unbewussten auseinanderzusetzen. Ohne dessen Verständnis kann man einfach keinen korrekten Zugang zum Thema Abwehrmechanismen gewinnen.

Das Problem ist eher, dass viele meinen, sie hätten "die Psychoanalyse" verstanden. Es ist einfach Mist, dass Psychoanalyse in Schulen und leider auch Universitäten von Menschen vermittelt werden soll bzw. ja wird, die gar keine psychoanalytische Ausbildung abgeschlossen haben. Da kommt nur Unfug raus und es wird immer mehr dummes Zeug weitergetragen.

VG


Ottavio  03.06.2016, 11:01

Danke erstmal, dass Du Dich ernsthaft mit der Frage auseinandergesetzt hast und versucht hast, sie zu beantworten. Es wäre nett, wenn Du das auch mit den Fragen tust, die in den Kommentaren auf meinen Beitrag enthalten sind. Ich bin ja wirklich kein Fachmann, ich habe nur lesen und schreiben gelernt und mache Gebrauch davon.

"Es ist einfach Mist"  -  nun ja, sicher wäre es noch viel besser, wenn die Grundzüge der Psychoanalyse an Schulen und Universitäten von ausgebildeten Psychoanalytikern vermittelt würden. Die stehen dafür aber nicht zur Verfügung.,  Sollte sie darum also besser verschwiegen werden?  Das denke ich dann doch eher nicht.

Meines Erachtens ist die Psychoanalyse einer der wesentlichen kulturellen Beiträge insbesondere des zwanzigsten Jahrhunderts. Auch wenn sie nach wie vor umstritten ist, sollte eine allseits gebildete Persönlichkeit eine Grundahnung davon haben, worum es dabei geht. Dass und nicht viel mehr kann und soll Schule vermitteln.

Wenn heute an einer Universität die Psychologie der naturwissenschaftlichen Fakultät zugeordnet wird und ein Mensch ein Psychologiestudium absolviert, ohne darin je von der Psychoanalyse zu hören, dann ist es zwar suboptimal, aber besser als nichts, wenn er dann an der philosophischen Fakultät eine Vorlesung oder ein Seminar darüber belegt mit einem Dozenten, der ebenfalls keine psychoanalytische Ausbildung absolviert hat. Er soll ja nicht praktizieren, sondern nur Bildung weitertragen.

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 Auch wenn Dahika das jetzt gar nicht lesen will, möchte ich doch auch meinen Senf dazu geben, obwohl ich nur Philosophie studiert habe.

Was Du geschrieben hast, ist schon recht gut gelungen, nur das Beispiel mit der Darmentleerung ist voll danebengelungen.

Zuerst einmal musst Du bedenken, dass die Psychoanalyse nicht an einem Tag entwickelt wurde. Ich kenne i.W. nur Freuds Werke, aber auch damit ist die Entwicklung ja nicht zuende. Da bleibt es nicht aus, dass sich manche Positionen, z.B. der Begriff der Abwehrmechanismen im Laufe der Zeit verändert haben.

Natürlich gibt es bewusste Abwehrmechanismen. Um die ging es Freud aber nicht. Es ging ihm um die unbewusste Verdrängung von Triebregungungen (vor allem inzestuöse) ins Unterbewusstsein, wo sie dann Ursache für neurotische Störungen sein können. Auch sie können ins Bewusstsein gehoben werden, nämlich mit Hilfe des Arztes durch die Psychoanalyse. Günstigen Falls kann dadurch ein Prozess der Heilung eingeleitet werden.

Einen Trieb, den Darm zu entleeren, gibt es bei Freud natürlich gar nicht. Das ist ein rein physiologisches Bedürfnis, dem der Mensch zuerst mit vollem Bewusstsein gegensteuert, bis er das so weit trainiert hat, dass er auch im Schlaf nicht ins Bett macht.

Es gibt bei Freud nur zwei Triebe. Zuerst hat er nur über die Libido gesprochen, vulgo den "Sexualtrieb". Als er darüber schrieb, war der aus dem öffentlichen Bewusstsein völlig verdrängt. Das ist heute ganz anders dank der 68er, die immerhin ein laut Dahika "falsch verstandenes Viertelwissen über seelische Instanzen" in die öffentliche Debatte einbrachten. Nein, auf Patienten sollte man die nicht loslassen, auf gesunde Schüler_innen aber sehr wohl. Die Schule kann eben nur ein Grundwissen und den Ansatz eines Verständnisses vermitteln.

Was heute noch so gut verdrängt ist wie einst, sind die inzestuösen Wünsche aus der frühen Kindheit und deren Verdrängung. Wenn etwa eine Frau in ihrem Mann unbewusst plötzlich ihren Vater sieht, dann setzt die Inzesthemmung ein, ohne dass sie sich dessen bewusst ist, und sie ist nicht mehr imstande zum GV mit ihrem Mann. Geht sie mit dieser Störung zum Psychoanalytiker, dann kann sie evtl. geheilt werden.

Den anderen Trieb hat Freud erst ein Vierteljahrhundert später in die Debatte eingebracht. Es ist Thanatos, der "Aggressionstrieb". Ob es ihn wirklich gibt, ist selbst unter Psychoanalytikern umstritten. Aber die anscheinend offensichtliche Tatsache, dass es "verdrängte Aggressionen"gibt, spricht dafür. Andererseits scheint es kein Trieb mit der Unbedingtheit des Sexualtriebs zu sein.


Stellamister 
Beitragsersteller
 02.06.2016, 20:16

Ich habe bereits die Enstehung der Psychoanalyse auch verstanden. Freud lebte in einer äußerst sexualfeindlichen Zeit. Das bedeutet sexueller Triebe wurden durchgehend aufgrund der gesellschaftlichen Normen + Werte unterdrückt. Eine dauerhafte Unterdrückung der Triebe kann zu Neurosen führen. Er untersuchte somit bzw setzte sich intensiv mit der Bedeutung der Sexualität bzw. der Triebe auseinander. Sexualität meint damit alles was der körperlichen Lustempfindung dient. Diesen Sexualtrieb besitzen Menschen laut Freud seit der Geburt. Während ihrer Enteicklung soll ein Umgang des Triebes gelernt werden. Es gibt ja dann noch das Phasenmodell. Also würdest du sagen, dass sich das was wir in der Schule lernen nur darauf bezieht? Habe ich es grob verstanden? Das Unbewusste besteht ja weitestgehend aus Wünschen, Trieben und eben auch verdrängten Erfahrungen, Gefühlen und ist in mehreren Schichten aufgebaut. Was ich allerdings noch nicht komplett verstehe ist, was mit psychischen Störungen bzw. Neurosen gemeint  ist. Meint er damit Zwänge? Also aufgrund der dauerhaften Unterdrückung des Sexualtriebs in der Kindheit durch seine Umwelt können diese Triebe nicht mehr in die Ich Instanz eindringen? Könntest du mir ein konkretes Beispiel nennen? Danke 

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Stellamister 
Beitragsersteller
 02.06.2016, 20:22
@Stellamister

Nehmen wir die Orale Phase nach der Geburt, in der der Mund das Organ der Lustempfindung ist. Wenn dem Kind nun das saugen von Dingen verboten wird oder sie sich nicht in den Mund stecken darf durch Verbote etc und eventuell auch Strafen wird der Trieb unterdrückt und eine negative Erfahrung entsteht. Diese Erfahrung würde dann unbewusst verdrängt werden ? Und wie ist das mit den anderen Abwehrmechanismen wie der Projezierung? Wann kommt die vor ? Und was hat sie dann mit Trieben zu tun?

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Ottavio  03.06.2016, 11:17
@Stellamister

Ich habe versucht, Deine Frage an km 11111 weiterzureichen. Der hat wohl mehr Ahnung als ich.

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In der Psychoanalyse gibt es ziemlich viele Abwehrmechanismen. Einer ist eben die Verdrängung. Wenn du das Bedürfnis nach dem Toilettengang hast, das aber nicht geht, verdrängst du dass du eig auf Toilette musst. Würde aber bei solchen Trieben eher vorsichtig sein. Da du nicht wirklich was machen kannst das du aus Toilette musst. 

Wenn du verdrängst, dass jmd starke Gefühle für dich hat. Verschiebst du das Gefühl sozusagen ins Unbewusste(=verdrängst es) 

Ich hoffe die Antwort kann dir irgendwie weiterhelfen


Dahika  02.06.2016, 15:38

Die Antwort kann nicht weiterhelfen, da sie komplett falsch ist. Die Psychoanalyse ist eine sehr schwierige Theorie und sollte in der Schule nicht gelehrt werden. Unverständlich für die Lehrer und die Schüler. Kein.Wunder, dass da so ein unverstandener Mist bei rauskommt.

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