Was genau ist die Kernaussage dieses Gedichtes und welche sprachlichen Mittel werden verwendet?
Hallo,
Ich soll dieses Gedicht analysieren, jedoch verstehe ich nicht, was genau die Kernaussage dieses Gedichtes ist und welche sprachlichen Mittel benutzt werden.
abtropfen
wenn unsre lippen augen haben hör
besser auf mich anzusehen & schmink
dir diese blicke ab die an mir kleben
bleiben werd ich nie was soll die
augenwischerei uns bindet nur die
haut & die hat sich genug erregt lass
mich dich trösten kann ich nicht zum
weinen hab ich nur spucke übrig
Mir ist aufgefallen, dass kein Reimschema, Metrum und auch keine Satzzeichen in dem Gedicht verwendet wurden, aber mehr auch nicht.
Danke im voraus
3 Antworten
Ich lade dich jetzt zu einem Austausch über das Gedicht ein. Für den Anfang zwei Denkanstöße:
Wie wirkt das Gedicht auf dich? Wie klingt das Gedicht für dich? Welche Stimmung ist da zu spüren?
Mir ist aufgefallen, dass kein Reimschema, Metrum und auch keine Satzzeichen in dem Gedicht verwendet wurden, aber mehr auch nicht.
Das ist richtig. Was passiert denn dadurch, dass keine Satzzeichen verwendet wurden? Wo würdest du denn welche setzen?
Bleiben wir bei der Stimmung: Was denkst du und wie fühlst du dich, wenn dir jemand sagt...
- schmink dir das ab
- was soll die Augenwischerei?
- (hör auf,) an mir zu kleben
- ich hab (für dich) nur Spucke übrig
Wie ist derjenige drauf, der dir das sagt? Stell dir vor, dir sagt das jemand ins Gesicht und du bist gemeint.
Unverständnis ist gut! Wo findet sich das Unverständnis wieder? Was meinst du denn, wie die Person sich fühlt, die angesprochen wird? Möchte die die Beziehung auch nicht - oder will sie die?
Noch einmal: Welche Satzzeichen würdest du wo setzen?
Hey,
Erstmal danke dir das du dir Zeit für mich nimmst :)
Also ich würde sehr traurig und enttäuscht sein, wenn mir jemand diese Wörter, die das lyrische ich von sich gibt, ins Gesicht sagen würde.
Ich denke, dass seine Geliebte genau so reagieren würde wie ich und traurig und enttäuscht darüber wäre, dass ihr Geliebter eine rein sexuelle Beziehung zu ihr möchte und weiter nichts. Ich denke, dass das lyrische ich kalt und Rücksichtslos wirkt.
Die Worte ,,Schmink dir diese Blick ab" wirken wir ein Befehl, als würde das lyrische ich seiner Geliebten befehlen, ihren Blick von ihm zu entfernen und auch die Verse ,,was soll die Augenwischerei " oder ,,uns verbindet die Haut und die hat sich genung erregt" wirken sehr kalt und herablassen (mir fällt die richtigen wörter nicht ein) aber es wirkt so als würde er die geliebte einfach auf ihren körper runterschrauben. Und auch das mit der Spucke wirkt sehr herablassen und negativ. Es zeigt, dass das lyrische ich rein gar nichts für seine Partnerin zu geben hat außer Spucke. Ingesamt wirkt es also so, als hätte er keine Lust mehr auf seine Partnerin hat.
Zu den Satzzeichen also ich würde die so machen
wenn unsre lippen augen haben(,) hör besser auf mich anzusehen & schmink dir diese blicke ab(,) die an mir kleben(,) bleiben werd ich nie(,) was soll die augenwischerei(,) uns bindet nur die haut & die hat sich genug erregt(,) lass mich dich trösten (,) kann ich nicht (,)zum weinen hab ich nur spucke übrig.
Also nach den Satzzeichen wirkt das Gedicht viel klarer und es wikt so als würde lyrische ich zwar versuchen die Partnerin zu trösten (da sie vermutlich traurig ist, dass sie keine Beziehung zu ihrem Geliebten haben kann) aber das lyrische ist nicht in der Lage dazu.
Weißt du vielleicht, was mit der Veknüpfung zwischen ,,augenwischerei" v.5 und ,,Tränen" v.8 gemeint ist?
Richtig - werd ruhig deutlicher: herablassend, kalt, auch aggressiv. Das kannst du alles in deine Interpretation hineinschreiben, aber vergiss nicht, diese Interpretation am Gedicht zu begründen.
Wenn ich in der Situation wäre und mir das gesagt würde, verstünde ich gar nicht, warum mir das gesagt wird, weil ich ja ganz anders darüber denke und fühle. Es ist schwer zu verstehen - ebenso wie das Gedicht durch die fehlenden Satzzeichen und die Zeilensprünge.
Zu den Satzzeichen:
- deine Satzzeichen: wenn unsre lippen augen haben(,) hör besser auf mich anzusehen & schmink dir diese blicke ab(,) die an mir kleben(,) bleiben werd ich nie(,) was soll die augenwischerei(,) uns bindet nur die haut & die hat sich genug erregt(,) lass mich dich trösten (,) kann ich nicht (,)zum weinen hab ich nur spucke übrig.
- und nun sieh dir diese Interpunktion an: wenn unsre lippen augen haben, hör // besser auf mich anzusehen & schmink // dir diese blicke ab, die an mir kleben, // bleiben werd ich nie, was soll die // augenwischerei, uns bindet nur die // haut & die hat sich genug erregt, lass // mich, dich trösten kann ich nicht, zum // weinen hab ich nur spucke übrig
Siehst du, dass das Ende eine ganz andere Bedeutung bekommt? Noch schärfer. Hier gibt es eine Doppeldeutigkeit; es ist Auslegungssache.
Doppeldeutig ist auch die Augenwischerei:
- Man wischt sich die Augen, wenn man weint. "Was soll die Augenwischerei?!" ist hier ein Affront. Jemand weint und der andere hat kein Verständnis dafür, es nervt ihn nur.
- "Augenwischerei" ist aber auch ein Ausdruck, der verwendet wird, wenn man sich selbst täuschen möchte und den Tatsachen nicht ins Auge sehen möchte. Hier würde sich das Paar (oder das Du) darüber hinwegtäuschen, dass es eben keine Liebe ist.
Die Augenwischerei und die Tränen haben also insofern miteinander zu tun, als dass sich jemand die Augen wischt, wenn er weint - hier das Du. Das Ich hat aber gerade keine Tränen, sondern nur Spucke übrig; es spuckt auf das, was das war.
Vielen Dank,
Ich soll jetzt noch das Gedicht ,,Der Blick" und das Gedicht ,,abtropfen" analysieren unter dem Gesichtspunkt des Augenmotivs. Kannst mir da einweig Denkanstöße geben?
Der Blick:
Schaust Du mich aus Deinen Augen Lächelnd wie aus Himmeln an, fühl ich wohl, dass keine Lippe Solche Sprache führen kann.
Könnte sieʼs auch wörtlich sagen was dem Herzen tief entquillt, still den Augen aufgetragen wird es süßer nur erfüllt.
Und ich seh des Himmels Quelle, die mir lang verschlossen war, wie sie bricht in reinster Helle aus dem reinsten Augenpaar.
Und ich öffne still im Herzen Alles, alles diesem Blick. Und den Abgrund meiner Schmerzen Füllt er strömend aus mit Glück.
Also ich verstehe das Gedicht so, dass bloß der Blick der Geliebten ausreicht, um ihre Gefühle zum Ausdruck zu bringen. Man braucht keine Wörter, denn allein der Blick reicht aus, um Gefühle sprechen zu lassen. Ich verstehe jedoch jetzt nicht wie das im Gedicht ,,abtropfen" ist. Wie lässt sich das Augenmotiv in den beiden Gedichten vergleichen?
In beiden Gedichten gibt es den Blick des Du und das Ich spürt ihn. Das ist gleich. Was unterschiedlich ist, ist, wie das Ich diese Blicke wahrnimmt. Was denkst du dazu?
kann man eigentlich von einem lyrischen du sprechen?
Würde meinen, dass wenn das Gedicht genau so ist, dass es mehrere Enjambement hat. Enjambement sind Zeilensprünge. Beispielsweise liest du einen Vers aber der Satz endet nicht direkt bei einem Vers, sondern du musst gleich den zweiten Vers mitlesen, um den ganzen Satz gelesen zu haben. Bei Zeilensprünge hast du theoretisch keine Pausen.
Genau, dass habe ich auch bemerkt..Danke für die Bestätigung
Wie fast jedes Gedicht im Unterricht. Er hat sich so gedacht ich schreib mal einen ganz normalen Text ohne Kommas, weil ich nicht weiß, wie man die setzt und dann guck ich was die da rein interpretieren.
Also das Gedicht wirkt für mich als würde das lyrische ich seiner ,,Geliebten" klar machen wollen, dass zwischen ihnen keine richtige Liebe ist sondern das es nur einen körpelichen Austausch zwischen den beiden gibt (v.5-7)
Zudem wirkt das Gedicht durch die fehlenden Satzzeichen sehr unübersichtlich und das Textverständnis wird erschwert, sodass man mehrmals den Vers lesen muss, um ihn zu verstehen.
Insgesamt wirkt das Gedicht eher so bisschen trübe und auch ein wenig düster, da keine schönen wörter verwendet werden?