Was für Musik ist bei einem römischen Theater?
Hallo, ich muss für die Schule einen Vortrag über das römische Theater halten und dann habe ich mit meinem Lehrer geredet und der meinte, ich solle etwas zur Musik, die bei den Fabula gespielt wurde, aufschreiben. Weiß zufällig jemand etwas darüber?
Dankeschön
1 Antwort
Du musst eine ohne Frage schwierige Aufgabe bewältigen. Denn von dem Umstand abgesehen, dass wir allgemein weder über Tonaufnahmen noch auf in Noten gesetzte Musik aus der Antike verfügen, sondern nur von Abbildungen einige Musikinstrumente kennen, so wissen wir speziell zur Theatermusik nur sehr wenig. Was dein Lehrer genau von dir wissen will, erschließt sich mir nicht. Es gibt natürlich heute experimentelle Musik, die auf dem Zusammenspiel verschiedener antiker (nachgebauter) Instrumente beruht, aber im Ergebnis eine wenig eingängige Melodie erzeugt - was nicht unbedingt an den Instrumenten liegt! Hier ein Beispiel:
https://www.youtube.com/watch?v=WJKkt-V7D0o
Ich stelle dir noch Auszüge aus der Fachliteratur ein, die sich mit Musik und Gesang im Rahmen des römischen Theaterwesens beschäftigen:
Blume, Horst-Dieter: Einführung in das antike Theaterwesen. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1978.
S. 118 f. (römische Republik)
Über den aktuellen Stand der Schauspielkunst können wir kaum
präzise Angaben machen, doch waren die Anforderungen, welche das
auf Unterhaltung versessene Publikum an die Schauspieler stellte,
mannigfaltiger Natur. So bildete eine athletische Körperbeherrschung
die Voraussetzung für das erforderliche Gestikulieren und Tanzen, vor
allem aber mußten sie über eine starke und wohlausgebildete Stimme
verfügen und immer auch Sänger sein. Die große Bedeutung der
Musik im römischen Drama bezeugen die erhaltenen Komödien. Reine
Dialogpartien (diverbia) waren nur die in jambischen Senaren abgefaßten
Szenen, die bei Plautus umfangmäßig nur ein gutes Drittel ausmachen
; alles übrige bezeichnen die Handschriften als Gesangstück
(canticum). Man unterscheidet heute zwischen Cantica im engeren
Sinne (d. h. Liedern in lyrischen Versmaßen) und Szenen in trochäischen,
jambischen oder anapästischen Langversen, die zur Flötenbegleitung
rezitiert wurden. In den attischen Komödien war das
tänzerisch-musikalische Element gegenüber dem gesprochenen Wort in
den Hintergrund getreten, die Römer haben also die Originale bewußt
verändert und aus streng logisch konzipierten Sprechstücken locker
gefügte operettenähnliche Singspiele gemacht. Wie Plautus dazu
kam, Dialoge durch Gesang zu ersetzen, und woher er die Anregung
für die polymetrische Buntheit seiner Lieder bezog, darüber herrscht
keine einhellige Meinung; möglicherweise lebt in ihnen italische Tradition
fort. Terenz verzichtete dann zwar auf die Cantica, doch auch
bei ihm spielt die Musik eine bedeutende Rolle. Die Didaskalien verzeichnen
regelmäßig den Namen seines Komponisten : Er hieß Flaccus
und war Sklave eines Claudius. Da ihm die Wahl zwischen Instrumenten
verschiedener Klangfarbe freistand, hat seine Musik gewiß den
Charakter der Stücke mitgeprägt. Ähnliches gilt für die republikanische
Tragödie, auch wenn uns hier die Texte fehlen. Cicero versichert,
daß Kenner schon aus den ersten Tönen einer Melodie heraushörten,
ob diese aus einer „Antiope“ oder „Andromache“ stammte.
S. 128 (Kaiserzeit)
Während also die alte Theatertradition im 1. Jh. n. Chr. bis auf
kümmerliche Rudimente erlosch, gewannen neue, quasidramatische
Formen szenischer Darstellung das Interesse des Publikums: der thematisch
mit der Tragödie verwandte Pantomimus, in welchem mythologische
Szenen allein durch stilisierten Bewegungsausdruck - ohne
Sprache und Gesang, jedoch mit solistischer oder orchestraler Musikbegleitung
- dargestellt wurden, sowie der improvisierende, also umgangssprachliche,
farcenhafte und oft obszöne Mimus.
Seidensticker, Bernd: Das antike Theater. München: C. H. Beck 2010.
S. 104-106 (römische Republik)
In den von Plautus und Terenz bearbeiteten griechischen Komödien
waren Musik und Tanz, wenn wir die erhaltenen Texte verallgemeinern
dürfen, weitgehend auf die musikalischen Intermezzi
in den Aktpausen beschränkt. In der römischen Komödie
spielten sie dagegen eine zentrale Rolle. Ein großer Teil der
Verse wurde von einem Tibiaspieler begleitet.
Gesprochen wurde nur der aus sechs iambischen Füßen bestehende
Senar, der bei Plautus weniger als 40 % aller Verse ausmacht.
Die iambischen und trochäischen Langverse wurden in
einer Art Sprechvers rezitiert (ca. 50 % ) , während die aus bunt
gemischten lyrischen Versen bestehenden Partien gesungen wurden.
In den vollständig erhaltenen Plautinischen Komödien gibt
es nicht weniger als 60 solcher Cantica ( Lieder), die sich allerdings
nicht gleichmäßig auf die 20 Stücke verteilen. Diese Arien
werden häufig von den Hauptfiguren gesungen; es gibt aber
auch Arien, die Nebenrollen einen besonderen Akzent verleihen.
Manche typische Rollen, wie Soldaten, Parasiten oder Köche,
singen nie. Die Plautinischen Stücke waren Singspiele, die
der Operette oder dem Musical ähnlicher waren als dem Sprechtheater.
Das Verhältnis von gesprochenen, rezitierten und gesungenen
Partien variiert von Stück zu Stück deutlich; das musikalische
Element bleibt aber immer stark. Der Wechsel zwischen
Szenen mit und Szenen ohne Musik strukturiert die Handlung;
oft ist er mit dem Auf- oder Abtritt von Personen verbunden;
oft betont er dramatisch oder emotional bedeutungsvolle Momente.
Bei Terenz ist der Anteil der gesprochenen Verse mit über
50 % deutlich höher als bei Plautus. Auf Cantica hat er fast völlig
verzichtet, dafür aber in den rezitierten Partien durch häufige
Vers-, d. h . Rhythmuswechsel, mit denen Plautus nicht arbeitet,
lebendige Duette und Terzette geschaffen.
In der griechischen Tragödie war zwar die Rolle des Chors
schon im 5. ]h. ständig zurückgegangen; der Rückgang war aber
durch Schauspielergesang kompensiert worden. Der
vollständige Verlust der republikanischen römischen Tragödie
macht es unmöglich, die Bedeutung der Musik genau zu bestimmen.
Immerhin erlauben Fragmente und eine Reihe von Titeln
den Schluß, daß auch die römischen Tragiker Chöre eingesetzt,
Arien und Duette geschrieben und, wie die Komödienschreiber,
Sprechpartien ihrer griechischen Vorlagen in von der Tibia begleitete
Rezitative umgesetzt haben. Ob die bezeugten Chöre,
die ja jetzt nicht mehr in der Orchestra, sondern auf der Bühne
agierten, noch so groß waren wie in der klassischen griechischen
Tragödie und ob sie trotz des eingeschränkten Raums
noch tanzten oder nur noch sangen, wissen wir nicht. In der
Plautinischen Komödie gibt es viele Szenen, in denen einzelne
oder auch mehrere Personen tanzen; das mag es auch in der
Tragödie gegeben haben.
Der Tibicen war so wichtig für die Aufführung, daß er in den
archivarischen Aufzeichnungen der Stücke gleich nach dem Ersten
Schauspieler vermerkt wurde. Ob er die rezitierenden oder
singenden Schauspieler an der Seite der Bühne stehend begleitete
oder ihnen auf der Bühne bei ihrem Spiel wie ein Schatten
folgte, wie man aus Bemerkungen bei Cicero (pro Murena 26),
Horaz (Ars Poetica 215) und Quintilian (7,1,51) geschlossen
hat, muß offenbleiben.
Die Musik ist nicht erhalten. Es ist denkbar, daß die Tibicines
die Begleitung der rezitierten Partien improvisierten. Hier ging
es in erster Linie darum, Rhythmus und Stimmhöhe zu stabilisieren
und den Inhalt zu akzentuieren. Die rhythmisch und musikalisch
komplexen Cantica wurden aber sicher komponiert,
wahrscheinlich von den Tibicines selbst.
S. 115-119 (römische Kaiserzeit)
Der Pantomime, der die verschiedenen Rollen der Geschichte
mit wechselnden Masken und Kostümen darstellte,
wurde von einem Chor (seltener von einem Einzelsänger), der
das Libretto sang, sowie von einem Orchester (seltener nur von
einem Tibiaspieler) begleitet, das aus ganz verschiedenen Instrumenten
bestand. Zu Tibia und einer Reihe von Schlaginstrumenten
(Trommeln, Becken und Kastagnetten) konnten auch
Saiteninstrumente und die von hellenistischen Wissenschaftlern
erfundene Orgel treten. Einer der Musiker trug einen speziellen
Schuh, an dessen Sohle eine hölzerne Klapper (scabellum ) befestigt
war, mit der er den Takt angab. Die Tänzer trugen ein bis
auf die Füße herabfallendes, reich verziertes Gewand aus kostbaren
Stoffen und Masken mit geschlossenem oder nur ganz
leicht geöffnetem Mund, die im Unterschied zu den expressiv
verzerrten tragischen Masken natürlich wirkten (…)
Neben der Tragoedia saltata (Pantomimus ) gab es noch weitere
Konkurrenten und Erben der Tragödie: die Kitharodie, bei der
ein Sänger, der sich selbst auf der Kithara, dem Konzert-Saiteninstrument
der Antike, tragische Arien vortrug, und die tragoedia
cantata (gesungene Tragödie), bei der ein Schauspieler (tragoedus)
im tragischen Kostüm und mit Maske und Requisiten -
in der Regel allein, aber auch mit der Unterstützung von weiteren
Schauspielern - tragische Szenen sang und spielte, die aus
klassischen Tragödien stammten oder auch neu für diese Art des
Vortrags geschrieben waren. Besonders beliebt waren Arien und
vertonte Botenberichte. Die in Griechenland seit langem populäre
Form der Unterhaltung wurde spätestens gegen Ende
der Republik von den Römern übernommen und erfreute sich in
der Kaiserzeit großer Popularität. Der berühmteste Vertreter der
Tragoedia cantata war kein anderer als Kaiser Nero, der erst privat
und dann auch öffentlich nicht nur als citharoedus, sondern
auch als tragoedus mit tragischen Arien und Szenen auftrat (…)
Der Mimus ist weit weniger klar bestimmt als die meisten
dramatischen Gattungen der Antike. Er besaß keine feste Form.
Sprechpartien verbanden sich mit schlagerartigen Liedern, Tänzen,
Instrumentalmusik, aber auch akrobatischen Einlagen zu
einem bunten Potpourri, das durch direkte Publikumsansprache
sowie politische Witze und direkte und indirekte Angriffe auf
Zeitgenossen kabarettartige Züge gewann.
MfG
Arnold
mir mal ein uni kollege gesagt - die hatten ja schon orgeln bei den spielen - das ist so ähnlich wie beim base ball gewesen. nur ging es dabei auf leben und tod
:)) evella
Ja, wahrscheinlich können wir uns das so ähnlich vorstellen. Menschen eben. 🙂
beste antwort! :)) evella