Was bedeutet "Hybris" im religiösen Sinne?

7 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Ich denke, Du hast das richtig verstanden. Es bedeutet, sich selbst anzumaßen, den Lebensplan beurteilen und verändern zu können, nach eigenem Gutdünken, statt sich in Demut in den Plan Gottes (oder der Götter) zu fügen, sich hinzugeben an einen höheren Willen. Hybris ist das Denken, mit dem ich mich selbst zum Herrn meines Schicksals aufwerfe, mich weigere, etwas als gegeben hinzunehmen. Es ist eine Form von Hochmut oder Stolz, der in den großen Religionen als negativ beurteilt wird. Von den Religionen her betrachtet ist es zu bevorzugen, das Leben und das Lebensende anzunehmen und mit dem eigenen Leben und Sterben sein gegebenes Schicksal resp. den Plan Gottes zu erfüllen, weil man nicht wissen kann, welchem Zweck auch das eigene Leiden und Sterben dienen kann. Im Christentum wird einem das Beispiel Jesu vor Augen gestellt, der weder vor dem Leiden floh noch sein Leiden durch irgendwelche Maßnahmen erleichterte oder verkürzte. Diesem Beispiel sollen Christen folgen. Die "Leidensdosis" und den Sterbezeitpunkt selbst zu bestimmen, bedeutet, sich über Gott und seine Entscheidungen zu stellen. Ich denke, das hast Du richtig erfaßt. Gruß, q.


Claire0711 
Beitragsersteller
 01.11.2012, 22:20

Danke, du hast mir sehr geholfen! :)

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Hybris bezeichnet eine Selbstüberhebung. Also hast du Recht mit deiner Vermutung, laut religiöser Sicht und im Zusammenhang mit der Antike gibt es folgende Erklärung:

Die Hybris (griechisch ὕβρις „Übermut, Anmaßung“) bezeichnet eine Selbstüberhebung, die unter Berufung auf einen gerechten göttlichen Zorn, die Nemesis, gerächt wird. Die Hybris ist der Auslöser des Falls vieler Hauptfiguren in griechischen Tragödien. Die Hauptfigur ignoriert in ihrer Überheblichkeit Befehle und Gesetze der Götter, was unvermeidlich zu ihrem Fall und Tod führt.

Ich bin weder getauft noch anderweitig religiös, aber ich habe das jetzt so verstanden, dass Hybris so heißt, sich quasi über Gott zu stellen.

Ja, das kann Mensch so sagen. Hybris bedeutet Überheblichkeit, und im religiösen Sinn meist eine Überheblichkeit gegenüber Gott.

Also dass man in das von Gott vorgegebene Schicksal eingreift, weil man sich quasi "über ihn" stellt und den Sterbezeitpunkt selbst festlegt.

In dem Zusammenhang: so war das in den Quellen, wo du was von Hybris gelesen hast, vermutlich gemeint.

Aber natürlich gibt es auch andere Formen der Hybris. Wenn etwa jemand meint, dass die Wissenschaft gezeigt habe, dass es Gott wahrscheinlich nicht gibt, dann ist das Hybris, weil er Wissenschaft Dinge zuschreibt (genauer: Aussagen über die Existenz Gottes), die sie nicht leisten kann.

Denn Hybris gibt es auch in nicht-religiösen Kontext. Wenn z.B. heute Flüsse "renaturiert" werden, dann zeigt das, dass der Gedanke früherer Generationen, die Schöpfung zu verbessern, Hybris war. Und das lässt sich auch ohne Gottesbezug formulieren (indem von Natur statt von Schöpfung geredet wird).

Der antike, nichtchristliche Ursprung des Hybris-Begriffs ist z.B. bei Wiki nachzulesen ...


Claire0711 
Beitragsersteller
 01.11.2012, 22:21

ok danke ;)

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Siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Hybris

Es ist tatsächlich eigentlich Selbstüberschätzung. Die Überschätzung, selbst -an Stelle Gottes- entscheiden zu können, ob etwas "gut" ist oder sich über moralische Grenzen tätlich hinweg zu setzen.

Aus religiöser Sicht mag es aus menschlicher Hybris entspringen, wenn man den Todeszeitpunkt selbst festlegt. Der Gipfel der Hybris scheint mir aber eher zu sein, wenn man behauptet, man wisse, was Gott genau ist, und was er will. Was alle Religionen tun.

Das Pseudoargument ist lediglich der Versuch wieder ein bisschen an der menschlichen Freiheit herumzuschnippeln, so wie es Tradition bei allen Religionen ist. So weit wie deren Vertreter sich aber aus dem Fenster hinauslehnen, ist das Argument Hybris einfach nur noch lächerlich.


Claire0711 
Beitragsersteller
 30.10.2012, 21:42

Ja, ich wollte hier ja auch nur wissen ob meine Verständnis von dem Wort "Hybris" passt... im Bezug zum Thema Sterbehilfe...

Ich denke, was man nun von Religionen an sich hält ist jedermanns eigene Entscheidung... Genauso wie woran man glauben möchte und woran nicht...

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