Was bedeutet es wenn man sagt jemand ist "nationaler Gesinnung"?

11 Antworten

Nationale Gesinnung ist ungleich der nationalsozialistischen Gesinnung. National Gesinnte Menschen sind schon eher rechts anzuordnen und auch da gibt es verschiedene Grade, wie stark nation gesinnt jemand ist.
Zur Zeit des Imperialismus und auch danach sind die Deutschen national gesinnt, aber die Wurzeln dessen findest du in der Zeit vor der Deutschen Revolution in dem Wunsch nach einem geeinten Vaterland wieder. Die Menschen wollten zwar vereint sein und waren entschlossen dafür zu kämpfen (vor allem gegen die alte Herrschaftselite) doch sie hatten weniger "Gaskammern", "Volksgemeinschaft" und die "nordisch-arische Herrschaftsrasse" im Sinn.

Leider wird die vielfältige Geschichte Deutschlands auch heute noch auf den Nationalsozialismus reduziert. Eigentlich haben wir eine Geschichte, auf die man stolz sein kann, zumindest bis ca. 1890 meiner Meinung nach. Es ist nichts Schlimmes National gesinnt zu sein. Stolz aufs eigene Land ist in Ordnung, soweit dies nicht zu radikal wird und Fremdenhass u.ä. ist leider die Folge von einer Radikalisierung. Nationalsozialismus ist eine komplett andere Ideologie als Nationalismus.
Ein anderer Beantworter meinte ,,der Horizont ist beschränkt und endet an der Staatsgrenze". Damit liegt er meiner Meinung nach sehr richtig, aber der wesentliche Unterschied liegt doch an der Staatsgrenze. Hitlers oder nationalsozialistische Bestrebungen werden nur von der Atmosphäre begrenzt, meist sind sie größenwahnsinnig und verachtend gegenüber anderen Kulturen. National Gesinnte Menschen rücken vermutlich nicht aus, um andere Kulturen außerhalb der Staatsgrenzen zu zerstören, sie akzeptieren sie möglicherweise nur innerhalb ihres Landes nicht.

Es hat auf jeden Fall einen rechts-artigen touch!

Würde diese Umschreibung meiden, wenn Du damit nichts zu tun haben willst, oder das zum Ausdruck bringen willst.

Vielleicht besser: "gemässigter Patriotismus" oder "traditionell-konservative Werte" oder "interessiert an der regionalen Kultur des Heimatlandes"

oder "identifiziert sich mit landesspezifischen kulturellen Werten des Heimatlandes"

Also, würde immer auf die Kultur anspielen, und nicht auf Politik. "Gesinnung" bezieht sich nämlich auf Politik.

1. Zunächst einmal muss festgehalten werden, dass "national" heute ein sehr umstrittener Kampfbegriff ist. Das hat natürlich historische Hintergründe, weil am Ende des 19. Jahrhunderts besonders die deutsche "Nation", d.h. die öffentliche Meinung und die sogenannte Elite (Parteien, Verbände, Regierung) immer mehr außer Rand und Band gerieten ("Am deutschen Wesen soll die Welt genesen"), was dann zum Ersten Weltkrieg und schließlich sogar zu Hitler führte. Übrigens war der ein Österreicher, der das "Glück" hatte, dass nebenan mit Deutschland ein großer Staat war, mit dem man die Weltherrschaft anstreben konnte - für die meisten Deutschen und große Teile der Welt war das dann ein fürchterliches Unglück, besonders die in Europa lebenden Juden.

2. Leider wird bei aller berechtigten Kritik am "Nationalen" vergessen, dass es sich hier auch um ein Gemeinschaftsgefühl handelt, ohne das soziales Leben nicht gut funktioniert. Es geht um gemeinsame Identität, wie sie jeder Fußballanhänger kennt. Natürlich gibt es Hooligans - aber bedeutet das, dass man sich nicht für eine gemeinsame Sache begeistern kann oder gar sollte?

3. Wie wichtig ein Gemeinschaftsgefühl in einem Staat ist, zeigen die USA, wo zwar alle Amerikaner stolz ihre Fahne schwenken, in der Volksvertretung (Kongress) aber in der letzten Zeit manchmal wenig Gemeinschaftsgefühl herrscht - man denke an das Problem der Finanzen, wo man bis an die Grenze der Zahlungsfähigkeit ging. Hier wäre es schon gut, wenn alle Kongressmitglieder mehr an die Gemeinsamkeiten denken würden als an ihre persönlichen Interessen.

4. Andererseits zeigt das Beispiel Spanien, wie sehr Menschen auch unterhalb der Staatsebene (Basken, Katalanen) eine eigene Identität wollen, zumindest Autonomie. Man denke auch an die Schotten.

5. Wir Deutschen müssen uns nach wie vor kritisch mit unserer "nationalen" Vergangenheit beschäftigen, das heißt aber nicht, dass man sie nicht auch (!!!) positiv sehen kann, vor allem, wenn es nicht (!!!) zur Ausgrenzung anderer Menschen führt. Nur: Wie sieht es denn mit dem Gemeinschaftsgefühl in diesem Land aus. Manche Politiker sehen immer noch im deutschen Volk eine Gefahr für Europa (wer 1945 geboren wurde, ist jetzt 70 Jahre alt, hat also wohl kaum an den Verbrechen der NS-Deutschen teilgenommen!) - und um die Menschen, die neu nach Deutschland kommen, kümmern sich Staat und Gesellschaft kaum, was die Herstellung wirklicher Gemeinschaft angeht.

Interessant und zugleich erschreckend ist ein aktueller Film des ZDF:

http://webapp.zdf.de/beitrag?aID=2480124&title=Ein-Staat---zwei-Welten%253F?bc=svp;sv1&ipad=true

Fazit: Man kann und sollte vielleicht sogar auf den Begriff des "Nationalen" verzichten, weil er historisch und politisch belastet ist. Auf die Sache einer echten Ziele- und Wertegemeinschaft kann aber kein Land verzichten. Die Menschen, die jetzt mit Zügen aus Ungarn kommen und begeistert "Germany" rufen, sollten das auch noch im nächsten und in den kommenden Jahren tun, weil sie hier wirklich "angekommen" sind und mit den schon hier lebenden Deutschen dieses Land positiv weiterentwickeln wollen. Sonst gerät alles in Gefahr, weshalb sie gerne hier hergekommen sind.

In der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts wurden Leute mit nationaler Gesinnung verfolgt, da diese gegen das feudalistische alte Regime waren (Nachtwächterstaat). Es mussten einige Leute in ein Exil fliehen, wie Heinrich Heine, die Gebrüder Grimm, Richard Wagner, Gottfried Semper. Heute würde man sagen, das waren Demokraten oder Liberale. Mit der Rivalisierung der europäischen Länder entwickelte sich die demokratisch nationale Gesinnung zum säbelrasselnden Nationalismus und damit zu Fanatismus, Gewalt und Kriege. Die alte nationale Gesinnung kam von einer gebildeten Schicht aus dem Volk, der Nationalismus wurde von oben von der Regierung verordnet.

Deutschnationale Gesinnung gabs vor 150 Jahren, als sich (verfolgte) Demokraten und Liberale aus dem Bürgertum für Menschen- und Bürgerrechte, konstitutionelle Monarchie mit parlamentarische Regierung, Pressefreiheit, Religionsfreiheit, Verfassung, Volksbewaffnung, Bauernbefreiung, staatsbürgerlichen Gleichheit und die Ministerverantwortlichkeit, allgemeines Wahlrecht......einsetzte. Jetzt ist das Wort Nationale Gesinnung auf einen Stammtisch-Slogan reduziert.