Warum wirkt keine Zentrifugalkraft auf die ISS?

9 Antworten

Ergänzung zu iks 72 (dem das wohl klar ist, bei einigen anderen Atworten wohl nicht) Es kommt auf das

Bezugssystem an!

Zentrifugalkraft ist eine Scheinkraft, die nur in beschleunigten Bezugssystemen (also innerhalb der Raumstation) auftritt. Dort kompensiert sie die Schwerkraft in entgegengesetzte Richtung. Die Astronauten fühlen sich "schwerelos", was sie beileibe nicht sind, sie werden von der Erde angezogen. In einem Innertialsystem (Betrachter von außen, keine Beschleunigung des Systems) beobachtet man eine Kreisbahn. Für eine Kreisbahn braucht man immer eine Zentripetalkraft. (Beim Hammerwerfen z.B. wir die über den Arm beim Schleudern ausgeübt) Bei Sateliten wirkt die Schwerkraft als Zentripetalkraft.

Bezugssystem Erde:

Hier wirkt nur eine Kraft, nämlich die Gravitationskraft der Erde auf die ISS, sie führt dazu, dass die ISS ständig ihre Geschwindigkeit ändert (die Richtung) und die horizontale Geschwindigkeit ist so eingestellt, dass die Gravitationskraft die Kreisbedingung omega^2 * r erfüllt. Eine Zentrifugalkraft gibt es hier nicht.

Bezugssystem ISS

Im eigenen Bezugssystem ruht die ISS natürlich, daher muss die Summe der angreifenden Kräfte stets 0 sein. Zusätzlich zur Gravitation wirkt hier eine zweite Kraft, die Zentrifugalkraft, die immer exakt gleich groß, aber umgekehrt orientiert wie die Gravitationskraft in diesem Fall ist. Dies ist automatisch so und wird nicht, wie manche hier schreiben, "eingestellt" Da die Zentrifugalkraft genau wie die Gravitationskraft eine VOlumenkraft, also durch ein Feld induziert ist, und beide sich ausgleichen, ist die Summe, das sogenannte lokale Gravitationsfeld, im Inneren der ISS, 0, man ist also schwerelos.

Warum sollte auf die ISS keine Zentrifugalkraft wirken? Ohne Zentrifugalkraft würde der Satellit ja aufgrund der Gravitation senkrecht auf den Boden fallen! Satelliten schweben im Gleichgewicht von Gravitations- und Zentrifugalkraft.


Franz1957  10.05.2015, 02:42

Satelliten schweben im Gleichgewicht von Gravitations- und Zentrifugalkraft.

Wenn das wirklich so ist, dann sind Satelliten kräftefrei. Das erste newtonsche Gesetz sagt, daß sie dann aber auf keiner Umlaufbahn kreisen, sondern auf schnurgerader Bahn davonfliegen. 

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dompfeifer  10.05.2015, 12:11
@Franz1957

Hallo Franz 1957!

„Ein Körper verharrt im Zustand der Ruhe oder der gleichförmigen Translation, sofern er nicht durch einwirkende Kräfte zur Änderung seines Zustands gezwungen wird.“

Und von dieser gleichförmigen Translation wird der Satellit eben abgelenkt durch das Gravitationsfeld der Erde. Er fällt eben in einer Wurfparabel (Ohne Massenträgheit würde er senkrecht fallen) zur Erde oder bei entsprechender Geschwindigkeit und somit hinreichender Fliehkraft "um die Erde herum".

Der Satellit befindet sich im freien Fall und ist in der Hinsicht kräftefrei, dass zwischen seinen Massepunkten keine Kräfte wirken. Es drückt sozusagen nichts auf ihn.

Ganz im Gegensatz dazu wirkt angesichts meines Übergewichtes eine Kraft zwischen meiner gepressten Gesäßmuskulatur und meinem Sessel, was mittlerweile zu schmerzhaften Muskelverspannungen führt mangels freiem Fall und mich zum sportlichen Weglaufen zwingt. Also bis später!

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Franz1957  10.05.2015, 02:07

Ohne Zentrifugalkraft würde der Satellit ja aufgrund der Gravitation senkrecht auf den Boden fallen!

Wieso denn? Bei dem berühmten waagerechten und schrägen Wurf, den alle Schüler durchrechnen, fällt das geworfene Ding ja auch nicht senkrecht herunter, sondern legt, bis es unten ist, erst mal eine waagerechte Distanz zurück. Wirf den Gegenstand schnell genug, und er fällt um die Erde herum. Siehe: Newtons Kanonenkugel. http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Newton_Cannon.svg

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dompfeifer  10.05.2015, 11:52
@Franz1957

Hallo Franz 1957

Die Zentrifugalkraft wirkt bei gekrümmten Flugbahnen entgegen dem jeweiligen Kreismittelpunkt als Trägheitskraft. Das lässt sich auch beim waagrecht (tangential) abgeworfenen Körper im Erdgravitationsfeld beobachten: Die Wurfparabel kannst Du nach Belieben verlängern bis zur Erdumlaufbahn. Dann erreicht der Körper nicht mehr den Erdboden, weil ihn die Fliehkraft nach außen schleudert wie ein Auto in der engen Kurve.

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Die Konzepte von "Zentripetal- und Zentrifugalkräften" werden leider oft in nicht adäquater Weise besprochen.

Der dabei wesentliche Gesichtspunkt, dass es bei solchen Unterscheidungen ganz wesentlich auf den Bewegungszustand des Bezugssystems ankommt, wird leider meist verschwiegen oder nicht klar angesprochen. Daraus ergeben sich sehr viele Missverständnisse.

Natürlich wirkt die Zentrifugalkraft und sie kompensiert die Gravitationskraft der Erde in dieser Höhe. Die Einstellung erfolgt automatisch, denn wenn die Geschwindigkeit der ISS erhöht wird, dann steigt sie auf eine höhere Bahn. Wird die Geschwindigkeit auf 7,8 km/s erhöht, dann verlässt sie das Erdgravitationsfeld. Diese Geschwindigkeit nennt man die Fluchtgeschwindigkeit und jeder Körper, der die Erde verlässt muss diese Mindestgeschwindigkeit besitzen.