Warum verzichtete Friedrich Wilhelm IV. auf die Kaiserkrone? (Deutschland)

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König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen hat zunächst am 2. April 1849 ausweichend geantwortete, als er die Kaiserdeputation (Abgeordnete der Frankfurter Nationalversammlung) im Berliner Schloss empfing und sie ihm die Kaiserkrone anbot. Nach der verklausulierten Ablehnung wies Friedrich Wilhelm am 28. April 1849 endgültig die Kaiserwürde zurück.

Gründe:

  • Ablehnung und Verachtung des demokratischen Prinzips der Volkssouveränität: Friedrich Wilhelm IV. hielt am Gottesgnadentum der Herrscher fest und hatte außerdem die Auffassung, nur die Fürsten und die Regierungen der Freien Städte könnten die Kaiserkrone vergeben und seien dazu berechtigt, nicht das Volk oder eine Volksvertretung (Parlament)

  • Abneigung gegen die Revolution

  • Vermeiden einer Trennung von anderen Fürsten (die Macht der Fürsten war inzwischen wieder angestiegen und er wollte lieber die Liberalen scheitern lassen und von ihnen keine Aufträge annehmen)

Offiziell erklärte er zunächst, er könne die Kaiserkrone nicht ohne das Einverständnis der Fürsten und Freien Städte Deutschlands annehmen.

In nichtöffentlichen Äußerungen drückte sich Friedrich Wilhelm IV. schärfer aus, er sei sich zu gut, um eine aus Dreck und Letten (Lehm) geknetete Krone anzunehmen, die ihn zum Knecht eines Prinzips, einer Nationalversammlung mache. Sie verdiene nur Ekel und Abscheu. Gegenüber dem Großherzog Ludwig III. von Hessen-Darmstadt bezeichnete er eine von der Nationalversammlung verliehene Kaiserkrone als Schweinekrone.

In einem Brief vom 23. Dezember 1848 an Joseph von Radowitz (preußischer General und Abgeordneter der Nationalversammlung) bezeichnete Friedrich Wilhelms IV. eine solche Kaiserkrone mit verächtlichen Ausdrücken: „Jeder deutsche Edelmann, der ein Kreuz oder einen Strich im Wappen führt, ist hundertmal zu gut dazu, um solch ein Diadem! aus Dreck und Letten der Revolution, des Treubruchs und des Hochverrats geschmiedet, anzunehmen. Die alte, legitime, seit 1806 ruhende Krone deutscher Nation, das Diadem von Gottes Gnaden, das den, der es trägt, zur höchsten Obrigkeit Deutschlands macht, der man Gehorsam schuldet um des Gewissens willen, das kann man annehmen, wenn man in sich die Kraft dazu fühlt und die angeborenen Pflichten es zulassen. Die Krone aber vergibt keiner als Kaiser Franz Joseph, ich und unseresgleichen und wehe dem! der es ohne uns versucht und wehe dem! der sie annimmt, wenn ihr Preis der Verlust eines Drittels von Deutschland und der edelsten Stämme unseres deutschen Volkes ist. Gott helf uns! Amen.“

In einem Brief vom 13. 12, 1848 an Christian Carl Josias Freiherr von Bunsen (preußischer Gesandter in London) nannte Friedrich Wilhelm IV. als Gründe der Ablehnung einer von der Nationalversammlung stammenden Kaiserkrone: „Die Krone, welche die Ottonen, die Hohenstaufen, die Habsburger getragen, kann natürlich ein Hohenzoller tragen; sie ehrt ihn überschwänglich mit tausendjährigem Glanze. Die aber, die Sie – leider meinen, verunehrt überschwänglich mit ihrem Ludergeruch der Revolution von 1848, der albernsten, dümmsten, schlechtesten -, wenn auch, Gottlob, nicht bösesten dieses Jahrhunderts. Einen solchen imaginären Reif, aus Dreck und Letten gebacken, soll ein legitimer König von Gottes Gnaden und nun gar der König von Preußen sich geben lassen, der den Segen hat, wenn auch nicht die älteste, doch die edelste Krone, die Niemand gestohlen worden ist, zu tragen? […]. Ich sage es Ihnen rund heraus: Soll die tausendjährige Krone deutscher Nation, die 42 Jahre geruht hat, wieder einmal vergeben werden, so bin ich es und meines Gleichen, die sie vergeben werden. Und wehe dem, der sich anmaßt, was ihm nicht zukommt!“

An König Ernst August I. von Hannover schrieb er im April 1849. „Man nähme nur das an und schlüge nur das aus, was angeboten werden könne. Die Paulskirche aber habe keine Krone anzubieten und ich folglich keine auszuschlagen und anzunehmen. Diese sogenannte Krone sei aber an sich keine Krone, wohl aber ein Hundehalsband, mit dem man mich an die Revolution von 48 ketten wolle.“

Bücher informieren über die geschichtlichen Hintergründe und erklären die Ablehnung der Kaiserkrone 1849, z. B.:

Wolfram Siemann, Die deutsche Revolution von 1848/49. 1. Auflage. Frankfurt am Main : Suhrkamp, 1985 (Edition Suhrkamp : 1266 = N.[eue F.[olge] Band 266; Neue Historische Bibliothek). ISBN 3-518-11266-X


MajasWilli  14.01.2011, 22:36

@türkiiyee: Das ist eine hervorragende Antwort, bei der sich Albrecht richtig viel Mühe gegeben hat. Hier solltest du weder mit Daumen noch mit Sternchen sparen.

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Turkiiyee 
Beitragsersteller
 24.01.2011, 17:44
@MajasWilli

jaa vielen dank für deine mühe . ich hab's aber leider erst neu gesehen sorry :)

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