Warum sind Übergangsformen ein entscheidender Hinweis für einen Artwandel?

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Hallo Chapou, 

Für das Verständnis ist es wichtig, zu wissen was Biologen wirklich mit der "Übergangsform" meinen. Gemeint sind nämlich nicht "halbfertige Umformungen". So stellen es Leugner der Evolution mitunter dar, das ist jedoch nicht damit gemeint und wird von der Evolutionstheorie auch nicht vorhergesagt.... 

So ist es richtig:

Innerhalb einer Spezies gibt es immer sehr viele Individuen und diese unterscheiden sich auch immer in der Ausprägung ihrer Merkmale. Merkmale, die ihren Trägern Vorteile verschaffen, werden öfter vererbt als solche, die weniger praktisch sind. Auf diese Weise häufen sich in vielen Generationenenzyklen Merkmale an, die für ihre Träger Vorteile bedeuten, andere werden seltener und verschwinden aus dem Genpool. 

Das heißt also, dass Evolution langsam über die Bühne geht. Es gibt auch nicht "das erste" Tier einer neuen Spezies, sondern alle Tiere einer - oft von anderen Vertretern derselben Art isolierten - Population entwickeln sich unter dem Druck ihrer speziellen Umgebung in die eine oder andere Richtung. 

Betrachtet man dieselbe Population viele, viele Generationen später wieder, dann wird man vielleicht feststellen, dass sich die Veränderungen derart aufaddiert haben, dass wir von einer neuen Spezies sprechen müssen.

Die Evolutionstheorie sagt also, dass der Prozess, in dem neue Arten entstehen, einer ist, der sich in winzigsten Schritten vollzieht. Entsprechend ist es eine Vorhersage der ET, dass man zwischen bereits bekannten fossilen Funden weitere würde finden können, die in den Merkmalausprägungen zwischen den bereits bekannten Punkten in den Stammbäumen liegen. 

Ganz besonders müsse man Tiere finden, die Merkmale zweier, später in der Entwicklungsgeschichte getrennter Äste im Stammbaum tragen und die somit die gemeinsame Abstammung beider Äste belegen.

In der Biologie verstehen wir unter einer Übergangsform also keineswegs ein Tier, das exakt an einem mysteriösen Trennpunkt zweier Äste im Stammbaum liegt, sondern ein Tier, das Merkmale beider Äste in sich vereinigt. 

Das ist ein ganz wesentlicher Unterschied im Verständnis dieses Begriffes. Es kommt in der biologischen Definition in keiner Weise darauf an, ob ein Tier wie der Archeopteryx - der so ein Beispiel für eine Übergangsform ist - noch ein Dinosaurier oder schon ein Vogel ist - auf welchem Ast er also nun genau liegt. Er ist so oder so ein Fossil, das diese Vorhersage der Evolutionstheorie erfüllt (und das erst 2 Jahre nach dem Erscheinen von Darwins Lehre erstmals beschrieben wurde).

Zu Darwins Lebzeiten waren im Vergleich zu heute tatsächlich sehr, sehr viel weniger Fossilien bekannt und die Forderung, man müsse auch derartige Mosaikformen finden, war entsprechend wichtig. 

Falsch ist aber, dass das Finden solcher Mosaikformen "der entscheidende" Hinweis auf die Evolution ist. Einzelne Mischformen könnten gar nichts belegen, würden sich nicht sämtliche(!) fossilen Funde nahtlos in die Stammbäume einfügen. 

In der Biologie sprechen wir hier vom "Fossilienmuster": ältere Merkmale und Spezies finden sich durchwegs (bis oder nur) in älteren Gesteinen. Daneben haben wir weitere Befunde aus dem Labor, aus der Genetik, aus der Geologie und der Astronomie, die sich wie ein Puzzle aus zahlreichen Einzeldaten im Bild der Evolution zu einem stimmigen Gesamtbild zusammenfügen. In diesem Gesamtbild sind Übergangsformen ein erwarteter und eingetroffener Bestandteil, aber keineswegs der einzige oder der entscheidende.

Grüße


Ein Wolf gebärt auch nicht einfach so einen Bernhadiner.

Veränderungen müssen immer Schritt für Schritt vorangehen.