Warum sind manche jüdische Familien nach dem Fall des Dritten Reichs in Deutschland geblieben?
Ich hab mich gefragt, warum einige jüdische Familien nach 1945 in Deutschland geblieben sind, obwohl sie so viel durchgemacht haben. Viele haben ja ihre Existenz verloren und standen vor der Wahl, auszuwandern oder zu bleiben. Trotzdem sind manche geblieben, und das interessiert mich. War es wegen familiärer Bindungen, wirtschaftlichen Gründen oder fehlender Alternativen? Vielleicht auch die Hoffnung, dass sich das Land verändert und besser wird?
Und wenn du jüdisch bist, weißt du, warum deine Familie in Deutschland geblieben ist?
2 Antworten
Ein wesentlicher Grund für das Bleiben mag in den tief verwurzelten familiären Bindungen gelegen haben. Deutschland war für viele Juden die Heimat ihrer Vorfahren, der Ort, an dem sie aufgewachsen waren und wo sich ihr Leben abgespielt hatte, so auch das meiner Familie. Trotz der schrecklichen Erfahrungen war es für manche unvorstellbar, sich von diesem Teil ihrer Identität vollständig zu trennen. Die Hoffnung, die zerstörten Leben wieder aufzubauen und die Familientraditionen fortzuführen, mag ein starker Antrieb gewesen sein. Auch wirtschaftliche Aspekte spielten eine Rolle. Viele Überlebende hatten durch die NS-Verfolgung ihr Vermögen verloren und standen vor dem Nichts. Ein Neuanfang in einem fremden Land bedeutete oft, wieder ganz von vorne beginnen zu müssen. In Deutschland hingegen gab es vielleicht noch Besitztümer oder Kontakte, die eine gewisse wirtschaftliche Grundlage boten. Darüber hinaus waren die Möglichkeiten zur Auswanderung oft eingeschränkt. Visaerfordernisse, fehlende finanzielle Mittel oder politische Restriktionen erschwerten eine Emigration.
Ein weiterer wichtiger Faktor war die Hoffnung auf eine Veränderung Deutschlands. Viele Überlebende setzten darauf, dass das Land aus den Gräueltaten lernen und sich zu einem Ort der Toleranz und Demokratie entwickeln würde. Sie wollten aktiv an diesem Wandel mitwirken und dazu beitragen, dass sich solche Verbrechen nie wiederholen. Die Hoffnung auf Wiedergutmachung, auf Entschädigung für das erlittene Unrecht, mag ebenfalls eine Rolle gespielt haben.
Es ist wichtig zu betonen, dass die Entscheidung, zu bleiben oder zu gehen, stets eine höchst individuelle war. Sie hing von einer Vielzahl von Faktoren ab, wie Alter, Bildung, sozialem Umfeld, persönlichen Erfahrungen und Zukunftsperspektiven. Es gab keine einheitliche Antwort, sondern eine Vielzahl von individuellen Lebensgeschichten.
LG aus Tel Aviv
Wenn du hier nichts hast und dort nichts hast, kannst du gleich da bleiben wo du dich wenigstens auskennst. Wir brauchen auch nicht so zu tun als wäre auswandern einfach mal mit Fingerschnippen möglich (Allein die sprachliche Komponente, finanzielle Möglichkeit, Aufenthaltserlaubnis etc.)