Warum korreliert der Käsekonsum pro Kopf mit den Todesfällen durch Verheddern im Bettlaken?

ProximaMe  15.05.2020, 00:05

Aus Interesse, was recherchierst du, damit du auf sowas stößt?

Knochendochen13 
Beitragsersteller
 15.05.2020, 00:05

Ich bin zufällig darauf gestoßen.

8 Antworten

Zunächst mal hat es die Tagesschau, auf deren Veröffentlichung sich die Frage bezieht https://www.facebook.com/tagesschau/photos/je-mehr-k%C3%A4se-menschen-pro-kopf-zu-sich-nehmen-desto-mehr-von-ihnen-sterben-indem/10155407710409407/ verschwiegen, auf welches Land sich die Statistik bezieht (oder gleich auf ganz Europa? die ganze Welt?) und woher sie stammt. Verlinkt wurde die Quelle dementsprechend natürlich auch nicht (was für die deutsche Presse leider typisch ist). Verdächtig ist die Angabe "Pfund" statt kg und die hohe Anzahl der Todesfälle, die nicht so recht zur deutschen Einwohnerzahl passt. Außerdem gibt es in den deutschen Todesfallstatistiken eine entsprechende Rubrik "Tod durch Bettlaken" nicht, obwohl es sogar für seltenere Todesarten eigene Rubriken gibt.

Wie sich dann recherchieren lässt, es ist eine zuerst in den USA in Umlauf gebrachte Statistik https://tylervigen.com/view_correlation?id=7

Wie man durch "tangling" in den Bettlaken zu Tode kommen soll und wieso das gleich hundertfach geschieht, bleibt erstmal ein Rätsel. Die Daten dazu stammen laut Quelle von der US-Behörde CDC (Centers for Disease Control and Prevention). Weitere Recherchen legen die traurige Tatsache nahe, dass sich die Zahlen auf Säuglinge beziehen, die im Bett erstickten https://medium.com/@thomaseiden/things-more-dangerous-than-nuclear-power-bed-sheets-886bc49c892 Nicht mehr so lustig, liebe Tagesschau.

Mit Käsekonsum hat das sicher nichts zu tun, es ist allem Anschein nach eine Zufallskorrelation auf Ebene des Gesamtstaates USA. Auf der Webseite, von der das ursprünglich stammt, gibt es noch mehr solche Zufallskorrelationen http://tylervigen.com/spurious-correlations

Woher ich das weiß:Recherche

Von Mathematik und Statistik habe ich keine Ahnung. Ich setze einfach mal voraus, dass es tatsächlich so ist.

Wo wird besonders viel Käse verzehrt? Meine Behauptung: Auf Partys! Was kennzeichnet Partys? Meine Behauptung: Ein exzessiver Alkoholkonsum. Es gibt zahlreiche Partys, also auch einen hohen Käse- und Alkoholverbrauch. Oder man geniest seinen Käse grundsätzlich vielleicht eher mit einem guten Glas Wein als mit Wasser. (Käsekenner = Weinkenner) (Obwohl der Weinkenner vermutlich eher nicht bis zum Anschlag trinkt.)

Im Vollrauch kann man sich wohl eher im Bettlaken verheddern.

Jedenfalls, wenn ich das für bare Münze nehmen soll, es hat etwas mit Alkohol zu tun.

Definiere: Korrelation!

Es gibt beliebige Ereignisreihen, die zumindest eine zeitlich beschränkte Übereinstimmung aufweisen. Mein Lieblingsbeispiel ist eine Labormessreihe zu aushärtenden Material (was nicht so ganz wie vorhergesagt aushärtete) und die Sonnenfleckenaktivität. Der auswertende Doktorand hat einfach solange nach einer möglichst skurrilen Übereinstimmung gesucht, bis ihm ein Lacher beim Vortrag des (mißglückten) Experiments sicher war.

Merke: Gleichzeitiges Auftreten zeigt keinen Wirkzusammenhang auf!

Ein Wirkzusammenhang muss immer erst abgeleitet und gezeigt werden und kann dann zusätzlich durch eine Korrelationsuntersuchung gestützt werden. Bitte nicht anders herum!!

Vermeide: Selektive Wahrnehmung!

Eine Bekannte hat immer dann vom Tot in der weiteren Bekannt- und Verwandtschaft erfahren, wenn vorher eine Uhr stehen geblieben ist. (Das war im letzten Jahrhundert und noch analoge Uhren.) Ergo meinte sie, wenn eine Uhr stehen bleibt, stirb auch jemensch. Ich bat sie, jedesmal wenn eine Uhr stehen geblieben ist, den Toten ausfindig zu machen und nicht nach einer Todesmeldung nach einer stehen gebliebenen Uhr zu suchen. Tatsächlich löste sich dadurch sehr schnell der vermeintliche Zusammenhang auf – so viele Tote gab es nun auch wieder nicht ...

Anderes Beispiel: Diese unpünktliche Bahn! Schätze einmal über alle Züge, wie pünktlich Personenzüge (also höchsten 6 Min. nach Plan) sind? 80% oder doch nur 50%? Nun, es sind weit über 90%, s. beim Statistisches Bundesamt! Wenn der Zug pünktlich ist, freuen wir uns übers Ankommen oder den Besuch oder sind schon in unserem Tagesplan verschwunden. Das merken wir uns nicht. Aber wenn wir ungeduldig auf unseren Termin zustreben oder der Gast immer noch nicht am Bahnsteig ist, das prägt sich ein! (Nichtsdestoweniger sollte die Bahn noch pünktlicher sein ...)

Merke: Die Art und Weise der Erhebung von Daten bestimmt, welche Ereignisreihen Du erhältst!

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung

TomRichter  11.06.2020, 23:35

> Nun, es sind weit über 90%,

Wann denn? Die Überschrift sagt "bis April 2019", der Text sagt "im April 2020", sowas nenne ich eine vertrauenswürdige Meldung.

Im Fernverkehr sind es 2020 übrigens immer noch deutlich unter 90%:

https://www.deutschebahn.com/de/konzern/konzernprofil/zahlen_fakten/puenktlichkeitswerte-1187696

Der Unterschied zwischen offizieller Pünktlichkeit und der vom Fahrgast erlebten Unpünktlichkeit liegt bei der Bahn nicht an der selektiven Wahrnehmung, sondern an der bahn-internen Zählweise; Wenn ich von A nach B mit dem ICE fahre und dann von B nach C mit der Bummelbahn, und mein ICE kommt in B 5 Minuten verspätet an, so dass die Bummelbahn schon weg ist, dann komme ich erst ein oder zwei Stunden später nach C, trotzdem sind beide Züge im Bahn-Sprachgebrauch pünktlich.

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MacMadB  13.06.2020, 14:24
@TomRichter

a) zur Kritik der Pünktlichkeit gerne auch Daniel Kriesel zitieren.

b) Ein Anschluss in B wird i. d. R. auch bei 5 Min. gehalten, es sei denn es besteht ein dichterer Takt. Jetzt bitte keine Einzelfallbeispiele, denn …

c) … Ziel eines Beispiels kann es nicht sein, in den Kommentaren eine Nebendiskussion zu eröffnen. Das Beispiel bleibt auch bei ggb. Einwänden anschaulich und im Rahmen der Frage (!) sinnvoll.

Stelle bei Bedarf doch bitte selbst eine Frage zu Deinem Thema … 🙂

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TomRichter  13.06.2020, 23:45
@MacMadB

Danke für den Link :-)

Ansonsten ging es mir nicht um die Bahn, sondern darum, dass zu oft zu Unrecht von selektiver Wahrnehmung gesprochen wird.

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Immer wieder gibt es Effekte, die gemeinsam auftreten, sei das nur einmal oder häufig: Ein Teller rutscht aus der Hand und zerbricht auf dem Fliesenboden, Du bekommst ein Geschenk und fühlst Dich (meistens ;) )glücklicher, ... Diese Beobachtungen sind nun erstmal an sich einfache Ereignisse von denen es im täglichen Leben eine unüberschaubare Menge gibt. Mit der Zeit lernen wir jedoch, dass manche dieser Ereignisse zusammenhängen: Ich fasse auf die heiße Herdplatte und es tut weh. Dies ist ein kausaler Zusammenhang, Ursache und Wirkung leiten sich direkt voneinander ab. Wäre A nicht gewesen, dann wäre B nicht in dieser Weise passiert.

Im wissenschaftlichen Umfeld bei der Arbeit mit Statistiken gibt es sehr häufig den Fall, dass es Ereignisse und Prozesse gibt die zeitähnlich ablaufen oder in ihrer Entwicklung ähnliche Trends aufweisen. Das nennt man Korrelation. Allerdings sind nicht alle solche Korrelationen auch kausal miteinander verbunden. Sehr häufig sind sie es nicht, das nennt man dann Scheinkorrelation. Dazu gehört Dein Beispiel, aber es gibt da noch viele andere wirklich lustige

Zum Beispiel korreliert die Anzahl von Anwälten in Kalifornien mit der Geldmenge die Amerikaner für Haustiere ausgeben. Der Rückgang der Bienen in den USA korrelliert erstaunlich gut mit den ebenfalls rückläufigen Eheschließungen in Vermont. Beschäftigte auf Campingplätzen und Erntemenge von Gurken auf dem Freiland korrelieren ebenso wie die Punktzahl des Tabellenletzten in der Abschlusstabelle der Bundesligasaison und die Erntemenge von Rotkohl auf Freiland.

Daher ist es bei wissenschaftlicher Forschung enorm wichtig Korrelation und Kausalität voneinander zu unterscheiden und nicht die falschen Dinge in kausalen Zusammenhang zu setzen. Das ist nicht immer ganz einfach.

Wahrscheinlich aus dem gleichen Grund warum der weltweite Rückgang an Piraten mit dem Anstieg der globalen Temperaturen korreliert.

-> purer Zufall


Knochendochen13 
Beitragsersteller
 15.05.2020, 00:14

Also denkst du nicht, dass es dafür einen komplizierten Grund gibt, den niemand kennt? Könnte ja sein, dass Käse irgendwas im Körper bewirkt, was dann dazu führt, dass man sich eher im Bettlaken verheddert.

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