Warum hört man beim Röhrenbildschirm/Röhrenfernseher ein hochfrequentes Fiepen beim Betrieb?

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in einem Röhrenfernseher wird ein Elektronenstrahl erzeugt.

Hinten im Hals der Bildröhre sitzt die sogenannte "Elektronenkanone". Die besteht aus einem glühenden Draht und einem Stück Blech zur Strahlformung.

Glühendes Metall schleudert Elektronen heraus. Um einen Glühfaden entsteht also eine Wolke aus Elektronen. Normalerweise gehen die Elektronen fast sofort wieder auf den Faden zurück, denn durch die Abgabe von Elektronen wird er bezogen auf die negativ geladene "Wolke" positiv geladen.

https://virtuelle-experimente.de/bilder/kanone/halbe-Anode.svg

In der Nähe des Fadens wird ein Blech positioniert das über eine Spannungsquelle noch positiver wird als der Faden. Die Elektronen werden also vom Blech noch stärker angezogen als vom Faden.

Der Trick ist, dass in dem Blech ein Loch ist. Elektronen die das Loch treffen kriegen die Kurve nicht um das Blech zu erreichen und fliegen durch das Loch durch.

Da der Bildschirm der Röhre noch viel Positiver ist (über 20000 Volt), werden die durch dads Loch ausgetretenen Elektronen weiter in Richtung Bildschirm beschleunigt. Es entsteht ein Strahl aus Elektronen, genau wie eine Lampe einen dünnen Strahl Licht durch einen mit Loch versehenen Bierdeckel erzeugt.

Dieser Strahl trifft jetzt mit hoher Geschwindigkeit auf den Schirm weil die Elektronen über ihre Flugbahn ständig von der Hochspannung beschleunigt wurden. Beim Auftreffen auf Phosphor wird diese kinetische (Bewegungs-) Energie in Licht umgewandelt. Da wo der Strahl trifft entsteht ein Leuchtpunkt.

Um die Helligkeit steuern zu können wird ein Zylinder über den Glühfaden gestülpt. Der wird negativ geladen so dass der die Elektronen zum Faden zurückdrängt. Man kann sich den wie einen Blumentopf vorstellen, je weniger er geladen ist, desto mehr Elektronen können durch das "Loch im Boden" entweichen. Mit der Spannung an diesem sogenannten Wehnelt-Zylinder kann man also die Helligkeit des Leuchtpunktes steuern.

Damit ein Bild entsteht, muss der Strahl Zeilenweise über den gesamten Bildschirm bewegt werden. Mit Ablenkspulen kann man den Strahl verbiegen. Der Strom für diese Ablenkspulen wird von Transformatoren erzeugt, einer für Vertikal und einer für Horizontal. Die werden über Transistoren (oder ganz früher Radioröhren) mit einer Frequenz angesteuert die synchron zum gesendeten Bild sein muss.

In Europa (PAL) werden vertikal ca. 50Hz benutzt damit Störungen durch das Stromnetz kein Flimmern erzeugen können. Das Bild wird also 50x pro Sekunde neu gezeichnet, also hat der Vertikaltrafo ebenfalls etwa 50Hz.

Das das Fernsehbild aus 625 Zeilen besteht, muss der Strahl pro Sekunde 625 × 25 (Halbbild) Hz = 15626 Hz in der Horizontalen "schnell" sein. Der Horizontaltrafo läuft also mit ca. 15,6 kHz.

Da man wie oben beschrieben über 20kV an Hochspannung braucht, wird ein Hochspannungsgenerator benötigt. Je höher dessen Frequenz, desto kleiner fällt der Transformator aus der dazu notwendig ist. Praktischerweise läuft der Zeilentrafo mit einer für damalige Verhältnisse sehr hohen Frequenz, also baut man in den Zeilentrafo direkt eine "dicke" Wicklung ein aus der dann die benötigte Hochspannung kommt. Da Trafos nur eine Wechselspannung erzeugen können werden Dioden nachgeschaltet die nur eine Halbwelle (nur positive Spannung) durchlassen. Damit eine "saubere" Gleichspannung entsteht braucht man einen Pufferkondensator. Der ist die Bildröhre selber, der schwarze Belag auf der Röhre ist elektrisch leitend und den, den man sieht ist Masse (Minus), im Inneren der Röhre unsichbar ist eine weitere Schicht die mit dem Zeilentrafo verbunden ist (über die Gummikappe an der Oberseite). Das Bildet einen Kondensator der die Spannung puffert und so für eine gleichmäßige Beschleunigung der Elektronen sorgt.

Und jetzt zur eigentlichen Antwort:

Die Frequenz des Zeilentrafos ist nicht hörbar, da 15,6kHz.

Es flireßt aber nur dann Strom vom Zeilentrafo in die Röhre wenn dessen Momentanspannung höher ist, als die in der Röhre gespeicherte Spannung. Das passiert immer nur in einem sehr, sehr kurzen Moment. Der ganze Annodenstrom wird auf zeitlich sehr kurze Impulse verteilt. Zwar ist dieser Annodenstrom der Röhre nicht besonders hoch, aber da die pulse so kurz sind, ist der Stroßstrom in den Pulsen sehr groß! Jedes Mal wird der Annodendraht und der Trafo von einem extrem heftigen Stromstoß durchflutet der starke magnetische Kräfte erzeugt, das Kabel und den Trafo selber im 15,6kHz Takt verbiegt.

Durch diese Impulse entstehen also Schwingungen. Da es aber "Schläge" sind, entstehen viele Frequenzen. Schlägt man mit 60 BPM (Beats per Minute) auf eine Trommel, so entsteht ja auch nicht nur ein 1Hz Ton sondern richtig viel Krach".

Um das Bild zu synchronisieren kommt übrigens ein "Sperrschwinger" zum Einsatz. Der will auf einer niedrigen Frequenz laufen, wird aber durch die Synchronimpulse des Fernsehsenders passend beschleunigt. Der wirkt wie ein Schwungrad, fehlende oder verzerrte impulse werden ausgeglichen so dass immer ein einwandfreies Bild entsteht, auch wenn das Signal in den vielen Stationen bis zum Sender und dann durch die Luft bis zur Antenne verzerrt wird. Auch schaltende Stromverbraucher, vor allem Motoren und Leuchtstoffröhren erzeugen impulse die als Sync-Impuls genommen werden können. Die werden vom Sperrschwinger ausgeregelt.

Da der Sperrschwinger aber ohne Signal langsammer läuft, pfeift ein Fernseher ohne Signal anscheinend lauter, einfach weil der jetzt nur noch etwa 13kHz "pfeift" was besser wahrgenommen wird. Auch einige Spielekonsolen (NES) und Heimcomputer (Apple II, BBC Micro) laufen langsamer als ein TV-Fernsehsignal und lassen den daran angeschlossenen Fernseher deutlicher pfeifen. Andere Systeme (z.B. C64) laufen dagegen schneller, erzeugen am Fernseher also weniger hörbares pfeifen.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Das ist das Schwingen des Zeilentrafos. Stell es dir in etwa vor wie bei einem Elektroschocker. Ein Spule (Zeilentrafo) wird in kurzen Abständen zum Schwingen angeregt, dies passiert etwa 15000 mal in der Sekunde. Dadurch wird eine Hohe Spannung 7 bis 70 KV erzeugt, welche dann in der Bildröhre dafür sorgt, dass die Elektronen aus der Elektronenkanone beschleunigt werden und auf der Leuchtschicht der Bildröhre aufschlagen. Dadurch wird diese zum Leuchten angeregt. Je höher diese sogenannte Beschleunigungsspannung ist, um so heller ist das Bild. Ein wenig abhängig ist es auch von dem verwendeten Material der Leuchtschicht.

Woher ich das weiß:Hobby

vorosandras 
Beitragsersteller
 06.09.2020, 21:29

Wird also bei dunklen Bildern eine niedrigere Beschleunigungsspannung als bei hellen Bildern erzeugt?

ThomasM1982X  06.09.2020, 21:31
@vorosandras

Ja, wird auf ein helles Bild ein dunkles Bild gesendet, dann sinkt die Beschleunigungsspannung auch etwas, bricht aber nicht gänzlich zusammen. Je größer die Bildröhre um so höher auch die Beschleunigungsspannung.

vorosandras 
Beitragsersteller
 06.09.2020, 21:32
@ThomasM1982X

Müsste also bei hellen Bildern das Fiepen hochfrequenter sein als bei dunklen Bildern?

ThomasM1982X  06.09.2020, 21:36
@vorosandras

Die Frequenz mit der die Spule zum Schwingen angeregt wird ändert sich nicht mit der Helligkeit. Außer der Zeilentrafo ist defekt, dann fällt aber das Bild komplett aus, da in dem Fall die Beschleunigungsspannung zusammenbricht.

citkid  07.09.2020, 02:04
@ThomasM1982X

Du liegst zwar richtig, aber es ist tatsächlich so, dass man den Belastungsunterschied höhren kann. Der Unterschied sind nur wenige Herz. Das hat mit der Spannungsempfindlichkeit des Schwingkreises zu tun. Das gilt jedoch nur für die alten analog-Ferseher von früher. Heutige Geräte verwenden möglicherweise eine andere Spannungsversorgung, die dann bestimmt stabiler sind.

Ich bin kein Elektroniker, aber soviel ich weiß, befinden sich am hinteren Ende der Bildröhre mehrere Spulen, die den Elektronenstrahl, der letztendlich das Bild erzeugt, durch ihr Magnetfeld steuern. Diese werden per hochfrequenter Hochspannung betrieben, und dabei entsteht das Fiepen, vermutlich durch die ständig wechselnde n Magnetfelder, die dann wohl irgendwie mit den Spulen selbst (oder der umgebenden Luft?) interagieren.

Da pfeift der Zeilentransformator bei 15,625 kHz.

https://de.wikipedia.org/wiki/Zeilentransformator

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Abschluss als Diplom-Physiker