Warum hat Rudolf Hess einen Kultstatus bei den Rechtsextremen?
Ich dachte er war ein Psychopath und ist deswegen nach England auf die Insel geflogen, warum machen die so einen Hype um ausgerechnet den?
5 Antworten
Ich denke es hat damit zu tun dass Heß keine so abgehobene Gestalt wie Adolf Hitler war. Zudem besitzt er Märtyrerstatus, da er als letzter Gefangener im Gefängnis Spandau starb, unter nicht restlos geklärten Umstäden.
Dass Hess nicht alle Tassen im Schrank hatte, ist jedoch eine unbestrittene Tatsache. Nach England aufzubrechen für eine Friedensmisson, um einen Herzog zu treffen den er nur flüchtig kannte und der keinerlei Einfluss auf Churchills Friedens- oder Kriegswilligkeit hatte, war einfach wahnwitzig.
Teils war dieser Realitätsverlust auch durch Medikamentenabhängigkeit bedingt. Als er nach England losflog, rutschte ihm sein Tablettenröhrchen ins Rudergestänge seines Flugzeugs und er wäre beinahe abgestürzt. Beim nächsten Versuch klappte es dann.
Heß ist ein vermeintlich "sauberer" Nationalsozialist, weil bei ihm eine direkte Beteiligung an der "Endlösung" nicht gegeben ist (obwohl er fanatischer Antisemit). Zudem war er Miterfinder des Führerprinzips.
„Die Partei ist Hitler. Hitler aber ist Deutschland, wie Deutschland Hitler ist.“
Rudolf Heß . Nazi Salute - Bing video
Aus der Rede am 10. September 1934 auf dem Reichsparteitag in Nürnberg
Heß war das was man heute "total straight" nennen würde. Er war dem Führer ergeben, dafür lebte er, er war kein Karrierist wie Heydrich, Himmler oder Bormann.
Er war der letzte überlebende "alte Kämpfer" der Bewegung, sein Selbstmord im Gefängnis in Spandau wird als Ermordung ugedeutet, was Heß zum Märtyrer macht.
Der in vielfältiger Form verbreitete Heß-Mythos ist ein zentraler Bestandteil des rechtsextremen Geschichtsbildes. Es wird versucht, einen vermeintlich unbelasteten und identifikationsfähigen Nationalsozialismus zu konstruieren. Darüber hinaus soll mit der Mythologisierung von Heß auch die weitgehende These gestützt werden, das deutsche Volk sei insgesamt im 20. Jahrhundert ein Opfer seiner Feinde geworden.
Heß ist der einzige NS-Funktionär des Dritten Reiches, der derzeitig in der Agitation des deutschen Rechtsextremismus eine herausragende Rolle spielt, tatsächlich ein Idol. Auch Albert Speer ist eine Person der ein wesentliches Element des kollektiven Interesses ist, aber eben nicht für den Rechtsextremismus, sondern für die vielen funktionalen Nazis. Heß galt im Dritten Reich und auch heute noch bei seinen Verehrern, als Künder und Mahner des Nationalsozialismus. Er war die Person die das Führerprinzip zu einem politischen Messianismus und einer Apotheose Hitlers steigerte. Zudem war er ein paranoider Antisemit.
Ich weiß nicht, ob Heß wirklich so ein krasser Antisemit war, oder ob er nur Karriere innerhalb der NSDAP machen wollte.
Bei dem Mann ist halt vieles unklar und sehr mysteriös: der Englandflug, der Nürnberger Prozess, die Nichtbegnadigung, der unerwartete Tod im Gefängnis, die Auflösung der Grabstätte samt nachfolgender Seebestattung.
Geradezu ideal für ein spannendes Drehbuch oder eine späte Mystifizierung nach dem Vorbild eines Jesus von Nazareth.
Außer seinem Ableben ist eigentlich alles relativ nachvollziehbar. Die Auflösung seiner Grabstätte in Wunsiedel z.B. war den dort ständig stattfindenden Neonaziaufmärschen geschuldet, von denen die Stadtverwaltung irgendwann mal die Schnauze voll hatte.
Wahrscheinlich, weil er angeblich nach England geflogen ist um einen Frieden auszuhandeln. Ob das wirklich so war ist umstritten.