Warum haben wir falsche Erinnerungen (Mandela-Effekt)?

4 Antworten

Mr. Monopoly hatte früher ein Monokel. Die Figur wurde später geändert.

Es gibt Leute, die sich daran erinnern, dass Zivilisten, die sich bei den Bombenangriffen auf Dresden auf die Elbwiesen flüchteten, dort geziehlt von amerikanischen Mustangs (Jagdfliegern) beschossen wurden.

Nun war es allerdings so, dass die Jagdflieger in der Nacht keine Mustangs waren, denn die nächtlichen Angriffe wurden von den Briten durchgeführt. Außerdem waren die Jagdflieger Geleitschutz für die Bomber und operierten viel zu weit oben, um die Elbwiesen gezielt ins Visier nehmen zu können. Desweiteren war es Nacht und die Sicht durch die massiven Brände un deren Rauchentwicklung sehr schlecht.

Die Amerikaner bombardierten erst am Morgen danach den Güterbahnhof Dresden Friedrichstadt, sie nutzten allerdings eine andere Anflugschneise (wegen des Rauchs und wegen der Flak). Deren Jäger (jetzt tatsächlich Mustangs) kamen nicht einmal in die Nähe der Elbwiesen.

So verherend die Bombenangriffe auf Dresden auch gewesen sein mögen, den gezielte Beschuss von Zivilisten durch Jagdflugzeuge hat es dort nicht gegeben. Dass es ihn anderswo gegeben hat, ist ohne Zweifel bewiesen. Diese "Erinnerungen" fingen übrigens erst in den 60ern an, als Filme gedreht wurden, in denen solche Szenarien auftauchten. Und da begann es, dass sich in den Erinnerungen Realitäten vermischten, die nie zum gleichen Zeitpunkt am gleichen Ort waren.

Unser Gedächtnis ist äußerst komplex und umfasst diverse Studienbereiche

Wie kommt es eigentlich, dass wir uns ans Dinge erinnern, die anders abgelaufen sind?

Dafür gibt es mehrere Ansätze und Erklärungen. Unterschiedliche Faktoren spielen hierfür eine Rolle. Von der Intensität der Wahrnehmung (primär oder peripher), emotionaler Verknüpfung, Meinungsbias, Häufigkeit der Wiederholung, persönlicher Bezug oder Werte (die angegriffen oder bestätigt werden können), welcher Sinn ist aktiv (jeder priorisiert evtl seine Sinne unterschiedlich) und vieles mehr. Das alles sind allein schon Faktoren dafür WIE wir etwas wahrnehmen.

Anschließend kommt die 1. Verarbeitung, zb sehen wir Auto blau, haben wir aber eine rot/grün Schwäche, ist die Wahrnehmung und das Ereignis verfälscht.

2. Verarbeitung, der 1. Kontext in der Situation. Hier schon greifen potenziell manipulative Bedingungen wie Werteinstellung, Vorurteile oder Erfahrungen. Besonders vorhandene Erfahrungen können die Einordnung im Kontext beeinflussen. Flugzeugunglücke sind extrem selten, flog ich aber mehrmals und jedesmal mit heftigen Turbulenzen, beeinflusst das womöglich mein Urteilsvermögen gegenüber der Flugsicherheit.

3. Schritt, Verknüpfung mit vorhandenem Wissen. Fehlendes Wissen lässt Raum für Vermutungen oder Spekulationen. Falsches „Wissen“ kann, selbst nach Logik vorgehend, dann zu falschen Schlüssen führen. Auch mit rein spielt das nur allzu menschliche, wir mögen Bestätigung und wir neigen dazu Dinge zu sehen, wie wir sie sehen wollen. Erneut Stichwort Bias.

Schritt 4, Ablage. Wir haben nun also Ereignis A wahrgenommen, haben es individuell verknüpft, es mit vorhandenem evtl eingeschränkten Wissen und Verständnis eingeordnet und permanent schwebten, so sind wir Menschen nunmal, mehr oder weniger stark unsere subjektiven Emotionen und Gefühle mit. Dieses Päckchen wird nun abgelegt ins Gedächtnis.

Erweitern sich mit der Zeit zb Wissen und Erfahrung oder ändern sich Meinungen und Ansichten (über die Jahre bei jedem ganz normal, „tickt“ man heute noch so wie als Kind? Und das geschieht fortwährend), fließt das überall mit ein. Unter Umständen auch zur Ansicht zu Ereignis A. Schon ist das Päckchen, die Erinnerung (erneut) verändert worden. Ganz ohne dass wir das bewusst wollten.

Mandela-Effekt

Sehr spannendes Feld und noch komplexer…

Zum einen wird hier der Bereich der falschen Erinnerungen noch erweitert um den Kollektivismus (das selbe Ereignis wird an sich von mehreren/ vielen falsch erinnert), zum anderen kommen hier erweiterte soziale und gesellschaftliche Aspekte ins Spiel. Heutzutage mehr den je Social Media dafür auch im Fokus.

Bei all dem zu falschen Erinnerungen

Wenn ihr euch das nächste mal mit jemandem unterhaltet und unterschiedlicher Meinung seid, zieht in Betracht dass es nicht immer die Gegenüber diejenigen sein MÜSSEN, die sich falsch erinnern. Geht also nicht unbedacht vorab zu hart ins Gericht.

Trägt auch zu einer gesunden und kultivierten Debattenkultur bei. 👍🏻

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Erzieher, Schwerpunkt Psychologie