Warum geht sie mir nicht aus dem Kopf?
Hallo,
auch wenn ich mich mit meiner Geschichte auf dünnem Eis bewege, benötige ich Rat. Vielleicht kann mir auf anonymer Ebene jemand weiterhelfen, im kollegialem Umfeld ist das ein heikles und mit Vorurteilen besetztes Thema.
Ich habe seit 3 Jahren eine Patientin in Behandlung, die ich sehr schätze und nun ist diese schwer erkrankt. Normalerweise kann ich gut abschalten von meinen Fällen aber dieser Fall lässt mich nicht los. Ständig muss ich an diese Frau denken und will ihr zur Seite stehen. Ständig habe ich das Bedürfnis für Sie da zu sein. Ich kenne mich so gar nicht und weiß nicht, was mit mir los ist. Letztens war eine wichtige Feier in der Familie und ich musste die ganze Zeit an sie denken. Als sie im Krankenhaus lag konnte ich nicht richtig schlafen weil ich mir solche Sorgen gemacht habe. Als wir daraufhin telefoniert hatten, bin ich mit der Situation überhaupt nicht zurecht gekommen.
Was ist bloß los mit mir ?
LG
Peter
2 Antworten
Hallo Peter,
erst einmal, auch wenn es mit zu deinem Beruf gehört, sich so möglich wie es geht von seinen Patienten emotional zu distanzieren, solltest du trotzdem immer noch im Auge haben, dass du letztendlich auch "nur" ein Mensch bist.
Ich habe besonders vor Ärzten oder generell Menschen einen sehr großen Respekt, die mit ihrem Beruf gleichzeitig eine sehr hohe emotionale Last tragen und dennoch zwischenmenschlich sehr herzlich zu ihren Patienten sind.
Gerade bei deiner Patientin hast du schon länger Kontakt und irgendwie lernt man da ja auch einen Teil ihrer Persönlichkeit bestimmt kennen. Vorallem hast du ja auch schon viel Zeit in sie investiert und wenn sie dann schwer erkrankt ist, geht einem das verständlicherweise nahe mit einem gesundem menschlichen Feingefühl.
Ich bin ehrlich, dass ich jetzt nicht unterscheiden könnte bei deiner Beschreibung, ob du verliebte und vielleicht sexuelle Gefühle für sie hegst oder ob du sie vielleicht einfach als "gute Freundin oder Bekannte" siehst und deswegen dir so einen Kopf machst. Auf jeden Fall muss sie dir in irgendeiner Hinsicht wichtiger sein als andere Patienten anscheinend.
Das mit dem Kollegium kann ich sehr verstehen, es dort nicht so zu offenbaren aber in dem Sinne machst du nichts falsch, es wird erst (sehr) kritisch, sobald du bestimmte Grenzen überschreitest, die beweisbar sind, aber das ist dir wahrscheinlich durchaus klar.
Du befindest dich gerade bestimmt in einem Zwiespalt. Einerseits möchtest du sie sehen und für sie sorgen und andererseits möchtest du dich... naja auf deutsch gesagt: Dich emotional nicht weiter in die Scheisse reiten.
Welche Möglichkeiten hast du denn eventuell? Wie schätzt du dich selber ein, wenn du den Kontakt mit ihr beibehälst?
Und gäbe es vielleicht die Möglichkeit, die Patienten zu wechseln? Natürlich ist es da schwierig mit der Begründung und es wäre eine zeitlang wahrscheinlich sehr schmerzhaft, wenn du keinen Kontakt zu ihr hast und nicht weiß wie es ihr geht.
Ich wünsche dir alles Gute und ich hoffe es legt sich wieder ein bisschen für dich.
LG Jouuulv
Ohh je, ich möchte nicht wissen, was gerade emotional in dir vorgeht. Das hört sich wirklich schlimm an.
Dadurch, dass du auch schon nach jeglichen Lösungswegen gesucht hast, gibt es bestimmt gerade kein "vor" und "zurück".
Hast du denn eventuell jemanden in deinem persönlichem Umfeld mit vollstem Vertrauen? Die Plattform ist bestimmt gut und ich wüsste selber nicht, ob ich aufgrund der rechtlichen Situation es meiner besten Freundin sagen würde, aber jemandem zu haben, dem du mal alles offenbaren kannst unter vier Augen, was dich bewegt wäre ganz gut.
Und wenn nicht, vielleicht einfach mal ein Zettel abends in die Hand nehmen und drauf los schreiben, was in dir vorgeht. Das hilft mir persönlich enorm.
Ich würde mal sagen, dass diese Patientin eine besondere Person für dich ist. Könnte es sein, dass du sie, obwohl du vielleicht nicht darfst, sie ein wenig mehr magst als eigentlich geplant :)?
Kann auch daran liegen, dass du sie schon 3 Jahre kennst und du vermutlich 3 Jahre versuchst hast ihr zu helfen, wenn du weißt was ich mein, also dass sie halt gesund bleibt und jetzt ist sie schwer krank und das trifft dich sehr, weil du 3 Jahre, naja sagen wir mal versucht hast, dass sie gesund ist... also ja kann ich jz nicht so genau beschreiben sry...
Vielen Dank für deine Antwort. Ja, ich glaube ich weiß, wie du das meinst und es ist auch so. Sie war auf einem so guten Weg und es lief alles und dann kommt diese schlimme Krankheit, das hat mich mit aus der Bahn geworfen. Ich versuche ihr Halt zu geben aber ich merke, dass ich es nicht kann weil ich selber mit der Situation schwer klar komme und das schafft mich innerlich.
Hallo Jouuulv,
vielen Dank für deine verständnisvollen und freundlichen Worte!
Ich würde nie die Grenzen überschreiten, das ist für mich klar. Es fällt mir aber sehr schwer die Grenzen hochzuhalten und ich mache schon mehr als ich sollte und erlaube schon mehr als es dürfte. Das muss ich leider sagen. Ich habe auch darüber nachgedacht, sie an einen anderen Arzt zu überweisen aber ich möchte ihr das in der jetzigen Situation nicht antun und wenn ich ehrlich bin dann kann ich sie nicht gehen lassen.
Ich habe schon einige Patienten die schwer krank sind begleitet und sicherlich ist mir das sehr Nahe gegangen und ich habe in der Klinik vieles erlebt, ja. Aber dieses Chaos in meinem Kopf, so kenne ich mich wirklich nicht. Das es mir keine Ruhe lässt, wie es ihr geht. Vielleicht liegt es wirklich an der langen Behandlungszeit.