Warum essen viele Buddhisten in Südostasien Fleisch?

3 Antworten

googel mal unter "Ist der Buddhismus eine vegetarische Religion?",von Udo Pollmer.....


elpozo 
Beitragsersteller
 26.01.2017, 13:00

Danke für den Hinweis zum Artikel.

Er schiesst für mich aber am Ziel vorbei. Der Autor schreibt sehr wertend ("zum Glück...") und seine kurze Abrechnung mit dem Vegetarismus im Schlussabschnitt steht m.E. auf sehr wackeligen Beinen. Anstatt einer inhaltlichen Beleuchtung des Themas hat er sich auf eine geschichtliche Betrachtung beschränkt. 'Ist so weil war früher fast immer so, das ist gut so und hat nichts mit Religion zu tun'; so verstehe ich den Artikel. Heute sind die äusseren Rahmenbedingungen fast überall ganz anders (Wohlstand, Globalisierung), was für mich eine inhaltliche Betrachtung notwendig macht. Er tut das Hauptanliegen in den 2 Schlusssätzen ziemlich undifferenziert ab.

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Warum?

Weil sie sich dazu entschieden haben!

Warum isst du kein Fleisch?

Weil du dich dazu entschieden hast

Essen Katholiken an Fastentagen Fleisch?

Wenn sie sich dazu entschieden haben


elpozo 
Beitragsersteller
 26.01.2017, 10:14

Da hast du natürlich recht. 

Kannst du erahnen, welche Gedankengänge / Glaubenssätze zu dieser Entscheidung führen könnten?

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Ursusmaritimus  26.01.2017, 10:21
@elpozo

Es ist kein Wissen sondern Vermutung, ich mutmaße das der Gedankengang dahin geht das ich das Leben wertschätze und mich um Bewahrung bemühe, aber das eigene Leben ist halt wichtiger......

Für einen Mönch ist es einfach, er soll nicht die Qualität der ihm gespendeten Speisen bewerten, er soll die Speise und den Spender durch den Verzehr ehren. Wenn der Spender dem Mönch nun Fleisch übergibt hat es der Spender zu verantworten.....

Aber solche Gedankengänge kennt man auch in D, googel mal Entstehung der Maultaschen

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PatchrinT  26.01.2017, 10:24
@Ursusmaritimus

Mönche nehemen beim erbetteln Fleisch an. Es wird nichts abgelehnt. Ist es aber ersichtlich,aus was für Gründen auch immer,das dieses Tier extra für den Mönch getötet wurde,so wird es nicht angenommen oder verzehrt...

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Ursusmaritimus  26.01.2017, 10:29
@PatchrinT

Darum wird auch immer der Spender von diesem Fleisch essen, dann wurde es nicht für den Mönch getötet.......

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Ich bin Buddhist und äußere mich mal dazu:

Wie du ja schon weißt, gibt es insbesondere im Theravada-Buddhismus, der in Südostasien vorherrscht, kein Fleischverbot für Gläubige.

Kultur

Die Kultur eines Landes basiert nicht ausschließlich auf Religion und selbst Moralvorstellungen werden vom Einzelnen nicht zwangsläufig auf einer religiösen Grundlage gesehen.

Während wir uns also über Schlachtungen empören, dreht ein Mensch eines anderen Kulturkreises ohne weiteres einem Huhn den Hals um - und wundert sich, wieso der Westler bei diesem Anblick in Ohnmacht fällt.

Man sollte also überlegen, ob man nicht eine Art Kulturimperialismus begeht, wenn man die eigenen Moralvorstellungen als Maßstab zur Bewertung einer anderen Kultur anlegt.

Volksglaube

Ähnlich wie in anderen Religionen gibt es auch im Buddhismus eine so genannten "Volksfrömmigkeit", insbesondere in der einfachen Bevölkerung.

Dort gilt die Praxis, den Mönchen Respekt zu erweisen, als wichtigste religiöse Verpflichtung, die eine Wiedergeburt als Mönch ermöglichen soll.

Zusätzliche Regeln werden höchsten zu den Uposatha-Tagen befolgt, werden aber nicht als alltägliche Verpflichtung für den Gläubigen verstanden.

So ist das Fleischessen für viele asiatische Buddhisten kein besonderes Problem, weil sie sich keine philosophischen Gedanken darüber machen.

Spitzfindige könnten sogar einige Formulierungen in den Schriften wie "Buddhas Schüler" ausschließlich auf Mönche beziehen und argumentieren, Laien würden damit nicht angesprochen.

Mönche und Fleischkonsum

Wie hier schon erklärt wurde, dürfen Theravada-Mönche keine Almosen zurückweisen, es sei denn, das Tier wurde explizit für sie geschlachtet, oder es handelt sich um religiös verbotenes Fleisch, zB von Kadavern.

Da brauche ich vermutlich nichts weiter zu sagen, da wurde hier ja schon einiges zu diesem Therma erläutert.

Luxus

Man sollte sich auch bewusst machen, dass Zeit, Bildung und Geld ein Luxus sind, den sich vor allem westliche Buddhisten leisten können, aber der einfachen Bevölkerung in Asien nicht immer zugänglich ist.

Wir können schlaue Bücher mit philosophischen Lehren lesen und uns einen veganen Tofu-Burger bestellen, ohne das es ein Problem wäre. Einem einfachen Asiaten mit einer Großfamilie ist das nicht ohne weiteres möglich.

Doppelmoral

Natürlich kann man bei allen Argumenten über Kultur und Volksglaube auch eine gewisse Doppelmoral unterstellen - das bleibt jedem freigestellt.

Man könnte aber natürlich auch argumentieren, angesichts von Massentierhaltung und illegalen Rodungen für Soja-Anbau sollten die im Glashaus sitzenden Westler nicht mit Steinen  werfen.

Während ein Buddhist in Thailand seine Tiere womöglich nur für den eigenen Bedarf schlachten lässt, haben wir im Westen eine Massenproduktion, nur um möglicherweise aufkommende Bedürfnisse nach Belieben befriedigen zu können.

Aber ich will hier gar nicht auf solche Moralkeulen hinaus - "du bist viel böser zu den Tieren als ich" - sondern nur zeigen, dass Doppelmoral eben auch in beide Richtungen geht.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Seit etwa 40 Jahren praktizierender Buddhist

Ursusmaritimus  26.01.2017, 16:55

Sehr gute und differenzierte Antwort!

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