War die NSDAP eine linke Partei?

9 Antworten

Es gab durchaus einzelne Aspekte an der NS-Politik, die man allgemein als "typisch links" ansehen würde. Beispielsweise der extreme Kollektivismus ("Du bist nichts, dein Volk ist alles!"), die starke Verbreitung von Massenorganisationen und der zaghafte Versuch, durch diverse Aktionen so etwas wie ein primitives, soziales Sicherheitsnetz aufzubauen.

Trotzdem war die NSDAP in ihrem Kerndenken alles andere als links. Anders als der klassische Sozialismus ging die NS-Ideologie von der Ungleichheit aller Menschen aus, bedingt durch das jeweilige Blut, das durch ihre Adern fließt. Ideen wie das "Führerprinzip", der quasi-religiöse Personenkult und die totale Gleichschaltung der Gesellschaft lassen sich ebenfalls schwer mit den Ideen von Karl Marx und insbesondere Friedrich Engels in Einklang bringen.

Auch die NS-Wirtschaftspolitik war nicht "links", sondern eher staatskapitalistisch: das tatsächlich sehr linke 25-Punkte-Programm wurde nach der "Machtergreifung" niemals umgesetzt. Die Bodenreform, die man vorher versprochen hatte, blieb aus. Die in Aussicht gestellte Verstaatlichung der Betriebe kam nie zustande. Stattdessen: alle Gewerkschaften wurden zerschlagen, das Streikrecht abgeschafft.

Das Nazi-Regime war bemüht, sich einen linken Anstrich zu geben, aber wenn man etwas genauer hinschaut, bleibt davon nicht viel übrig.


ernesto42  06.09.2024, 18:18

Gute Erläuterung, nur einen Punkt: Zwar war es im sog. "Realsozialismus" ähnlich wie im Faschismus in puncto Gesellschaft und Kollektiv. Doch ist dieser Gedanke von wegen "Der Einzelne muss sich zugunsten der Gemeinschaft zurücknehmen", welcher nebenbei auch im bürgerlichen Staat vollkommen normal ist, auch wenn die Ausprägung anders ist, doch gerade absolut verräterisch! Er zeigt eigentlich an, dass es in dieser Ordnung überhaupt nicht um einen gemeinschaftlichen Zweck gehen kann. Warum sollte sich der Einzelne denn zurücknehmen müssen, wenn das gesetzte Ziel einer Ordnung bereits der gemeinschaftliche Zweck ist? Oder anders: In einer Gesellschaft, in welcher für gemeinsame Interessen gearbeitet wird, wo also das Interesse des Einen mit jenem der Gesellschaft zusammenfällt, würde sie nicht erst funktionieren, wenn alle sich zurücknehmen.

Deshalb - und auch wegen einiger ökonomischer Gründe, die hier jetzt aber zu weit reichen würden und ja auch nicht Thema sind - sehe ich den sogenannten "Realsozialismus" nicht als ein gutes Beispiel, um den Sozialismus, wie er von beispielsweise Marx beschrieben wurde, insgesamt zu beschreiben und dann logischerweise auch mit irgendwas zu vergleichen.

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Gerne wird bei diesem Märchen, dass die NSDAP links gewesen sei, auf die Etablierung einer vermeintlicher Planwirtschaft verwiesen. Zwar hat die NSDAP tatsächlich vorgegeben - zugegebenermaßen fast nur im Rüstungsbereich bzw. bei all dem, was damit zutun hatte - was bis wann produziert werden soll. Wie genau dann die Unternehmen und die Privateigentümer das anstellen, blieb ihnen jedoch überlassen. Es kam also nicht, wie es im Sozialismus üblich war und auch seiner Definition entspricht, zur Enteignung der Privateigentümer, sondern ganz im Gegenteil sogar zur Bestärkung dieser. Sonst hätten wir heute sicherlich nicht die ganzen deutschen Unternehmer-Großfamilien, welche fast alle eine alte Nazigeschichte zu erzählen haben. Auch sonst gab es noch viele weitere Verstrickungen zwischen einzelnen Großkapitalisten, siehe dafür Hitlers Rede vor dem Düsseldorfer Industrieclub oder die Industrielleneingabe vom November 1932.

Dazu muss man zunächst überlegen was Links und Rechts bedeutet.

Die Bezeichnung kommt nämlich von der Position der Sitze in der französischen Abgeordnetenkammer. Die Linken Parteien saßen Links und die Rechten saßen Rechts vom Präsidenten.

Was man dann hier rein interpretiert ist etwas kompliziert. Die Bezeichnung Links als Revolutionäre Kräfte und Rechts als Konservative Kräfte ist nur eine Mögliche Zuordnung und war eher früher so.

Heute ist es eher so, dass Links die Gleichheit der Menschen betrachtet und jeder Mensch egal welche Herkunft, Hautfarbe, Soziale Stellung usw er hat die gleichen Rechte Chancen usw haben soll. Davon abgeleitet sind dann eben so Dinge wie das Gesundheitssystem, Umverteilung des Vermögens usw. was aber nicht direkt bedeutet, dass Linke Parteien zwingend stark Antikapitalistisch sein müssen.

Rechts definiert man heute so, dass hier die Unterscheidung zwischen Menschen sehr wohl beachtet wird und diese Menschen nicht die selben Werte haben usw.

In so fern war die NSDAP das Paradebeispiel für Rechts nach heutigem Standard.

Es gab zu Anfang kapitalkritische Strömungen in der Partei, das ist richtig.

Man sollte das allerdings nicht mit Sozialismus verwechseln!

Spätestens mit dem Röhm-Putsch war das allerdings Geschichte.