Vertrauen zum Pferd verloren.

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Hallo imedi01!

Jetzt habe ich mal Deine anderen Fragen zu Deinem Pflegepferd durchgelesen und fasse zunächst einmal zusammen: Dein Pferd hat Hufprobleme, es gelingt Dir nicht, ihn zu longieren, bzw. er wurde in seinem Leben bislang noch nicht richtig longiert. Du glaubst, das Pferd "mag" Euren Reitplatz nicht, Du glaubst er reagiert nicht auf Deine Zeichen, weil: Er kommt nicht ins Vorwärts, obwohl Du treibst und treibst. Du häst ihn für gelangweilt und Du hälst den Einsatz einer Peitsche für Tierquälerei. Und heute schreibst Du, Du bist schon oft von Deinem Pferd gefallen. Kurz nach Deinem Unfall bist Du wieder aufgesessen und hast Dich oben nicht wohl gefühlt - trotzdem hast Du mit dem Gedanken gespielt, traben zu wollen. Dann hast Du den Sattel weg gelassen und einen Voltegiergurt genommen und fühltest Dich damit besser. Jetzt möchtest Du angaloppieren, obgleich Du Dich vor Angst verkrampfst und in den Gurt krallst.

Für mein Gefühl sind das eine ganze Menge Baustellen, die du da mit Deinem Pferd hast und Dein Vertrauensverlust ist ein sehr deutliches Zeichen dafür, zunächst einmal ganz von vorne an der Vertrauensbasis mit Deinem Pferd zu arbeiten! Denn auch Dein Pferd muß Dir trauen können, sich auf Deine Führungsqualität verlassen können und wenn Du schon öfter von ihm heruntergebuckelt worden bist, ist das ein Zeichen dafür, dass genau dieses Vertrauen zu Dir Deinem Pferd fehlt.

Ich will jetzt hier nicht auf alle Punkte eingehen und greife nur die Deiner Meinung nach mangelnde Vorwärtsbereitschaft in der Bodenarbeit heraus. Unter den Pferden auf der Wiese ist der Begriff des Treibens nicht so negativ und als "strafen" besetzt, wie in vielen menschlichen Köpfen. Ein Pferd treibt ein anderes Pferd, weil es dort stehen /grasen/trinken will, wo ein anderes Pferd steht. Hat es das erreicht, hört es auf, das andere Pferd zu treiben. Genau so solltest auch Du mit Treiben aufhören, sobald Dein Pferd sich schneller bewegt, egal in welcher Gangart!! Das Pferd erhält so Planungssicherheit, es denkt :Ach so, wenn ich mich aus dem Raum des Menschen fortbewege, dann läßt er mich in Ruhe!

Bodenarbeit ist tatsächlich die beste Möglichkeit, in einer durch Angst besetzten Situation die Vertrauensebene neu zu knüpfen, da Du Dich in dem Moment, wo Du Angst bekommst, schnell zurückziehen kannst. Im Gegensatz zu uns Menschen bedeutet für Pferde Angst nicht Gesichtsverlust, sie sind Fluchttiere und ohne Angst hätten sie nicht bis heute überlebt. Angst ist für Pferde also eine Überlebensstrategie. Wenn Du Dich also in solchen Situationen zurück ziehst, verhälst Du Dich pferdegerecht. Wenn Du aber nur so tust, als hättest Du keine Angst, dann verunsichert das Dein Pferd, Du bist dann für das Pferd unberechenbar, da Dein Inneres und Dein Äußeres nicht deckungsgleich sind. In einem solchen Moment kann es sich nicht auf Deine Führung verlassen und muß für sich selber sorgen und es ist kein Wunder, wenn es Deine Anwesenheit auf seinem Rücken nicht zulassen mag.

Für mein Gefühl beschäftigst Du Dich gedanklich zu sehr mit den Gangarten und setzt Dich nicht zuletzt dadurch zu sehr unter einen Leistungsdruck. Gangarten sind zunächst nicht wichtig, wichtig ist, dass Dir das Pferd den Raum frei gibt, wenn Du diesen einnehmen möchtest, es ist zunächst unerheblich, in welcher Geschindigkeit dies passiert. Du schreibst, Du möchtest Dein Pferd nicht schlagen, versuche es doch einmal anders. Gehe in der freien Bodenarbeit auf Dein Pferd zu, schnalze, hebe Deine Arme, mache Fäuste, gehe langsam und stätig auf das Pferd zu. Geht es - auch nur im Schritt - zur Seite, dann bleibe dort stehen, wo eben das Pferd noch stand, senke Deine Arme, lobe das Pferd und atme durch. Zähle im Geiste bis zehn, drehe Dich zu Deinem Pferd und mache es wieder. Geht es wieder - prima. Geht es nicht, dann werfe Deinen Handschuh auf seinen Hintern, oder ein Stöckchen oder eine handvoll Sand. Nach kurzer Zeit wirst Du bemerken, dass es sich immer schneller von Dir weg bewegen wird. Lobe es!!! Vor jeder neuen Aktion bleibst Du mindestens zehn Atemzüge lang stehen...!!! Das hindert Dich in der Anfangszeit daran, das Pferd zu verfolgen. Wenn Du treibst und treibst und zwischendurch nicht innehälst, weiß das Pferd nicht, ob es richtig reagiert hat. Im Laufe der Zeit kannst Du diese Atempausen verkürzen. Wenn es etwas richtig gemacht hat, dann darf es zu Dir kommen - wenn Du das willst! Du bestimmst den Moment des zu Dir kommens, nicht das Pferd!Was das Reiten angeht: Lasse Dir Zeit, mach' nur das, was Dir Dein Gefühl rät, löse Dich von den Gangarten! Auch der Schritt hat viele Variationen, kann luschig ausgeführt werden, hektisch sein oder aber zügig und entspannt. Beobachte Dich und Dein Pferd beim reiten. Steige ab, wenn Du Dich nicht wohl fühlst. Viel Glück und Erfolg und Freude beim Zusammenspiel mit Deinem Pferd wünscht Dir das Beutelkind!


imedi01 
Beitragsersteller
 08.10.2011, 12:34

Dankeschön für die sehr hilfreiche Antwort. Ich werde jetzt wirklich eine Zeit lang nur Bodenarbeit machen, ich weiß selber das mein Pflegepferd keine Schuld trifft, es bin eigt. nur ich die so bescheuert ist. Ich habe einfach auch das Problem, das ich ständig sehe wie andere perfekt reiten, deren Pferde einfach auf kleine Hand,Gewicht oder sonstige Bewegungen so super reagieren, und zwinge dann einfach mein Pferd dazu es auch zu machen. Jeder sagt ständig zu mir "du hast so ein drecksvieh! des macht gar nichts", aber ich liebe mein pflegepferd wirklich weil er einfach einen super charakter hat, und dann meinen die immer jetzt komm schlag ihn doch mal endlich und solch ein Zeug, aber genau das möchte ich nicht. Und das verunsichert mich total! Dieses dumme Geschwätz von den anderen! Da sitz ich echt auf meinem Pferdle drauf, und denke mir manchmal warum ich das alles mitmache. Ich bin einfach immer daran gewöhnt gewesen das die Pferde dich ich geritten bin alles gemacht haben was man möchte. Und meiner den ich jetzt seit fast über einem halben Jahr reite, nun mal seinen eigenen Kopf hat(was ich eigt. gut finde). Aber trotzdem vielen lieben Dank!

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Beutelkind  08.10.2011, 19:01
@imedi01

Liebe imedi01! Von den Pferden mit dem eigenen Kopf kannst Du sehr viel lernen! :) ... Mitunter lernst Du von denen mehr als von den Reitlehrern... Vor allem lernst Du von Pferden - allgemein - Du bist nicht bescheuert!!! Die Pferde nehmen Dich so an, wie Du eben bist. Orientiere Dich an Deinem Pferd - nicht an Deinen Mitmenschen! Irgendwelche Leute, die Pferde als "drecksvieh" bezeichnen - was willst Du denn von denen lernen können?! Höre auf Dein Herz, höre auf Dein Pferd, versuche Kontakte zu Menschen mit Pferdeverstand zu knüpfen - die gibt's sicher auch in Deinem Stall!

...Sehr herzlichen Dank für den Stern!

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MaxundWilli  04.10.2011, 10:41

.....sehr gute Antwort! Ergänzend noch ein Buchtipp: Angstfrei reiten von Gene Willrich!!! Sie geht darin genau auf diese traumatisierten Reiter ein oder auch auf ängstliche Späteeinsteiger, wie ich es bin. Es gibt dort viele, gute Tipps, wie man mit seinen Ängsten umgehen kann.

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Baroque  06.10.2011, 17:26
@kartoffelsirup

Eigentlich blöd, dass es nicht unter jedem Beitrag einen Kompliment-Knopf gibt. Da könnte man direkt ohne Umschweife sagen, dass einem das gut gefällt. Hier würde ich unbedingt drauf klicken.

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geht mir gerade fast genauso ich bin heute beim springen gestürtzt und mein pferd ist mir in den bauch getreten weshalb ich ins krankehaus musste... Jetzt weiß ich auch nicht wie ich mich beim reiten anstellen werde da ich meinem pferd 100prozentig vertraut habe und er mir auch allerdings frage ich mich auch wer mehr vertrauen verloren hat ich oder er ?! naja aber ich denke auf jedenfall das du weiter machen solltest wenn es dir spass macht und so und wie gesagt vllt ein anderes pferd reiten solltest erstmal... und ich denke mit der zeit wird das schon wieder werden! nimm einfach die ersten paar male jemanden mit der dir beim reiten zu schaut und im ernstfall zur stelle ist... Liebe Grüße und viel Glück Luiba ;)

Hi Imdei, das ist völlig normal, Dein psychisches Schutzsystem sagt Dir "Vorsicht, in dieser Situation mit diesem Tier, hast Du Dich verletzt, meide die Gefahr sofort um gesund zu bleiben." Bodenarbeit ist eine sehr gute Idee z.B. mit Pat Parelli (dann hört auch endlich mal das Buckeln auf, so etwas geht GAR NICHT unter dem Reiter!). Versuch´s evtl. mal übergangsweise mit einem Westernsattel zu reiten, die haben nicht umsonst ein Horn. Evtl. gibt Dir das ein bisschen mehr Sicherheit und Du hättest etwas, woran Du Dich festhalten könntest, wenn Du Angst bekommst. Ich wünsche Dir gute Besserung und alles Gute mit Deinem Frechdachs.

Ich rate Dir,erstmal ein anderes Pferd zu reiten und gleichzeitig Unterricht zu nehmen. Am besten erstmal an der Longe, damit Du wieder vertrauen fassen kannst. Das Pflegepferd solltest Du etwas später wieder reiten, wenn Du wieder mehr gefestigt bist. Gib Dir Zeit ;-)))


wentero  01.10.2011, 19:55

Habe ich auch gemacht. hat bei mir schlecht gewirkt, hatte anschliessend noch mehr angst wider auf mein pferd zu steigen :(. Finde ich aber eine gute idee. würde ich auch mal versuchen.

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Kitty91  01.10.2011, 23:28
@wentero

ganz schlechte idee finde ich! meine lehrerin hat immer gesagt: nach einem sturz immer-wenn es geht- wieder rauf! Sonst überwältigt dich die Angst! Man darf soetwas nicht aufschieben! Durch meine Zeit die ich zum kurieren brauchte ging schon viel zu viel zeit ins land die ich später stark bereute....!

Sobald es geht- ruff uff de Hoppe Hü!!!!

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Destiny115  02.10.2011, 15:24
@Kitty91

Kitty: Ja das ist auch richtig. Aber wenn bereits ein starkes Angstgefühl da ist, würd ich das in diesem Fall über ein anderes Pferd versuchen zu mildern und dann -auf jeden Fall!!!-wieder dieses Pferd für die "Resttherapie" einsetzen.

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Völlig entspannen!

Du verkrampfst dich darauf, richtig und gut reiten zu müssen und bloß keine Angst zu haben, bloß keine Angst...! Und schon hast du deine Angst wieder da. Das ist eine rein psychische Sache. Mach mal völlig andere Sachen mit dem Pferd, gehe mal nur Schmusen, spazieren mit Grasungspausen, in denen das Pferd grast und du die Seele baumeln lässt, mache Frei- und Bodenarbeit, schwinge dich mal ohne Sattel für eine Schrittrunde in der Bahn drauf, und reite zwischendurch normal, kannst das ja im Unterricht machen... du wirst wieder mehr und mehr Vertrauen bekommen. Dann galoppiere eben mal eine Zeit lang nicht, wenn du nicht willst, und merk erst Mal, das bei den Bewegungen nichts passiert. Und wenn du und dein Pferd irgendwann mal wieder so richtig Lust dazu habt, dann galoppiert mal wieder ein Stückchen. Vielleicht auch nur am Longiergurt, nur eine Seite in der Bahn, oder so. Alles zwanglos und mit Spaß. :) Wenn du dich zwingst, verkrampfst du dich, dein Pferd verkrampft sich und du kriegst wieder Angst.