Verhältnis zwischen Säure und Oxonium-Ion?
Wenn ich den pH-Wert einer starken Säure berechne, dann benutze ich die Formel des negativ dekadischen Logarithmus der Konzentration der Salzsäure. Aber manchmal wird diese Konzentration mit dem Faktor 2 oder 3 multipliziert, da scheinbar das Verhältnis mit dem Oxoniumion nicht 1:1 ist. Das verstehe ich gar nicht. Und ich weiß auch nicht, wie ich diesen Verhältnis bestimmen kann. Kann mir jemand weiterhelfen? Dasselbe passiert auch bei der Titration. Man berechnet am Äquivalenzpunkt ja Konzentration der Säure mal Volumen der Säure ist gleich Konzentration der Base mal Volumen der Base und formt das Ganze um und bekommt dann die Konzentration der Probelösung. Aber in manchen Beispielen wird die Konzentration und das Volumen mit 2 multipliziert, was ich auch nicht verstehe.
2 Antworten
![](https://images.gutefrage.net/media/user/indiachinacook/1444747442_nmmslarge.jpg?v=1444747442000)
Aufgabe 1 ist richtig: Ameisensäure hat pKₐ=3.77, das ist für eine schwache Säure schon ein bißchen auf der starken Seite; aber in Konzentration c₀=0.05 mol/l geht die Formel für schwache Säuren gerade noch; sie liefert pH=½(pKₐ−lg(c₀))=2.54 und mit einer stärkeren Formel, die die die teilweise Dissoziation der Säure berücksichtigt, bekommt das praktisch identische Resultat pH=−lg(√(¼Kₐ²+Kₐc₀)−½Kₐ)=2.55 mit einem Dissoziationsgrad α=5.7%.
Hier siehst Du den pH einer Ameisensäure quer über einen weiten Konzentrationsbereich. Die x-Achse zeigt die Konzentration logarithmisch (c=10¯ˣ mol/l), die schwarze Kurve ist der pH und die weiße seine erste Ableitung. Die Hintergrundfarben rot und blau stehen für die Verhältnisse zwischen Ameisensäure und Formiat in der Lösung; Du siehst, daß Ameisensäure bis zu ≈0.01 mol/l (x=2) dominiert, also ist die Säure näherungsweise schwach; aber bei c<0.0001 mol/l ist sie praktisch vollständig zu Formiat dissoziiert, verhält sich also wie eine starke Säure.
Die Formel, die ich oben angegeben habe, kann den Knick bei x≈4 (Übergang von schwacher zu starker Säure) richtig wiedergeben, aber nicht das Einschwenken des pH bei x≈7 auf pH→7. Dazu würde man eine brutalere Formel brauchen
aber auch die ist nicht perfekt; für Ameisensäure ist sie zwar bei jeder Konzentration sehr gut einsetzbar, aber bei schwächeren Säuren mit pKₐ⪆7 beschreibt sie das Einschwenken auf pH=7 ungenau, mit Fehlern von maximal 0.15 pH-Einheiten. Die Formel, die immer funktioniert, ist allerdings wirklich unbequem:
Die zweite Aufgabe ist dagegen in Deinen Lernunterlagen falsch gerechnet. In einer einmolaren Schwefelsäure ist nur die erste Dissoziationsstufe aktiv (→pH≈0), die zweite entsprechend ihrem pKₐ=1.9 dagegen nicht — der pKₐ-Wert ist ja der pH, bei dem die Säure genau zu 50% dissoziiert ist, wir liegen aber bereits mit der ersten Dissoziationsstufe knapp 2 pH-Einheiten darunter, also liegt ≈99% des ganzen Schwefels als HSO₄¯ vor. Anders gesagt, in diesem Zusammenhang ist H₂SO₄ wie HCl (stark und einbasig) zu behandeln.
Für pH-Werte weit unter 1.9 würde tatsächlich jedes H₂SO₄-Molekül zwei H₃O⁺ bilden, dann hätte die H₂SO₄-Lösung denselben pH-Wert wie eine doppelt so konzentrierte HCl-Lösung, z.B. c=0.0001 mol/l ⇒ pH=3.70, d.h., lg(2)=0.30 pH-Einheiten saurer als gleich konzentrierte HCl.
Hier siehst Du es graphisch:
Der Übergang von einfacher zu doppelter Dissoziation spielt sich also grob im Konzentrationsintervall 1.3 < x < 2.7 (bzw. 0.05 mol/l < c < 0.002 mol/l) ab. In Deiner Lösung wird H₂SO₄ als doppelt dissoziiert angenommen (grüne Kurve) und für c=1 mol/l bzw. x=0 ist das eine schlechte Näherung.
Wie habe ich diese Zahlen ausgerechnet? Aus dem Massenwirkungsgesetz kann man leicht die Formel
herleiten; damit kann man den Übergang von einfacher zu doppelter Dissoziation richtig beschreiben (z.B. c₀=0.01 mol/l, pH=1.83), aber die Formel versagt für sehr verdünnte Lösungen, weil sie die Autoprotolyse das Wassers nicht berücksichtigt. Dafür gibt es den fetten Brummer
die zwar immer noch Näherungen beinhaltet, die aber für pKₐ≪7 ausgezeichnet funktioniert und auch sonst nur kleine Fehler macht. Noch besser geht es mit der Abscheulichkeit
die zwar immer funktioniert, die aber nur beschränkt praxistauglich ist.
P.S.: Du hast auch nach der Auswertung von Titrationen gefragt. Wenn man H₂SO₄ mit NaOH titriert, dann liegt der Äquivalenzpunkt ungefähr im Neutralen. Die folgende Graphik zeigt das (20 ml H₂SO₄ wird mit NaOH titriert, alle Konzentrationen 0.1 mol/l):
Weil der Äquivalenzpunkt bei ungefähr 7 liegt, ist die H₂SO₄ bei diesem pH vollständig (=doppelt) deprotoniert; die Lösung besteht dann nur noch aus Sulfat (blau), und enthält nur Spuren von Hydrogensulfat (violett). Anders gesagt, die Reaktionsgleichung lautet
H₂SO₄ + 2 NaOH ⟶ Na₂SO₄ + 2 H₂O
und die stöchiometrische Faktor 2 muß in die Rechnung einfließen. In diesem Fall verbraucht man 40 ml Maßlösung (0.1 mol/l NaOH), das sind n=cV=4 mmol, also waren im Titrationskolben nur halb soviel also 2 mmol H₂SO₄ drin.
![- (ph-Wert, Säuren und Basen)](https://images.gutefrage.net/media/fragen-antworten/bilder/542375216/0_big.png?v=1713634043000)
![- (ph-Wert, Säuren und Basen)](https://images.gutefrage.net/media/fragen-antworten/bilder/542375216/1_big.png?v=1713634043000)
![- (ph-Wert, Säuren und Basen)](https://images.gutefrage.net/media/fragen-antworten/bilder/542375216/2_big.png?v=1713634043000)
![- (ph-Wert, Säuren und Basen)](https://images.gutefrage.net/media/fragen-antworten/bilder/542375216/3_big.png?v=1713634043000)
![- (ph-Wert, Säuren und Basen)](https://images.gutefrage.net/media/fragen-antworten/bilder/542375216/4_big.png?v=1713634043000)
![- (ph-Wert, Säuren und Basen)](https://images.gutefrage.net/media/fragen-antworten/bilder/542375216/5_big.png?v=1713634043000)
![- (ph-Wert, Säuren und Basen)](https://images.gutefrage.net/media/fragen-antworten/bilder/542375216/6_big.png?v=1713634043000)
![- (ph-Wert, Säuren und Basen)](https://images.gutefrage.net/media/fragen-antworten/bilder/542375216/7_big.png?v=1713634043000)
![](https://images.gutefrage.net/media/user/DedeM/1444745236_nmmslarge.jpg?v=1444745236000)
Moin,
hier geht es einerseits um Säurestärken (pKS-Werte) und andererseits darum, wie viele Protonen ein Säuremolekül abspalten kann.
Bei der Methansäure („Ameisensäure”) gibt es nur ein acides (abspaltbares) Wasserstoffatom:
HCOOH + H2O ⇌ HCOO– + H3O+
An der Dissoziationsgleichung kannst du zwei Dinge sehen: einerseits ist es eine Gleichgewichtsreaktion, das heißt, dass in einer Hinreaktion eine Übertragung des Protons (H+) von dem Säuremolekül (HCOOH) auf das Wassermolekül (H2O) erfolgt, wodurch ein Oxoniumion (H3O+) und ein Säurerestion (HCOO–) entstehen, wohingegen in einer Rückreaktion auch wieder von dem Oxoniumion das Proton zurück auf das Säurerestion übertragen werden kann.
Andererseits siehst du auch, dass pro Säuremolekül (HCOOH) ein Oxoniumion (H3O+) entsteht. Das liegt natürlich daran, dass die Methansäure („Ameisensäure”) nur ein Wasserstoffatom als Proton abspalten kann. Sie ist einprotonig.
Wie groß ihr Vermögen ist, dieses Wasserstoffatom in Form eines Protons abzuspalten, gibt dir wiederum die Säurestärke an. Das ist anhand eines sogenannten pKS-Wertes abzulesen.
Aus einer Liste von diesen pKS-Werten kannst du dann ersehen, ob du es mit einer sehr starken, einer starken, einer mittelstarken, einer schwachen oder einer sehr schwachen Säure zu tun hast.
Bei sehr starken oder starken Säuren kannst du (zumindest in verdünnten Lösungen) davon ausgehen, dass sämtliche Säureteilchen alle ihre Protonen auf Wassermoleküle übertragen.
Bei mittelstarken oder schwachen Säuren ist das längst nicht so klar. Da gibt es neben Säuremolekülen, die ihr Proton übertragen, auch solche, die das nicht tun.
Je nachdem, ob du starke oder eben nicht so starke Säuren hast, kannst du den pH-Wert der Lösungen mit Hilfe von zwei verschiedenen Gleichungen berechnen, nämlich bei starken Säuren mit der Formel
pH = –lg[H3O+]
und bei mittelstarken bis schwachen Säuren mit der Formel
pH = ½ • pKS – lg[HA]
Bei der Schwefelsäure ist es nun so, dass sie zwei abspaltbare Wasserstoffatome hat: H2SO4, das heißt, sie ist zweiprotonig.
Bei der Schwefelsäure gibt es also zwei Protolyseschritte:
Protolyseschritt 1:
H2SO4 + H2O → H3O+ + HSO4–
Protolyseschritt 2:
HSO4– + H2O → H3O+ + SO42–
Die pKS-Werte dieser Protonenübertragungen liegen bei
pKS 1: –3 und
pKS 2: 1,9.
Diese Werte zeigen in beiden Fällen eine (sehr) starke Säure an. Deshalb darfst du davon ausgehen, dass beide gebunden Wasserstoffatome der Schwefelsäure vollständig abgespalten und auf Wassermoleküle übertragen werden.
Und deshalb entstehen pro Säuremolekül auch zwei (!) Oxoniumionen:
H2SO4 + 2 H2O → 2 H3O+ + SO42–
Bei der Phosphorsäure (einer dreiprotonigen Säure) ist es zum Beispiel wiederum so, dass das erste Proton mit einem pKS-Wert von 2,16 noch zu starken Säuren gehört und folglich vollständig abgespalten wird.
Das zweite Proton (pKS-Wert: 7,21) wird nicht mehr vollständig von den Dihydrogenphosphat-Anionen (H2PO4–) hergegeben und das dritte Proton (pKS-Wert: 12,33) vom Hydrogenphosphat-Anion (HPO42–) noch seltener.
Dementsprechend musst du die Dissoziationsgleichungen folgendermaßen formulieren:
H3PO4 + H2O → H3O+ + H2PO4–
H2PO4– + H2O ⇌ H3O+ + HPO42–
HPO42– + H2O ⇌ H3O+ + PO43–
wobei die erste eine vollständige Dissoziation angibt (→), während die beiden anderen im Gleichgewicht erfolgen (⇌).
Dementsprechend müsstest du für die Berechnung des pH-Wertes auch beide Formeln berücksichtigen...
Ich hoffe, dass du damit etwas anfangen kannst.
LG von der Waterkant