Verhältnis zwischen Säure und Oxonium-Ion?

2 Antworten

Aufgabe 1 ist richtig: Ameisensäure hat pKₐ=3.77, das ist für eine schwache Säure schon ein bißchen auf der starken Seite; aber in Konzentration c₀=0.05 mol/l geht die Formel für schwache Säuren gerade noch; sie liefert pH=½(pKₐ−lg(c₀))=2.54 und mit einer stärkeren Formel, die die die teilweise Dissoziation der Säure berücksichtigt, be­kommt das praktisch identische Resultat pH=−lg(√(¼Kₐ²+Kₐc₀)−½Kₐ)=2.55 mit einem Dissoziationsgrad α=5.7%.

Hier siehst Du den pH einer Ameisensäure quer über einen weiten Konzentrations­bereich. Die x-Achse zeigt die Konzentration logarithmisch (c=10¯ˣ mol/l), die schwar­ze Kurve ist der pH und die weiße seine erste Ableitung. Die Hintergrundfarben rot und blau stehen für die Verhältnisse zwischen Ameisensäure und Formiat in der Lö­sung; Du siehst, daß Ameisensäure bis zu ≈0.01 mol/l (x=2) dominiert, also ist die Säure näherungsweise schwach; aber bei c<0.0001 mol/l ist sie praktisch vollständig zu Formiat dissoziiert, verhält sich also wie eine starke Säure.

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Die Formel, die ich oben angegeben habe, kann den Knick bei x≈4 (Übergang von schwacher zu starker Säure) richtig wiedergeben, aber nicht das Einschwenken des pH bei x≈7 auf pH→7. Dazu würde man eine brutalere Formel brauchen

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aber auch die ist nicht perfekt; für Ameisensäure ist sie zwar bei jeder Konzentration sehr gut einsetzbar, aber bei schwächeren Säuren mit pKₐ⪆7 beschreibt sie das Ein­schwen­ken auf pH=7 ungenau, mit Fehlern von maximal 0.15 pH-Einheiten. Die For­mel, die immer funktioniert, ist allerdings wirklich unbequem:

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Die zweite Aufgabe ist dagegen in Deinen Lernunterlagen falsch gerechnet. In einer einmolaren Schwefelsäure ist nur die erste Dissoziationsstufe aktiv (→pH≈0), die zwei­te entsprechend ihrem pKₐ=1.9 dagegen nicht — der pKₐ-Wert ist ja der pH, bei dem die Säure genau zu 50% dissoziiert ist, wir liegen aber bereits mit der ersten Dis­soziationsstufe knapp 2 pH-Einheiten darunter, also liegt ≈99% des ganzen Schwefels als HSO₄¯ vor. Anders ge­sagt, in diesem Zusammenhang ist H₂SO₄ wie HCl (stark und einbasig) zu behandeln.

Für pH-Werte weit unter 1.9 würde tatsächlich jedes H₂SO₄-Molekül zwei H₃O⁺ bilden, dann hätte die H₂SO₄-Lösung denselben pH-Wert wie eine doppelt so konzentrierte HCl-Lösung, z.B. c=0.0001 mol/l ⇒ pH=3.70, d.h., lg(2)=0.30 pH-Einheiten saurer als gleich konzentrierte HCl.

Hier siehst Du es graphisch:

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Der Übergang von einfacher zu doppelter Dissoziation spielt sich also grob im Kon­zen­tra­tions­inter­vall 1.3 < x < 2.7 (bzw. 0.05 mol/l < c < 0.002 mol/l) ab. In Deiner Lö­sung wird H₂SO₄ als doppelt dissoziiert angenommen (grüne Kurve) und für c=1 mol/l bzw. x=0 ist das eine schlechte Näherung.

Wie habe ich diese Zahlen ausgerechnet? Aus dem Massenwirkungsgesetz kann man leicht die Formel

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herleiten; damit kann man den Übergang von einfacher zu doppelter Dissoziation rich­tig beschreiben (z.B. c₀=0.01 mol/l, pH=1.83), aber die Formel versagt für sehr ver­dünn­te Lösungen, weil sie die Autoprotolyse das Wassers nicht berücksichtigt. Dafür gibt es den fetten Brummer

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die zwar immer noch Näherungen beinhaltet, die aber für pKₐ≪7 ausgezeichnet funk­tioniert und auch sonst nur kleine Fehler macht. Noch besser geht es mit der Ab­scheu­lich­keit

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die zwar immer funktioniert, die aber nur beschränkt praxistauglich ist.

P.S.: Du hast auch nach der Auswertung von Titrationen gefragt. Wenn man H₂SO₄ mit NaOH titriert, dann liegt der Äquivalenzpunkt ungefähr im Neutralen. Die folgende Gra­phik zeigt das (20 ml H₂SO₄ wird mit NaOH titriert, alle Konzentrationen 0.1 mol/l):

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Weil der Äquivalenzpunkt bei ungefähr 7 liegt, ist die H₂SO₄ bei diesem pH vollständig (=doppelt) deprotoniert; die Lösung besteht dann nur noch aus Sulfat (blau), und ent­hält nur Spuren von Hydrogensulfat (violett). Anders gesagt, die Reaktionsgleichung lautet

H₂SO₄ + 2 NaOH ⟶ Na₂SO₄ + 2 H₂O

und die stöchiometrische Faktor 2 muß in die Rechnung einfließen. In diesem Fall ver­braucht man 40 ml Maßlösung (0.1 mol/l NaOH), das sind n=cV=4 mmol, also waren im Titrationskolben nur halb soviel also 2 mmol H₂SO₄ drin.

 - (ph-Wert, Säuren und Basen)  - (ph-Wert, Säuren und Basen)  - (ph-Wert, Säuren und Basen)  - (ph-Wert, Säuren und Basen)  - (ph-Wert, Säuren und Basen)  - (ph-Wert, Säuren und Basen)  - (ph-Wert, Säuren und Basen)  - (ph-Wert, Säuren und Basen)

Moin,

hier geht es einerseits um Säurestärken (pKS-Werte) und andererseits darum, wie viele Protonen ein Säuremolekül abspalten kann.

Bei der Methansäure („Ameisensäure”) gibt es nur ein acides (abspaltbares) Wasserstoffatom:

HCOOH + H2O ⇌ HCOO + H3O+

An der Dissoziationsgleichung kannst du zwei Dinge sehen: einerseits ist es eine Gleichgewichtsreaktion, das heißt, dass in einer Hinreaktion eine Übertragung des Protons (H+) von dem Säuremolekül (HCOOH) auf das Wassermolekül (H2O) erfolgt, wodurch ein Oxoniumion (H3O+) und ein Säurerestion (HCOO) entstehen, wohingegen in einer Rückreaktion auch wieder von dem Oxoniumion das Proton zurück auf das Säurerestion übertragen werden kann.

Andererseits siehst du auch, dass pro Säuremolekül (HCOOH) ein Oxoniumion (H3O+) entsteht. Das liegt natürlich daran, dass die Methansäure („Ameisensäure”) nur ein Wasserstoffatom als Proton abspalten kann. Sie ist einprotonig.

Wie groß ihr Vermögen ist, dieses Wasserstoffatom in Form eines Protons abzuspalten, gibt dir wiederum die Säurestärke an. Das ist anhand eines sogenannten pKS-Wertes abzulesen.

Aus einer Liste von diesen pKS-Werten kannst du dann ersehen, ob du es mit einer sehr starken, einer starken, einer mittelstarken, einer schwachen oder einer sehr schwachen Säure zu tun hast.

Bei sehr starken oder starken Säuren kannst du (zumindest in verdünnten Lösungen) davon ausgehen, dass sämtliche Säureteilchen alle ihre Protonen auf Wassermoleküle übertragen.

Bei mittelstarken oder schwachen Säuren ist das längst nicht so klar. Da gibt es neben Säuremolekülen, die ihr Proton übertragen, auch solche, die das nicht tun.

Je nachdem, ob du starke oder eben nicht so starke Säuren hast, kannst du den pH-Wert der Lösungen mit Hilfe von zwei verschiedenen Gleichungen berechnen, nämlich bei starken Säuren mit der Formel

pH = –lg[H3O+]

und bei mittelstarken bis schwachen Säuren mit der Formel

pH = ½ • pKS – lg[HA]

Bei der Schwefelsäure ist es nun so, dass sie zwei abspaltbare Wasserstoffatome hat: H2SO4, das heißt, sie ist zweiprotonig.

Bei der Schwefelsäure gibt es also zwei Protolyseschritte:

Protolyseschritt 1:
H2SO4 + H2O → H3O+ + HSO4

Protolyseschritt 2:
HSO4 + H2O → H3O+ + SO42–

Die pKS-Werte dieser Protonenübertragungen liegen bei

pKS 1: –3 und
pKS 2: 1,9.

Diese Werte zeigen in beiden Fällen eine (sehr) starke Säure an. Deshalb darfst du davon ausgehen, dass beide gebunden Wasserstoffatome der Schwefelsäure vollständig abgespalten und auf Wassermoleküle übertragen werden.

Und deshalb entstehen pro Säuremolekül auch zwei (!) Oxoniumionen:

H2SO4 + 2 H2O → 2 H3O+ + SO42–

Bei der Phosphorsäure (einer dreiprotonigen Säure) ist es zum Beispiel wiederum so, dass das erste Proton mit einem pKS-Wert von 2,16 noch zu starken Säuren gehört und folglich vollständig abgespalten wird.
Das zweite Proton (pKS-Wert: 7,21) wird nicht mehr vollständig von den Dihydrogenphosphat-Anionen (H2PO4) hergegeben und das dritte Proton (pKS-Wert: 12,33) vom Hydrogenphosphat-Anion (HPO42–) noch seltener.

Dementsprechend musst du die Dissoziationsgleichungen folgendermaßen formulieren:

H3PO4 + H2O → H3O+ + H2PO4

H2PO4 + H2O ⇌ H3O+ + HPO42–

HPO42– + H2O ⇌ H3O+ + PO43–

wobei die erste eine vollständige Dissoziation angibt (→), während die beiden anderen im Gleichgewicht erfolgen (⇌).

Dementsprechend müsstest du für die Berechnung des pH-Wertes auch beide Formeln berücksichtigen...

Ich hoffe, dass du damit etwas anfangen kannst.

LG von der Waterkant