Utilitarismus und Mitleid?

Skeptizist  27.01.2021, 15:46

Was meinst du mit "beurteilen"?

Nutzer592 
Beitragsersteller
 27.01.2021, 21:20

Naja einfach was sie dazu sagen würden. Wie ihre Meinung dazu wäre. Ob sie das Mitleid als etwas gutes oder schlechtes Ansehen würde. Als nützlich oder nicht etc.

3 Antworten

Hallo Nutzer592,

im Zusammenhang mit Utilitarismus würde eher relative Begriffe wie "richtig" oder "falsch" eine Bedeutung dahingehend bekommen, was sich mit nützlich in welchem Sinne auch immer verbindet. So mag alles, was als nützlich erachtet ist, als "richtig", das Gegenteil als "falsch" bezeichnet werden.

Wenn wir von Mitleid sprechen, sprechen wir auch von einem Leid einer Person A, das von einer Person X mitgetragen wird. Damit ist die Person A in dem Leid nicht mehr alleine, das Leid ist geteilt - und sprichwörtlich dann halbes Leid. Das mag für die Persion A wie auch für die Person X nützlich sein - somit "richtig".

Eine Person Y könnte Mitleid mit der Person A in dem Sinne zeigen, dass sie die Person A unterschwellig diskreditiert oder diskriminiert. Da wäre Mitleid ein Fake. Für die Person A wäre das nicht nützlich, da sich nichts teilt, ja noch Diskreditierung oder Diskriminierung als weiteres Leid hinzukäme - damit "falsch". Für die Person Y wäre das wieder nützlich, damit "richtig".

Ein*e Prinzipienethiker*in würde sich an irgendwelche Paradigmen halten: z.B. Eigennutz unter Ungunsten anderer Menschen als "falsch" betrachten, damit "falsch" eine eigene Bedeutung verleihen, "richtig" hier ein Gegenteil.

Im ersten Fall des wahren Mitleids wäre dies nicht gegeben - und damit das Mitleid aus Sicht der*des Prinzipienethiker*in "richtig".

Im zweiten Fall käme die*der Prinzipienethiker*in zum Resultat das das Fake-Mitleid für die Person A "falsch" ist, aber auch für die Persion Y "falsch" ist.

Hätte die*der Prinzipienethiker*in Beispielsweise Eigennutz als "richtig" betrachtet, wäre das Thema wahren Mitleids entweder offen oder wieder "richtig", da sich damit auch Eigennutz für beide Personen verbinden lässt.

Beim Fake-Mitleid wäre die Situation für die Person A offen - oder sogar "falsch", da sie selbst keinen Eigennutz daraus zieht. Für dier Person Y wäre wegen des Eigennutzes die Situation "richtig".

So mag ein Utilitarismus den Eindruck erwecken, eindeutiger zu sein - doch ist letztlich auch Nützlichkeit kein absolutes Maß.

Mit vielen lieben Grüßen
EarthCitizen

Woher ich das weiß:Hobby

In der utilitaristischen Betrachtung würde man Mitleid (meiner Ansicht nach) genauso wie Leid auffassen, das wäre also etwas, das vermieden werden soll. Das liegt daran, dass Mitleid so betrachtet gleich zu Leid ist, nur mit der Besonderheit, dass dieses durch eine andere als die betroffene Person empfunden wird.

Letztlich liegt das aber an demjenigen, der etwas aus dieser utilitaristischen Sichtweise heraus beurteilt. Beispielsweise gibt es noch den Präferenzutilitarismus, der als Besonderheit noch Tiere bzw. weitere Lebewesen miteinbezieht, was sonst eher nicht der Fall wäre - daran sieht man vielleicht ganz gut, dass auch noch ein Stück weit Auslegung dabei ist.


sigma03  28.01.2021, 17:48

Zu Kant kann ich noch etwas ergänzen. Dem kategorischen Imperativ nach wären Mitleid und Leid getrennt voneinander zu betrachten. Leid ist im Fall des kategorischen Imperativs nur in speziellen Fällen zulässig, wenn man den universellen Grundsatz "Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne." beachtet. Weil eine allgemeine Akzeptanz von Leid nicht anzunehmen ist, muss dieses also begrenzt werden.

Wenn Leid gemieden wird, wird Mitleid auch verringert, weil es weniger Betroffene gibt, bei denen jemand anderes Mitleid empfinden kann. Das Empfinden von Mitleid ist etwas, das der gleichen Regel nach (also nach der Universalisierungsformel) nicht unbedingt abzulehnen ist. Lediglich das Leid, welches dazu führt, ist abzulehnen. Mitleid dient auch keinem egoistischen Motiv, sodass dieses auch mit dem Grundsatz des Selbstzwecks, "Handle so, dass du die Menschheit sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden anderen jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst.", vereinbar ist.

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Nutzer592 
Beitragsersteller
 28.01.2021, 17:32

Vielen Dank!

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deload  28.01.2021, 16:52

In der utilitaristischen Betrachtung würde man Mitleid (meiner Ansicht nach) genauso wie Leid auffassen

War auch mein erster Impuls. Was aber, wenn aufgrund von Mitleid mit Kindern in Afrika ein riesiges Hilfsprojekt ins Rollen kommt? Und somit unterm Strich das Glück überwiegt?

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sigma03  28.01.2021, 17:31
@deload

Es gibt durchaus Beispiele, bei dem der utilitaristische Ansatz nicht unbedingt sinnvoll angewendet werden kann. Das liegt aber nicht an meiner Auffassung, dass man Mitleid und Leid als gleich betrachten kann. Ganz gut kann ich das vielleicht aufzeigen, wenn ich das Mitleid aus deinem Beispiel in Leid umwandele.

Dann wäre es so, dass man hinnehmen würde, dass es einer Person schlechter geht, damit es ihr zu einem späteren Zeitpunkt besser geht (man schickt jemanden durch die Wüste, derjenige hungert einige Tage lang, erreicht dann aber eine Oase, in der er sich niederlassen und erholen kann, als Beispiel).

Das von dir angesprochene Problem betrifft also nicht die Sache mit Leid und Mitleid, sondern die Frage danach, welchen Zeitraum man betrachtet. Dann ist auch die Frage relevant, ob ein Zusammenhang zwischen dem Leid und einer Besserung der Gegebenheiten besteht, das heißt, wird es auf jeden Fall so sein oder ist es nur vermutlich so?

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Ich bin ein Millionen-Show Joker, der Aufsteht weil es sonst keiner tut, also nicht allzu ernst nehmen :D

Der Utilitarist würde Glück und Leid abwägen. Einerseits ist es zwar so, dass Mitleid - wie der Name schon sagt - in erster Linie Leid verursacht, anderseits aber Glück insgesamt massiv fördert, da Mitleid bzw. Empathie zB der Grund für Spenden, Hilfsprojekte oder schlicht das Retten eines Vogels mit gebrochenem Flügel sind. Dazu überwiegt das Leid des Betroffenen dem des Mitleidenden ja enorm.

Zur Prinzipethik bzw. Kategorischem Imperativ kann ich leider nichts sagen. Die Antwort/Erklärung würde mich aber insgesamt interessieren.


Nutzer592 
Beitragsersteller
 28.01.2021, 17:31

Ja an sowas habe ich auch gedacht. Vielen Dank hat sehr weitergeholfen :)

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