Umgang mit eigenen Erwartungen an Kinder
Stellt Euch vor, Ihr habt ein Kind. Und Ihr habt, ob Ihr wollt oder nicht, Erwartungen an das Kind. Erfolg in der Schule, beim Sport, viele Freunde usw. Das Kind erfüllt diese Erwartungen aber nicht so, wie Ihr Euch das wünschen würdet. Ihr macht Euch Gedanken über Eure eigene Haltung, versteht, dass die eigenen Ansprüche das eigentliche Problem sind. Aber: Ihr werdet diese Ansprüche nicht von heute auf morgen los! Heute und morgen und jeden Tag habt Ihr aber natürlich mit Eurem Kind zu tun. Und Kinder bemerken, wenn sie elterliche Erwartungen nicht erfüllen - egal, ob sie von Mama und Papa oberflächlich "gelobt" oder getröstet werden. Sie spüren irgendwann die Enttäuschung. Ist es deswegen besser... a) das Kind zu loben usw., eventuelle Enttäuschung weitestmöglich zu verbergen und an sich selbst zu arbeiten oder b) ehrlich zum Kind zu sein und vorsichtig und freundlich zu sagen, was man tatsächlich empfindet, nämlich dass man es liebt, aber denkt, dass es sich noch mehr Mühe geben muss. Dankeschön!
11 Antworten
Das ist eine sehr schwierige Sache. Viele Eltern wollen, dass ihr Kind das erreicht, was sie selbst nicht erreichen konnten und das ist gefährlich. Das Kind ist eine eigene Persönlichkeit und kann niemals so sein, wie die Eltern sich das wünschen. Wenn Du 5 Kinder hast, ist jedes anders, das eine kann die Erwartungen mehr erfüllen, als das andere.
Eltern sollten grundsätzlich versuchen, das Kind zu fördern, aber nicht zu irgendwelchen Dingen zwingen, was das Kind vielleicht gar nicht kann. Natürlich soll ein Kind gelobt werden, aber es muss ehrlich sein.
In dem Fall würde ich überlegen, ob ich nicht versuche entweder
- meine verpassten Möglichkeiten (oder fehlendes Können bei bestimmten Sachen)
oder
- mein eigenes Leben durch mein Kind nochmal "durchleben" möchte: ich war gut in X - also muss mein Kind auch gut in X sein.
aufzuerlegen.
Loben gehört für mich zu erzieherischen Manipulationsmitteln. Denn oft hat ein Lob in dem Zusammenhang den Zweck, das Kind dort hin zu führen, wo man es gerne hätte.
Wichtiger fände ich es, sich klar zu machen, dass das eigene Kind ein Recht auf sein eigenes Leben hat. Selbst, wenn mir das nicht immer gefallen mag. Ich kann auch sagen, warum ich meine Probleme damit habe. Nur ein "weil ich es besser weiß", sollte da tabu sein. Denn ich kann es in dem Fall nicht wissen.
Hi, tizenegy, immer schön gelassen bleiben und die Waage halten zwischen Für-/Zukunftssorge (was dich selbst betrifft für deine Kinder) und Unterstützung auf ihrem eigenen Weg (Eigenverantwortlichkeit des Kindes), um nicht den Kindern ihre Zukunft aus ihren Händen zu nehmen. Wenn du IHRE zu DEINER Sache machst, dann verlieren sie die Freude, daran zu bauen. Und wie schon einige vor mir bemerkt haben, sie bauen manchmal gar nicht so schlecht, eben anders als wir es uns vorstellen. Und oft ist der längere Weg, der der Geduld, der viel kürzere als der, der durch ein Machtwort scheinbar den Weg der Erfahrung abkürzen würde.
Hier ein Beispiel aus dem Leben: Meine Tochter hatte gerade eine weiterführende Schule begonnen, die sie dann Hals über Kopf abbrach, um mit 16 Jahren zu ihrem Freund zu ziehen, der bei seinen Eltern wohnte, in einer anderen Stadt. Zuerst war alles eitel Sonnenschein und viel besser als bei "uns". Langsam kehrte der Alltag ein und der Blick für die Wirklichkeit immer klarer! Dann kam der Augenblick, wo sie in eine Ehe hinein gezwungen werden sollte, alles mit Liebe und netten Worten, ... Da kam die ganze Verzweiflung heraus und sie hat mich um meine Meinung gefragt.
Bis zu diesem Zeitpunkt habe ich mich einfach darin geübt, mich zurück zu halten. Jetzt war die Versuchung sehr groß, ihr den Weg nach draußen zu zeigen. Aber, ich wollte den FÜR SIE kürzeren Weg, so habe ich die Lösung in ihre Hände zurück gegeben mit den Worten: "Wenn das Danach nicht mehr schlimmer sein kann, als das Jetzt, dann wirst du von selbst wissen, was du tun kannst."
Ich muss hinzufügen, dass sie damals nicht nur ins Elternhaus ihres Freundes gezogen ist, sondern auch die Schulform in eine gemeinsame (mit ihm) gewechselt hatte. (War seine Idee und hat keinen von beiden glücklich gemacht).
Nachdem der oben genannte Zeitpunkt der Erkenntnis dann irgendwann, mit mehreren Anläufen eingetreten war, hat sie sich von ihrer fast Schwiegermutter geschickt gelöst, ihrem Freund auch die Zeit gelassen, ihre Entscheidung zu verstehen, hat ihre ursprünglich verlassene Schulform wieder aufgenommen und gut zu Ende gebracht. Aber eben, aus eigener Entscheidung und Einsicht, aber eben ein paar Jahre später.
Sie hat sowohl in puncto Beziehung, als auch beruflich ihre Entscheidungen getroffen und ist heute zufrieden und lebt auch in einer glücklichen (anderen) Beziehung.
Natürlich kann man nie NICHT werten, frei nach Watzlawick. Aber hier ist freundliche Zurückhaltung angesagt und Weisheit gefragt. Vertrauen ist eine sehr empfindliche Pflanze, die nur unter großer Geduld gedeiht, aber sehr schmackhafte Früchte bringt, andererseits aber auch sehr zart ist und leicht zerstört werden kann.
Aber, das alles weißt du selbst auch, du bist dir nur nicht ganz sicher, ob du nicht einen wichtigen Zeitpunkt oder eine wichtige Handlung versäumst, wenn ich dich recht verstanden habe.
Wenn du dein Kind liebst, davon gehe ich aus und du deinem Gott vertraust und dir Weisheit von Ihm erbittest, dann wird Er dein Berater sein, in guten wie in schlechten Tagen!
Ein letzter Gedanke noch (kennst du sicher auch, nur zur Erinnerung):
"von dem deutsch-amerikanischen Theologen Reinhold Niebuhr (*21.06.1892 - t 01.06.1971) während des zweiten Weltkriegs verfasst:
God give me the serenity to accept what can not be changed, the courage to change what can be changed, and the wisdom to know the difference."
Wird auch fälschlicherweise als Oetinger-Gebet benannt.
(Näheres zur Zuschreibung des Autors - siehe: http://beat.doebe.li/bibliothek/w00868.html)
Frei übersetzt: Gott, gib mir die heitere Gelassenheit zu akzeptieren, was nicht verändert werden kann, den Mut, zu ändern, was geändert werden kann und die Weisheit das eine vom anderen zu unterscheiden.
Alle guten Wünsche auf dem Weg im Leben, Eltern zu sein.
Spar dir deine Erwartungen an deine Kinder.
Besser lebt es sich, wenn man seine Kinder nur alle Jubeljahre einmal sieht. Mein Sohn lebt bei seiner Mutter. Ich habe weder Besuchsrecht noch sonst eine Beziehung zu ihm.
@tizenegy ganz persönlich: Du hast ein gutes Gespür , vor allem aber eine gediegene elterliche Befähigung im Spannungsfeld "Wollen-Lassen-Können-Müssen". Ich gebe Dir keine Ratschläge, denn nichts anderes - als von Dir in Worte gefasst - ist ´richtiger´. Dazu eine kleine Begebenheit:Ich habe eine Zeitlang regional für eine Zeitung mitgearbeitet. Dann kamen die Abschlussfeiern in den einzelnen Schularten. Das Gymnasium strotzte mit Foto, Namen, Festansprache, Anschlussstudium und Sparte. Bei der Realschule war der Bericht nicht grad so groß, wohl aber die Huldigung ans Einjährige. Bei der Hauptschule alles mickrig. Da schlug meine Stunde in einer ziemlich vehementen Eingabe mit den Hinweisen: "..auch das sind Jugendliche, die stolz sind auf ihren Abschluss, auch die machen dual weiter, auch die haben ihre Perspektiven, und vor allem - sie bleiben hier in der Region, arbeiten im Handwek, bilden aus, inserieren bei Euch in der Zeitung,sind unverzichtbar....!" Ich habe dann gehört, es fand eine Art Blitzkonferenz in der Redaktion statt mit einem guten Ergebnis. Und heute? Ich bin mit der Berichterstattung zufrieden. Ich weiß, das war nicht Dein Petitum, wohl aber irgendwie passend ! Mein Gott, was habe ich Menschen kennen gelernt, bei denen das schulische Abschlusszeugnis nie das im Leben Erreichte hätte erahnen lassen! Das Gegenteil kam auch vor.