Überleben die Insassen eine Panzers einen Volltreffer mit einer Panzerfaust, wenn der Panzer zerstört wird?

4 Antworten

Natürlich geht das. Es gibt quasi kein deutsches Panzerass des II. WK dem nicht mindestes 1 Panzer unter dem Hintern weg geschossen wurde. Egal ob Wittmann, Knispel oder Carius um nur mal die Wichtigsten zu nennen.

Das ist auch heute nicht anders.

Ein Panzerfaustgeschoß besteht aus einer oder zwei Hohlladungen. Es detoniert außerhalb der Panzerung bei Berührung und durchschlägt diese mittels eines durch die Detonation ausgebildeten und ultraschnellen Kupferstachels.

Das Prinzip und die Wirkung werden hier recht gut erklärt:
https://www.youtube.com/watch?v=K-xhsmnVgXo

Ob die Besatzung überlebt, hängt stark davon ab, wo der Treffer sitzt, und ob sie von den Resten des Stachels oder durch ihn herausgerissenes Panzermaterial (=Splitter) getroffen werden. Wenn diese auf Hydraulikleitungen (=Öl) treffen, kann dies einen heftigen Brand auslösen, getroffene Munition im Panzer explodiert natürlich.

Es gibt aber auch Geschichten von Treffern des Kampfraumes, die Panzer und Besatzung relativ schsdlos überstanden hätten, was m. E. natürlich extremes Glück wäre.

Ob ein Panzerfaustgeschoß einen modernen Panzer durchschlägt, hängt ebenfalls von verschiedenen Faktoren ab, auch ob der Panzer mit einer Reaktivpanzerun ausgestatter ist und ob das Geschoß drauf ausgelegt ist (Tandemhohlladung)

Kurz gesagt, es gibt Chancen, einen "Volltreffer" von einer Panzerfaust zu überstehen, sie dürfte aber nicht sehr hoch sein.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Kommt auf die jehweiligen Umstände an....: sprich welches Fahrzeug, welche Waffe, wie wird das Fahrzeug getroffen.....

Aktuell wimmelt es ja leider bei Youtube quasi von live-Beispielen unterschiedlich erfolgreicher Angriffe auf Panzer- und gepanzerte Fahrzeuge und nicht selten kommt zumindest der Fahrer noch raus, manchmal sogar ein weiteres Besatzungsmitglied.

https://www.youtube.com/watch?v=fngPVC4V4Gk

Erstes Beispiel.....: der erste Schuß trifft den Panzer hinten rechts, ohne offensichtlich wesentlichen Schaden anzurichten. Der zweite Schuß trifft ihn hinten links....: dabei ist die Explosion deutlich stärker, zerstört aber lediglich die linke Kette. Nachdem der Panzer dann ein Stück zurücksetzt wird er rechts von der Seite getroffen, wobei dieser Treffer erkennbar durchschlägt. Es tritt zum einen nämlich Rauch aus der Kanone aus, offenbar war der Verschluß der Waffe offen. Gleich danach wird eine Turmluke geöffnet, auch hier tritt Rauch aus und ein Besatzungsmitglied versucht offenbar rauszukommen.

Dann ereignet sich in einer anderen Kameraperspektive eine weitere Explosion hinten links, woraufhin der Fahrer ausbootet.

https://www.youtube.com/watch?v=RKCwRVfVV3c

Zweites Beispiel....: der Panzer wird direkt von einer modernen Panzerabwehrwaffe getroffen, warscheinlich eine NLAW. Trotz direktem Turmtreffer und Entzündung zumindest eines Teils der Munition schaffen es zwei Besatzungsmitglieder raus...: einer läuft nach links, der andere nach rechts. Schaut man genauer hin erkennt man, daß auch ein drittes Besatzungsmitglied noch versucht aus dem Turmluk zu kommen, der schafft es aber nicht mehr.

In der Regel nicht. Wenn die Panzerfaust die Panzerung durchdringt sind die Insassen auf der Stelle tot. Dringt sie nicht ganz durch besteht aber immer nch die Gefahr, durch umherfliegende Splitter schwer verletzt zu werden.

Konkret: wenn die Ukrainer mit einer deutschen Panzerfaust3 einen russischen T72 beschießen, haben die Insassen so gut wie keine Überlebenschance.


pendejo  18.03.2022, 22:39

Auch bei einem Durchschlag muß die Besatzung nicht zwingend tot sein. Es kommt drauf an, wo der Treffer sitzt, und ob und wieviel sie von der Wirkung der Hohlladung abbekommt.

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Basti845 
Beitragsersteller
 18.03.2022, 22:06

Gibt es dann innen noch eine Explosion. Oder warum? Ich dachte immer, dass da lediglich ein Loch reingebrannt wird.

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bmke2012  18.03.2022, 22:10
@Basti845

Moderne Gefechtsköpfe sind so ausgelegt, dass Sie erst im Inneren das Fahrzeugs explodieren.

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Hamburger02  18.03.2022, 22:16
@Basti845

Der in der Hohlladung erzeugte Metallstrahl ist sehr heiß und durchdringt mit einem enorm hohen Druck den Stahl, sodass sich dieser durch den hohen Duck der Ladung wie eine Flüssigkeit verhält. Im Inneren des Panzers entlädt sich dann dieser ungeheuer hohe Druck (ca. 200 GPa = 2000 bar) schlagartig und das ist wie eine Explosion. Zusätzlich kommt die enorme Hitze des Geschosses, sodass meistens die gesamte Munition im Panzer hochgeht.

Hier kannst du die Wirkung am Ende des Videos sehen:

https://www.youtube.com/watch?v=g5IIlpuhgCQ

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pendejo  18.03.2022, 22:30
@bmke2012

Nein, eine Hohlladung detoniert vor der Panzerung.

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pendejo  18.03.2022, 22:36
@Hamburger02

Im ersten Teil gut erklärt, aber der Druckanstieg innerhalb des Panzers ist gering, auch die "Hitze des Geschosses" bleibt draußen. Im Panzer wirken der HL-Stachel sowie herausgerissene Fragmente der Panzerung.

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gonzo1233  29.01.2023, 22:14
@pendejo

Hallo pendejo, der Hamburger hat das perfekt beschrieben, auch den Druck- und Temperaturanstieg im Inneren durch den Plasmastrahl.
Dass die Hohlladung beim Auftreffen auf die Panzerung gezündet wird ist klar, sie soll ja ein Loch reinschneiden.
Lese dich ruhig ein in die Militärtechnik oder bewerbe dich beim Militär - ist sehr spannend und lehrreich.

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pendejo  29.01.2023, 23:39
@gonzo1233

Hallo Gonzo!

Hat er nicht. Es gibt viele Mythen zur Hohlladung. Der sog. Hohlladungsstachel (oder engl "Jet") ist kein Plasma. Er ist schlicht mit brutalem Druck und Geschwindigkeit (durch die Sprengstoffdetonation) verformtes und beschleunigtes Kupfer, das dadurch und die Kegelform in einen flüssigkeitsähnlichen Zustand ("duktil") gelangt. Das Material bleibt aber eigentlich in "festem" Aggregatszustand.

Die enorme Durchschlagskraft der Hohlladung kommt von der hohen Geschwindigkeit des Stachels (und seiner Masse), der dadurch das Material der Panzerung ebenfalls nicht etwa mechanisch durchschlägt, sondern "verdrängt", es reagiert dabei ebefalls fast wie eine Flüssigkeit, obwohl auch sie fest bleibt.
Das gleiche passiert beim Durchschlag eines KE- bzw. "Pfeilgeschosses" (Treibspiegel), aufgrund dessen hoher Geschwindigkeit, und das ist dabei definitiv nicht flüssig.

Selbst unter der Annahme, der Kupferstachel wird dabei einige tausend Grad heiß, ist dessen Hitzewirkung (im Sinne von Erwärmung des Innenraums) zu vernachlässigen, da nur einige dutzend Gramm eindringen werden. Auch der Druckanstieg durch die Detonation des Geschosses wird gering sein, da der Schußkanal nur ein paar Zenitmeter Durchmesser haben wird.

Was im Panzer tatsächlich wirkt, ist punktuell der Stachel, sowie Splitter und Fragmente mit hoher Geschwindigkeit von ihm selbst und der durchschlagenen Panzerung, die an sich durch die mechanische Belastung allerdings sehr heiß sind. Den Rest kannst Du meiner Antwort auf die Frage entnehmen.

Es ist nett, daß Du mir "Einlesen in Militärtechnik" empfiehlst oder gar eine Bewerbung beim Militär, aber das wird nicht nötig sein, ich bin schon dort.
Ja, es kann dort auch spannend und lehrreich sein, manchmal mehr, als man sich wünscht. 😉

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Hamburger02  29.01.2023, 23:55
@pendejo
Selbst unter der Annahme, der Kupferstachel wird dabei einige tausend Grad heiß, ist dessen Hitzewirkung (im Sinne von Erwärmung des Innenraums) zu vernachlässigen, da nur einige dutzend Gramm eindringen werden. Auch der Druckanstieg durch die Detonation des Geschosses wird gering sein, da der Schußkanal nur ein paar Zenitmeter Durchmesser haben wird.

Dann guck dir mal dieses Video an, insbesondere ab 2:50:

https://www.youtube.com/watch?v=VpFYTx_OoVU

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pendejo  30.01.2023, 00:33
@Hamburger02

Ich weiß nicht, mit welche Art "Panzerfaustexperten" wir es hier zu tun haben. Er kann Schießen und ist offensichtlich aus der Produktion, mehr geht aus dem Film nicht hervor. ich für meinen Teil vertraue eher meinen Ausbildern und den mir bekannten Munitionsexperten, sowie meiner Erfahrung mit dem Zeug.
Die Ausbildung des Hohlladungsstachels (3:30) ist schon mal falsch dargestellt, und die Aussage "Begleitet von einer Druckwelle von 10 Mio Athmosphären" kurz danach im Prinzip ebenso, denn dieser Druck herrscht in der Detonationsfront des Sprengstoffs, aber sicher nicht im innern des Panzers, zumal die Detonation zu dem Zeitpunkt, wenn der Stachel die Innenwandung durchschlägt, bereits abgeschlossen sein wird. Natürlich wirds da drin einen ordentlichen Schlag tun, und ich möchte da nicht drin sitzen, aber daß allein durch "Hitze und Druckwelle" die Insaßen zwangsläufig tot oder schwer verletzt sein müssen, ist nicht zutreffend.

In Afghanistan wurde ein Tansportpanzer Fuchs der Bw von einer Panzerfaust (PG 7) von hinten getroffen. Soweit ich mich erinnere, war der Soldat, der direkt vor der Einschlagstelle saß, tot, die anderen Soldaten innerhalb des Panzers, die nicht von dem Stachel getroffen wurden, aber nur leicht verletzt.

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