Therapeutin vom missbrauch erzählen?

2 Antworten

Eine gute Therapeutin wird nicht über deinen Kopf hinweg mit der Polizei reden. Sie wird eventuell mit dir darüber reden, ob du über eine Anzeige nachgedacht hast und was dich davon abhält. Wenn du dafür noch nicht bereit bist, wird sie eher daran arbeiten, dass du dir über die Situation klar wirst und selbst entscheiden kannst, ob und wann du den Täter anzeigen kannst. Wenn es komplizierte familiäre Verstrickungen gibt, wenn es z.B. ein Familienmitglied ist, dass du jetzt als schutzbedürftig einstufst oder vor dem du noch immer Angst hast, wird sie eher daran arbeiten, dass DU diese Gefühle verarbeiten kannst und dann eine mündige(re) Entscheidung treffen kannst. Außerdem hat sie eine Schweigepflicht. ich denke mal, dass schließt eine Anzeige ein, die sie ja nur aufgrund deiner Erzählungen machen könnte - und deine Erzählungen könnten auch erfunden oder fehlerhaft sein (Hörensagen). Zudem erinnert man sich auch oft falsch und es können einem falsche Erinnerungen eingeredet werden. Das alles dürfte verhindern, dass eine Therapeutin sofort zur Polizei rennt, wenn sie etwas erfährt.

Ich war vor Jahren mal in Therapie, weil ich in der Schule und im Prinzip zu Hause von meinem Stiefvater gemobbt wurde (er wog dreimal so viel wie ich, bedrohte mich, schubste mich herum, packte mich im Nacken usw. bis ich weinte oder Tränen zeigte). Nachdem ich mehrfach mit ihr darüber gesprochen, aber nie Wünsche geäußert hatte - dachte immer, sie ist ja die Expertin und muss den ersten SChritt tun - hatten wir eine Familienbesprechung. Wohlgemerkt, ich hatte auch ein paar Mal in den Therapiestunden geweint, obwohl ich das so gut es ging verhinderte. Jedenfalls war das wörtliche Fazit der guten Frau, die mich in den Stunden immer bedauerte, auf Nachfrage meiner Mutter hin, was denn nun in der Familie nicht stimme "das wissen Sie besser als ich". Folge davon war, dass sich nichts änderte und das Thema auch nicht weiter besprochen wurde. Von daher denke ich mal, dass ein Therapeut sich sehr, sehr lange zurückhalten wird und der Patient eine Einmischung bzw. aktive Handlung über die Therapiestunden hinaus ausdrücklich wünschen muss.

Hallo luliop,

das ist eine Frage, die ich nicht gerne beantworte. Ich wünschte, ich bräuchte solche Fragen nicht sehen, es tut mir unglaublich leid, was deine Schwester durchleben musste.

Ich versuche alles zu beantworten, was ich meine zu wissen.

Ich kann mit gut vorstellen, dass die Therapeutin genau nachfragt, denn Erlebnisse wie diese haben immer eine Auswirkung auf die Psyche, immer. Und deinen Verwandten würde ich gerne mal ein paar Takte erzählen. Es geht weder um Drama, noch um die Schwere. Wenn sexueller Missbrauch stattgefunden hat, werden Narben auf der Seele zurückbleiben, so schwammig sich das auch anhört.

Es gibt Menschen, die scheinen damit leben zu können, ich gehöre auch dazu. Und dennoch wird es ein Teil bleiben, den man niemals hätte erleben wollen. Ich zucke noch heute zusammen, wenn ich seinen Vornamen höre. Dabei ist das Ganze jetzt schon knapp 20 Jahre her.

Die Therapeutin unterliegt der ärztlichen Schweigepflicht, solange sie eine drohende Straftat oder eine Gefahr für Leib und Leben abwenden kann. Ist deine Schwester denn schon in Therapie oder ist das der Plan? Ist sie wegen des Missbrauchs in Therapie? Eine Therapie kann im Allgemeinen nur dann wirkungsvoll funktionieren, wenn man die Karten auf den Tisch legt.

Liebe luliop, der richtige Weg ist schwer und steinig, aber wer auch immer ihr etwas angetan hat, egal ob es laut Definition schwerwiegend ist oder nicht, gehört zur Rechenschaft gezogen. Primär, um deiner Schwester zu helfen mit dem Thema so weit abzuschließen, dass sie einigermaßen unbeschwert leben kann und zum Weiteren, um andere Mädchen, Jungen, Kinder vor dem Täter zu schützen.

Ich wünsche euch beiden viel Kraft und Nerven, haltet zusammen und passt aufeinander auf.


luliop 
Beitragsersteller
 20.09.2018, 00:12

Sie hat vor kurzem die Therapie begonnen. Danke. Du scheinst unglaublich stark zu sein. ♡ Ich wünsche mir dieser Art von Missbrauch gäbe es auf der Welt nicht mehr.

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