"Teufelskadenz" bestimmte Notenfolge im mittelalter verboten?

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Es mag sein, dass so etwas vereinzelt einmal vorkam, ist mir als Musikhistoriker aber nicht bekannt - und ich halte die Verbindung einer Kadenz, die per definitionem etwas Konsonanzbezogenes und Entspannendes in sich birgt, für recht unwahrscheinlich.
Denn als "teuflisch" wurden in Antike und Mittelalter nur dissonierende musikalische Klänge oder Tonsprünge angesehen: Die Antike beschreibt die Musik der Unterwelt als laut, geräuschhaft, brüllend und schreiend; Das Mittelalter sieht den Teufel seinen Einfluss auf Mönche ausüben, wenn diese im Choralsingen falsch intonieren, und das Intervall des Tritonus, das schon in Platons Politeia in der Symbolzahl 729 zur Beschreibung der Tyrannenseele dient, nennt die Mittelalterliche Musiktheorie "Diabolus in Musica".
Es wäre also nur eine entsprechend dissonante und nicht stilkonforme Musik im Mittelalter verboten worden, von so einer Musik ist m.W. nichts überliefert, da es auch dem Geist und der intellektuellen und ästhetischen Grundhaltung des Mittelalters und der Renaissance extrem widersprochen hätte.

Im 19. Jahrhundert kehrt das Prinzip des "Fautsischen" und des "Teuflischen", romantisiert erotisch aufgeladen, im Geniekult des Virtuosentums wieder. Vorläufer, etwa G. Tartinis "Teufelstriller-Sonate", gab es bereits im 18. Jahrhundert. Als bekannteste typisch "diabolische" Virtuosengestalten im 19. Jh. gelten freilich N. Paganini oder F. Liszt. Von einer "Teufelskadenz" ist in Zusammenhang mit solchen Virtuosen aber auch eher selten die Rede. In einer 1840 erschienenen literarischen Erzählung von einem J.J. Kern über einen fiktiven französischen Violinvortuosen ("Der Violinspieler Karl Pitois") ist beispielsweise explizit die Rede von einer Teufelskadenz, die dieser mit Leichtigkeit gemeistert habe. Hier ist jedoch von einer Kadenz als Solokadenz in einem Violinkonzert die Rede...