Soll ich meinem Freund alles sagen?
Hallo zusammen,
ich habe einen Freund und wir vertrauen uns sehr, wie es in einer Beziehung sein sollte. Aber er ist sehr abhängig und meine Gefühle sind seine Gefühle. Das heißt auch, wenn es mir schlecht geht, geht es ihm auch schlecht.
Das Problem bei mir ist, dass ich in schwierigen Verhältnissen aufgewachsen bin und immer noch darin lebe. Ich hatte mit Depressionen zu kämpfen, die sich zwar gebessert haben, aber mich immer noch belasten. Außerdem habe ich ein sehr schlechtes Selbstwertgefühl. Wegen all dem fühle ich mich fast jeden Tag schlecht.
Wir sagen uns jedes Mal, dass wir uns immer schreiben sollen, wenn es dem anderen schlecht geht und dass wir nichts verheimlichen sollen. Aber meine Sorge ist, dass ich ihn vielleicht mit meinen Gefühlen überfordere, ihn jedes Mal schlecht fühlen lasse und er sich irgendwann von der Beziehung distanzieren will, weil er merkt, dass sie ihm nicht gut tut.
Ich habe schon mit ihm darüber gesprochen und er meinte, dass das in Ordnung ist, aber ich mache mir trotzdem Gedanken darüber. Soll ich ihm wirklich alles sagen? Über alles, was mich zum Nachdenken bringt?
Persönlich habe ich kein Problem damit, meine Gedanken und Gefühle mit ihm zu teilen, aber wie oben beschrieben, macht es mir große Sorgen. Wie soll ich vorgehen?
4 Antworten
![](https://images.gutefrage.net/media/user/Wintervibes/1703083297108_nmmslarge__0_0_1932_1932_2084a987e835783fe075c74a68755187.jpg?v=1703083297000)
Erzähle ihm einfach ganz genau das, was du uns gerade erzählt hast. Ganz ehrlich. Er hat wahrscheinlich einfach die rosarote Brille auf, und wenn er deine Gefühle auch als seine empfindet, ist das eigentlich richtig süß, aber wenn es dir zu viel wird oder du Angst hast, dass dadurch alles noch komplizierter wird, dann rede mit ihm.
![](https://images.gutefrage.net/media/user/Huxxx/1708163431706_nmmslarge__0_0_416_416_a8e8d53ac101fab81d1ec456e7ccd282.png?v=1708163432000)
Vertrauen ist einer der wichtigsten Grundpfeiler einer guten Beziehung. Das muss vorhanden sein um Gedanken und Gefühle auszutauschen und sich auch zu öffnen und zu offenbaren.
Wenn Du dieses Vertrauen uneingeschränkt hast, solltest Du Deinen Freund in Deine Gefühlswelt einweihen. Es wird ihn nicht überfordern und Du darfst auf sein Verständnis und seine Hilfe hoffen und es wird leichter für Dich, wenn Du Deine Ängste und Gedanken teilen kannst.
Ehrlichkeit erfordert manchmal auch Mut, der sich in einer Partnerschaft aber auch meist auszahlt.
![](https://images.gutefrage.net/media/user/Tigerkater/1444743969_nmmslarge.jpg?v=1444743969000)
In einer richtigen Freundschaft oder Beziehung sollte man über alle persönlichen Probleme sprechen können.
![](https://images.gutefrage.net/media/user/Geheymrath/1619041671915_nmmslarge__0_0_213_213_2bb4c936f3d09d80cb9fd22c15fc3826.jpg?v=1619041672000)
Nur eine Gegenfrage, zu Deiner eigenen Selbstkontrolle: Bist Du selber sicher oder glaubst Du zumindest, dass er Dir alles sagt und anvertraut? -
Eure tiefinnige herzverbundene Freundschaft ist ein wudervolles Geschenk, und Ihr solltet beide daran festhalten!
Ich nehme an, dass Eure Freundschaft noch verhältnismäßig "jung" ist und Dein Freund Dir im Augenblick in irgend einer Weise näher steht, als es Dir vielleicht lieb ist - oder lieb sein sollte. Dies solltest Du als ein zurückhaltendes, aber durchaus schicksalsentscheidendes Zeichen dafür sehen, dass er Dich unbewusst(?) einnehmen und Dich quasi ganz allein für sich selbst haben möchte - womit bereits - noch unbemerkt - das zerstörerische Gift der egoistischen Eifersucht in ihm heraufzusickern beginnt...
Aber nichts ist tödlicher für jegliche lebendige, gesunde und stabile Beziehung, und von daher ist es nur verständlich und völlig folgerichtig, dass Du, indem Dein Freund Dich dazu drängt, ihm nur ja auch dann immer von Dir Bescheid zu geben, wenn Ihr körperlich voneinander getrennt seid, ein ungutes Gefühl hast; denn mit diesem unguten Gefühl spürst Du bereits, sehr zart aber bestimmt, Dich von der Fessel des Gebunden-Werdens berührt... -
Nun ist es zunächst vor allem wichtig für Dich, die Dinge so laufen zu lassen, wie sie es gerade tun, ohne freilich dabei Deine Souveränität über Dich selbst zu verlieren. Sei gelassen, wachsam und feinfühlend, ohne übervorsichtig und überempfindlich zu sein. Schreibe ihm, wenn er es möchte; schon aus reiner freundschaftlicher Liebe. Und lese seine Fragen "zwei mal", bevor Du antwortest...! -
Matthias Claudius, ein großartiger Menschenfreund und Christus-Verehrer, hat seinem ältesten Sohn Johannes, als dieser sein Vaterhaus verließ, einen klugen weisheitsvollen Rat mit auf den Weg gegeben:
Sage nie alles was du weißt, aber wisse immer, was du sagst! -
Ich selber habe mir diesen goldenen Spruch als eine meiner Lebensmaximen auf die Stirn geschrieben - und ich kann nur jedem andern - Freund oder Feind - dazu ermuntern, dasselbe zu tun. Denn der Mensch ist ein freies Wesen, und zur Wahrung seiner individuellen Eigenständigkeit zählt das fundamentale Recht auf private Intimität und Emanzipation, auf selbsteigene Dinge und Geheimnisse, die niemandem zwischen Himmel und Erde etwas angehen. -
Ich wünsche von ganzem Herzen, dass Ihr beide diese Botschaft versteht und freimütig annehmt - mit-einander und für einander!
Wohlmeinend Dein
Geheymrath