Seid ihr frustriert, dass nicht mehr in den Stilen aus der Zeit bis 1918 gebaut wird?
Hallo,
ich meine Fachwerkhäuser über Renaissance-Gebäude und barocke Bürgerhäuser bis hin zu Gründerzeitvierteln.
Jeder dieser Stile hatte, nach meinem rein persönlichen Geschmack, seinen Reiz. Mich würde die heutige Architektur weniger stören, wenn es die Verluste durch den Zweiten Weltkrieg nicht gegeben hätte und an den Stellen vieler schlichter Gebäude vorher einfach nichts gestanden hätte. Aber unsere Städte würden heute, in sanierten Zustand, ohne Zerstörung und Abriss vermutlich perfekt aussehen. Das sieht man oft dort, wo die Bausubstanz erhalten ist oder originalgetreu wiederaufgebaut wurde (z. B. Lübeck, Bergmannkiez in Berlin, auch Dresdner Neumarkt im Großen und Ganzen).
Selbst wenn mal irgendwo zwei Altbauten nebeneinander stehen, wirkt das nicht so wie früher, wenn heute daneben Nachkriegsbauten stehen.
Es geht hier nicht um die technische Qualität / nicht um die Qualität der Bauausführung, sondern ausschließlich um die Ästhetik.
Hier ein gutes Beispiel von typischer Nachkriegsbebauung und Vorkriegsbebauung:
8 Stimmen
3 Antworten
Bei uns wird nicht wesentlich anders gebaut weil der Stil sonst leiden würde: Weltkulturerbe... :)
Wo? In der Stadt Europas in der während WK2 so gut wie nichts kaputtging...
Seid ihr frustriert, dass nicht mehr in den Stilen aus der Zeit bis 1918 gebaut wird?
Ja und Nein. Ich verstehe, was du meinst, und ich empfinde durchaus ähnlich. Gerade in der Nachkriegszeit wurde viel, selbst mittelalterliche Bausubstanz, die den Bombenkrieg überdauert hatte, aus heute nicht mehr plausiblen Gründen von überheblichen, traditionslosen "Modernisierern" vernichtet. Hannover ist ein besonders abschreckendes Beispiel, aber auch viele Ruhrgebietsstädte sind es. Heute werden solche Bausünden vielfach bedauert, aber aus Kostengründen nicht mehr korrigiert.
Dabei gibt es positive Beispiele, dass man wenigstens ein gewisses traditionelles Flair erhalten bzw. wiederherstellen kann. Mir sind solche Beispiele vom Niederrhein bekannt, aber herausragend und sich der überbordenden Modernisierung entgegenstellend ist das leuchtende Beispiel von Münster!
In neuerer Zeit und in Erkenntnis, was eine historische Altstadt für die Menschen bedeutet, hat sich Frankfurt hervorgetan. Zunächst höchst umstritten, zeigt sich heute, dass der kleine Teil der wiederaufgebauten Altstadt ein großer Gewinn für die Stadt ist und auch Touristen anlockt. Man kann nur hoffen, dass dieses Beispiel Schule macht, aber ich bin nicht sehr zuversichtlich, wenn ich in meine Heimatregion schaue, in der fast überall viel Geld für mannigfachen Unfug verschwendet wird, statt für Sinnvolles, etwa zur Beseitigung von Schandbauten, zur Verfügung zu stehen.
Noch ein Wort zur Nachkriegsarchitektur: Auch damals war nicht alle Baukunst grauenhaft. In einigen Städten meiner Region gibt es Siedlungen in Vorstädten, die in gutem Zustand erhalten sind und durchaus, nicht zuletzt durch großzügige, damals mitgeplante Grünanlagen, schön und erhaltenswert sind. Selbst in manchen Stadtkernen findet man Bauten, die wegen ihres an die Nachkriegszeit angepassten, mehr repräsentativen Bauhausstils sehenswert sind.
Allerdings kenne ich auch Stadtkerne und Stadtteile, da würden nur noch der Bagger und Neubauten helfen. 😉
In zeitgenössischer Architektur kann man auch gut leben.
Disneyland und Revanchismus wie das Stadtschloss in Berlin lehne ich ab.
Alles hat seine Zeit.