Seid ihr als Alleinerziehende überfordert?

6 Antworten

Überfordert nicht, aber es kostet schon reichlich Energie alles unter einen Hut zu bringen, erst recht bei Vollzeitarbeit. Ich hab mich noch in Abendfernstudium weiter gebildet. Im Nachhinein weiß ich gar nicht, wann ich geschlafen habe. Aber geht alles

Als Erzieherin bin ich manchmal mit 32 Kindern allein, ansonsten nur mit 19 Kindern. Ich erlebe viele Mütter, nicht nur alleinerziehend, die mit ihren Kindern nicht klar kommen. Ganz besonders deutlich wurde das während des Lockdowns, wo die Leute mit ihren Kindern lange Zeit allein waren.

Auch sonst wenn die Abholsituation ist kommt manchmal eine Mutter, steht in der Türe und schaut erstmal. Und dann kommt der Spruch, ich weiß manchmal nicht wie sie das machen, bei mir funktioniert es nicht mal mit einem Kind.

Nun könnte man sagen, sie hat es gelernt.....
Erziehung muss man nicht erst lernen. Das haben schon Generationen von Eltern vor Erziehern geschafft, denn Kindergärten gibts noch nicht lange. Der erste wurde 1840 Eröffnet.

Was kann man machen wenn die Situation einen immer überfordert?

Situationen die überfordernd sind haben ein Problem. Sie sind unstrukturiert, das Vorher und Nachher unterliegt keinem Plan und es gibt keine festen Regeln und Konsequenzen. Hinzu kommt das auf abgesprochene Dinge meistens Ausnahmen kommen und die Kinder nicht mit einbezogen werden in die Pläne der Mutter/Eltern.

Kleines Beispiel: Die Mutter will mit dem Kind einkaufen. Sie sagt, wenn du lieb bist darfst du dir was aussuchen. Sie hofft das im Laden dann Ruhe ist. Das Gequengel und Geschrei zieht sich aber durch alle Gänge. Die Leute gucken, die Mutter fleht, sei bitte leise, die Leute gucken schon, schön lieb sein. Das Kind hört nicht. Die Mutter besticht, wenn du schön leise bist bekommst du dieses und jenes. Das Kind hört nicht, die Mutter fährt an diesem und jenem Artikel vorbei und das Geschrei wird lauter. Die Mutter droht, wenn du nicht endlich still bist gehen wir sofort aus dem Laden. Nichts passiert, stattdessen fährt sie mit dem Wagen zu einem der versprochenen Teile gibt es dem Kind, aber das Kind hört dennoch nicht auf, weil es bis nach dem Kassenvorgang warten muss ehe es ausgepackt werden darf.

Was hat die Mutter die ganze Zeit gehabt? Chaos pur, Stress und vielleicht auch Ärger weil sie von anderen Kunden angesprochen wurde.

Das kann man alles umgehen. Je nach Alter des Kindes kann man es mehr oder weniger in den Einkauf und in die Planung mit einbeziehen. Das geht auch schon mit einem dreijährigem Kind. Das beginnt schon daheim. Wenn man plant was man braucht einfach mal das Kind fragen. Man kann dem Kind einen Zettel hinlegen und einen Stift und man lässt es mit planen. Wenn das Kind die Abläufe daheim schon kennt, dann sagt es vielleicht, wir brauchen Wurst oder Butter. Es ist egal was das Kind sagt, in diesem Schritt gehts erstmal nur um die Beteiligung. Das Kind wird gehört. Dann kann man Regeln aufstellen für den Einkauf. Das macht man auch vorher, nicht wenn man schon vor der Ladentür steht.

Es wird nur mit den Augen geschaut, nicht mit den Händen. Wir flüstern, damit die anderen Menschen nicht schimpfen. Wir rennen nicht durch den Laden, damit keine Unfälle passieren. Wenn die Regeln nicht eingehalten werden verlassen wir umgehend den Laden. Das Kind kann beteiligt werden sofern es an die benötigten Sachen heran kommt. Hole bitte dieses oder jenes und lege es in den Wagen.

So oder ähnlich könnte das ablaufen. Je nach Bedarf der Mutter. Was man hier sieht ist, das Regeln und Grenzen gesteckt werden und das Kind weder bedroht noch bestochen wird.

Was passieren muss ist, das nicht nur das Kind sich an die Absprachen halten sollte, sondern auch die Mutter. Das Kind wird es die ersten paar Male austesten. Und hier kommts drauf an wie die Mutter reagiert. Fällt sie in alte Muster zurück oder führt sie das durch was sie dem Kind gesagt hat?

Wenn sie in alte Muster fällt merkt das Kind, OK, ich bin mit meinem Willen stärker. Ich muss mein Verhalten nicht ändern, am Ende macht sie doch was ich will. Geht sie aber mit dem Kind kurz raus bis es sich beruhigt hat merkt das Kind, OK, ich komme mit dem Verhalten nicht weiter, sie macht nicht was ich will.

Selbst ich habe das mit 19 Kindern am Stück schon durch. Jedes mal wenn ich nach den Sommerferien neue Kinder bekomme mache ich das einmal durch. Es gibt immer 1-2 Kinder, die packen das nicht, weil sie es von Zuhause nicht anders kennen. Ich lasse dann den Wagen im Laden stehen, gebe der nächstbesten Mitarbeiterin bescheid das ich gleich wieder drin bin sobald das Kind mit schreien aufhört und dann gehen wir raus bis das Kind sich beruhigt hat. Es werden die Regeln nochmal angesprochen und gut ist, danach gehts wieder rein. Die Kinder probieren das 1-3 mal und dann haben sie gemerkt, OK, es geht nicht weiter wenn ich nicht aufhöre. Fakt ist auch, wenns länger dauert können wir andere Dinge nicht mehr machen. So sind wir einmal erst kurz vor dem Mittagessen wieder in der Kita gewesen und die Kinder konnten nicht mehr raus in den Garten vorm Essen. Was passierte war, das die Kids sauer waren auf das eine Kind und das eine Kind dann gemerkt hat, Ok so gehts nicht. Die spielen nimmer mit mir und ich hab auch kein Spaß im Garten mehr gehabt. Das Kind hat gelernt, das bei Verzögerungen andere Dinge nicht stattfinden können.

Mit anderen Worten, so viele Lerneffekte durch eine einzige Grenze und eine Konsequenz und die Gewissheit, beim nächsten Mal wirds anders sein. Das Kind wird sich dran erinnern.

Und so ist das mit vielen Dingen. Und man kann das System zuhause gut übernehmen. Regeln und Grenzen mit den Kindern absprechen, Konsequenzen mit den Kindern absprechen, damit sie eine Wahl haben sich an das zu halten, oder die Konsequenz zu wählen. Kinder brauchen Grenzen und Konsequenzen zum Lernen. Es ist nicht schlimm wenn dem Kind eine Grenze und eine Konsequenz zu setzen, weil wenn das Kind lernt, das die Mutter eine Grenze hat, dann kann das Kind auch eine Grenze haben und das Kind lernt so durch das Vormachen der Mutter/der Eltern, das es seine eigenen Grenzen auch benennen kann und auch für andere Konsequenzen setzen kann. ZB wenn das Kind in der Schule später an seine Grenzen kommt mit anderen Kindern kann es dem anderen Kind als Konsequenz auch eine Grenze setzen und sagen bis hier her und nicht weiter.

Das hier genannte Beispiel dreht sich jetzt nur ums Einkaufen. Letztlich funktioniert es aber in jedem Bereich. Ein Ja muss ein Ja bleiben, ein Nein muss ein Nein bleiben und dem Kind müssen Regeln und Konsequenzen bekannt sein. Es darf keine Ausnahmen geben. Wenn der Tagesablauf dann durchstrukturiert ist, dann klappts auch ohne Überforderung.

Oft wird die Frage gestellt, warum heutzutage so viele Mütter mit den Kindern überfordert sind und das damals nicht so war. Das liegt daran, das damals die Kinder nicht so lange von den Müttern getrennt waren wie das heute der Fall ist. Die Erziehung wird viel zu früh und viel zu lange die Hände von Erziehern gelegt. In meiner Kita haben wir schon 6 Monate alte Kinder die die komplette Zeit von 11,5 Stunden bei uns sind. Die Mutter bringt das Kind zu 6 Uhr, holt das Kind um 17.30 Uhr ab und hat es dann noch 2-3 Stunden ehe es schläft. Im Babyalter mag das noch gehen, aber spätestens wenn das Kind sprechen lernt und trocken wird ist diese Handlung Gift fürs Kind. Die Mütter haben meist keinen Bezug zu den Kids. Sie sehen in der Einrichtung klappt es. Sie bekommen von den Erziehern gesagt, das Kind ist eins der Liebsten in der Gruppe aber daheim oder bei Ausflügen in die Umgebung oder beim Einkauf ist dann Schluss und das Kind flippt rum. Früher waren die Kinder länger bei den Müttern, waren zumindest im Westen, als West und Ost noch getrennt waren, bei den Müttern ab Mittags und das Kind war in Obhut und unter Erziehung bei der Mutter bzw den Eltern. Die Kinder wussten genau wo die Grenzen waren und wie sie sich verhalten mussten. Nur sehr selten ist man da nach rechts oder links im Verhalten ausgebrochen. Durch lange Kita und Schulzeiten und vollgepackte Betreuungszeiten geben die Eltern diese Wertvolle Zeit mit dem Kind ab. Hinzu kommt noch, das wir derzeit in einem Digitalem Zeitalter leben. Selbst wenn Zeit für gemeinsame Aktivitäten ist wird das Kind vor Handy, Computer oder TV abgeladen.

Und wenn ich eine Prognose wagen darf.... Es wird in Zukunft, was die Überforderung der Mütter betrifft, noch schlimmer werden. Weil die Kids die heute bei ihren Eltern die Regeln nicht gesetzt bekommen und Überforderung aufkommt, die werden später die Eltern sein, die das nicht mal mehr gelernt bekommen haben und dann erstrecht überfordert sind. Das es so kommen wird lässt sich anhand der Vergangenheit sehen. Ich arbeite seit 20 Jahren in diesem Beruf und die Kinder, welche mit solch einem Verhalten in die Gruppe kamen, wurden von Jahr zu Jahr mehr.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Ich war es sehr, weil ich seit der Schwangerschaft alleine war, Wohnung suchen musste, später Arbeit gesucht hab und leider Familie mich eher kritisiert und verunsichert hat. Ich hab damals nicht wirklich jemanden gehabt, bei dem ich mich mal ausheulen konnte. Und im Nachhinein war ich einfach viel zu streng mit mir selber und permanent angespannt. Ich finde, ein bisschen Ruhe und Gelassenheit ist aber sehr wichtig


Gottistgut 
Fragesteller
 09.01.2023, 08:58

Wie gehts dem Kind heute?

0
Marudo2603  09.01.2023, 09:44
@Gottistgut

Lebt leider beim Vater, der auf Nachfrage nicht viel erzählt, daher bekomme ich leider nicht so viel mit wie ich gerne würde. Ein paar Sachen im Umgang mit ihm gefallen mir nicht. Anscheinend geht es ihm gut. Ich hoffe, dass es tatsächlich auch so ist.

Kann nur jedem empfehlen, sich Hilfe zu suchen. Meine Probleme wurden oft klein geredet à la "es gibt schlimmeres" - ich dachte, ich muss die Zähne zusammen beisen und es einfach aushalten und dann wurde es immer schlimmer und schlimmer, bis es mir psychisch gar nicht gut ging

0

Nein, obwohl wir wenig Geld hatten, sind meine beiden Mädels und ich sehr zusammengerückt und haben das gemeinsam gestemmt..

es gab klare Regeln und wir haben viel unternommen, was eben nichts kostet

meine Töchter und ich haben ruhiger gelebt und ich bin schon immer gut organisiert gewesen