Populismus Gefahr für die Demokratie?
Hallo Leute,
ist Populismus eine Gefahr für die Demokratie? Ich muss nämlich eine Erörterung über diese Frage schreiben
7 Antworten
Du gehst da lediglich idealistisch bzw. moralistisch ans Werk, statt die jeweiligen Inhalte abzuklopfen, was dann konkret ist, resp. einem materialistischen Standpunkt erheischt.
Kurzum, es kommt maßgeblich auf die Inhalte an. Populismus losgelöst von seinen Inhalten sagt mal fast nix aus.
Populismus ist eine volksnahe und pragmatische Politik und sollte Grundlage jeder Demokratie sein. Fördern sollte man den Populismus durch eine möglichst gute Bildung und ideologiefreie Information der Bevölkerung.
Stattdessen haben wir eine Politik von oben herab, die weder intelligent noch von der Mehrheit des Volkes durchgängig akzeptiert wird.
Um diese Politik zu stabilisieren wird die Bildung vernachlässigt (z.B. durch Verkürzung der Gymnasialzeit um ein Jahr). Mit dem Argument, dass die Deutschen zu ungebildet sind um mitzureden, werden Volksabstimmungen wie in der Schweiz vermieden.
Wenn alle dem gleichen Populismus verfallen, dann entstehen daraus Entscheidungen, die sogar dem Ideal von Demokratie entsprechen, die aber gleichzeitig die Rechtsstaatlichkeit und den Verstand ins Gegenteil verdrehen. Oder anders: Populismus gefährdet nicht zwangsläufig die Demokratie, sondern ist in genügender Verbreitung ist ein Ersatzbegriff für Massendämlichkeit.
Demokratie ohne Rechtsstaatlichkeit ist eine Vorhölle. Doch wo in korrekter Weise abgestimmt wird und eine Mehrheit gleicher Ansicht ist, da kann auch beschlossenes Unrecht eine demokratische Entscheidung sein.
Ich sehe nicht inwiefern das meiner Aussage widerspricht. Du sprichst zudem auch noch vom Ideal einer Demokratie.
Ja, ich spreche vom Ideal der Demokratie - allerdings einem Ideal, das es theoretisch gibt, in der Praxis aber nicht vorkommt, was an der in jedem Staat mehr oder weniger angeschlagenen Rechtsstaatlichkeit liegt. Übrig bleiben dann eben nur Vorhöllen unterschiedlichen Schweregrades, unter denen vor allem diejenigen leiden, die dem Kommerz nicht genügend Gewinn bringen.
Ja und in der idealvorstellung einer Demokratie gibt es keine Mehrheitsentscheidungen.
Wirtschaftliche Interessen gehören genauso zum Interesse eines Volkes wie andere.
Das wirtschafliche Interesse des Bevölkerungsdurchschnitts besteht ganz sicher nicht in unbezahlbaren Wohnungsmieten und gleichzeitigen Niedriglöhnen. Bereits in diesen Punkten hapert es häufig am Demokratieverständnis.
Daß einstimmige Entscheidungen (ausnahmslos alle sind für etwas) keine Mehrheitsentscheidungen sind, wäre mir völlig neu. Einen Konflikt sehe ich jedoch dort, wo eine Lobby einstimmig beschließt, im Interesse ihrer eigenen Vorteile Mehrheitsentscheidungen zu sabotieren/ignorieren.
Populismus ist aus meiner Sicht ein zweischneidiges Schwert:
Best Case Scenario: Bestehendes Problem (stellt Gefahr dar) --> Gefahr des Problems wird innerhalb der Bevölkerung verbreitet --> Angst der Bevölkerung führt zur konsequenten Abwehr des Problems (durch Wahlen oder Stimmenfang durch Problembekämpfung)
Realistic Case Scenario: kleineres bestehendes Problem (daher idealerweise unbeachtet, daher politisches Monopol bei Problemlösung) --> Übergewichtung des Problems durch Verzerrung (siehe Worst Case Scenario) --> positiver Wahltrend/mehr realpolitische Macht --> Lösung des Problems, aber Ignoranz gegenüber größeren Problemen (da diese realpolitische Stärke bräuchten, stattdessen ist es aber einfacher Wähler durch Lösung leichter Probleme zu fangen, welche keine realpolitische Stärke benötigen
Worst Case Scenario: kein bestehendes Problem --> Übergewichtung eines Problems (Angriff auf Wertepluralismus; nur ein Wert wird unter Schaden an anderen Werten erhalten) oder Schaffung einer Problemillusion [beides dienlich, da so ohne realpolitisches Wirken Wähler erhalten werden können -- keine Limitierung der Wählerattraktion durch die Umwelt mehr] --> Problemillusion wird realpolitisch angegangen/reale Probleme werden untergeordnet
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Populismus an sich ist KEINE Gefahr für die Demokratie an sich; es ist aber eine rhetorische Methodik, welche die Effizienz einer Demokratie sowohl stärken als auch senken kann - üblicherweise senkt es die Effizienz moderat, während es die Möglichkeit bietet auch in Konsensdemokratien schnell auf relevante Probleme zu reagieren (bei großen Problemen kann durch Polarisierung (du bekämpfst das Problem komplett oder überhaupt nicht) eine schnelle Wählerwanderschaft erzeugt werden und so werden konkurrenzdemokratische Eigenschaften geschaffen).
Nachtrag: Beim Realistic Case Scenario ist zu beachten, dass JEDE politische Ausrichtung dieses nutzen kann - es ist also nicht als konstant negativ zu betrachten, da alleine durch den genannten Prozess keine Mehrheiten gezielt eingefahren werden können.
Nein, ohne Populismus kommt gar keine Partei aus, sie schimpfen zwar alle darüber aber nur 10 - 15 % wählen aus Verstandesgründen, die anderen aus reinem Bauchgefühl. Das gilt es für sich zu gewinnen.
Was da bleibt ist Populismus, wie will man sonst eine Mehrheit für sich begeistern?
Demokratie bedeutet nicht, dass irgendeine Mehrheit das Sagen hat.