Osmoregulation bei Haien?

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Hi,

da hast du ja reichlich vor dir.

Haie (Elasmobranchier: https://de.wikipedia.org/wiki/Plattenkiemer , gehören zu Knorpelfische & Rochen vgl.:https://de.wikipedia.org/wiki/Knorpelfische , dein Bild :)) gehen einen Sonderweg in der Evolution der Osmoregulation, die man so bei anderen Wirbeltieren nicht findet, auch nicht bei ihren "Fischkollegen" im Meer (Knochenfische).

Das ursprüngliche Leben ist im Meer entstanden, alle Lebewesen benötigen zwingend Wasser, um leben zu können und die extrazellulären Flüssigkeiten weisen noch heute eine ähnliche Zusammensetzung wie das Meerwasser auf, sie enthält eine hohe Natrium- und Chlorid- Konzentration und eine niedrigere Kalium-Konzentration. Davon unterscheiden muss man das Zellinnere, welches sich frühzeitig von dieser Verteilung abgekoppelt hat und gewöhnlich niedrige Na+ (Natrium) und Cl- (Chlorid) Konzentrationen und einen vergleichsweise höhere Kalium-Konzentration und zudem einen hohen Gehalt organischer Anionen, als die extrazelluläre Körperflüssigkeit aufweist.

Alle Prozesse, die die Konzentration an gelösten Teilchen (Ionenkonzentrationen: Natrium, Chlorid, Calcium, Kalium, Magnesium) und somit den osmotischen Druck der extrazellulären Körperflüssigkeit, im Verhältnis zum Umgebungsmedium (im Meer: Meerwasser) regulieren, nennt man "osmoregulatorische Mechanismen" (nach: R. Höber, 1902).

Die Körperflüssigkeiten der Fischkollegen der Haie im Meer (Knochenfische) sind hypotonisch, sie enthalten weniger osmotisch aktive gelöste Stoffe und Ionen, wie das umgebende Meerwasser.

Die Gefahr, die dabei besteht, ist, dass sie Wasser an die Umgebung, vor allem über die Kiemen verlieren (vergleiche dazu: den Vorgang der Osmose). Sie würden also austrocknen, da das Wasser ihres Körpers durch Osmose in das höher konzentrierte Außenmedium (Meerwaseer) diffundieren würde. Um das innere Milieu des Knochenfisches aufrecht zu erhalten, muss also eine Osmo(se)-Regulation einsetzen, damit dem Wasserverlust entgegengewirkt wird, trotz dieser stabil gehaltenen inneren Verhältnisse ihrer Körperflüssigkeiten.

Da ihnen nichts anderes zu Verfügung steht ("in der Not isst der Teufel Fliegen"), trinken sie Meerwasser, um Wasser aufzunehmen, dieses gelangt ins Blut des Fisches und dann werden aktiv über die Kiemen der Überschuss an mitaufgenommenen Natrium- und Chlorid-Ionen wieder an das Meerwasser abgegeben. Das ist der osmo-regulatorische Vorgang, der das innere Mileu der Körperflüssigkeiten (dazu gehört Blut) einstellt und aufrecht erhält. Vereinfacht gesagt, der Fisch holt sich Wasser aus dem Meer und entfernt das Salz daraus, das kommt zurück ins Meer.

Betrachtet man nun die Körperflüssigkeit des Haies, stellt man fest, dass die Zahl an gelösten Teilchen in seiner Körperflüssigkeit und die Zahl an gelösten Teilchen im Meerwasser gleich ist, seine Körperflüssigkeit entspricht dem osmotischen Druck des Meerwassers exakt, sie ist isoosmotisch. Die Osmolarität (die osmotisch aktiven Bestandteile pro Volumeinheit einer Lösung in "Milliosmol pro Liter" (mosm/l) von Meerwasser liegt bei ~1000 mosm/l und verteilt sich dabei auf folgende gelöste anorganische Ionenarten im Meerwasser:

460 Natrium; 530 Chlorid; 10 Calcium; 10 Kalium; 50 Magnesium, alle gelösten Teichen (Ionen) zusammen = 1000 mosm/l.

Untersucht man nun die Körperflüssigkeit des Haies, findet man eine Osmolarität von ebenfalls 1000. Zwischen Hai und Meer besteht also ein osmotisches Gleichgewicht an gelösten Teilchen, so dass ein Hai kein Wasser verlieren würde, denn bei gleichem osmotischen Druck bewegt sich kaum Wasser aus dem Hai ins Meer oder aus dem Meer in den Hai, sein Wasserhaushalt ist geschützt und er muss auch kein Meerwasser trinken, um etwaigen Wasserverlust auszugleichen, wie seine marinen Fischkollegen (Knochenfische).

Schaut man sich nun aber die Konzentration an gelösten Teilchen (Ionen) in der Körperflüssigkeit des Haies, die zu der Osmolarität beitragen, im Vergleich zum Meerwasser an, da findet man überraschend:

260 Natrium; 250 Chlorid; 3 Calcium; 4 Kalium; 1 Magnesium; Summe: 518 mosm/l

Hier stimmt offenbar was nicht, denn die anorganischen Ionenarten sind viel geringer konzentriert als im Meerwasser und können in der Summe nicht die Osmolarität des Meerwassers von ~1000 mosm/l widerspiegeln, sondern kommen nur auf die Hälfte der Osmolarität des Meerwassers. Trotzdem findet man, dass die Körperflüssigkeit des Haies isoosmotisch zum Meerwasser ist. Wie kann das sein?

Der Hai muss noch einen Trick parat haben, führt keine so hohen gelösten anorganischen Ionenarten in seiner Körperflüssigkeit und füllt das Defizit von 500 mosm/l einfach mit anderen gelösten Teilchen auf, nämlich gelösten Harnstoff.

Harnstoff ist ein Endprodukt des Stoffwechsels, welches wir normalerweise ausscheiden (Urin), aber es ist auch osmotisch wirksam und der Hai konzentriert diesen Harnstoff einfach 100-fach höher als beispielsweise wir es vertragen könnten, dies würde bei uns dazu führen, dass unser Körper und unsere Organe geschädigt würden und wir sterben würden, die Organe des Haies sind jedoch daran angepasst und zusätzlich hat der Hai einen Schutzstoff das sog. Trimethylaminoxid (TMAO), der ihn vor den schädlichen Wirkungen des Harnstoffes schützt.

D.h. Harnstoff und TMAO machen etwa die (zum Meerwasser fehlende) Hälfte des osmotischen Drucks der Körperflüssigkeit des Haies aus, um auf den gleichen osmotischen Druck des Meerwassers zu kommen und TMAO schützt vor schädlichen Nebenwirkungen des verwendeten Harnstoffes.

Der Wasserhaushalt des Haies ist also durch gleichen osmotischen Druck wie das Meerwasser vor drohenden Verlusten geschützt. Der Hai steht im osmotischen Gleichgewicht mit dem Meerwasser, das lässt ihn osmotisch ganz entspannt chillen. Es findet kein osmotischer Ausstrom von Wasser statt. Gleichwohl hat er eine geringe Konzentration von anorganischen Ionen (Natrium, Chlorid) in der Körperflüssigkeit, was das Einwandern von Salzionen (Natrium/Chlorid) aus dem Meerwasser über die Haut begünstigt, diese scheidet der Hai aktiv über eine spezielle Drüse assoziiert mit dem Enddarm ("Rectaldrüse") ins Meer wieder aus und ist somit mit sich und seinem Außenmilieu im Reinen.

Der Haken an der Sache ist, dass der Hai, da er sich vollkommen auf das Meerwasser eingestellt hat und sich quasi ihm ausgeliefert hat, was Sinn macht, weil er ja sonst nirgendwo lebt, diese salzige Umgebung des Meerwassers braucht, um überleben zu können, er ist ein sog. "Osmokonformer". Ändert man die Außenkonzentration des Wassers, ändert sich auch die Konzentration seiner Körperflüssigkeiten, er passt sich an verschiedene Salzgehalte der Meere an. Ändert man die Konzentration im Außenmedium stark, würde ihm das auf Dauer nicht gut bekommt. Daher können Haie z.B. nicht in Flüsse vordringen, z.B. den Rhein rauf schwimmen und mal son bischen die Angler ärgern, im Süßwasser würde er als an das Meerwasser angepasster Osmokonformer nicht lange überleben können. Gruß, Cliff

Hej Bunny1412,

nun noch eine Ausnahme zu dem, was Dir bisher geschrieben wurde:

"Physiologisch ist es dem Bullenhai im Gegensatz zu vielen anderen Haien möglich, über die Nieren eine angepasste Osmoregulation zu betreiben. Wenn er vom Meerwasser in das Süßwasser eines Flusses schwimmt, passt sich der Stoffwechsel der Nieren kontinuierlich soweit an, dass weniger Salze und im Gegenzug vermehrt Harnstoff aus dem Blut filtriert werden. Diese Umkehr der für den Hai normalen Osmoregulation ermöglicht ihm das Überleben im Süßwasser auch für längere Zeit."

https://de.wikipedia.org/wiki/Bullenhai#Verbreitung

http://www.sharksavers.org/en/education/biology/how-bull-sharks-survive-in-fresh-water/

Liebe Grüße

Achim

https://osmoregulation.de.tl/Hai.htm

vielleicht hilft dir das weiter, das ist ganz knapp. Ausführliches gibt es dazu im Internet nicht, überall nur kurze Absätze. Je nachdem wie viel du brauchst müsstest du dir auch noch ein weiteres Buch antun, trotz der stressigen Zeit.