Mutter ihre Opferrolle verzeihen?
Nabend,
meine Mutter lebt ihre Opferrolle so intensiv, dass sie bei ihr zur Identität geworden ist.
Das hat seit meiner Kindheit zur Folge, dass sie sowohl meinen Bruder als auch mich immer wieder traumatisiert hat, wenn auch nicht mit Absicht. Wir haben beide eine komplexe PTBS, u.a. durch sie.
Sie sieht ÜBERHAUPT nicht ein, dass sie eine solche Identität hat, relativiert alle ihre Fehler oder behauptet, das alles nicht mehr zu wissen. Sie meint sie sei nur depressiv und angstgestört, aber beides resultiert eben aus ihrer gestörten Identität. Mehrere Therapieversuche haben alle gleich geendet; die jeweiligen Therapeuten/Therapeutinnen waren ihrer Meinung nach nicht geeignet.
So. Im Moment habe ich den Kontakt zu ihr mal auf Eis gelegt. Ich tue mir wahnsinnig schwer mit der Frage, ob ich ihr alles immer nur verzeihen muss aufgrund ihres eigenen traumatischen Lebens.
Wie seht ihr das?
Danke fürs Lesen!
Hatte sie ein traumatisches Erlebnis?
Klar, ihr ganzes Leben war im Grunde von Traumata geprägt.
3 Antworten
Verzeihen ist viel verlangt.
Ich habe für meine Mutter gelernt: ihre Art, ihre Probleme, das ist ihrs. Nicht meins. Ich lass das bei ihr und seit ich das kann störts mich nicht mehr.
Kostet mich höchstens noch ein Augenrollen, wenn sie mal wieder so ist wie sie ist.
Du musst ihr nicht verzeihen, wenn du es ihr nicht übel nimmst wie sie ist. Lass sie einfach so sein und lass dich davon nicht runterziehen.
Wow, DAS ist ein schöner Satz - vielen Dank, ich werd daran arbeiten!
Kann man sie nicht in ihrem Selbstmitleid unterbrechen und sie immer wieder drauf hinweisen, dass sie gerade wieder nur das Negative sieht? Freundlich natürlich.
Kaum jemand hat eine perfekte Kindheit. Alle Eltern haben in irgendeiner Weise ihren Knacks. Meine war immer gestresst, cholerisch und hat mich grundlos verprügelt. Ich hab hinter die Fassade geschaut. Mir überlegt , warum sie wohl so gehandelt hat. Warum sie war wie sie war. Und hab festgestellt, dass in ihrer Situation in der sie war, wahrscheinlich auch viele Andere durchgeschossen wären. Ich hab ihr verziehen, dass sie mich verhauen hat. Einfach, weil es mir damit besser geht. Denn wenn ich im Groll lebe und mich immer wieder ärgere, dann wühlt das nur mich auf und zieht mich runter.
Du kannst ihr helfen, und sie öfter auf die positiven Dinge aufmerksam machen.
Ich habs jahrelang versucht, es bringt nix. Egal was man ihr sagt, sie hat IMMER einen Grund warum sie es NICHT kann, schafft, will, warum es nicht geht usw.
Jemand hat deine Mutter zu dem gemacht was sie war und ist.
So wie sie euch zu dem gemacht hat, wie ihr wart und heute auch seid.
Ihr seid alle "Opfer" von irgendwas.
Ihre Vergangenheit ist eine Erklärung für das, was sie war und ist.
Nimm den eingeschränkten Kontakt zu ihr dazu, selbst mal zur Ruhe zu kommen. Um an deiner mentalen Gesundheit arbeiten zu können.
Das verzeihen läuft die nicht weg.
Du kannst die Vergangenheit nicht ändern. Aber die Zukunft.
Genau das zur Ruhe kommen versuch ich grade. Und auch im Verarbeiten bin ich grad recht drin.
Es ist nur... ich hab bisschen Angst dass mit ihr kein nicht schädlicher Kontakt mehr möglich ist.
Darf ich fragen, was sie euch angetan hat?
Wenn es dir öffentlich zu privat ist gerne per PN.
Aber ich lasse dir das absolut frei darüber zu sprechen;-)
Das waren so irre viele Kleinigkeiten, ein passender Überbegriff fällt mir da jz auch nicht ein. Sie hat uns NIE geglaubt oder geholfen oder beschützt, wenn uns Gewalt angetan wurde oder als wir gemobbt wurden, sie war emotional ÜBERHAUPT nicht greifbar, mir hat sie generell IMMER unterstellt eine Lügnerin zu sein, sie hat unsere Bedürfnisse nicht mal wahrnehmen können, emotionale Erpressung und Manipulation, Psychoterror, etc.pp...Sie hat halt auch immer Verantwortung uns überlassen, die sie als Mutter hätte wahrnehmen müssen. Pfoah, sooo viel über all die Jahre...
Hört sich ziemlich nach Narzissmus an.
Natürlich geht sie nicht in Therapie. SIE hat ja auch kein Problem.
Das Problem sind immer die anderen
Im Grunde ist sie eine kranke Frau.
Sie wurde immer abgewertet und hat sich nie geliebt fühlen können, ihr wurde eingeredet sie sei dumm und unnütz. Und bei ihr hat das dazu geführt, dass sie NULL Selbstwertgefühl hat und sich ihr ganzes Leben in Beziehungen begeben hat, in denen sie weiter schlecht behandelt und abhewertet wurde.
Ja, klar ist sie krank. Und ich glaub auch nicht dass man ihr helfen kann weil sie selbst ja gar nicht spürt oder einsieht, wie krass sie in der Opferrolle verhaftet ist.
Sie ist, glaube ich, nicht in einer Opferrolle. Sie IST krank. So wie ein querschnittsgelähmter nicht mehr laufen kann ist sie nicht fähig sich anders zu verhalten.
Vielleicht fällt dir die Verarbeitung leichter, wenn du sie als kranke Person siehst. Und nicht mehr als eine Frau in der Opferrolle.
Selbst wenn du den Kontakt vollends abbrichst wird sie jedem erzählen, dass sie ja alles für euch getan hat und gar nicht verstehen kann, wie undankbar ihr Kind ist.
Es gibt bestimmt viele Anlaufstellen, Gruppen was auch immer für Menschen, die mit ihren Eltern gebrochen haben. Mit Menschen zu sprechen, die das gleiche erlebt haben, wird dir helfen. Auf die Sicht auf die Vergangenheit aber vor allem für dich selbst. Für DEINE Zukunft.
Und was das verzeihen angeht: das kommt irgendwann von alleine. Oder eben nicht. Dann ist es auch okay.
Schau, sie hat alles versucht dich/euch kaputt zu machen. Sich an eurem leid selbst zu ergötzen. Und dennoch bist du DA. Mit dem Blick nach vorne, lässt dir helfen, eine zerschundene Seele und trotzdem einen Fuß nach dem anderen. Du bist stärker als du glaubst!
Egal wie du es drehst und sendest, verzeihst, den Kopf zermarterst oder wütend bist: du kannst die Vergangenheit nicht ändern. Sehr wohl aber DEINE Zukunft!
Es gibt immer ein davor und danach. Der Weg danach ist oftmals schwerer. Aber er hat den großen Vorteil, dass du selbst die Richtung vorgeben kann.
Ich schreibe einfach aus dem Bauch heraus. Ich bin kein Profi oder Psychologe. Ich hoffe also, es ist für dich nicht allzu sehr bullshit.
Bei uns war es ein Schicksalsschlag, der unsere Familie aus den Angeln hob und unsere Mutter hart wie Kruppstahl wurde. Verzeihen konnte ich ihr erst kurz vor ihrem Tod. Nach einem langen Gespräch.
Ich halte es seit ein paar Wochen genauso bzw. eben jetzt grade brauch ich ne Pause und das hab ich ihr auch gesagt.
Ich weiß nur nicht, wie ein gesunder Kontakt zu ihr möglich sein kann, denn so wie in den letzten Jahren geht es FÜR MICH nicht mehr.
Aber wie soll das gehen, wenn man nicht verzeiht? *grübel*