Muss man Kinder erziehen?
Ich habe noch keine Kinder, aber ich kann mir einfach nicht vorstellen, Kinder zu erziehen, also sie zu bevormunden usw..
Reicht es nicht, wenn man ihnen erklärt, was gut und was falsch ist, und sie dann einfach machen lässt? Also antiautoritär sozusagen?
Oder brauchen Kinder Strafen und Verbote usw?
10 Antworten
Ich bin Erzieherin und arbeite in einer Kita für schwer erziehbare Kinder. Das sind zu 90% Kinder, bei denen die Eltern in den ersten Jahren komplett versagt haben. Die restlichen 10 Prozent sind Kinder mit leichten Behinderungen und ADHS. Die kann man mal außen vor lassen.
Die Kinder, bei denen die Eltern versagt haben sind besonders auffällig. Aus ihnen wachsen die Systemsprenger hervor. Das sind Kinder, die in ihrem Leben nie Grenzen, Regeln und Konsequenzen erfahren haben. Und sobald sie an eine Person geraten, die Regeln, Grenzen und Konsequenzen einhalten explodieren sie in ihrem handeln. Dazu kann ich dir mal ein Beispiel nennen von einem Jungen. Das ganze liegt nun schon 5 Jahre zurück und ist eins der Ereignisse, die ich nie im Leben vergessen werde. Hervorgerufen durch konsequentes weglassen jeglicher Erziehung im Elternhaus.
Der Junge war kurz vor seinem 6. Geburtstag. Seine Mutter hatte bei ihm kein Durchsetzungsvermögen, da sie in den ersten Jahren Fehler machte. Der Vater war gar nicht an der Erziehung beteiligt.
Die Mutter holt den Jungen aus der Kita ab. Er sieht sie am Zaun, wetzt auf Rutsche hinauf und klettert aufs Dach. Sie steht unten, ruft ihn. Er macht keine Anstalten runter zu kommen. Sie lockt ihn mit Mickey Heftchen, mit Süßkram und Spielzeug. Es ging ihm links und rechts am Allerwertesten vorbei. Nachdem sie 2 bis 3 mal lockte ging sie ins drohen über. Wenn du nicht runter kommst bekommst du diese Dinge nicht. Er lachte sie förmlich aus, steckte die Zunge raus und grinste wie ein Honigkuchenpferd - richtig provozierend. Er wusste genau, sie bekommt ihn da nicht runter. Da sie etwas dicker war wäre sie nicht auf den Turm hoch gekommen. Der Spätdienst holte ihn da runter, übergab ihn dann unter Protest der Mutter. Und anstelle das sie mit ihm ging und den Rucksack hätte Rucksack sein lassen, ging sie noch mal ins Haus. Der Fehler folgte umgehend.
Sie lässt ihn vor der Tür stehen und sagt, du bleibst hier stehen ich hole schnell deinen Rucksack. Sie war kaum im Flur, flitzte er auf den Kletterbaum. Von da musste er dann auch wieder runtergeholt werden. Gleiches Spielchen wie an der Rutsche. Sie lockt, die droht, er grinst wie ein Honigkuchenpferd, der Spätdienst holte ihn runter. Beide verlassen dann die Kita.
Nach etwa 20 Minuten steht die Mutter vor dem Spätdienst. Ob er denn mal den hinteren Garten aufschließen könnte. Er hätte sich an der Kreuzung losgerissen und sei zur Kita zurück gelaufen, über den hinteren Zaun geklettert. Nach etwa 10 Minuten waren Mutter und Kind zusammen und der Erzieher konnte dicht machen. Am folgenden Morgen kam er in die Kita. Er schwenkte triumphierend ein neues Mickey Heftchen in der Hand, hatte einen neuen Spielzeugbagger in der Hand und eine Tüte Gummibärchen.
Mit anderen Worten, die Mutter war wie Butter in seiner Hand. Sie machte was er wollte. Und weil er nichts anderes gewöhnt war, dachte er, das das bei allen Leuten genau so gut funktioniert. Er hatte ja eine gute Waffe. Wenn etwas nicht ging, dann wurde es kritisch. Dann spielte er entweder eine Show ab, oder wurde aggressiv.
Was das heißt habe ich dann ein paar Wochen später erfahren. Die meisten Kinder waren schon weg. Ich hatte Spätdienst, die restlichen 10 Kinder sollten Vesper essen. Es waren 11 Berliner Pfannkuchen auf dem Tablett. Er schlang seinen runter und pantschte mit dem Tee rum. Er bekam da eine erste Ansage, die ihn erstmal nicht tangierte. Ihm fiel dann auf das da noch ein Pfannkuchen liegt. Den wollte er unbedingt haben. Durfte er aber nicht, weil für jeden nur einer da war und die anderen Kinder auch schon am Jiepern waren nach dem Kuchen. Aber die anderen haben auch ein Nein bekommen. Das Nein wollte er dann nicht wahr haben. Er tickte aus, sprang hoch, warf alles umher was er zu fassen bekam. Ich brachte schnell die anderen Kinder aus der Schusslinie in Sicherheit und als ich wieder zurück kam nach gut einer Minute, vom Raum gegenüber, lag der Gruppenraum schon halb in Schutt und Asche. Ich versuchte an ihn ran zu kommen und bekam erstmal ein Metallauto ins Gesicht. Als nächstes traf eine Motorikschleife die Glasscheibe an der Gruppenraumtür. Eine der Glasscherben brachte mir ne ordentlich blutende Wunde am Arm ein. Und dann flogen auch schon die Stühle in die Fensterscheiben. Eine Kollegin rief dann erst einen Krankenwagen und dann die Mutter an.
Die Herren von der Rettung brauchten fast 10 Minuten um ihn einzufangen und ruhig zu stellen. Die sind da mit Handschuhen und Gesichtsschutz rein. Der Junge selber war nicht verletzt durch seine Aktionen. Irgendwann kam die Mutter. Die erste Frage galt nicht ihrem Kind. Sie galt auch nicht mir, oder der Sorge das ein anderes Kind verletzt wäre. Die erste Frage war, ob sie denn jetzt finanzielle Repressalien zu fürchten hätte. Da fällt einen nichts mehr ein.
Was hätte anders laufen müssen in den ersten Jahren des Kindes?
Die Mutter hätte Regeln und Grenzen setzen müssen. Wenn etwas nicht klappte, hätte sie bei ihren Worten bleiben müssen. Ein Ja muss immer ein Ja bleiben und ein Nein muss immer ein Nein bleiben. Das wäre Konsequent. Eine weitere Konsequenz hätte ein Verbot mit sich führen können oder ähnliches. Aber sie hat das konsequent vermieden. Anfangs mag das noch niedlich gewesen sein, wenn so ein Kind von 2-3 Jahren sich wie Rumpelstilzchen aufführt. Aber je älter so ein Kind wird. Desto schwieriger wird es.
Jetzt ist das Kind ein Schüler. Von der Einzelfallhelferin weiß ich, das er von 2 Schulen verwiesen wurde und unter starke Medikamente gestellt wurde, damit er ruhig bleibt. Ich habe den mal in solch einem benebelten Zustand erlebt. Kaum ansprechbar. Was wird aus dem wenn er ins Teenyalter kommt? Wenn der seine Kraft richtig entdeckt. Wenn der seiner Mutter bei einem Nein eine tachtelt dann wirds duster.
Wenn ein Kind keine Regeln Grenzen und Konsequenzen hat, dann findet es seinen Platz im Leben und in der Gesellschaft nicht. So eine Person wird immer anecken. Und der Sprung ins kriminelle ist nicht fern. Und das sollte man bei so einer Sache bedenken, wenn man ein Kind ohne Erziehung groß bekommen will.
Wir haben ein Pflegekind, da lief es genauso in den ersten Lebensjahren. Keine Grenzen, keine Verbote, oft allein gelassen.
Er ist jetzt 14 und hat größte Probleme, sich in die Gesellschaft zu integrieren. Jeder Tag ist ein Kampf.
Wir geben nicht auf, aber er wird es immer schwer haben in seinem Leben.
Reicht es nicht, wenn man ihnen erklärt, was gut und was falsch ist,
naja, bei Kleinkindern funktioniert das oft noch nicht, weil die vieles einfach noch nicht verstehen können
bei älteren Kindern geht es besser, aber was machst du denn, wenn sie sich absichtlich daneben benehmen?
ignorierst du das dann einfach?
dann würde ich ihm glaub ich sagen, dass mich das traurig macht.
das wäre bereits Teil der Erziehung, also dem Kind eine Rückmeldung geben, was sein Verhalten bei dir auslöst
die Frage ist, ob das bei dem Kind ausreicht, damit es das versteht und sich das nächste Mal anders verhält
Wenn es nicht ausreicht, was würdest du dann tun?
Deinem Kind von Anfang an so beibringen, dass man nicht frech ist. Meiner ist 8, kann mich nicht dran erinnern, dass der mal ernsthaft frech war. Der "belehrt" mich, wenn mir mal n Fluchwort rausrutscht 😂
Ja aber Kinder orientieren sich ja ab einem bestimmten Alter an den anderen Kindern, in ihre Klasse, oder Verein usw..
Meine Schwester ist zum Beispiel sehr frech geworden, weil ihre Freundinnen eben auch so sind.
Auch das kann man klären. Und je früher und mehr man den Kindern angemessenes Verhalten beibringt je verinnerlichter ist es und je schwerer haben es andere schlechte Einflüsse. Ich glaub das viele Jugendliche n kack Verhalten zeigen, wenn sie das Gefühl haben, dass sich eh kein Arsch für Sie interessiert zuhause oder das Gegenteil, dass sie erdrückt werden und da ausbrechen wollen und anders sein und freiraum wollen... und das man mal über die Stränge schlägt ist ja auch normal als Kind oder Jugendlicher...
Du musst keine Kinder haben. Es ist deine Entscheidung. Wenn du sie aber hast, dann sorg dafür, dass sie nicht zu Pflegefällen aufwachsen. Dafür braucht man Strafen, jedoch sollte man nicht physisch gegenüber Ihnen werden. In Maßen also.
Aber halt nur Strafen mit direktem bezug... aber ja... die maximale Strafe die ich anwenden muss, ist die Situation zu beenden oder etwas verbieten... was soll ich denn "bestrafen"? Wenn ich sag jetzt gibts kein TV oder Videospiel oder Eis oder was auch immer, ist das ja keine Strafe... der iss eh maximal mal aufgedreht... keine Ahnung was ich machen würde wenn er voll der Rotzlöffel wär... kann mir aber auch nicht vorstellen wie das kommen sollte... man geht einfach liebevoll und respektvoll miteinander um erklärt ihm dabei das Leben und begleitet ihn groß zu werden... das ist n kleiner Mensch der unter deinem Schutz steht und nicht dein Leibeigener oder Eigentum oder sonst was... keine Ahnung... ich schau manchmal gerne Frauentausch oder Armes Deutschland deine Kinder... da bekomm ich Plaque wie da einige mit Ihren Kindern umgehen...
Warum braucht man Strafen? Ich sehe den Sinn nicht.
Beispielsweise sowas wie ein temporäres Handyverbot etc. Diese verhelfen der Verhaltenskorrektur. Durch Konsequenzen, lernen Kinder, etwas Unerwünschtes nicht nochmal zu tun. Dazu gibt es Festlegung von Grenzen.
Also ich kann ja nur von mir sprechen, aber wenn meine Eltern mir irgendein Verbot erteilt haben, bin ich komplett ausgetickt und habe sie gehasst und mein Verhalten hat sich dadurch auch nicht geändert. Aber vielleicht war ich ja ein Extremfall 😭😅
Ja und Nein zu sagen reicht nicht, du musst schon auch erziehen.
Ältere Kinder setzten sich über ein bloses Nein auch gerne mal hinweg, vor allem wenn sie wissen, das es keine Folgen für sie hat.
Und kleine Kinder verstehen oft nicht warum sie etwas nicht dürfen und es ihnen zu erklären funktioniert auch nicht. Wenn die was wollen, wird verlangt, gebockt geschriehen und geweint. Das muss man aushalten und Konsequent bleiben, denn wenn man nachgibt, merken die Kleinen sich das nach dem Motto, wenn ich nur lange und laut genug schreie, krieg ich was ich will.
Und wenn die dann älter werden bleibt das so und dann kommts spätestens im Jugendalte zu massiven Problemen.
Natürlcih bedeutet das nciht das du gröbere Strafen wie Schläge oder Hausarrest aussetzen musst aber zum beispiel wenn sie was kaputt machen, das sie mit ihrem eigenen Taschengeld ein wenig mithelfen müssen oder am Tisch das Handy wegnehmen wenn sie die ganze Zeit nur rumdaaddeln
Was Du sagst, also erklären und antiautoritär ist ja auch eine Erziehung.
Im Baby- und Kleinkindalter geht's nicht ohne Verbote. Auch später sind klar kommunizierte Grenzen wichtig. Wir haben bei unseren Kindern weitgehend versucht, Strafen zu vermeiden, sondern stattdessen lieber unmittelbare (unangehme) Konsequenzen spüren lassen, die sich direkt aus ihrem Verhalten ergeben. Und statt Strafen haben wir lieber auf sogennante positive Verstärkung gesetzt, also Anerkennung und Belohnung für erwünschtes Verhalten. Trotzdem gab's auch ab und zu mal Strafen.
Ich denke, wir haben da nicht alles ganz falsch gemacht, jedenfalls bin ich mit "dem Ergebnis" sehr zufrieden :-)
W39, Mutter von 3
Ja was soll man dann sonst tun?
Wenn ein Kind frech zu mir ist zum Beispiel, dann würde ich ihm glaub ich sagen, dass mich das traurig macht. Aber was könnte ich denn sonst noch tun?